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Renault-Reaktion auf 0-Sterne-Crashtest
Alle Zoe ab März 2022 mit Notbrems-Assistent

Als Folge des Null-Sterne-Debakels  bessert Renault bei den Assistenzsystemen des Zoe nach. Der kritisierte Seiten-Airbag wird aber nicht geändert.

Renault Zoe Euro NCAP 2021
Foto: Euro NCAP

Die großen Crashtest-Aufreger liegen Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte zurück: An den Crash-Barrieren kollabierende China-Exporte und aufgespießte Crashtest-Dummies hatten wir zum Glück lange nicht mehr. Weil sich die Hersteller auf die Anforderungen der EuroNCAP-Tests eingestellt haben. Nicht ohne Folgen: Die ersten Fünf-Sterne-Wertungen wurden noch stolz auf Plakate gedruckt, später aber immer weniger zur Kenntnis genommen. Weil mehr oder weniger alle Fahrzeuge mit 4 oder 5 Sternen abschnitten.

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Moderne Autos sind sicher. Ja klar. Allerdings verschärft die EuroNCAP ihre Regularien regelmäßig, um den Druck auf die Autobauer hoch zu halten. Wer da nicht permanent am Ball bleibt, verspielt schnell viel von der Reputation, die über Jahrzehnte aufgebaut wurde. Davon können sie bei Renault gerade ein Liedchen singen. Die aktuellen EuroNCAP-Tests endeten für die Franzosen mit einem echten Debakel. Der Renault Zoe, das in Europa meistverkaufte Elektroauto, kassierte null Punkte. Weil Teile des Armaturenbretts in den Fahrgastraum eindringen. Weil der Zoe beim so genannten Pfahlaufpralltest (Pole Crash) seine Insassen nur unzureichend schützt. Weil das Angebot an Assistenzsystemen beim Basis-Modell zu löchrig ist.

Renault Zoe Euro NCAP 2021
Collage: auto-motor-und-sport.de
Beim Euro NCAP-Crash 2013 schützt ein kombinierter Seiten-Kopf-Airbag den Dummy beim Pfahlcrash.

Kosten spielten keine Rolle

Besonders heikel: 2013 glänzte der Zoe mit fünf Sternen und schützte die Passagiere auf den Vordersitzen beim Seiten- und Pfahl-Crash noch mit einem kombinierten Seiten- und Kopfairbag. Der fehlt beim Crashtest aus dem Jahr 2021 – der Crash-Test-Dummie knallt beim Seitencrash mit dem Kopf durch die splitternde Seitenscheibe. Hat Renault etwas aus Kostengründen auf den Kopfairbag verzichtet? Dem widersprechen die Franzosen vehement. Auf Nachfrage von auto-motor-und-sport.de erklärt Renault, dass die Kosteneinsparungen durch den geänderten Airbag bei "zwei bis drei Euro pro Fahrzeug lägen”. Gleichzeitig habe man aber mit dem 2017 beschlossenen und 2019 eingeführten Facelift des Zoe diverse Assistenzsysteme (Spurhalteassistent, Totwinkel-Warner, Verkehrszeichenerkennung, Fernlichtassistent und Notbremsassistent) eingeführt. Die Mehrkosten für Radar-, bzw. Kamerasensoren lagen pro Auto "bei 50 bis 70 Euro”.

Renault Stellantis LAB
Renault
Warum der geänderte Airbag? Weil Renault für die damals rund 300.000 "aktiven” Zoe (heute über 400.000) keinen einzigen Unfall mit einem Baum oder Laternenmast verzeichnete, wie ihn der Pfahlaufpralltest von EuroNCAP simuliert.

Daten aus eigener Unfallforschung

Warum also dann der geänderte Airbag? Weil in die Planung des Zoe-Facelifts Daten des "Laboratory of Accidentology, Biomecanics and Human Behavior” (LAB) einflossen, das Renault gemeinsam mit Stellantis betreibt. Dort werden Telemetriedaten aller vernetzten Fahrzeuge der beiden Konzern gesammelt und ausgewertet. Und für die damals rund 300.000 "aktiven” Zoe (heute über 400.000) registrierten die LAB-Daten keinen einzigen Unfall mit einem Baum oder Laternenmast, wie ihn der Pfahlaufpralltest von EuroNCAP simuliert. Dafür aber reichlich Un- und Vorfälle mit Fußgängern, Radfahrern und anderen Verkehrsteilnehmern im urbanen Raum. Deshalb die Entscheidung, den Zoe mit weiteren Assistenzsystemen auszustatten. Zusätzlich, so betonen sie bei Renault, habe sich bei internen Crashtests gezeigt, dass die Kombination aus Seiten- und Kopfairbag durch die Verteilung der Luft im Airbag bei bestimmten Seitencrash auch negative Auswirkungen auf den Insassenschutz haben kann. Deshalb wurde 2017 entschieden, nur noch einen Seitenairbag zu verbauen. Mit Blick auf die vorliegenden Ergebnisse des aktuellen EuroNCAP-Crashs "hätten wir diese Entscheidung nicht treffen sollen”, räumt man bei Renault auf Nachfrage von auto-motor-und-sport.de ein.

Vorhang-Airbag würde helfen

Bekommt der Zoe den Kopf-Seiten-Airbag zurück? Das verneint man bei Renault. Ein deutliches Sicherheits-Plus würde laut Renault erst der Einsatz eines sogenannten Vorhang-Airbags bringen. Um den ins Fahrzeug zu integrieren, sei aber praktisch "eine komplette Neukonstruktion” nötig. Ein Aufwand, der für ein Fahrzeug, das im Kern seit 2013 gebaut wird und sich am Ende des Lebenszyklus befindet, wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Alle neu entstehenden Elektroautos des Konzern, betont Renault, werden von Anfang an mit Vorhang-Airbags geplant.

Notbremsassistent wird Serie

Reagieren werden die Franzosen aber dennoch. Ursächlich für die Null-Sterne-Bewertung des Zoe war nämlich nicht der geänderte Airbag, sondern der fehlende Notbremsassistent. Der ist Stand heute für die Basisversion "Life” gar nicht und in der nächst-teureren Ausstattungslinie "Experience” nur als Option verfügbar. Das wird sich ändern. Renault hat gegenüber auto-motor-und-sport.de bestätigt, dass der Notbremsassistent mit Fußgängererkennung bei allen ab März 2022 produzierten Zoe-Modellen zum Serienumfang gehören wird.

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Fazit

So ein Null-Sterne-Ergebnis ist natürlich ein Debakel für jeden Hersteller. Und für Renault gleich doppelt. Immerhin gehörten die Franzosen zu den Herstellern, die sehr früh Fünf-Sterne-Autos gebaut haben. Beim Renault Zoe kommen zwei Entwicklungen zusammen: Die lange Bauzeit des Fahrzeugs (seit 2013) und die konsequente Weiterentwicklung der EuroNCAP-Standards. Jede Anpassung, so geht man bei Renault und anderen Herstellern aus, führt bei den EuroNCAP-Crash zu einem Verlust von bis zu zwei Sternen. Und seit dem ersten Test 2012/2013 wurden die EuroNCAP-Standards fünf Mal angepasst.

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