Die Mercedes V-Klasse gehört zu den absoluten Verkaufsschlagern im Van-Segment. Obwohl das technische Konzept der aktuellen Generation (Baureihe 447) bereits seit 2014 vom Band läuft, kann sich Mercedes nach der jüngsten Modellpflege nicht über mangelnde Nachfrage beschweren. Allein im Jahr 2024 verkauften die Schwaben knapp 57.000 Exemplare der "Großraumlimousine". Dagegen wirkt der noch relativ frische Hyundai Staria – wird seit 2021 gebaut – wie ein Underdog. Von ihm werden in Deutschland gerade so viele Modelle in einem Jahr neu zugelassen wie bei Mercedes in nicht einmal einem Monat.
Dabei ist der Hyundai Staria in jeder beliebigen Ausstattungsvariante deutlich günstiger als der Benz. Und der riesige Koreaner hat noch mehr Argumente auf seiner Seite. Nicht zuletzt verzichtet Hyundai nämlich mittlerweile auf einen Dieselantrieb und setzt voll auf einen sparsamen Hybridantrieb. Der aus den Modellen Tucson Hybrid und Santa Fe Hybrid bereits bekannte Hybridantrieb kombiniert einen 1,6-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner mit einem Elektromotor. Der Verbrenner bringt es auf 160 PS und 265 Nm Drehmoment, der E-Motor steuert 54 kW und 304 Nm bei. Die Werte für das Gesamtsystem geben die Koreaner mit 225 PS und 367 Nm an. Das ist genug Kraft, um den schnellen V-Klassen Paroli zu bieten. Doch welches Modell überzeugt in der Summe seiner Qualitäten am meisten? Ein erster Vergleich:
Die schiere Größe im Vergleich
Gleich vorweg: Beide Vans dürften nahezu alle alltäglichen Transportaufgaben spielerisch erledigen. Ob vor der Großfamilie oder der neuen Ikea-Küche – die Großraumtaxis protzen regelrecht mit Platz. Der Hyundai Staria misst 5,25 Meter in der Länge, ist knapp zwei Meter breit und 1,99 Meter hoch. Letzteres macht ihn gerade noch so tiefgaragentauglich. Der Radstand beträgt 3.273 mm, was dem Fahrzeug eine stattliche Grundfläche für die Fahrgastzelle verleiht, den Wendekreis aber etwas vergrößert.
Die Mercedes V-Klasse ist dagegen in drei unterschiedlichen Längen erhältlich. Mit 4,90 Metern geht die Kompakt-Variante noch als großer Kombi durch. Die deutlich häufiger gewählte lange Version misst 5,14 Meter und ist damit immer noch kürzer als der Hyundai. Erst das Modell "extralang" knackt mit 5,37 Metern Außenlänge das Korea-Format. Die Breite liegt bei etwa 1,93 m, die Höhe variiert je nach Ausstattung und Luftfederung, bleibt aber ebenfalls bei etwa 1,90 bis 1,95 m, also knapp unter der des Staria.
Raumangebot von Staria und V-Klasse
Das Design des Staria mit seiner tief liegenden Gürtellinie, riesigen Panoramafenstern und hoher Dachlinie verschafft dem Hyundai einige Pluspunkte bei Luftigkeit und Rundumsicht. Dazu sind bis zu neun Sitzplätze möglich, darunter Konfigurationen mit drehbaren Captain’s Chairs, verschiebbaren Einzelsitzen oder durchgehenden Bänken. Der Fahrgastraum ist frei begehbar, da auf eine klassisch feste Mittelkonsole verzichtet wurde. In der dritten Reihe lassen sich die Sitzflächen hochklappen, sodass eine ebene Ladefläche von ca. 1,50 m Tiefe entsteht. Das maximale Ladevolumen bei fünf belegten Sitzplätzen liegt laut VDA-Norm bei 1.303 Litern, die maximale Kapazität soll bei bis zu 5.000 Litern liegen.
Die Mercedes V-Klasse bietet ein ebenfalls großzügiges Platzangebot, allerdings mit mehr Variantenvielfalt beim Innenraumlayout. In der Version mit sechs Einzelsitzen können die Rücksitze in der Längsrichtung aber nur um 10 cm verschoben werden. Vis-à-vis-Bestuhlung ist ebenso möglich, wie die vollständige Entnahme aller Sitze. Das maximale Ladevolumen beträgt – je nach Radstand – zwischen 1.030 und über 4.600 Liter. Die Kopffreiheit ist aufgrund des niedrigeren Daches etwas geringer als im Staria, der Innenraum dafür qualitativ etwas hochwertiger ausgekleidet.
Ausstattungs-Vielfalt
Der günstigste Hyundai Staria ist das Neunsitzer-Modell. Im Hyundai Staria Trend ist die Ausstattung bereits serienmäßig auf hohem Niveau. Zwei 10,25-Zoll-Displays (Infotainment und Cockpit), Ambiente-Licht, Klima-Automatik für alle drei Sitzreihen, Panoramafenster, USB-Anschlüsse, große Ablagen, digitale Rückfahrkamera, Bluelink-Online-Dienste, Apple CarPlay und Android Auto sind serienmäßig. Außerdem gibt es eine Fondüberwachungskamera, diverse Assistenten wie Notbremsassistent, Totwinkelassistent, Aussteige-Warner und Hinweise auf vergessene Mitfahrer. Die Sitzkonfiguration ist flexibel. Auf manchen Märkten sind bis zu elf Sitze möglich – in Deutschland ist bei neun Sitzen Schluss.
Die Mercedes V-Klasse bringt mit der jüngsten Modellpflege das neue MBUX-Infotainmentsystem mit zwei 12,3-Zoll-Displays (bei den höheren Ausstattungen) und Augmented-Reality-Navigation. Hinzu kommen Features wie Ambientebeleuchtung in 64 Farben, Multibeam-LED-Scheinwerfer, kabelloses Aufladen, Fond-Klimatisierung, sowie eine 360-Grad-Kamera. Optional erhältlich ist eine Luftfederung, die den Komfort stark steigert. Die Assistenzausstattung ist umfangreich: Abbiege-Assistent, aktiver Spurhalte-Assistent, Notbremsfunktion beim Linksabbiegen, adaptive Temporegelung, Kamera-Innenspiegel und vieles mehr. Die Materialien im Innenraum sind einen Tick hochwertiger als im Hyundai und stärker an der Mercedes-Pkw-Palette orientiert.
Antriebe und Motoren
Der Hyundai Staria startete in Deutschland zunächst mit einem 2,2-Liter-Turbodiesel, der inzwischen gestrichen wurde. Seit Ende 2024 ist hierzulande ausschließlich der besagte Hybridantrieb erhältlich. Dieser kombiniert einen 1,6-Liter-Turbobenziner (160 PS, 265 Nm) mit einem Elektromotor (54 kW, 304 Nm), ergibt 225 PS Systemleistung und 367 Nm Drehmoment. Die Kraftübertragung übernimmt ein Automatikgetriebe, der Antrieb erfolgt ausschließlich über die Vorderräder. Allrad ist in der Hybridversion nicht mehr verfügbar. Die Spurtzeit liegt bei 10,2 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit allerdings nur bei 167 km/h. Auf anderen Märkten wird weiterhin ein 3,5-Liter-V6-Benziner angeboten. Eine Brennstoffzellen-Version ist angekündigt, ebenso eine Vollelektro-Variante.
Die Mercedes V-Klasse ist in Deutschland weiterhin stark auf Dieselmodelle fokussiert. Zum Einsatz kommt durchweg die Mercedes-Allzweckwaffe mit zwei Litern Hubraum und der Motorbezeichnung OM654 in Leistungsstufen von 163 PS bis 239 PS. Das maximale Drehmoment liegt mit 500 Newtonmetern (V 300d) deutlich über dem des Hyundai. Die Beschleunigung auf 100 km/h gelingt hier in 8,9 Sekunden, die Spitze liegt bei rund 215 km/h. Gekoppelt ist der Motor an eine 9-Gang-Automatik. Allradantrieb (4MATIC) ist optional erhältlich. Neuerdings bietet Mercedes auch eine Benzinalternative (V 300) mit ebenfalls zwei Liter Hubraum und 231 PS an. Eine vollelektrische Version ("EQV") ist obendrein erhältlich, leidet aber unter eingeschränkter Reichweite und hohem Preis. Hybridantriebe fehlen aktuell vollständig.
Preise im Vergleich
Keine große Überraschung: Beim Preis positioniert Hyundai den Staria deutlich günstiger als Mercedes die V-Klasse. Die neue Hybridvariante startet in Deutschland schon bei 49.500 Euro als Neunsitzer mit oben beschriebener Trend-Ausstattung. Mit der zielt Hyundai klar auf preisbewusste Familien, Shuttle-Services und Großraum-Nutzer. Das deutlich edlere Prime-Modell für mindestens 55.000 Eure besitzt dazu elektrische Schiebetüren auf beiden Seiten, eine elektrische Heckklappe, Aluräder und Lederpolster – vorn sogar belüftet. Den Staria baut Hyundai übrigens ausschließlich in Südkorea.
Die Mercedes V-Klasse läuft dagegen in Nord-Spanien (Vitoria) vom Band und ist dennoch deutlich teurer als der Hyundai. Ein V 300 d in gut ausgestatteter Version (inkl. Luftfederung, MBUX, Assistenzpakete) kann schon mal über 90.000 Euro kosten. Einstiegspreise für schwächere und kompakte Varianten beginnen knapp über 56.000 Euro. Die Langversion ist rund 1.000 Euro teurer, das extralange Modell gut 2.000 Euro. Kleine Extras lassen den Preis schnell ansteigen. Der hohe Preis geht mit besseren Fahrleistungen, edlem Mercedes-Ambiente und umfangreicherem Assistenz- und Infotainmentsystem einher. Für viele Gewerbekunden ist zudem der starke Werterhalt ein Verkaufsargument. Hier muss sich der Hyundai erst noch etablieren.