Mercedes B-Klasse im Gebrauchtcheck. Ist das der Mercedes-Geheimtipp?

Gebraucht-Check Mercedes B-Klasse
So günstig und praktisch können Sie Mercedes fahren

Veröffentlicht am 01.07.2025

Kompakte Vans führen inzwischen ein Nischendasein. Trotz ihrer praktischen Vorteile verschwinden sie zunehmend vom Markt – viele Hersteller bieten gar keine Modelle mehr an. Der SUV hat dem familienfreundlichen Kompaktvan längst den Rang abgelaufen. Opel Zafira und Ford C-Max gibt es seit sechs Jahren nicht mehr neu zu kaufen, und auch VW plant, den seit 2015 gebauten Touran bald aus dem Programm zu nehmen. Mercedes will die B-Klasse voraussichtlich 2026 einstellen. Wer für weniger Platz in einem SUV mehr bezahlen und höhere Unterhaltskosten in Kauf nehmen soll, darf das ruhig kritisch anmerken.

Die Geschichte der B-Klasse beginnt 1997 mit der ersten A-Klasse. Deren hoher Einstieg und gute Übersichtlichkeit kamen vor allem bei älteren Käufern gut an. Allerdings sorgte die kurze, steil abfallende Front für Unmut – viele vermissten eine klassische Motorhaube. Als Reaktion entstand die B-Klasse mit verlängertem Bug. Der kompakte Van mit Frontantrieb wurde ein Erfolg und kostete der C-Klasse etliche Kunden. Die B-Klasse bietet einen vergleichsweise günstigen Einstieg in die Welt des aktuellen, rundlichen Mercedes-Designs. Die dritte Generation kam im Dezember 2018 auf den Markt, im Oktober 2022 folgte ein Facelift. Dabei wurden alle Benziner auf 48-Volt-Bordnetz umgestellt und die Handschaltung gestrichen.

Karosserie: Einer der letzten Kompaktvans

Die Wurzeln der B-Klasse reichen zurück zur ersten A-Klasse, die mit nur 3,58 Metern Länge bereits drei Meter ebene Ladelänge bot – dank Sandwichboden und optional herausnehmbarem Beifahrersitz. Mit der 2012 lancierten Baureihe 176 entfernte sich die A-Klasse vom "Hoch-und-Praktisch"- Konzept und wurde zum schnittigen Mode-Kompakten. Die B-Klasse blieb ihrer Raumfülle jedoch treu – nicht zuletzt, weil sie einen Kundenstamm für sich gewinnen konnte, der gern durch große Türen einsteigt und hoch sitzt. Ebenfalls unschlagbar praktisch: die große Heckklappe, hinter der sich 455 bis 1.545 Liter hochflexiblen Stauraums verbergen. Unterm Strich ist das Ganze sehr vergleichbar mit einem Mittelding aus VW Golf Plus/Sportsvan und dem Touran.

Früher war das kompakte Van-Format keine Seltenheit. Renault Scénic, Ford C-Max, diverse Koreaner und (etwas kleiner) der Opel Meriva genossen bis zum SUV- und Crossover-Boom größte Beliebtheit. Die B-Klasse blieb und konzentrierte sich stilistisch auf den edlen Anstrich innen wie außen. Entsprechend liegt auch die Karosserieverarbeitung auf sehr hohem Niveau, begonnen beim glattflächig verkleideten Unterboden, der weder Schmutz noch Luftwiderstand Halt gibt, hin zu den feinen Spaltmaßen und sehr niedrigen Windgeräuschen. Folgerichtig besitzt die B-Klasse einen ganz hervorragenden cw-Wert von 0,24. Zu mäkeln gibt es allein an einzelnen Exemplaren, bei denen Schwingungsfrequenzen während der Fahrt bei höherem Tempo eine gewisse Dröhn-Neigung produzieren.

Gebrauchtwagencheck Mercedes B-Klasse W247
Sven Krieger

Innenraum: Modern – ob Sie wollen oder nicht

Das Platzangebot ist einer der großen Pluspunkte der B-Klasse. Vier Personen reisen sehr bequem, und auch das Gepäckabteil ist großzügig dimensioniert. Für kurze Strecken passen auch drei Erwachsene auf die Rückbank. Ab Sommer 2019 war diese optional um 14 cm verschiebbar – in Kombination mit einer umklappbaren Beifahrersitzlehne ergibt sich so eine über drei Meter lange Ladefläche. Das ist zwar praktisch, aber kein Quantensprung gegenüber der ersten A-Klasse.

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Sven Krieger

Die erhöhte Sitzposition erleichtert älteren Menschen das Ein- und Aussteigen. Die Bedienung hingegen ist für manche Fahrer jedoch gewöhnungsbedürftig. Selbst technikaffine Fahrer benötigen etwas Zeit, um z.B. mit winzigen Touch-Pads auf den Lenkradspeichen die gewünschte Anzeige im digitalen Kombiinstrument zu konfigurieren. Mit dem Bediensystem MBUX besitzt die B-Klasse einen Infotainmentstandard, der auch heute noch modernste Features bietet. Ein dreifach frei konfigurierbares Head-up-Display ist ein großartiges Detail, ebenso wie die Augmented-Reality-Navigation, die einem die Navi-Pfeile in Echtzeit ins reale Videobild einblendet (beides optional). Mercedes geht also mit der Zeit. Blöd nur, wenn die Kunden lieber alles eine Nummer simpler mögen. Immerhin: Dank der wichtigsten physischen Tasten, dem Zentralcontoller, der Touch-Bedienung, den Lenkradtasten und der (sehr guten) Sprachbedienung gibt es alle erdenklichen Bedienredundanzen. Besser geht's kaum. Die Sitze überzeugen mit gutem Seitenhalt und hohem Komfort, auch hinten. Gleiches gilt für wertvolle Materialien und beste Verarbeitung.

Motor: Viel (problemlose) Renault-Technik

Die zweite B-Klasse-Generation bot erstmals Elektro- und Erdgasantrieb, die dritte führt einen Plug-in-Hybrid ein. Der getestete B 250e (2020, 68.000 km) gehört zu den stärkeren Modellen. Er kombiniert einen 160 PS starken 1,3-Liter-Turbobenziner (ein Renault-Motor mit überarbeiteter Peripherie) mit einem 102-PS-E-Motor zu einer Systemleistung von 218 PS und 450 Nm. Damit schafft er bis zu 235 km/h. Seit dem Facelift ist die Höchstgeschwindigkeit trotz identischer Systemleistung auf 223 km/h begrenzt. Der Akku wurde zuletzt auf 17,1 kWh vergrößert, was laut WLTP 83 km elektrische Reichweite ermöglicht – sechs mehr als zuvor. Im Hybridbetrieb unterstützt der E-Motor den Verbrenner kraftvoll. Beim Lupfen des Gaspedals fällt der Benziner jedoch in ein spürbares Turboloch. Auch beim Überholen ist die Leistungsentfaltung mitunter ungleichmäßig. Bei kräftigem Tritt aufs Pedal hingegen geht es zügig voran. Der Auspuff endet unter dem Vordersitz, was akustisch auffällt. Die Hybridbatterie sitzt hinten zwischen den Rädern. Der gleiche Motor sitzt übrigens auch in den hybridfreien Benzinern bis einschließlich dem B 200. Er ist ausreichend kräftig und laufruhig.

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Sven Krieger

Rund 24 Prozent der Gebrauchtmodelle sind Diesel, am häufigsten vertreten sind 180er und 200er. Die schwächeren Diesel bis 116 PS (Renault K9) gelten als robust. Die stärkeren OM654-Diesel sind langlebig – Laufleistungen von über 500.000 km sind möglich. Anfängliche Probleme im Steuertrieb (siehe Mängelkapitel) wurden behoben, Injektoren arbeiten zuverlässig. Kritik gibt es eher für den rauen Klang des OM654 und den kleinen 35-Liter-Tank des Hybrids. Der Plug-in-Hybrid arbeitet mit separaten Kühlkreisläufen für Verbrenner und Elektromotor.

Starke Zweiliter-Benziner sind selten. Der Hybrid ist eine Empfehlung: keine Anfahrschwäche wie die Diesel, kein Ruckeln wie bei großen Benzinern. Seine Fahrwerte: 0–100 km/h in 6,5 s, 235 km/h Spitze, Testverbrauch 7,9 l. Zum Start der dritten Generation gab es Benziner mit 136–224 PS, Diesel mit 95–190 PS, später kam der B 250 e mit 218 PS und 77 km E-Reichweite dazu.

Getriebe: Fast nur mit Automatik

Im Hybrid arbeitet serienmäßig ein Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe. Dieses neigt bei sanfter Fahrweise zu nervösem Hochschalten, zeigt sich aber bei kräftiger Gaspedalbetätigung reaktionsschnell und harmonisch. Insgesamt liefern sowohl die Sieben- als auch Achtgang-Doppelkuppler eine solide Performance – zum einen, weil die Haltbarkeit stimmt, zum anderen, weil ihre Abstimmung annähernd so sanft gelungen ist, wie bei einem Wandlerautomatikgetriebe. Schaltgetriebe waren nur bis zur Modellpflege erhältlich – in sehr geringer Zahl: Von 2.900 gebrauchten W 247 in Deutschland haben nur 178 ein manuelles Getriebe. Seit Oktober 2022 ist das Schaltgetriebe ganz entfallen. Automatik ist damit bei rund 93 Prozent der Modelle Standard.

Mercedes B200d, Interieur
Achim Hartmann

Fahrwerk: Lieber kein Sportfahrwerk

Hier sollten sich Interessenten genau überlegen, was sie möchten. Aufgrund ihres recht modischen Designs und der nahen Verwandtschaft zur sportiv-tiefen A-Klasse gelang es Mercedes, viele Exemplare mit höheren Designlinien und entsprechend großen Felgen abzusetzen. Kommt dann noch das "Comfort-Fahrwerk mit Tieferlegung" hinzu, büßt die grundsätzlich komfortabel ausgelegte B-Klasse viel Schluckfreudigkeit ein. Braucht man das im Kompaktvan? Die B-Klasse vermittelt unabhängig von der Ausstattung auch bei höherem Tempo ein sicheres Fahrgefühl, ohne den Komfort zu opfern. Mit dem Standard-Fahrwerk und etwas mehr Gummi am Rad gibt's eine angenehme Federung, sicheres Handling in Verbindung mit einer präzisen Lenkung.

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Sven Krieger

Mängel: Markentypisch gibt's hier fast nur Fahrwerksverschleiß

Die B-Klasse zeigt sich technisch zuverlässig. Probleme mit Hybrid- oder Verbrennungsmotoren sind selten. Der ADAC stuft die B-Klasse über alle Baujahre hinweg "im grünen Bereich" ein. Trotz der hohen Zuverlässigkeit gibt es einige bekannte Punkte, die bei Gebrauchtwagen zu beachten beschränken sich meist auf Verschleißteile am Fahrwerk: Nach höheren Laufleistungen können ausgeschlagene Radführungsgelenke, Federbeinstützlager (wenn die Vorderachse knarrt oder poltert), Koppelstangen und Querlenkerlager ein Thema sein. Diese Teile sind jedoch im freien Handel, teils in verbesserter Qualität, erhältlich. Seltener fällt eine Fehlerquote seitens der elektrischen Feststellbremse auf, wenn etwa die Bremswirkung ungleichmäßig ausfällt. Wichtiger ist da in einigen Fällen die Durchführung möglicher Rückrufe. Diese betrafen das adaptive Fernlicht, den Fahrerairbag, sowie die Ölversorgung des Turboladers am 1,3-Liter Benziner. Exemplare mit Sportbremsen wurden über einen bestimmten Zeitraum aufgrund mangelhafter Verschraubung der Bremssättel zurückgerufen.

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Sven Krieger

Nicht unerwähnt lassen wir die Probleme der frühen Zweiliter-Diesel (bis Sommer 2020). Exemplare, die z.B. im Taxieinsatz ständig im Leerlauf laufen und im Stadtverkehr praktisch nie die Gelegenheit zur DPF-Regeneration haben, kämpfen mit Ölverdünnung durch Kraftstoffeintrag. In besonders heftigen Fällen kommt es dann zu einer Schmierungsunterversorgung im Zylinderkopf. Die Rollenschlepphebel, die die Ventile betätigen, können dann einlaufen. Wird das übersehen, droht infolgedessen ein Motorschaden, wenn die Steuerkette überstrapaziert wird. Dieses Phänomen ist in Taxikreisen laut geworden, betraf bislang aber kaum ein normal gefahrenes Privatauto.

Preise: Der Preis steigt mit der Leistung

Der hier gezeigte B 250e mit 48.000 km wird für 25.580 Euro angeboten – ein marktgerechter Preis. Generell gilt: Eine B-Klasse ist kein Schnäppchen. Etwa 2.900 gebrauchte W 247 sind derzeit in Deutschland gelistet. Los geht es bei rund 8.000 Euro – meist für ehemalige Taxis mit hoher Laufleistung. Für Fahrzeuge mit fünfstelligem Kilometerstand muss man mindestens 18.500 Euro anlegen. B 250e-Modelle starten bei etwa 21.000 Euro. Umgekehrt können Sparfüchse getrost auch einen zivil motorisierten Benziner oder Diesel um 100.000 Kilometer für gut 15.000 Euro kaufen. Im Verhältnis zum Nutzwert und der Modernität der B-Klasse ist das geradzu günstig. Die Unterhaltskosten sind dank moderater Typklasseneinstufung überschaubar: Haftpflicht 14–17 (Benziner), Teilkasko 20–23 (Diesel), Vollkasko 21–23 (PHEV, starke Benziner).