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GTI-Vortreffen
Kulttanke Mischkulnig ist das GTI-Epizentrum

An der Eni-Tankstelle Mischkulnig geht es am Ortsausgang Velden seit 20 Jahren  rund. Wir haben uns an der Kult-Tanke umgesehen.

VW Golf GTI Tankstelle
Foto: Markus Stier

Der Mann mit Warnweste und Sonnenbrille weist einen weißen Golf ein, damit der nicht die Gegenfahrbahn blockiert. Er ist nicht von der Polizei, sondern arbeitet bei der Tankstelle Mischkulnig in Kärnten. Der Verkehr auf der Landstraße zwischen Wörthersee und Hafner See muss rollen und der Rubel auch. Aber heute ist ja Donnerstag, total entspannt. Erst zwei Mal musste er eingreifen. "Das ist ja noch gar nichts. Morgen ist Freitag, da ist erst richtig was los. Aber da ist zum Glück mein Kollege dran."

Unsere Highlights

Das Vortreffen der GTI-Truppen ist im Gegensatz zur offiziellen Veranstaltung in Reifnitz völlig unorganisiert. Es gibt keine Organisation, keinen Termin, keine Website. Man rottet sich in sozialen Netzwerken zusammen – und trifft sich beim Mischkulnig.

Eigentlich muss der GTI-Fan gar nicht mehr selbst anreisen. Es gibt eine Internetseite mit drei Webcams, die jeden schicken VW einfangen. Wer doch kommen will, findet einen Anfahrtsplan und auch den aktuellen Wetterbericht. Es gibt natürlich eine Facebookseite unter dem bescheidenen Stichwort: "die berühmteste Tankstelle Österreichs."

Absperrgitter und Parkgebühren

Der Herr Mischkulnig ist ein in Ehren ergrauter Mann, der eigentlich nicht mit der Presse spricht. "Seit 30 Jahren nicht", sagt er. Mit den Mitarbeitern spricht er schon. Seine Truppen in grünen Leibchen dirigiert er zur Not mit Funkgerät an der Hüfte. Das Gesicht eine Mischung aus Schalk im Nacken und Trotz. Er fühlt sich schon seit Jahren allein gelassen von den Behörden. Weil die ersten GTI-Gläubigen jetzt schon drei Wochen vor dem offiziellen Treffen an den Wörthersee pilgern, haben sie ebenfalls frühzeitig Truppen entsandt.

Den Kreisverkehr vor der Tanke haben sie mit Absperrgittern zur Festung gemacht, damit die Horden von röhrenden Gölfen nicht auf dem Rasen hocken. Stattdessen lagern sie auf Campingstühlen mit Bierdosenhaltern rund um den Kreisverkehr oder der kleinen Böschung vom Billigklamotten-Discounter gegenüber, bannen jedes attraktive oder interessante mit zwölf Megapixeln auf die Festplatte.

Selbstverständlich ist Parken mehr oder weniger überall streng verboten, selbst auf den Parkplätzen der angrenzenden Supermärkte, es sei denn, man ist Kunde oder zahlt. Die umliegenden Geschäfte haben Wächter aufgestellt. Gerade am Abend, wenn sich der Platz direkt neben der Tankstelle mit Autos und Fans füllt, kassieren sie Parkgebühr. "Die hinterlassen hier immer eine arge Sauerei. Mit den Parkeinnahmen können wir saubermachen", sagt der Posten vor der örtlichen Sparkasse.

Warteschlangen an der Waschanlage zu mittaglichen Stoßzeiten

Am Morgen hocken die zwei Jungs vom Piercingladen noch entspannt auf der Plane ihres Zeltes. Bisher war man immer beim offiziellen Treffen in Reifnitz. Aber dort ist immer weniger Platz, und man will die immer besser besuchten Wochen vor dem Termin Mitte Mai auch noch mitnehmen. Womit verziert sich der GTI-Freund oder seine Freundin am liebsten? "Kann man noch nicht sagen. Wir sind ja erst seit gestern da", sagt der gutgelaunte Hautdurchbohrungsexperte.

Richtig was los ist erst ab Mittag, wenn der gediegene VW-Fan ausgeschlafen und gefrühstückt hat. Man fährt entweder zum Faaker See oder zum Mischkulnig, um sich und seinen Boliden bestaunen und in Fachgespräche verwickeln zu lassen.

Natürlich wird auch getankt, aber das ist nicht das Hauptanliegen. Schlange steht man für wichtigere Dinge: Wagenwäsche. Auch bei schönstem Seewetter verirren sich ja Stäubchen auf den Effektlack, zudem sind die Mücken in Kärtnen nicht die allerhellsten. Trotz reichlich 30er-Zonen rund um den See fällt ihnen das Ausweichen schwer, und so müssen sie vorsichtig von der Frontschürze geputzt werden.

Fünf Euro für einen Platz im Getümmel

Martin ist frustriert. Er würde auch gern im GTI durch die Lande blasen, aber ihm fehlen Gas- und Kupplungsfuß. Martin sitzt im Rollstuhl, schaut wehmütig auf den 600-PS-Golf auf dem Mischkulnig-Parkplatz und klagt: "Für Behinderte gibt’s das alles nicht." Gibt’s schon, dank Spezialfirmen, die auf Handbetrieb umbauen. Wäre mal eine Marktlücke am See. "Aber das ist bestimmt sehr teuer", sagt Martin, und so quält er sich weiter mit seiner Sehnsucht. Aber der Frust über unerfüllbare Auto-Träume hält ihn nicht ab. Er kommt jedes Jahr wieder aus dem Veldener Zentrum hier herauf. 

Der Treffpunkt beim Mischkulnig, der sich ja eigentlich längst in Mischkultnik hätte umtaufen können, ist wie bei allen Kulten eine zweischneidige Sache. Die Snobs unter den GTIlern finden die Tanke eigentlich zu überlaufen, nicht mehr elitär genug. Aber es ist wie mit dem billigen und überteuerten Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Am Morgen danach schwört man sich, nie wieder hinzugehen, am Ende ist man im nächsten Jahr wieder da, weil es die anderen auch sind.

Richtig voll wird es beim Mischkulnig erst, wenn es dunkel wird und die Hobbytuner sich in den umliegenden Pizzerien gestärkt haben. Dresscode ist extrem casual, und vorbei am Türsteher kommt jeder. Beim Mischkulnig hat der "Grauhaarige" das Sagen, ansonsten herrscht Demokratie. Jeder, der fünf Euro Eintritt zahlt, darf sein Schmuckstück auf den Hof fahren, solange der Platz reicht. "Um Mitternacht schmeißen wir dann alle raus", sagt der Türsteher unterm Sonnenschirm.

Die Anarchos unter den GTI-Hörigen trauern den alten Zeiten nach, als man auf dem Dragstrip vor der Tanke die Räder ordentlich rauchen, die Reifen am Kreisel quietschen und den VR6 in den Begrenzer rennen ließ. Aber das ist seit Jahren vorbei. Die Polizei lungert in Stoßzeiten auf beiden Seiten des Kreisverkehrs mit Radarpistolen. Die Beliebtheit der berühmtesten Tankstelle Österreichs ist trotzdem ungebrochen, Mischkulnig ist für VW-Fans weltweit eine Institution geworden. Und darauf ist der Grauhaarige schon ein bisschen stolz und sagt: "Das geht jetzt schon seit 20 Jahren so." Es gibt keine Anzeichen, dass sich in den kommenden Jahren etwas daran ändern sollte.

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