Da gibt es diese Schwelle von 30.000 Euro, die ein günstiges von einem (zu) teuren alltags- und familientauglichen E-Auto trennen soll. Jene Zahl hat der Diskurs der Meinungsbildner so festgelegt, wenngleich viele Selbstzahler angesichts dieser Summe nur traurig den Kopf schütteln. Nun, man muss eben irgendeine Messlatte definieren, und der VW ID.3 Pure rutscht bei eingerechneter Kaufprämie von VW tatsächlich gerade eben darunter durch. Ist er also der neue Volks-E-Wagen?
Sein Platzangebot liefert ein Argument dafür, denn hier ist der ID.3 dem Golf ebenbürtig. Und jener taugt als Maßstab, denn er hat schließlich bereits über Generationen die Massen automobilisiert und erledigt das immer noch. Die Ähnlichkeit zum Golf geht weiter: Auch im kompakten E-Wagen spürt man bereits auf den ersten Metern, dass es sich um ein gutes deutsches Ingenieursstück handelt, das nicht lieblos um eine Batterie herumgezimmert wurde. Das muss heute in aller Nachdrücklichkeit erwähnt werden, weil es nicht der Regel entspricht.
Basismodell mit gutem Fahrwerk
Vielmehr zeigt die von unseren Tests bestätigte Regel, dass in der Klasse der eher kleinen E-Autos auch die Ansprüche ans Fahren selbst klein sein sollten – vor allem bei Kandidaten, die aus fernen Welten hierher geschifft werden. Gerade ihre Performance steht im krassen Gegensatz zu der Erwartungshaltung, die fälschlicherweise von Boulevardmedien geschürt wird.

Der Elektromotor leistet 125 kW (170 PS) und sorgt mit 310 Nm Drehmoment für einen ordentlichen Antritt.
An das Fahrverhalten des ID.3 darf man dagegen sogar in der Basisausstattung durchaus einen gewissen Anspruch formulieren. Obwohl der Testwagen ohne adaptive Stoßdämpfer in die Redaktion sirrt, erledigt er Federungsaufgaben gewissenhaft; lediglich an den vernehmbaren Fahrwerksgeräuschen mag man sich stören. Auch die Lenkung verdient vorwiegend Lob, hält sich zwar bei der Rückmeldung bedeckt, arbeitet aber wunderbar homogen. Im Verbund mit dem ausreichend kräftigen Antritt – 125 kW und 310 Nm immerhin – ergibt sich ein hinterradgeprägtes Fahrverhalten, das einen auf der Landstraße bereits leicht packt, auf der Autobahn aber noch genügend in Ruhe lässt.
Zwei Schalter, vier Fenster
Kritik? Nun, sie betrifft erneut die Bedienung. Zwar hat VW erst jüngst viele Scharten in der Computertechnik ausgewetzt, doch es bleiben grundsätzliche Schwachpunkte: Ein nicht dauerhaft abschaltbares Auto-Zoom der Straßenkarte, der fehlende Zurück-Button in der Menüstruktur sowie der noch immer eher grobsensorisch ansprechende multifunktionale Slider wären hier beispielhaft zu nennen. Und zusätzlich natürlich die schwäbische, schon fast schottische Sparsamkeit, dass zwei Schalter zur Steuerung von vier Fenstern genügen müssen und der Fahrer bei der Bedienung gefälligst zwischen vorne und hinten umschalten soll.

Vor dem Schnellladen lässt sich die Batterieheizung im Infotainment-Display aktivieren.
Besser als früher funktioniert nun übrigens die digitale Ladeplanung. Und wie flott lässt sich der 52-kWh-Akku laden? An der CCS-Säule zieht der Basis-ID.3 zunächst mit gut 140 kW Strom; unter 100 kW sackt er allerdings bereits bei einem Füllstand von etwa 25 Prozent ab, um bei 85 Prozent noch mit rund 50 kW Elektronenpakete einzubuchten. Man sollte für eine Vollladung fast 50 Minuten Wartezeit einkalkulieren.
7,2 statt 22 kW
Beim Wechselstromladen, ob zu Hause oder öffentlich, wären es sogar mehr als acht Stunden, weil der ID.3 hier nur mit 7,2 kW saugt – eine Eigenart des Pure, denn die größeren Modelle schaffen immerhin 11,3 kW. Sprich: Die Basisversion nutzt nicht annähernd die 22 kW aus, welche AC-Ladesäulen anbieten.

Mit 23,1 kWh auf 100 km im Test kein Sparwunder – die Reichweite bleibt mit 259 km überschaubar.
Zieht man die meist maximal erlaubte Standzeit von vier Stunden ins Kalkül, so bunkert der Pure im besten Fall 28,8 statt der möglichen 45,2 kWh netto. Damit käme er laut unserem Testverbrauch von 23,1 kWh gerade einmal 125 Kilometer weit. Was dann etwa der Hälfte der maximal möglichen Reichweite entspräche, die mit 259 Kilometern schon nicht allzu üppig ausfällt – der teurere VW ID.3 Pro S kommt immerhin auf 357 km, kostet aber über 10.000 Euro mehr.
Eigenheim mit Wallbox
Anders ausgedrückt: Soll der kompakte E-Wagen den Alltag als Erst- und Einzigauto bewältigen, dann ist der Pure auf eine heimische Wallbox angewiesen, um seinen Akku über Nacht mit Strom aufzufüllen. Diese Betrachtung gibt Aufschluss über die tatsächlich infrage kommende Käuferschicht. Nimmt man nämlich an, dass sich gerade die weniger Begüterten nach einem E-Auto um die 30.000 Euro umsehen, so dürften jene schätzungsweise selten in einem Eigenheim mit eigener Wallbox wohnen. Sie müssten also öffentlich Strom konsumieren – an den Schnellladern wäre das zu teuer, an den AC-Ladern dagegen zu langsam.
Ist der ID.3 Pure also ein alltags- und familientaugliches E-Mobil? Ernüchternde Antwort: wohl kaum für den Käuferkreis, der sich angesprochen fühlen soll.
VW ID.3 Pure | |
Grundpreis | 33.330 € |
Außenmaße | 4264 x 1809 x 1564 mm |
Kofferraumvolumen | 385 bis 1267 l |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h |
0-100 km/h | 8,2 s |
Verbrauch | 15,3 kWh/100 km |
Testverbrauch | 23,1 kWh/100 km |