VW Golf 1.5 TSI R-Line und Cupra Leon 1.5 eTSI im Test

Gibt es weitere punkterelevante Unterschiede zum Golf ? Ja: Jener bietet eine größere Auswahl an digitalen Unterhaltungsmedien, und seine Fondsitze stützen die Rückenpartien der Passagiere stärker. Andererseits will die Lordosenstütze der R-Line-Integralsitze vorn manuell statt elektrisch justiert werden.

eTSI nur mit DSG

Elektrisch? Das schafft uns eine Überleitung zum Antrieb. Denn der Leon hat tatsächlich eine Elektro-Hilfe unter der Fronthaube, weshalb er den Zusatz "e" vor "TSI" trägt. Prinzipiell allerdings generieren beide Konkurrenten ihren Vortrieb über den sogenannten EA211 evo2, einen Vierzylinder mit 1,5 Litern Hubraum und VTG-Lader. Der Benziner integriert seinen Abgaskrümmer in den Zylinderkopf und fasst Katalysator sowie Ottopartikelfilter in einem einzigen Modul zusammen. Er arbeitet nach dem Miller-Prinzip, kombiniert die früh schließenden Einlassventile mit einer relativ hohen Verdichtung. Und im Teillastbereich schaltet er die Zylinder zwei und drei ab, was die Laufkultur ganz leicht aus dem Tritt bringt. Aber das nehmen wir hin, es geschieht ja zum Wohle des Verbrauchs.

Den TSI im Golf weckt ein Anlasser. Außerdem gelangt das Drehmoment an ein Sechsgang-Handschaltgetriebe. Als Mildhybrid vereint sich der eTSI im Cupra dagegen mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe sowie mit einem Riemenstartergenerator. Der hängt am 48-Volt-Teilbordnetz, wirft den Verbrenner an und rekuperiert Bremsenergie in einen kleinen Akku hinein.

Rein elektrisches Dahinsurren funktioniert in so einer Konstellation bauartbedingt nicht, dafür überträgt ein Riemenstarter viel zu wenig Drehmoment. Es geht vielmehr darum, dem Turbobenziner während seines Anfahrschwächelns unter die Arme zu greifen.

Praxistest

Wie sich das in der Praxis anfühlt? Nun, vor allem spürt man, dass der eTSI gerne und häufig segelt, also auskuppelt und den Vierzylinder sogar abstellt. Das funktioniert, weil der 48-Volt-Akku dem 12-Volt-Bordnetz gerne aushilft und damit die Lenk- sowie Bremskraft-Unterstützung sicherstellt. Funktioniert gut, allenfalls in Bergabpassagen irritiert es, wenn dem Cupra die Motorbremse fehlt. Ein Zug an der Schaltwippe wirft den 1.5er wieder an, und schon verzögert er mit.

Gewöhnungsbedürftiger ist der Druckpunkt des Bremspedals. Er scheint sich unter der Schuhsohle zu verschieben; und das DKG pfropft einen Herunterschalt-Impuls obendrauf. Im eTSI könnte man das Zielbremsen vor einer roten Ampel zur TikTok-Challenge ausrufen.

Die Komplikation kostet den Cupra einen Teil der Pluspunkte, die wir ihm für den Komfortbonus des automatisierten Schaltens zugesprochen haben. Eine Bereitschaft, sich daran zu gewöhnen, wäre wohl vorhanden, wenn sich denn damit Sprit sparen ließe. Wobei wir generell zunächst feststellen wollen, dass ein möglicher Schnitt von rund fünfeinhalb Litern auf 100 Kilometer für einen 150 PS starken Kompakt-Benziner ein wirklich erfreulicher Wert ist.

Doch konkret betrachtet zeigt sich der handgeschaltete und ungeboostete Golf auf der Eco-Runde von auto motor und sport um ein, im Testverbrauch sogar um zwei Zehntel auf 100 Kilometer sparsamer als der Konkurrent. Damit einher geht eine um über 100 Kilometer höhere Reichweite, da der Tank des VW 50 Liter fasst, der des Cupra dagegen nur 45. Unsere in zahlreichen Verbrauchsfahrten gewonnenen Messdaten legen den Schluss nahe, dass die Basis der Effizienz im Verbrennungsmotor selbst liegt und die nachgeschalteten eTSI-Maßnahmen – möglicherweise auch mangels Abstimmungs-Finesse – ihre Durchschlagskraft nicht im erhofften Maße entfalten.

Noch etwas spricht für den TSI in seiner reinen Form – er ist in der Anschaffung günstiger und antwortet hier in unserem Vergleichstest sogar wacher aufs Gasgeben. Entsprechend beschleunigt der handgerissene Golf dem doppelverkuppelnden Leon davon. Nicht nur unter den laborähnlichen Voraussetzungen auf der Teststrecke. Nein: Es fühlt sich im echten Leben auf der Straße genauso an, wie es die Zahlen suggerieren. Wobei die eigene Hand am Schalthebel eine intime Schnittstelle zum VW bildet und die Verbundenheit zu seiner fahraktiven Seele erhöht.

Genau an dieser Verbundenheit knüpft die Lenkung an – im Golf verbandelt sie Fahrer und Vorderachse einen Hauch enger als im Leon. Ja, der VW schüttelt Kurven noch etwas selbstverständlicher aus dem Handgelenk, was auch an seinem niedrigeren Gewicht liegen mag: Er bringt 75 Kilogramm weniger auf die Waage als der Cupra, der 12 Zentimeter länger ist. Hier arbeiten wir Nuancen heraus, doch sie sind erneut Belege für den Zauber, der den Golf seit Generationen umgibt: reinsetzen, wohlfühlen, losdüsen. Darin ist und bleibt er in seiner Klasse unerreicht – nach wie vor, obwohl ihm VW mit der Digitalisierung der Bedienung eine gehörige Irritation beigefügt hat.

Sparspaß wird Fahrspaß

So wundert es nicht, dass sich der Vorsprung in der Eigenschaftswertung aus genau jenen Kapiteln speist, welche das Fahren selbst begutachten. Bei Komfort, Antrieb und Fahrverhalten punktet der Trendsetter mit seiner um Ausgleich bemühten Art – ebenfalls ein Charakterzug, der den Golf praktisch seit seiner Entstehung auszeichnet.

Eine weitere Stärke des VW ist sein Bemühen um Effizienz. Es bringt ihm im Umweltkapitel an diversen Stellen Pluspunkte: beim Test- und Eco-Verbrauch ebenso wie bei der Energie, die er benötigt, um konstant 130 km/h zu halten. Dass der Golf als Volkswagen auch noch günstiger ist als sein Konkurrent, kommt zumindest in der Kompaktklasse nicht allzu häufig vor. In diesem konzerninternen Vergleich jedoch schon, denn die Marke Cupra soll ja keinesfalls Preisbrecher hervorbringen.

Vergleicht man beide Modelle mit reinen TSI-Motorisierungen, rücken sie dennoch enger zusammen. Der eTSI-Aufschlag beträgt beim Leon rund 2.800 Euro. Dieses Geld lässt sich bedenkenlos sparen – schätzungsweise zum Wohle des Fahrspaßes. Denn die hier gewonnenen Erkenntnisse zum VW ließen sich auf den handgeschalteten Cupra übertragen. Zum Sparspaß käme dann der Fahrspaß. Nicht schlecht, oder?