An sich lassen wir uns nie vorschreiben, was wir vergleichen. So setzen wir uns immer gern über diese seltsam unhinterfragte Regel hinweg, man dürfe Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Doch heute nehmen wir: Tomaten. Von dem Nachtschattengewächs, das man in Österreich mit dem Namen Paradeiser schmückt, aß 2023 in unserem um keine Statistik verlegenen Land jeder 29,9 kg. Was zu 2010 ein Plus von 4,9 kg oder 9,6 Prozent bedeutet. Im selben Zeitraum fiel der Apfel sicherlich weiterhin nicht weit vom Stamm, sein Pro-Kopf-Konsum aber von 30,5 auf 20 kg – minus 34,5 %.
Womit wir, Sie ahnen es, beim Golf sind. Der ist sozusagen der Apfel des Automarktes. 2010 verkaufte VW in Deutschland 251.078 Golf VI (damals in fünf Versionen: Zwei-, Viertürer, Variant, Plus, Jetta). 2023 sind es – auch diese Zahl erklärt die VW-Krise – 81.117, nicht etwa weniger, sondern insgesamt, die VW als Viertürer oder Variant hier verkauft. Ein Minus von – Obacht – 67,7 Prozent.
Damit sich das wieder bessert und nicht noch eine andere schöne Statistik ruiniert – in 50 Jahren, in denen VW den Golf baut, entschied sich rechnerisch alle 43 Sekunden jemand dafür, einen zu kaufen –, bekommt der Golf nun eine Modellpflege. Sie hält sich nicht groß mit Äußerlichkeiten auf. Die beschränken sich auf Gewöhnlichkeiten wie neue Felgen, Farben, sacht modifizierte Scheinwerfer, Leuchten und Stoßfänger. Bedeutsameres ereignet sich in den Tiefen – bis in jene der Türablagen, deren Wände nun Filz bezieht. Auf der Mitte des Cockpits erhebt sich der 12,9-Zoll-Touchscreen des Infotainments mit VWs aktuellem Hardwarestand MIB4, schnellerem Prozessor und durchschaubarerem Menü-Organigramm. Dazu lassen sich Schnellzugriffe vom oberen Rand runterwischen. Vor allem aber fährt das System nun fix hoch und läuft stabil. Was beides zu den Selbstverständlichkeiten zählt, die beim Test eines VW Golf eigentlich keinerlei Erwähnung wert sein dürften. Wie auch die bei Dunkelheit erkennbaren Regler für Lautstärke und Navi-Zoom, die fehlbedienungssicheren Lenkradtasten oder eine solide Materialauswahl. Bei der hält der Golf nun mittels netterer Deko und etwas Aufschäumerei an Kunststoffen mit den Soliden seiner Klasse mit, ohne den Eindruck aufkommen zu lassen, er hege wieder Premium-Ambitionen.
Dabei werden sie in WOB mittlerweile gewiss verstanden haben, dass gerade solche Detailschwächen der Grund waren, warum der Achtergolf in seiner ersten Halbzeit nicht recht ins Spiel fand. Denn alltagsgewandte Variabilität, hohe Raumeffizienz, das selbst für fünf eigentlich immer genügende Platzangebot und den großen Umfang sowie die hohe Qualität bei Assistenz und Licht hatte er ja von Beginn an. Und das mit dem Fahren hatte er auch drauf. Allerbestens gar.

Soll eine Kurve mehr als eine Richtungsänderung sein, hat die Lenkung alles parat: punktgenaue Direktheit, akkurate Präzision und ungekünstelte Rückmeldung.
In 13 von 2,5 auf 3,7
Bevor es damit losgeht, noch ein paar Zahlen? Ach gern: Wie wäre es mit der 43,2, der 2,5, der 3,7 und der 3,4? Sodann: Um 43,2 Prozent stiegen die Neuzulassungen von Hyundai bei uns von 2010 bis 2023, der Marktanteil von 2,5 auf 3,7 Prozent. Oder so: 2010 verkaufte VW allein vom Golf 3,4-mal mehr Exemplare als Hyundai von allen Modellen, 2023 von den drei volumenstärksten Autos (Golf, T-Roc, Tiguan) zusammen nur doppelt so viele wie Hyundai insgesamt.
Großen Anteil an diesen fast paradeiserhaften Wachstumsraten (doch noch die Kurve zu dem Gemüse gekriegt!) hat der i30 . Seine dritte Generation startete 2017, bekommt nun nach 2020 die zweite Zwischenauffrischung. Bei der strafft Hyundai neben der Form von Scheinwerfern, Felgen und Schürzen vor allem das Angebot. Es beschränkt sich nun auf Viertürer und Kombi, die es in zwei Ausstattungen sowie mit zwei Turbobenzinern (100 und 140 PS) – verbandelbar mit Sechsgangschalter oder Siebengang-Doppelkuppler – zu kombinieren gilt. Zum Test tritt der i30 mit dem starken Mildhybrid-Vierzylinder und in Grundausstattung an. Wobei die beim Advantage weit mehr als Grundlegendes umfasst, etwa Online-Navi, Rückfahrkamera und Sitzheizung. So kostet der i30 ausstattungsbereinigt gut 7.000 Euro weniger als der Golf. Dann noch die fünf Jahre Garantie – da muss der nur über zwei Jahre garantiegesicherte Golf schon vieles viel besser können, um das auszugleichen. Kann er?

Von seiner unaufgeregten, präzisions- und rückmeldungsdiskreteren Lenkung geführt, kurvt er sicher und doch beschwingt über Landsträßchen.
Hyundai: Schwächen bei Schaltung und Fahrwerk
Nur ein Weg, das zu klären: Wir legen los und fahren es heraus. Wobei es beim i30 zum Loslegen eine antriebslaue Zögerlichkeit zu durchzaudern gilt, über die auch der 12 kW starke Boost des Riemenstarter-Mildhybrids nicht hinweghelfen kann. Und die Intensität darin findet, dass der Antrieb stets im Eco-Modus startet. Er bummelt anfahrflau los, vermag dennoch das Getriebe damit zu überrumpeln. Das hat seine zwei Kupplungen und sieben Gänge noch nicht recht durchsortiert, lässt den Kompakten mal mit massig Schlupf anrollen, mal – steigt der Pilot, ungeduldig geworden, heftiger aufs Gas – losrucken.
Auch später und selbst im Normal- wie im Sportmodus wird das Getriebe die Gangwahl selten mit Schlagfertigkeit, sondern meist mit einer Besonnenheit gestalten, aus der es sich zumindest über die Schaltwippen reißen lässt – aber oft mit Verzögerung und mit für einen Doppelkuppler trägen Schaltvorgängen. Im Eco-Modus legt die Antriebssteuerung mitunter den Leerlauf ein und lässt den Hyundai rollen. Wobei sie dabei das Überraschungsmoment stets auf ihrer Seite hat. Denn nach welcher Strategie sie über das Dahinrollen entscheidet, vermögen wir auch nach vielen Testtouren nicht zu ergründen.
Gründlicher könnte das Fahrwerk sich gern mit Unebenheiten befassen. Stattdessen rollt der i30 harscher ab als der Golf, überfedert kurze, kantige Stöße hoppeliger und neigt – allerdings nur auf wirklich groben Wellen – zum Katapulten an der Hinterachse. Die Straffheit des Set-ups immerhin verschafft dem Wagen muntere Agilität. Zwar wankt der i30 etwas stärker und schubbert etwas früher ins Untersteuern als der Golf. Doch von seiner unaufgeregten, präzisions- und rückmeldungsdiskreteren Lenkung geführt, kurvt er sicher und doch beschwingt über Landsträßchen.

Hyundai glänzt mit Alltagstauglichkeit
Noch besser als heitere Landpartien hat der Hyundai aber den Alltag drauf, mit Platz genug für vier oder auch mal fünf Erwachsene samt Gepäck. Ja, stimmt, die Innenkante des Laderaums könnte niedriger, die Ladefläche stufenlos sein. Dafür gelingt die ganze Bedienung übersichtlich und eingängig. Wichtige Funktionen wie Klimaregelung, Sitzheizung oder Licht haben eigene Tasten und Regler. Das Infotainment staffelt seine Menü-Ebenen nicht unbedingt in grafischer Anmut, dafür in logischer Eingängigkeit. Mit der Sprachassistenz lassen sich neben Navi-Zielen und Radiosendern auch Wetterprognosen oder Komfortbelange ausbaldowern. Dann wären da noch vehemente, gut dosierbare Bremsen sowie die solide Material- und Verarbeitungsgüte. Aber auch die knappere Lichtausstattung, das Assistenzensemble mit fehlbesetzter Verkehrszeichenerkennung und der deutlich höhere Verbrauch (5,6 l/ 100 km auf der Eco-Runde, 7,2 im Testschnitt). Reicht das noch für den Sieg?
Golf punktet bei Fahrwerk und Lenkung
Nachdem es uns damit gewiss gelungen ist, just immense Spannung aufzubauen: Nein, reicht nicht. Okay, am Golf VIII ist manches erst im zweiten Anlauf so gut, wie es bereits vor knapp vier Jahren beim Start hätte sein sollen, nein, viel mehr: hätte sein müssen. Doch wie bisher schon fährt der Golf brillant. In einer Brillanz, welche diejenigen, die ihn rein für die Belange der Fortbewegung kaufen, sehr sicher, angenehm-komfortabel und überaus effizient (4,8 l/ 100 km Eco-, 6,4 l Testverbrauch) individualmotorisiert. Und die für Freunde der Kraftfahrt dennoch dauervergnügliche Dynamik und Agilität im Programm hat.

4,8l/ 100 km genügen dem VW auf der Eco-Runde. Der i30 liegt mit 5,6 l rund 17 Prozent darüber.
So lässt die Progressivlenkung (Serie bei R-Line) keinerlei Hektik aufkommen. Doch soll eine Kurve mehr als eine Richtungsänderung sein, hat die Lenkung alles parat: punktgenaue Direktheit, akkurate Präzision und ungekünstelte Rückmeldung. Da hält das Fahrwerk mit sehr lange neutralem Handling locker mit. Ja, schließlich gibt sich der Golf dem sachten Untersteuern hin, aber dann hast du es auch drauf angelegt. Erst recht, wenn du im bestens aufgelegten Sport-Modus unterwegs bist. Der rafft die Kennlinien von Antrieb, Lenkung und der Einventil-Adaptivdämpfer (880 Euro). Aber – und das ist selten – er übertreibt es nicht zu Nervosität, Zappeligkeit und Bolzerei. Stattdessen verschafft er dem Handling noch gefühlvollere Finesse und wahrt doch umgänglichen Federungskomfort. Der zählt ohnehin zu den eindrücklichsten Stärken des Golf. Durch alle Dämpfermodi besitzt er eine treffsicher aufgefächerte Straffheit, die im Comfort-Modus noch klare Verbindung zur Straße hält, aber selbst grobe Stöße beflissen einsteckt und dabei den Aufbau stabil kontrolliert.
Golf-Antrieb arbeitet unharmonisch
Ach, so könnte alles so gut und behaglich sein. Doch dann rumpelt der Motor mitunter los, wenn die Steuerung ihm im falschen Moment zwei Zylinder ausknipst, was sonst – also so gut wie immer – fast unmerklich gelingt. Die zweite, viel auffälligere Effizienz-Eigenheit der temperamentvollen Antriebskombination aus dem 150 PS starken 1,5-Liter-Miller-Benziner (früh schließende Einlassventile, hohe Verdichtung) mit VTG-Lader, dem nun stärkeren (14 kW/56 Nm) 48-V-Riemenstarter-Mildhybrid und dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe: Fast vom Start weg schaltet das System bei jedem Gaslupfen den Leerlauf ein und den Motor aus. Dann rollt der Golf erstaunlich weite Strecken frei dahin. Bergab, klar, wird er dabei schneller, muss über die Lenkradpaddel per Zurückschalten oder über einen Tritt auf die Bremse verzögert werden. Das Erste klappt auf einen Schnipp, das mit dem Bremsverzögern dagegen oft unharmonisch. Denn der Druckpunkt des eh schlecht dosierbaren Pedals verschiebt sich – auch mal während eines Bremsvorgangs. Das fühlt sich an, als zöge es jemand einem unterm Schuh weg. Mitunter gar reicht der Druck dann nicht mehr aus und es gilt, beherzt nachzutreten.
Im Rahmen des Volkes
Dies bleibt indes die einzige Schwäche des Antriebs, der den Golf vom E-Boost-unterschäumten Anfahren weg tatkräftig-homogen voranbringt, derweil das Getriebe die Gänge flink, nahtlos, fein getaktet wechselt und dazu beiträgt, dass der VW wieder viele Höchstwerte seiner Klasse definiert. Allerdings auch beim Preis. Mit testrelevanten Extras kostet der keineswegs prunkvoll ausgestattete R-Line 40.295 Euro. Sicher, ein Golf war immer schon etwas teurer. Aber nur so viel, dass sehr viele ihn sich leisten wollen konnten – auch finanziell war er ein Auto im Rahmen des Volkes. So gut wie er nun ist, wollen ihn sich vielleicht wieder mehr Kunden leisten. Nur: Können sie es noch?
VW Golf 1.5 eTSI R-Line | Hyundai i30 1.5 T-GDI Hybrid Advantage | |
Grundpreis | 38.400 € | 32.490 € |
Außenmaße | 4282 x 1789 x 1483 mm | 4340 x 1795 x 1455 mm |
Kofferraumvolumen | 381 bis 1237 l | 395 bis 1301 l |
Hubraum / Motor | 1498 cm³ / 4-Zylinder | 1482 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min | 118 kW / 160 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 224 km/h | 197 km/h |
0-100 km/h | 8,7 s | 9,5 s |
Verbrauch | 5,4 l/100 km | 5,7 l/100 km |
Testverbrauch | 5,9 l/100 km | 6,7 l/100 km |