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VW Golf 1.4 TSI Highline im Test
100.000 Kilometer und eine kalte Schulter

Beim VW Golf fällt die Wahl oft auf den 122-PS-TSI-Motor. Hält der moderne Antrieb? Alles andere ebenfalls? Die 6. Generation des Kompakten zeigte jedenfalls gerne mal die kalte Schulter im Dauertest.

VW Golf 1.4 TSI Highline
Foto: ams

Der Esprit eines VW Golf liegt in der Regel eher auf dem seriösen Niveau eines Nachrichtensprechers als eines Showmasters. Spontan aufbrandender Applaus? In der sechsten Generation längst nicht mehr, ein Golf muss funktionieren. Doch als ab September 2009 der Golf mit 122 PS starkem TSI-Motor regelmäßig einen Parkplatz in der Redaktionsgarage beanspruchte, prasselten zahlreiche, höchst emotionale Kommentare auf den eigentlich tristen Lack in „United Grey“ ein. Der Grund: Trüffelbraune Ledersitze blitzten durch die Scheiben wie ein schicker, kontrastierender Hemdkragen und Manschetten unter dem grauen Pullover – so edel tritt der ewige Held der Kompaktklasse höchst selten auf.

Da die Lederausstattung nur in Kombination mit den sehr bequemen Sportsitzen geliefert wird, ruft VW für dieses Extra im Golf VI 1.880 Euro auf. Und wo wir schon dabei sind: Unter anderem lupften Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Schiebedach, Xenon-Scheinwerfer, Navigationssystem sowie adaptive Stoßdämpfer den Testwagenpreis auf stolze 35.625 Euro, was wiederum zu heftigen Diskussionen führte. Zugegeben, nur wenige VW Golf VI dürfen sich derart hemmungslos in der Aufpreisliste wälzen, doch viele Kunden gönnen sich einige der attraktiven Extras. Klappt also nach 100.000 Kilometern die Rückfahrkamera immer noch zuver-lässig unter dem VW-Emblem hervor? Führt der Parklenkassistent noch in jede Lücke? Schaltet das DSG so flink wie am Tag der Auslieferung?

VW Golf 1.4 TSI mit Aufladungs-Joker

Zunächst blieb jedoch alles beeindruckend ruhig, was speziell auf den außergewöhnlich kultivierten Turbomotor des VW Golf 1.4 TSI zurückzuführen ist. Leser Thomas Schmidt war anfangs gar versucht, seinen Golf mit identischer Motorisierung „an jeder Ampel neu zu starten“, da der Vierzylinder speziell im Leerlauf praktisch nicht zu hören ist. Darüber hinaus erwies sich der Direkteinspritzer als äußerst temperamentvoll, was in dieser Leistungsklasse noch immer nicht selbstverständlich ist. Hier spielt der 1,4- Liter-Motor den Aufladungs-Joker aus, der ihm ein maximales Drehmoment von 200 Newtonmeter bei niedrigen 1.500 Umdrehungen einbringt. Mit einer Beschleunigung in 10,2 Sekunden von null auf 100 km/h blieb der Testwagen zwar hinter der Werksangabe von 9,5 Sekunden zurück, über mangelnde Leistung beschwerte sich jedoch niemand.

Obwohl – bei Kilometerstand 71.511 schienen sich doch einige PS zum Baden im Bodensee verabschiedet zu haben, den der Golf zu diesem Zeitpunkt umkreiste. Die aufblinkende Abgas-Kontrollleuchte zwang zu einem außerplanmäßigen Werkstattbesuch, wo ein defektes Regelgestänge am Turbolader diagnostiziert wurde. Die Therapie: ein neuer Lader. Nicht etwa, weil die Turbine in Mitleidenschaft gezogen worden wäre. Vielmehr gehört das defekte Bauteil aufgrund kostengünstiger Produktionsprozesse zum integralen Bestandteil der Laderkonstruktion, weshalb diese in Gänze ausgetauscht werden musste. Kosten: knapp 1.600 Euro, die bei diesem Kilometerstand nur bei den wenigsten Kunden noch als Garantiefall abgewickelt worden wären. Vereinzelt berichten auch andere Golf-Fahrer von Problemen mit der Aufladungstechnik bei beiden 1.4-TSI-Varianten mit 122 und 160 PS. Ein Rückruf seitens des Herstellers erfolgte allerdings nicht, zu selten seien entsprechende Probleme aufgetreten.

Trotz der ärgerlichen Panne war der Dauertest-Golf 1.4 TSI nicht auf fremde Hilfe angewiesen, um ans Ziel zu kommen, was sich entsprechend positiv auf die Mängel-Bilanz auswirkt. Hoppla, damit ist schon fast etwas zu viel verraten, denn im Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe sahen einige Kollegen aufgrund seiner Komplexität durchaus einen potenziellen Spielverderber. Und tatsächlich: Von Beginn an monierten unterschiedliche Fahrer das ruppige Anfahrverhalten und Ruckeln im Antriebsstrang beim Rangieren. Dennoch überlässt rund ein Viertel aller VW Golf 1.4-TSI-Käufer das Schalten der des mittlerweile 1.825 Euro teuren Automatik, was insgesamt auch wirklich gut funktioniert. Die Gangwechsel erfolgen blitzschnell, unabhängig davon, ob von der Elektronik oder vom Fahrer per Schaltpaddel am Lenkrad veranlasst.

VW Golf 1.4 TSI mit 8,7 Liter im Testdurchschnitt

Ein Software- Update bei Kilometerstand 53.762 brachte ein wenig mehr Harmonie in die DSG-Arbeit bei niedrigen Geschwindigkeiten. Neben dem Komfortgewinn soll das aufwendige Getriebe zudem den Verbrauch reduzieren. Mit 6,0 Liter pro 100 Kilometer gibt VW zwei Zehntelliter weniger als für die Variante mit manueller Sechsgangschaltung an. Wenig überraschend: Der Testdurchschnitt lag mit 8,7 Liter pro 100 Kilometer deutlich darüber. Mit etwas Zurückhaltung kamen einige Fahrer jedoch der Werksangabe mit 6,4 L/100 km deutlich näher.

Für das hohe Testmittel sorgt natürlich auch der Fahrspaß, den der VW Golf 1.4 TSI macht. Zum einen aufgrund des bereits erwähnten dynamischen Antriebs, zum anderen wegen der scheinbar alleskönnenden Fahrwerksabstimmung. Die adaptiven Dämpfer verhelfen dem VW Golf zusammen mit der leichtgängigen und präzisen Lenkung zu einem agilen Fahrverhalten, für das der erste GTI sofort seine rote Kühlergrillumrandung und den Golfball-Schaltknauf hergeben würde. Dabei blieb meistens der Comfort-Modus vorgewählt, da so trotz der 17-Zoll-Räder die meisten Bodenunebenheiten gekonnt herausgefiltert werden. Wie üblich ein teures Vergnügen – 945 Euro verlangte VW für dieses Extra zu Testbeginn. Die Einbaurate bleibt daher überschaubar, zumal Kritik am Basis-Fahrwerk aus den Zuschriften nur selten herauszulesen war.

Ganz anders dagegen das Urteil über die Heizungsanlage. Überwiegend Modelle mit modernen Downsizing-Motoren, die sich durch einen hohen Wirkungsgrad auszeichnen, lassen die Insassen frieren. Daran änderte auch ein im Rahmen der Inspektion bei allen Golf VI korrekt befestigter Fußraumausströmer nichts. Doch nicht nur die Füße blieben lange kalt, der gesamte Innenraum heizte sich sehr zögerlich auf. Der Leser und Golf Plus TSI-Fahrer Johannes Kinateder vermutet, dass die Ingenieure „bei den Testfahrten am Polarkreis das Auto vorher warm laufen lassen“ und die mäßige Heizleistung deshalb unentdeckt bleibt. Umso mehr musste sich die Sitzheizung ins Zeug legen, um zumindest ein wenig Behaglichkeit im feschen Interieur zu schaffen.

Ungeachtet seines frostigen Charakters kam der VW Golf 1.4 TSI mit winterlichen Bedingungen durchaus gut zurecht, wenngleich das Anfahren auf rutschigen Straßen DSG-bedingt noch etwas mehr Feingefühl verlangt. Die hellen Xenonscheinwerfer durchschnitten die früh einsetzende Dunkelheit, die an dieses Extra gekoppelte Reinigungsanlage spritzte zuverlässig den Schmodder vorausfahrender Fahrzeuge von den Streuscheiben.

Clevere Rückfahrkamera, veraltetes Navi

Und wie steht es um die Sicht nach hinten? So verdreckt das Heck des VW Golf auch sein mag, zielgenaues Einparken stellte nie ein Problem dar. Die Rückfahrkamera lugt nur bei Gebrauch hinter dem Volkswagen-Emblem hervor, bleibt ansonsten also vor Schmutz geschützt – teuer, aber clever. Deutlich günstiger: der Parklenkassistent. Damit manövriert sich der VW Golf fast von ganz alleine in seitliche Parklücken, nur Gas und Bremse muss der Fahrer bedienen; übrigens ausschließlich aus Haftungsgründen. Auch diese Sonderausstattung zickte über die Testdistanz nie.

Daran darf sich das kostspielige Navigationssystem RNS 510 gerne ein Beispiel nehmen. Von Beginn an stellte es seinen happigen Aufpreis von 2.700 Euro (inklusive Dynaudio-Soundsystem) durch lange Rechenzeiten und eine teils merkwürdige Routenplanung in Frage. Gegen Testende häuften sich kurzzeitige Aussetzer. Positiv dagegen: die einfache Bedienung per großen Touchscreen. Mehr Freude bereitete das für 500 Euro einzeln bestellbare Klangpaket der dänischen Spezialisten von Dynaudio für den VW GOlf VI. Die Anlage mit acht Lautsprechern, digitalem Acht-Kanal-Verstärker und einer Gesamtleistung von 300 Watt liefert ein deutlich spritzigeres Klangbild als die Serienlautsprecher. Zur besseren Wirtschaftlichkeit trägt dieses Extra jedoch ebenso wenig bei wie die meisten anderen Optionen.

Am Ende attestiert der Gutachter einen Wertverlust von 54,4 Prozent – der zweitschlechteste im Wettbewerbsumfeld. Am optischen Eindruck kann es nicht liegen, denn der Lack wirkt noch frisch, und die Polster sind weder abgewetzt noch durchgesessen. Zudem funktionieren alle elektrischen Helfer, und auch die Verkleidungen stecken noch fest in ihren Verankerungen. Nicht alle Golf-Fahrer besitzen aber ein derart problemloses Fahrzeug, denn einige Zuschriften berichten erbost von losen Fensterschacht-Abdeckungen und Elektrik-Zipperlein.

Auf den ersten Blick liegen auch die Kilometerkosten mit 14,8 Cent weit über denen anderer Dauertest-Kandidaten. Das liegt aber daran, dass die anderen meist Diesel sind. Ohne Kraftstoff, Öl und Reifen gerechnet, ist der Golf der Zweitgünstigste. Beim Mängelindex setzt er sich sogar an die Spitze. Weil der VW Golf 1.4 TSI eben immer fuhr, nie liegenblieb und neben Turbolader und Fußraumausströmer lediglich ein defekter Heckklappen-Teleskopdämpfer getauscht werden musste.

Technische Daten
VW Golf 1.4 TSI Highline
Grundpreis25.310 €
Außenmaße4199 x 1779 x 1479 mm
Kofferraumvolumen350 bis 1305 l
Hubraum / Motor1390 cm³ / 4-Zylinder
Leistung90 kW / 122 PS bei 5000 U/min
Höchstgeschwindigkeit200 km/h
Verbrauch6,0 l/100 km
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Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten