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Vergleich Ford Focus und VW Golf
Mit dem Klassenprimus auf Augenhöhe

Die veredelte Optik des Ford Focus ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was sich an Fahrwerk, Antrieb und Infotainment getan hat. Selbst dem ewigen Primus VW Golf kann er selbstbewusst begegnen.

Ford Focus, VW Golf, Frontansicht
Foto: Dino Eisele

Der meistverkaufte Pkw der Welt in den letzten beiden Jahren? Natürlich der VW Golf, vielleicht noch der Toyota Auris, werden Sie sagen. Stimmt nicht, sagt Ford, denn das sei der Focus, der in acht Ländern auf vier Erdteilen produziert und auf 140 Märkten angeboten wird. Die Entwicklungshoheit des Ford Focus liegt jedoch in Köln, und dort ist man mit dem Erfolg der dritten Modellgeneration (seit Juni 2011) auch nicht unzufrieden. Nur – in Europa und speziell in Deutschland rangiert der Golf noch immer mit klarem Abstand vorn.

Ob die jüngste Neuauflage des Ford Focus daran etwas ändern kann, sei dahingestellt, doch das Zeug dazu hat sie. Denn die Änderungen gehen weit über ein Facelift hinaus und setzen nicht nur da an, wo Schwächen offensichtlich waren – bei Bedienung, Qualität und Verbrauch etwa. Auch Handling und Komfort – seit Jahren Ford-Stärken – lassen spürbare Verbesserungen und eine nochmals verfeinerte Fahrwerksabstimmung erkennen.

Bereits die edlere Frontpartie mit dem trapezförmigen Grill und den scharf konturierten Scheinwerfern – auf Wunsch mit Bi-Xenon-Licht – zeigt ein neues Selbstbewusstsein, während das Heck nur leicht retuschiert wurde. Ansonsten bleiben Form und Abmessungen unverändert, ebenso das Platzangebot, das auf Golf-Niveau liegt. Allerdings gehen die flacheren Front- und Heckscheiben des Ford Focus zulasten von Raumgefühl und Rundumsicht.

Ford Focus mit neugestalteter Mittelkonsole

Neben den weicheren, höherwertigen Oberflächen fallen im Interieur des Ford Focus die große, flexible Ablage zwischen den Vordersitzen und besonders die neugestaltete Mittelkonsole positiv auf. Statt des bisherigen Mini-Bildschirms und des Tastenchaos gibt es nun endlich einen hochauflösenden 20,3-Zentimeter-Touchscreen für das optionale Bediensystem Sync2, mit dem Telefon, Navigation, Entertainment und Klima gesteuert werden. Die Menüstruktur wirkt logisch, und selbst irgendwelche Sonderfunktionen sind maximal drei Fingertipps entfernt.

Zum schnellen Zugriff bleiben im Ford Focus separate Bedienfelder für Radio und Temperatur erhalten, doch noch leichter geht es per Sprachsteuerung. So können Zieladressen nunmehr mit Ort, Straße und Hausnummer in einem Schritt angesagt werden, und für die Suche nach einem Restaurant reicht der Satz "Ich habe Hunger“. Dank integriertem Michelin Travel Guide lassen sich sogar die kulinarische Ausrichtung vorgeben und ein Tisch reservieren. Und für die Wunschmusik aus dem MP3-Player reicht es, Interpret oder Titel zu nennen.

Das meiste davon kann der VW Golf natürlich auch, nicht aber automatisch ausparken oder seinen Lichtkegel dem Straßenverlauf anpassen. Außerdem warnt der sogenannte Cross Traffic Alert im Ford Focus vor anderen Verkehrsteilnehmern, die sich seitlich des Wagenhecks bis auf 40 Meter nähern. Komplettiert wird das umfangreiche Assistenzangebot durch die nun bis 50 km/h aktive Notbremsfunktion und den Abstandswarner mit dreistufiger Alarmierung.

Am liebsten mit Topausstattung

All das ist beim Ford Focus erstaunlich günstig zu haben, und vier Türen sind – anders als beim VW Golf – stets serienmäßig. Dafür kostet die Klimaanlage beim Basis-Focus (ab 16.450 Euro) extra, doch den wählen ohnehin nur fünf Prozent der Käufer, während 55 Prozent zur Topversion Titanium mit Klimaautomatik, Alurädern, Sportsitzen und weiteren Extras greifen. Wie üblich sind die stärkeren Motoren an gehobene Ausstattungsvarianten gekoppelt, was diese zum Teil deutlich teurer macht.

Ford Focus wartet mit gelungenem Downsizing auf

Vor allem macht der 2013 eingeführte Triple im Ford Focus wenig Lärm und viel Freude, zeigt kaum Vibrationen und bringt den 1,3-Tonner munter in Fahrt, wenn die Drehzahl nicht gerade unter 1.200/min fällt. Gelungenes Downsizing also, das nun in gemilderter Form auch bei den Turbo-Vierzylindern Einzug hält. So hat der neue Ecoboost-Benziner knapp 100 cm3 weniger Hubraum, aber unverändert kräftige 150 oder 182 PS bei 0,4 l/100 km niedrigerem Verbrauch. Ähnliches gilt für den 1,5-Liter-Diesel, den es mit 95, 105 und 120 PS gibt und der sich bis zu 19 Prozent weniger genehmigt. An der Spitze der Selbstzünder rangiert der ebenfalls optimierte, von 140 auf 150 PS und von 320 auf 370 Nm erstarkte 2.0 TDCi.

Alle Triebwerke im Ford Focus arbeiten ungewöhnlich leise und geschmeidig, erfüllen die Euro-6-Abgasnorm und sind mit Start-Stopp-Funktion ausgerüstet (außer 1.6 Ti-VCT), sämtliche Diesel sowie die Benziner ab 125 PS zudem mit einem wunderbar leicht und exakt schaltbaren Sechsganggetriebe.

Anders als beim VW Golf gibt es jedoch erst ab 2015 ein besonders effizientes Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe für die beiden stärkeren Diesel und eine Wandlerautomatik für den 1,5-Liter-Ecoboost, beide dann erstmals auf Wunsch mit Schaltwippen am Lenkrad. Auch auf Allradantrieb und besonders sportliche Varianten muss man beim Ford Focus zunächst verzichten, ST und RS mit aufgeladenen Zweiliter-Vierzylindern sind aber für nächstes Jahr fest eingeplant.

Das Fahrwerk mit Einzelradaufhängung rundum dürfte die Mehrleistung jedenfalls problemlos verkraften, präsentiert sich nach der Modellpflege in neuer Topform. Eine modifizierte Geometrie, weniger Spiel in der Radführung sowie neuartige Dämpfer ergeben in der Summe ein Fahrgefühl, das sehr bekömmlichen Komfort mit hoher Fahrsicherheit und Dynamik verbindet. Auch bei der elektromechanischen Lenkung wurden Störeinflüsse und Kraftaufwand weiter reduziert, ohne die Rückmeldung zu schmälern. Am besten kommt dieses geschmeidige, punktgenaue Handling übrigens mit den leichteren Benzinern rüber, während die Ford-Focus-Dieselvarianten in Kurven spürbar stärker zum Untersteuern neigen.

Agilität gehört zum Ford Focus-Konzept

Das leichte Drängeln mit dem Heck gehört dagegen zum Konzept, verhilft dem Ford Focus zu einer verschärften Agilität, wo der VW Golf per ESP-Eingriff schon viel Dynamik rausnimmt. Allerdings tritt dieser hier als kernig nagelnder 1.6 TDI Bluemotion mit Verbundlenker-Hinterachse und kleineren Eco-Reifen an, was auch keinen direkten Vergleich des Geräuschkomforts erlaubt. Trotzdem steht fest: Mit dem zusätzlichen Dämmmaterial in Türen und Kotflügeln, 25 Prozent dickeren Seitenscheiben und weiteren Detailmaßnahmen gehört der renovierte Focus zu den Leisetretern in seiner Klasse.

Ein echter Ford-Schritt also, eine rundum positive Überraschung und eine echte Herausforderung für den VW. Ob dessen bisherige Überlegenheit auch diesem Angriff standhält, wird zwar erst der Vergleichstest zeigen, doch auf jeden Fall steht der Ford Focus nun wieder im Fokus des Interesses.

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