Bei Pferderennen redet man von einem "Dark Horse", wenn man den Außenseiter meint. Bei Ford ziert diese Bezeichnung – abgesehen vom prototypenartigen GTD – die sportliche Spitze des Mustang -Portfolios. Trotzdem passt der Name irgendwie. Denn so richtig angekommen ist das Ponycar in der Sportwagen-Szene bisher nicht. Die Firma Steeda arbeitet allerdings hart daran, Vorurteile auszuräumen und der V8-Ikone ein anderes Ansehen zu verleihen.
Vieles, was für die Rennstrecken-Hatz wichtig ist, hat das Dark Horse bereits ab Werk verbaut. Damit thermisch nix eskaliert, werden schon in Flat Rock zusätzliche Ölkühler für den Motor, das Getriebe und das Differenzial installiert. Fette Brembo-Bremsen rundum sind ebenfalls schon an Bord. Doch die Serienversion vermittelt immer noch etwas Indirektes und Sprunghaftes, was im hochdynamischen Bereich dann doch eher wieder an einen lahmen Gaul – einen Außenseiter eben – erinnert.
Steeda greift ein: Mehr als Tuning
Genau an dieser Stelle setzt Steeda an. Falls der Name noch nicht geläufig sein sollte: Seit rund zwei Jahren ist der auf Mustangs spezialisierte Second-Stage-Hersteller auf dem europäischen Markt aktiv. Nach dem Alpina-Prinzip krallen sie sich ein Serienfahrzeug, nehmen technische Änderungen vor, benamsen es anders und verkaufen es unter eigener Flagge. In diesem Fall Q767. Q wie die Q-Abteilung bei James Bond, die äußerlich unauffällige Autos mit allerlei Finessen versieht. 767 nicht etwa wegen der Leistung, sondern weil das die Schallgeschwindigkeit in Meilen pro Stunde ist. Eine Hommage an den Mach 1, also der dynamischen Ab-Werk-Version der vorangegangenen Mustang-Generation.

Der Q767 zeigt, wie Kurvenarbeit mit Nachdruck aussieht – fahrdynamisch auf Augenhöhe mit der Sportwagenelite.
Wie sieht also die sportliche Frischzellenkur der ursprünglich aus den USA stammenden und mit Motorsport-Knowhow aufgebauten Firma aus? Im für einen mittleren vierstelligen Betrag auffällig folierten und designten Testobjekt sind drei spürbare Optionen verbaut: Das Steeda Base Pack, das Wheels Pack OZ sowie eine Schaltwegverkürzung für das bewährte Tremec-Sechsgang-Schaltgetriebe.
Base Pack: Tiefer, steifer, kontrollierter
Ersteres enthält für rund 11.000 Euro eine Tieferlegung dank Dual-Rate-Federn, welche mit den serienmäßigen Magneride-Dämpfern zusammenspielen, sowie andere Stabilisatoren. Ebenfalls an Bord sind eine Domstrebe vorn und diverse Versteifungen an anderen Stellen zur Verbesserung der Chassis-Steifigkeit. Dazu kommen Sturzverstellplatten vorn und eine veränderte Hinterachs-Anlenkung, damit sich die Reifen bei Kurvenfahrt besser abstützen können. Außerdem werden die Ansatzpunkte für die Wagenheber verstärkt, damit bei häufigen Räderwechseln auf Trackdays nichts kaputt geht.

Ankerwurf auf Rennniveau: Die Brembo-Bremsen bleiben auch nach 10 Runden standfest.
Das Wheels Pack OZ schlägt mit weiteren gut 5.300 Euro zu Buche. Es enthält einen Komplettradsatz bestehend aus Felgen vom Typ OZ Hyper XT HLT, Semislicks namens Michelin Pilot Sport Cup 2, RDKS-Sensoren und passenden Radschrauben. Weniger ungefederte Masse, mehr Grip, gleich: nochmal mehr Performance. Die Schaltwegverkürzung für rund 260 Euro ist vor allem Gefühlssache, aber eine verdammt gute, wie wir jetzt auf der Rennstrecke erfahren werden.
Fahrt am Limit: Der Bilster Berg ruft
In diesem Sinne: Vollgas auf der "Mini-Nordschleife" unweit von Paderborn. Gibt’s doch gar nicht – also, was hier abgeht. Runde um Runde steigen die Kurvenspeeds, trotzdem bleibt das ab Werk doch eher wilde Pferd ganz zahm. Ein bisschen Leistungs-Übersteuern ist mit den 453 PS und 540 Nm Drehmoment durchaus mal drin, aber sonst fährt sich der Q767 wie auf Schienen, bremst wie ein Weltmeister und schaltet sich am Billardkugel-Knauf mit Wucht und Wonne. Die Flughöhe liegt mühelos unter der Marke von zwei Minuten zwischen zwei Zielstrich-Überfahrten. Zum Vergleich: Ein serienmäßiger Mach 1 brauchte in einer auf Anschlag gefahrenen Runde mit Profi-Fahrer am Steuer 2.02 Minuten.

Kurze Wege, direkter Zugriff: Die Handschaltung macht den Unterschied erlebbar.
Man bollert mit dem traumhaft klingenden Coyote-V8 jedenfalls doch an so einigen Autos vorbei, die man nicht in Reichweite vermuten würde. Und die einen im Gegenzug vor allem auch nicht auf dem Zettel hatten, wie reihenweise verdutzte Blicke der Überholenlassenden suggerieren. Auch nach mehreren Stints sehen die Reifen noch gut aus, zeigt die Bremse keine Ermüdungserscheinungen und bewegen sich die Temperaturen im unkritischen Bereich. Unter Einbeziehung aller Upgrades liegt man dabei preislich ungefähr auf dem Niveau eines "nackten" BMW M4, den man bei Steeda durchaus als Konkurrenten ins Visier genommen hat. Nach unseren Erfahrungen keine abwegige Zielsetzung. Weitere Upgrades sind übrigens schon in Entwicklung.
Selbst fahren: Einladung zum Camp Steeda
Noch nicht überzeugt? Dann selbst auf zum Bilster Berg! Am 22. Juni findet dort nämlich das "Camp Steeda" statt, bei dem die Firma Fiege Performance als deutscher Steeda-Vertreter unter anderem Test- und Renntaxi-Fahrten anbietet. Aber auch eine bewässerte Dynamikfläche steht fürs Erleben spaßiger Auto-Momente bereit. Ausdrücklich eingeladen – auch für die Fahraktivitäten – sind Sportwagen-Fans aller Marken und nicht nur Mustang-Anhänger. So oder so: Unser sehr dynamischer Fahrtermin im Teutoburger Wald hat uns gezeigt, welches Potenzial im Mustang steckt. Umso schöner, dass es nun einen (Zweit-)Hersteller gibt, der es aufdeckt.