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Bilanz nach 100.000 Kilometern
Skoda Kodiaq Scout im Dauertest

Der Skoda Kodiaq ist ein SUV mit vielen Stärken. Geräumig, praktisch, komfortabel und leicht zu fahren. Aber wie gut schlägt sich der Allround-Skoda im Dauertest über 100.000 Kilometer? Vor allem dann, wenn statt des typischen Diesels ein Benziner unter der Haube steckt?

Skoda Kodiaq Scout, Dauertest
Foto: Stefan Cerchez

Heft 17, 2018. Vielleicht kramen Sie es mal aus Ihrem ams-Archiv hervor. Seite 46. Überschrift: "Große Mission". Hier hatte der in dezentem Braun lackierte Skoda Kodiaq Scout seinen ersten Auftritt. Ein vielversprechendes Resümee aus den ersten 100 Tagen gab es zu lesen, nach fast 9.000 Kilometern im Dauertest-Fuhrpark. Nun, rund zwei Jahre später, wieder in Heft 17, der große Abschlussbericht. Seither ist der Skoda weitere rund 96.000 Kilometer gelaufen, konsumierte insgesamt 10.133,3 Liter Sprit und transportierte meist mehr Gepäck als wohl jeder andere Testwagen im Fuhrpark. Testverbrauch? 10,1 Liter. AdBlue-Verbrauch? Null. Warum? Weil unter der Haube kein Selbstzünder, sondern ein Zweiliter-Benziner steckt.

Unsere Highlights

Eine seltene Konfiguration, aber wir waren neugierig, wie sich ein Turbobenziner über lange Distanzen schlägt. Der Testverbrauch geht angesichts der bewegten Masse von 1,8 Tonnen (leer) plus 665 Kilo Zuladung und traktionsstarkem Allradantrieb jedenfalls absolut in Ordnung. Der letzte SUV im Dauertest, ein Ford Kuga mit Frontantrieb, 150-PS-Benziner und Schaltgetriebe, war mit 9,7 l/100 km kaum sparsamer.

Artig, aber nicht einzigartig

Skoda Kodiaq Scout, Dauertest
ams
Im adaptivgedämpften Skoda mit 18 Zoll großer Bereifung reist man sehr komfortabel.

Sein maximales Drehmoment von 320 Nm stemmt der 180 PS starke Vierzylinder ab 1.500 Touren. Von 0 auf 100 km/h spurtet der Kodiaq in knapp unter neun Sekunden, Schluss ist bei 205 km/h. Zu wenig Power also für sportliches Fahren bei voller Beladung. Doch letztlich immer genug für entspanntes Reisen. Zumal der 2.0 TSI bei nicht allzu hohen Drehzahlen vorbildlich leise sowie kultiviert läuft und überhaupt keinen Ärger macht. Nicht einmal Öl müssen wir zwischen den Inspektionen nachfüllen. Nur das zugehörige Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe ruckelt bei flottem Anfahren oder Rangieren immer wieder mal ungebührlich heftig. Das verschlechterte sich über die gesamte Distanz zwar nicht, und auch ganz neue Testwagen mit DKG starten gern mal ruppig, dies darf aber nicht als Entschuldigung gelten.

Das Fahrwerk ist top

Skoda Kodiaq Scout, Dauertest
ams
Silbern gefärbte Designelemente kennzeichnen den Scout, der nur als Allradler zu haben ist. Eine solide Platte schützt den Motor.

Passend dazu reist man im adaptivgedämpften Skoda mit 18 Zoll großer Bereifung sehr komfortabel. Insbesondere im Comfort-Modus fängt er Fahrbahnlöcher und Querfugen sanft ein. Sogar in der selten genutzten Sport-Kennlinie wird es nicht wirklich ungemütlich. Der Komfort geht mit einem sanften Wogen einher, das man gerne akzeptiert. Ähnlich unaufgeregt ist das Lenkgefühl. Die Lenkung bietet eine ausreichend detaillierte Rückmeldung und arbeitet angemessen präzise sowie direkt, um den hochbeinigen Skoda neutral durch Kurven zu dirigieren.

Nicht ganz so sauber abgestimmt ist die Bremsanlage. Die Verzögerungswerte sind zwar gut, doch schon nach 27.728 Kilometern vibriert und wummert es hinten – so als wären Beläge und Scheiben verschlissen. Sind sie aber nicht. Vielmehr hat ein Zulieferer eine Charge Bremsbeläge für die Hinterachse geliefert, die mit den Scheiben nicht harmonieren wollten.

Ein Problem, das einigen Kodiaq-Fahrern und Skoda wohlbekannt ist. Aktuell werden im Schadensfall Beläge und Bremsscheiben bis zu einer Laufleistung von 30.000 Kilometern auf Garantie ersetzt. Beim Dauertester waren es damals noch maximal 6.000 km. Bitter, das beschert dem Testwagen im Mängelindex 1,5 Punkte.

Doch damit nicht genug: Rund 5.000 Kilometer später steht der Kodiaq wieder in der Werkstatt. Die Sitzheizung vorne wärmt nicht mehr. Mitte Dezember simply unclever, um hier den Markenslogan zu verwenden. Grund: Ein falsch verlegtes Kabel ist eingeknickt und hat in der Folge einen Kurzschluss verursacht. Also beide Sitze raus, Leitungen neu legen, Sitze wieder rein. Ein Garantiefall, aber eben ein außerplanmäßiger Werkstattaufenthalt und damit wieder einen Punkt im Mängelindex.

Dann geht’s wieder raus und weiter, immer weiter. Erst bei Kilometerstand 57.257 rollt der beliebte SUV erneut zum Händler. Die zweite umfangreichere Inspektion steht an – inklusive frischen Getriebeöls sowie neuer Wischerblätter, Zündkerzen, Scheiben und Beläge vorne, insgesamt für 1.608 Euro. Fast 28.000 Kilometer später gibt’s 5,7 Liter frisches Öl, Luftfilter sowie Bremsscheiben und Stopper für die Hinterachse, die auf den folgenden 20.000 Kilometern einwandfrei verzögern.

Unerwartet hohe Kosten

Skoda Kodiaq Scout, Dauertest
ams
Von 0 auf 100 km/h spurtet der Kodiaq in knapp unter neun Sekunden, Schluss ist bei 205 km/h.

Drei Inspektionen, jeweils mit teuren Arbeiten an der Bremsanlage, dazu teils hohe Sprit- oder besser Benzinrechnungen – der Unterhalt ist teuer. Genauer: 18,8 Cent pro Kilometer. Selbst ein Porsche Macan S Diesel war günstiger (15,7 Cent).

Der Kodiaq selbst ist als 2.0 TSI mit Allradantrieb derzeit ab 39.556 Euro zu haben. Als Basispreis für einen gut ausstaffierten Scout notierten wir zu Testbeginn 38.750 Euro. Exakt 20 Extras und das teure Businesspaket Columbus (2.690 Euro) treiben ihn hoch auf 50.420 Euro. Eine komplette Aufstellung gibt’s im Kleingedruckten auf der übernächsten Seite. Viel Lob verdienen sich das erwähnte DCC-Fahrwerk, die meist sehr verlässlich arbeitenden Assistenzsysteme (1.690 Euro), die überaus hilfreiche 360°-Kameraüberwachung (720 Euro) und die adaptiven LED-Scheinwerfer, die mit 990 Euro gar nicht mal so teuer sind.

Das Businesspaket hingegen würden viele Kollegen lieber zurückschicken. Wichtigstes Element ist schließlich das ganz große Infotainment-System inklusive Web-Anschluss, LiveTraffic und des schnell verschmierten Touchscreens, der die hochgeschätzten Drehregler für Lautstärke und Kartenzoom aus dem Cockpit drängt. Wem es ähnlich geht, dem sei das günstigere und einfachere Amundsen-System samt Drehknöpfen empfohlen. Bemerkungen über nervige Systemabstürze oder eine verwirrte Navigation finden sich im Fahrtenbuch dagegen selten. Eine parallele Routenführung via CarPlay oder Android Auto ist allerdings nicht möglich.

Platz wie in einer Turnhalle

Skoda Kodiaq Scout, Dauertest
Jens Dralle
Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe ruckelt bei flottem Anfahren oder Rangieren immer wieder mal ungebührlich heftig.

Ebenfalls im Testwagen montiert sind zwei Klappsitze im Laderaum (750 Euro). Dort mangelt es zwar wenig an Kopf-, dafür aber an Beinfreiheit, sodass hier nur Kinder angemessen untergebracht sind.

Das Angebot an Platz ist dennoch grandios, und Kollege Peter Wolkenstein formuliert es mit einer kleinen Notiz überaus treffend: "Mit vier Personen plus Gepäck und Kinderwagen gerät der Kofferraum an seine Grenzen." Na – wenn das mal kein Lob ist. Je nach Stellung der um 18 (!) Zentimeter verschiebbaren Bank variiert das Ladevolumen zwischen 560 und 765 Litern. Maximal packt der Siebensitzer zwei Kubikmeter ein. Ohne die Klappsitze ginge mit 650 bis 2065 Litern mindestens ein Kinderreisebett mehr rein. Oder doch das Bobbycar?

Natürlich glänzt es hier hinten nach zwei Jahren Dauerlauf und reichlich Strapazen nicht mehr wie im Hochglanzprospekt. Die harten Kunststoffteile an den Seitenwänden fingen sich beispielsweise einige Kratzer und Spuren ein. Mit etwas Pflegemittel lässt sich hier aber viel aufhübschen.

Rein funktional ist sowieso immer noch alles top. Das problemlos ausbaubare Laderaumrollo lässt sich unverändert klapperfrei im Unterboden verräumen. Ebenso das Gepäcknetz. Selbst die vier mittels Klettband fixierten Cargo-Elemente haften noch am Ladebodenteppich. Im Passagierraum sind sogar die Fußmatten noch vorzeigbar, die schwarz glänzenden Einsätze in der Mittelkonsole erstaunlich kratzresistent, und der praktische Gummieinsatz im Getränkehalter zeigt keine Gebrauchsspuren. Nur die Sitzwangen an den Vordersitzen sehen etwas faltig aus, und auf dem Mittelplatz im Fond wellt sich das Leder.

Und jetzt ab nach Hause

Skoda Kodiaq Scout, Dauertest
Dirk Johae
Sportlich ist er nicht, aber ein idealer Begleiter für weite Touren.

Viel mehr gibt es nicht zu erwähnen. Im Grunde hat sich der Kodiaq klasse geschlagen; auch als TSI. Nur eine Sache noch: Im letzten Satz in Heft 17 vor zwei Jahren versprachen wir, die vier Türkantenschoner und die Regenschirm-Tunnel in den vorderen Türen regelmäßig zu inspizieren. Nun, wie oft die Schoner wohl aus- und einklappen mussten?

Schwer einzuschätzen. In jedem Fall sind sie noch dran, brachen oder verhakelten sich nicht, bewahrten die großen Türen vor Blessuren. Auch die Schirmfächer gammelten nicht. Der Beifahrerschirm zerlegte sich allerdings auf den letzten Kilometern in Einzelteile und versperrt jetzt in der Redaktion das Büro Nummer 528. Garantiefall? Erinnerungsstück? Wohl nicht. Selten genutzt, wird das 30 Euro teure Teil von uns kaum vermisst werden, der Kodiaq Scout dagegen schon.

Stärken und Schwächen

Skoda Kodiaq Scout, Dauertest
Achim Hartmann
Ebenfalls im Testwagen montiert sind zwei Klappsitze im Laderaum (750 Euro). Dort mangelt es zwar wenig an Kopf-, dafür aber an Beinfreiheit, sodass hier nur Kinder angemessen untergebracht sind.

Es ist einfach die Kombination aus reichlich Platz, leisem Antrieb, stimmigen Detaillösungen und hohem Fahrkomfort, die den Kodiaq so stark macht. Ob Sommer oder Winter, Hagel oder Sonnenschein – man fühlt sich wohlbehütet. Zumal er alles so unaufgeregt bewerkstelligt. Dagegen wirkt der Missmut gegenüber dem Touchscreen und einer teils umständlichen Bedienung gar nicht mehr gravierend. Ausgemerzt ist er dennoch nicht.

Vor- und Nachteile
großzügiges Platzangebot
sehr großer, gut nutzbarer Laderaum
variable Rückbank und sieben Sitze
clevere Detaillösungen
sehr bequeme Sitze
hoher Federungskomfort
gute Rundumsicht
durchzugsstarker, leiser Motor
schnell schaltendes DKG
flotte Fahrleistungen
akzeptabler Verbrauch
gute Traktion
angenehm leichtgängige und präzise Lenkung
sehr sicheres Fahrverhalten
verlässliche Routenführung
solide Materialqualität
Lehnen-Fernentriegelung kostet Aufpreis
elektrische Heckklappe öffnet und schließt langsam
Schwächen bei der Bedienung des Infotainment-Systems
erhöhte Unterhaltskosten

Fazit

Der Kodiaq überzeugt mit Nutzwert und Zuverlässigkeit. Im Detail: enormes Platzangebot, solides Interieur, beachtlicher Federungskomfort. Überdies passt der kräftige Antrieb gut zum unaufgeregten Auftritt des Skoda. Die qualitativ mäßigen Bremsbeläge enttäuschen, hatten aber wenigstens keinen Einfluss auf die gute Verzögerung.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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