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Porsche Cayenne Turbo im Test
Wie schnell ist der SUV auf der Rennstrecke?

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SUV und Rennstrecke: Diese Kombination schließt sich eigentlich aus. Wären da nicht die vielen elektronischen Helferlein im Porsche Cayenne Turbo, die für einige bittersüße Momente sorgen.

Porsche Cayenne Turbo, Exterieur
Foto: Dino Eisele

Die Zielgerade hat der Porsche Cayenne Turbo mit 194 km/h niedergewalzt und die Nordkurve mit 129 Sachen gekapert. Jetzt stürmt er auf die Ameisenkurve zu – diesen Rechtsknick, in dem das rechte Vorderrad im Idealfall erst mit dem kurveninneren Randstein abklatscht, damit sich das Auto danach in einem Bogen auf die folgende Gerade traktioniert. Um die Power auszuspielen, wie man so schön sagt.

Power hat er genug, der Turbo mit seinen 550 PS und 770 Newtonmetern, die eine elektrohydraulisch gesteuerte Lamellenkupplung zwischen den Achsen verteilt. Aber was nützt so viel Leistung, wenn sich die Vorderräder von den äußeren Randsteinen angezogen fühlen, ihnen entgegenschrubben, statt stoisch dem vorgegebenen Lenkwinkel zu folgen, sobald man reinrollt in die Kurve? Im Normalfall öffnet man die Lenkung und wartet, bis die Vorderachse wieder greift. Das kostet Rundenzeit. Im Cayenne verhält es sich anders. Man stiefelt einfach aufs Gaspedal, sobald er untersteuert.

Diese Aktion löst stillen Alarm in der Regelungsabteilung aus, die der Fuhre in Sekundenbruchteilen eine Weiche baut, durch die sie mit allen Vieren zurück auf die Ideallinie befördert wird. Die Wankstabilisierung hindert die Alu-Stahl-Karosserie, zu stark um die Längsachse zu kippen. Die Hinterräder, die beim Einlenken noch gegenläufig arbeiteten, um den Radius zu verkleinern, zeigen ab Tempo 80 in die gleiche Richtung wie die vorderen, um zu stabilisieren und an der Querdynamik mitzuarbeiten. Die Elektronik bremst das rechte Hinterrad ein, sie sperrt die Hinterachse, mit dem Effekt einer Momentüberhöhung am linken Hinterrad. Du selbst merkst nur das Ergebnis: Das Heck holt aus, und die Hinterräder klinken sich ein auf der Weiche. Plötzlich verbindet sich der Cayenne wieder mit der Ideallinie wie kalter Rauch mit Klamotten. Einfach so, ganz natürlich. Es ist dieser eine Moment, der dich ungläubig werden lässt, der das Fahrverhalten des Cayenne so treffend beschreibt. Du fragst dich zwangsläufig: Sitze ich hier in einem Sportwagen?

Cayenne Turbo: schnell kann jetzt jeder

Ein Oxymoron: Das ist eine Kombination aus Wörtern, die sich in ihrem Sinn eigentlich widersprechen. Zugegeben, ich habe es erst einmal googeln müssen. Beispiele sind der stille Alarm. Oder der alte Knabe. Oder auf unseren Test übertragen: der rennstreckentaugliche SUV. Ein 4,93 Meter langes, 1,98 Meter breites und 2.257 Kilogramm schweres Auto in die Kurven einer Rennstrecke zu zwängen, kommt dem Versuch gleich, einen 16-Jährigen in einen Strampler zu pressen. 16 Jahre ist er inzwischen alt, der Cayenne. Nie war er sportlicher als in seiner dritten Generation. Nie so ein ruhiger Dynamiker wie jetzt. Noch so ein Oxymoron. Man muss kein Lenkradvirtuose sein, um mit dem Turbo schnell und sicher zu fahren in Hockenheim. Man schwitzt nicht im Cockpit – trotz ausgeschalteter Klima und einer Lufttemperatur von 27 Grad.

Porsche Cayenne Turbo, Motorraum
Dino Eisele
Top-Ansprechpartner: Vier Liter Hubraum, acht Brennkammern und zwei Lader, die im heißen V ackern. Ladedruck: bis zu zwei bar. Turboloch? Praktisch keins.

80 km/h, du tuckerst die B 27 dahin, von Stuttgart in Richtung Ludwigsburg, links an einem Renault Trafic vorbei, dessen Fahrer du auf Augenhöhe begrüßen könntest. Siebter Gang, die Kurbelwelle rotiert etwa 1.200-mal in der Minute, dröhnende Stille im Innenraum: Da vorne inhaliert ein Vierliter-V8 zweistellig Super Plus – selbst wenn du das Gaspedal streichelst –, und du hörst den Motor kaum. Sondern nur das Radio und die Abrollgeräusche der 21 Zoll großen Räder.

0–100 km/h: spielerisch leicht

In der Stadt filtern die Dreikammer-Luftfederung, die in diesem Fall auf eine niedrige Federrate geht, und die aktiven Dämpfer sämtliche Schlaglöcher, Unebenheiten und Kanaldeckel weg. Der Beifahrer kann so ohne Fingerwackler die Menüs auf dem 12,3 Zoll großen Touchpad durchforsten. Einziger Kritikpunkt, den ich am Innenraum äußern möchte: Die Mittelkonsole mit den eingelassenen Tasten könnte einen Tick stärker nach oben angewinkelt sein. Das würde es vereinfachen, die Tasten hinter dem großen Wählhebel für die Automatik zu sehen.

Porsche Cayenne Turbo, Interieur
Dino Eisele
Für mehr Punch: Sport Chrono Paket für 1.094,80 Euro mit Drehrädchen und Sport Response Knopf am Lenkrad.

Zurück zum Sportlichen: zweimal das kleine Rad am Lenkrad drehen, bis „Sport Plus“ einrastet und rot leuchtet, die Bremse durchtreten, das Gaspedal durchkicken, was die Launch Control auf den Plan ruft. Vollgas, die Motordrehzahl regelt sich bei 3.000/min ein, das kleine Display rechts vom mittigen Drehzahlmesser meldet einen Ladedruck von 1,4 bar, Bremse lösen: Einfach irre, wie spielerisch leicht sich der Cayenne Turbo aus dem Stand in 3,8 Sekunden auf Landstraßentempo zoomt und wie er die 200er-Marke nach 14,4 Sekunden sprengt.

Noch beeindruckender ist das, was der 2,3-Tonner auf der Bremse anstellt. Die kalten kohlefaserverstärkten Keramikbremsscheiben mit einem Durchmesser von 440 Millimetern vorn und 410 Millimetern hinten, in die sich vorne Zehnkolbensättel und hinten Vierkolbensättel verbeißen, stoppen den Cayenne nach 32,1 Metern – unterstützt durch den Dachspoiler, der sich hochklappt und die Stirnfläche vergrößert. Auch die zehnte Vollbremsung sitzt. Das ABS regelt feinfühlig an der Schlupfgrenze entlang, die Räder ziehen einen sauberen schwarzen Strich. 34,0 Meter: ein Warmbremswert, den 600 bis 700 Kilo leichtere Sportwagen wie BMW M4 GTS, Aston Martin Vantage GT8 und Porsche 911 Carrera GTS 997 erzielen. Lassen Sie es mich so sagen: Der Cayenne ist ein Tier auf der Bremse.

Porsche Cayenne Turbo, Interieur
Dino Eisele
Kann Gelände: Der Cayenne variiert je nach Modus die Bodenfreiheit zwischen 162 und 245 Millimetern.

Alt gegen neu: Klar schneller als der Turbo S

Mit 80 km/h nähert sich der Turbo den Mauern ausgangs Querspange, mit 125 Sachen hüpft er ins Motodrom, mit 80 km/h tänzelt er durch die Sachskurve, und mit 96 sowie 104 Sachen meistert er die Zielpassagen. Er zwängt sich technisch sauber durch spitze Kehren wie ein Slalomläufer, obwohl seine Statur der eines kräftigen Abfahrtsläufers entspricht. Die Lenkung arbeitet präzise, die Zugkraftunterbrechung des Achtgangautomaten fällt so miniklein aus wie das Turboloch. 1,7 Sekunden knöpft er dem alten, 570 PS starken Turbo S ab. Ganz einfach gesagt: bittersüß.

Fazit

Dieser Test hinterlässt einen bittersüßen Beigeschmack. Bitter, weil die Hersteller, in diesem Fall Porsche, so viel Zeit und Ingenieurskunst investieren, um aus einem unsportlichen Konzept ein sportliches zu machen. Süß, weil die unzähligen elektronischen Helferlein aus groben Pranken feinfühlige Finger machen und der Cayenne deshalb aufgeigt. Kurzum: Porsche hat Tausende von Teilen akribisch zusammengesetzt und einen SUV gebaut, der Komfort und Sport vereint.

Technische Daten
Porsche Cayenne Turbo Turbo
Grundpreis138.850 €
Außenmaße4926 x 1983 x 1673 mm
Kofferraumvolumen745 bis 1680 l
Hubraum / Motor3996 cm³ / 8-Zylinder
Leistung404 kW / 550 PS bei 5750 U/min
Höchstgeschwindigkeit286 km/h
0-100 km/h3,8 s
Verbrauch11,7 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten