Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: Der V8 stirbt aus. Wirklich? Zumindest in Oberklasse-SUV wie dem Audi Q7 und dem eng verwandten Cayenne erlebt das vermeintliche Alteisen gerade seine Renaissance.
Bei Porsche markiert der Achtzylinder im Cayenne – der durchaus nicht als neue Generation, sondern als umfangreiches Facelift gesehen werden darf – als GTS nun den stärksten reinen Verbrenner in der Alten Welt. Mehr Leistung gäbe es beim GT, doch der wird dank Euro 7 derzeit nur noch im Land von Onkel Donald vertrieben. Oder wie heißt das Clowns-Maskottchen der Fast-Food-Kette mit "M"? Ein schlechter Witz ist auch, dass es mehr Power in den Porsche-SUV für Europa nur in Verbindung mit einer Steckdose gibt. Ähnlich verhält es sich bei Audi: Der S bildet die verbrennungsmotorische Speerspitze des Q7. Statt wie früher einen TDI besitzt der schnelle Q einen in der Leistung abgespeckten 4,0-Liter-TFSI. Im RS leistet er bis zu 640 PS, ist allerdings nur im Coupéartigeren Q8-Bruder zu haben.
Begnügen wir uns also jeweils mit "nur" rund 500 PS. Dabei ähneln sich die Grundmotoren der ungleich-gleichen Konzerngeschwister zwar in vielen Punkten, unterscheiden sich jedoch bei näherer Betrachtung: So versammelt der Audi mit 770 Nm bei 2.000 Touren volle 110 Nm mehr als der Porsche. Doch das sind nur Zahlen, oder? Nun, subjektiv schiebt tatsächlich der GTS vehementer. Objektiv ziehen wir das Drehmomentplus gerne als Erklärungsansatz für die besseren Beschleunigungswerte heran: Der SQ7 spannt via Launch Control Allradantrieb und Drehzahl vor, reißt die Klappen der Abgasanlage voll auf und pulverisiert in glatten vier Sekunden erst die 0–100-Werksangabe und dann die Längsdynamikträume des Porsche. Doch damit nicht genug: Bis Tempo 200 baut der Audi den Vorsprung auf eine glatte Sekunde aus. Erst der Vmax-Begrenzer stoppt den SQ7 bei 250 km/h, während der GTS 275 km/h läuft. In dieser Fahrzeugklasse reden wir lieber von hohem Reisetempo. So unterstützt der große Audi-SUV bis zu seinem Topspeed zuverlässig mit Lenk- und Abstandsregelung, erkennt aber längst nicht immer alle Tempolimits fehlerfrei.

Wer noch mehr Material und Personal möglichst variabel und schnell transportieren möchte, der greift zum SQ7.
Teuer-Gesetzgebung
Ja, das kann schnell teuer werden. Wobei beide in der Oberliga spielen, deren Eintrittskarte Audi laut Konfigurator für 114.000 Euro hergibt, während Händler gerade oft ein Viertel des Kaufpreises erlassen. So können Sie sich, wie im Falle des Testwagens, noch Extras fast im Wert eines Audi A3 leisten. Abgehoben? Nun, selbst dann landen Sie mit rund 140.000 Euro dort, wo der Grundpreis des Cayenne GTS startet. Dessen Testwagenpreis gipfelt bei fast 175.000 Euro und ließe sich immer weiter in die Höhe treiben, je länger man sich in der Individualabteilung umguckt.
Rabatte? Fehlanzeige. Dabei ist Sparsamkeit doch eigentlich die Stärke der Schwaben, oder? Nun, das hat der Motorenabteilung in Zuffenhausen wohl keiner ins Lastenheft diktiert. Im Testschnitt liegt der GTS mit 12,4 l/100 km nicht nur deutlich im zweistelligen Bereich, sondern auch fast einen Liter über Audi-Niveau. Klar, Porsche stellt beim erneuerten V8-Cayenne von Twin- auf Monoscroll-Turbolader um, installiert elektrisch gesteuerte Wastegates, erhöht den Einspritzdruck auf 350 bar und baut eine zweistufige Ventilhubumschaltung ein. Damit ist der GTS sparsamer als zuvor, aber nicht spaßärmer: Ein Druck auf den Sport-Response-Knopf, und der V8 ist für 20 Sekunden voll bei der Musik. Bei Porsche haben sie dieses Feature nicht erst seit dem Formel-E-Engagement im Programm, nur sorgt hier eben kein Vitamin E für den Extrapunch. Warum auch? Der Biturbo dreht fast wie ein Sauger linear bis 7.000 Touren und brüllt eine Oktave tiefer.

Kurvenkünstler: dank aktiver Fahrwerke, präziser Lenkungen und variabler Allradantriebe.
1-3-7-2-6-5-4-8: Zündung
Ganz so bärig wirkt der Vierliter-Twinscroll-Biturbo nebenan im SQ7 nicht. Dass er sich auf der Eco-Runde mit weniger als zehn Litern begnügt, ist hart erarbeitet. So spendiert man dem Triebwerk in Ingolstadt eine Zylinderabschaltung. Bei geringer bis mittlerer Last sowie zwischen 950/min und 2.500/min legt sie die Einspritzung und Zündung der Zylinder 2, 3, 5 und 8 still und schließt die Ein- und Auslassventile. Das dauert nur wenige Millisekunden und ist nur beim beherzten Tritt auf das Gaspedal wahrnehmbar. Im Effizienz-Modus softet Audi die Gasannahme extrem ab. Grüne "Fuß vom Gas"-Einblendungen im gestochen scharfen Head-up-Display fordern den Fahrer schon früh dazu auf, möglichst lange Rollphasen bergab oder vor Kreuzungen zu nutzen. Klar, das System kennen Sie längst, doch Audi hat es mittlerweile perfektioniert.
Sorgfalt, die wir uns auch bei der Getriebeabstimmung wünschen würden. Die Fahrstufenwahl nehmen Sie mit dem T-förmigen Hebel in der Mittelkonsole vor. Dabei lassen Sie freiwillig die Hände von den Schaltwippen, denn diese Plastikteile stellen eine Beleidigung für die Fingerkuppen dar. Dabei schaltet die Achtstufen-Tiptronic längst nicht so scharf und schnell wie Porsches Tiptronic S – egal in welchem Modus die Automatik im Cayenne GTS waltet oder ob Sie selbst an den massiven Aluminiumwippen zupfen.

Fahrmodi variiert das Rädchen samt Boost-Knopf am Lenkrad. Der Beifahrer hat seinen eigenen Touchscreen.
Darum dreht’s sich
Da die Hände gerade so schön das beim GTS verkleinerte Lenkrad umschließen, drehen wir jetzt mal richtig auf. Dabei agiert die Lenkung so, als hätten sie die Ingenieure eins zu eins aus dem Elfer ins SUV-Latein übersetzt. Okay, feine Rückmeldungsnuancen werden in der Offroad-Höhenluft dünner, doch eine bessere finden Sie in dieser Klasse nicht. Punkt. Natürlich lenkt, wie im Audi, die Hinterachse kräftig mit beziehungsweise gegen. Lediglich beim schnellen Gassenwechsel und im Slalom berichten die Tester von leichter Kopflastigkeit und Untersteuertendenz im Grenzbereich.
Dabei umschifft der Cayenne die Hütchen eine ganze Ecke schneller als der Audi. Der lenkt zwar ebenfalls direkt ein, distanziert sich aber stärker vom Geschehen an der Vorderachse. Für mehr Verbundenheit sorgt ein erhöhtes Handmoment, das Sie via Menü ertouchen, wobei Sie gleich noch die Dämpfer straffen. Allerdings verabschiedete sich während des 18-Meter-Slaloms die aktive 48-Volt-Wankstabilisierung. Zwar rückten die beiden dafür zuständigen elektrischen Stellmotoren den 2,3-Tonner nach dem Neustart sofort wieder gerade, dennoch blieb ein ungutes Gefühl, da Ähnliches auch beim letzten Vergleichstest des RS Q8 auftrat. Doch davon lassen wir uns den Spaß nicht verderben, im Gegenteil! So sehr sich das ESP im Alltag bemüht, möglichst früh unauffällig einzugreifen, so enthemmt erscheint der SQ7 im Dynamikmodus. Hier geht der Allradler auf abgesperrter Strecke mit Freuden quer. Lässt ihn der Fahrer allerdings komplett von der elektronischen Leine, kippt die Gaudi ins Angestrengte: Urplötzlich fehlt der lockere Hüftschwung durch das Sportdifferenzial.

Die Biturbos im heißen V des Audi-Achtzylinders drücken kräftiger. Doch im GTS sprechen sie schneller an, die Automatik schaltet flotter, und der Porsche rennt Tempo 275.
Umgekehrt verhält es sich beim GTS: Bereits mit aktiviertem ESP räumt er dem Heck viel Spielraum ein, weitet ihn im Sportmodus jedoch behutsamer als der Audi. Erst in "off" entfesselt der Cayenne seine porschige Seele. Ja, es ist bezeichnend, dass der letzte echte Knopf in der Mittelkonsole zur Beurlaubung der Stabilitätskontrolle dient. Nicht locker lässt dagegen die Bremse: Für konstante, mit jedem Versuch besser werdende Verzögerungswerte sorgen Carbon-Keramikbremsen, die so viel kosten wie ein Kleinstwagen vor der Pandemie. Völlig übertrieben im Alltag, passend für die Rundstrecke. Doch neben erhöhten Wartungskosten für Scheiben und Beläge müssen Sie die schlechtere Dosierbarkeit beim leichten Bremsen und auf den letzten Metern vorm Stillstand akzeptieren.
Vertretbar ist dagegen die moderat straffere Grundnote, die Porsche ins GTS-Luftfahrwerk mit zehn Millimetern Tieferlegung einarbeitet. So rollt das Auto auf seinen 22-Zoll-Rädern einen Tick straffer über die Komfortstrecke als der SQ7. Der ist mit 20-Zoll-Winterrädern bestückt, lässt weniger Fahrbahnschläge durch und erlaubt seiner Karosserie mehr Hubbewegungen.

Stück mal’n Rück: Für 390 Euro sitzen nicht nur drei Kids dank Isofix komfortabler.
Praxis versus Dynamik
Nun, ausschlaggebender für die Kaufentscheidung ist womöglich Ihre familiäre Dynamik. Mehr als zwei Kinder transportieren Sie auf drei mit Isofix bestückten, separat verschiebbaren Bankmodulen im Q7 bequemer als im 2+2-artigen Cayenne. Für den turnhallengroßen Audi besteht sogar die Option auf zwei zusätzliche Sitzplätze. Im Testwagen lassen sich die Fondsitzlehnen nicht nur plan umlegen, sodass ein zwei Kubikmeter großer Laderaum entsteht, sondern auch mit einem Griff aufstellen, während das Rollo hinter dem elektrisch öffnenden Deckel in einer Führung automatisch hochschwenkt. Der Cayenne reißt seine Klappe nicht ganz so weit auf, ist etwas weniger variabel und geräumig, bietet aber immerhin vorn mehr Ablagen, und die Lehne seiner Rückbank klappt dreiteilig.
Dabei erhitzt der Porsche das Fan-Gemüt mit bumerangförmigen Digitalanzeigen, jedoch nicht den Akku Ihres Handys. Das wird beim Induktivladen auf einer rutschsicheren Fläche aktiv gekühlt und koppelt sich wie im Audi kabellos. Das ist eigentlich nicht nötig, da beide Infotainments kaum weniger Inhalt, Unterhaltung oder Navigationstalent bieten als Google oder Apple.
Darüber hinaus sind beide SUV exzellent verarbeitet und einfach bedienbar, gleichen sich auch in bedientechnischen Details. Einige Tasten, Walzen und Hebel stammen aus demselben Regal, wobei Porsche statt auf einen Klima-Screen auf berührungssensible Oberflächen sowie Schalter in der Mitte setzt, die sogar noch einen Tick hochwertiger wirken. Dabei weht drinnen ein anderer Wind. Nicht was Sie jetzt denken – die SUV ionisieren die Luft und verwöhnen Insassen mit einer Vierzonen-Klima samt Sitzheizung.
Vorn gefallen im Audi S-line-Sitze mit vielen Einstellmöglichkeiten, die jedoch nicht den Integrationswillen und Seitenhalt der Seriensitze im Porsche bieten. Der Cayenne zieht die Türen automatisch zu und spritzt das Wasser auf die Frontscheibe, statt es durch die Wischer abzugeben. Nachts leuchtet er mit Pixel-LED auch die linke Fahrspur aus, wenn er zum Überholen ansetzt, mit Vmax am SQ7 vorbeizieht und ihn so auch im Test hinter sich lässt.
Porsche Cayenne GTS GTS | Audi SQ7 TFSI | |
Grundpreis | 143.900 € | 114.000 € |
Außenmaße | 4930 x 1983 x 1674 mm | 5072 x 1970 x 1743 mm |
Kofferraumvolumen | 772 bis 1708 l | 887 bis 2013 l |
Hubraum / Motor | 3996 cm³ / 8-Zylinder | 3996 cm³ / 8-Zylinder |
Leistung | 368 kW / 500 PS bei 6000 U/min | 373 kW / 507 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 275 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 4,3 s | 4,0 s |
Verbrauch | 11,4 l/100 km | 12,0 l/100 km |
Testverbrauch | 12,4 l/100 km | 11,5 l/100 km |