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Porsche 911 (991) Targa 4S im Test
Der perfekte Elfer?

Der silberne Bügel ist zurück und mit ihm die alten 911-Targa-Gefühle. Mit einer aufwändigen Dachkonstruktion setzt Porsche seine Passagiere an die frische Luft und will an große Erfolge anknüpfen. Klappt das? Und wie empfehlenswert ist er denn im Vergleich zu Cabrio und Coupé?

Porsche 911 Targa 4S, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Die Frage nach dem perfekten 911 ist fast so alt wie der Elfer selbst. 1965 und damit nur ein Jahr nach dem Coupé bringt Porsche eine zweite Karosserievariante auf den Markt, den Targa: ein „Sicherheitscabrio“ mit dickem Überroll-bügel sowie einem Dachteil, das von Hand entnommen, zusammengeklappt und in den Kofferraum gelegt wird. Existenziellen Fragen seit jeher aufgeschlossen, hilft auto motor und sport schon im ersten Test bei der Sinnsuche: „Vorzüge gegenüber einem Schiebedach: Wenn man die Seitenscheiben herunterkurbelt, ist über und neben dem Kopf alles offen. Vorzüge gegenüber einem normalen Cabriolet: Darüber denke ich noch nach und bitte einstweilen um Anregungen aus dem Leserkreis.“

Der Bügel im Porsche ist zurück

40 Prozent der Porsche-Käufer benötigen keine Anregungen und ordern den 911 mit Bügel, der zu Beginn in Silber, später in Schwarz gehalten ist. Selbst das Anfang der 80er hinzugekommene Vollcabrio spaltet die Targa-Fan-Gemeinde nicht wirklich. Erst als der Faltdeckel 1995 für drei Generationen zum großen Glasschiebedach mutiert, ebbt seine Popularität ab.

Doch jetzt ist der Bügel im Porsche 911 Targa zurück. Äußerlich so schlicht und silbern wie in seinen Anfangstagen, hat er sich zum Mechatronik-Genie gewandelt: Auf Knopfdruck gibt er rechts und links einen Korridor frei, durch den zwei Roboterarme die Targamütze anheben, nach hinten schwenken und im Heck verstauen. Altgediente Sportskameraden, die Türgriffe für ein paar Gramm Gewichtsersparnis gegen Schlaufen tauschen, klatschen beim Anblick der gewichtigen Konstruktion nicht ganz so laut Applaus.

Wer sich im Gestänge des alten Dachs jedoch schon mal die Finger eingeklemmt hat, weiß den Mechanismus im Porsche 911 Targa zu schätzen. Ganz zu Ende gedacht ist er jedoch nicht: Bevor der Deckel verschwindet, heben zwei weitere Arme die Panorama-Heckscheibe nach hinten, die dadurch über die Silhouette hinausragt. Der Fahrer muss daher auf Abstand zu Garagenwänden oder Parkplatznachbarn gehen, bevor er den Oben-ohne-Knopf drückt. Die Parksensoren unterstützen ihn dabei kurioserweise nicht.

Porsche 911 Targa ist so stürmisch wie ein Cabrio

Doch wir lassen das Dach ohnehin erst mal offen und genießen den WM-Sommer. Der schmale Windschutzscheibenrahmen sorgt für unverbaute Sicht auf den blauen Himmel, der mit dem Lack des Testwagens um die Wette strahlt. Oder ist es unsere Beifahrerin, die sich so freut? Über die erstaunlich intensive Frischluftzufuhr, die den Porsche 911 Targa zu mehr macht als einem Elfer mit großem Schiebedach? Vor allem bei höherem Tempo schaut man unwillkürlich in den Rückspiegel, ob die Heckscheibe noch da ist, so sehr stürmt es durchs Cockpit. Auch der kleine, manuell klappende Windabweiser im vorderen Scheibenrahmen setzt den Elementen wenig entgegen. Werden die Zylinder heutzutage deshalb wassergekühlt, damit genug Luft für die Köpfe übrig bleibt? Wer’s ruhiger mag, lässt die Seitenscheiben oben oder gibt einfach weniger Gas.

Was einiges an Selbstbeherrschung verlangt. Denn auch der Targa bleibt ein 911, der es nach einem halben Jahrhundert Feinschliff zu grandioser Reife gebracht hat. Auf 4,50 Meter Länge gewachsen, verzahnt der Porsche 911 Targa seinen Fahrer erstaunlich bequem mit der Technik, animiert ihn, den 400 PS starken 3,8-Liter über die 7.000er-Marke zu drehen, sich der Boxer-Melodie wieder und wieder zu vergewissern und das Zusammenspiel mit dem PDK zu genießen, das unfassbar zackig liefert, ohne ruppig zu werden.

Kaum langsamer als das Coupé

Mit seinen 4,6 Sekunden auf Tempo 100 lässt sich der Targa nur 0,2 Sekunden mehr Zeit als das über 100 Kilo leichtere Coupé, das auch bei der Höchstgeschwindigkeit einen unbedeutenden Tick vorn liegt (302 zu 294 km/h). Wer behauptet, die Extrapfunde fahrdynamisch zu spüren, hat sein Popometer entweder mit häufigem Elfer-Driften gründlich geeicht, oder er steigt direkt aus dem Coupé um, das im 18-Meter-Slalom gerade mal 1,2 km/h vorn liegt. Für sich gesehen fährt der Porsche 911 Targa nicht nur erwachsen, sondern auch enorm schnell, lässt sich mit seiner präzisen und stoßarmen Lenkung auf den Zentimeter dirigieren.

Der Allradantrieb, den Porsche seinem Sicherheitscabrio serienmäßig spendiert, ist in engen Kurven jedoch sofort zu spüren. Wo der hinterradgetriebene Porsche 911 Targa auf Gaspedalstöße freudig mit dem Heck wedelt, zieht die Vorderachse beim 4S die Fuhre gleich wieder gerade. Neben verblüffender Traktion und leichter Beherrschbarkeit tragen extrem zupackende Bremsen zum sicheren Gefühl bei. Aus Landstraßentempo bringen sie den Targa in unter 33 Metern zum Stehen und zu dicht auffahrende Hintermänner ins Schwitzen.

Doch wozu der ganze Stress? Genießen wir auf den letzten Metern im Porsche 911 Targa lieber das schöne Wetter, schalten in den als Schongang lang übersetzten Siebten, wundern uns über einen für Saugerverhältnisse ungewohnt kräftigen Durchzug und wie viel Federungskomfort immer noch möglich ist, wenn hinten 305/30-ZR-20-Reifen montiert sind. Selbst das Getriebe kann gemütlich, kuppelt im Schiebebetrieb aus, um möglichst lang den Schwung zu nutzen. Im Ich-muss-es-niemandem-beweisen-Modus begnügt sich der Testwagen mit 8,1 l/100 km, gut der Hälfte dessen, was der deutlich leichtere Ur-911 schluckte. Das letzte gebaute Auto wird laut Ferry Porsche bekanntlich ein Sportwagen sein. Vielleicht haben wir noch mehr Glück, und es ist sogar ein Targa.

Porsche 911 Targa, Coupé und Cabrio: welchen nehmen?

Sie haben sich in den Bügel verliebt und brauchen noch ein paar rationale Gründe für den Porsche 911 Targa? Wie wäre es damit: Im Vergleich zum Cabrio sorgt die Panorama-Heckscheibe bei geschlossenem Dach für eine wesentlich bessere Übersicht als das dunkle Cabrio-Verdeck. Wer die Aufklapp-Prozedur unterbricht (einfach den Knopf auf der Schlüsselfernbedienung loslassen), kann zudem das Ablagefach hinter den Sitzen von außen beladen. Und während ein Cabriolet in erster Linie seine Insassen präsentiert, teilen sich beim Targa Mensch und Maschine die Aufmerksamkeit der Passanten. Was Ihnen als sympathisch zurückhaltendem Zeitgenossen natürlich entgegenkommt.

Das muss jetzt aber reichen, der Umstieg ins Cabrio zeigt nämlich dessen Qualitäten: Da das Dach ebenfalls aus festen Elementen besteht, die mit Verdeckstoff überzogen wurden, rauscht es auf der Autobahn nicht lauter als im Porsche 911 Targa. Wird es geöffnet (geht hier nicht nur im Stand, sondern bis Tempo 50), streicht der Wind bei aufgestellten Seitenscheiben und Windschott sogar gleichmäßiger und milder durchs Haar als im stürmischen Targa. Auch das Fahrwerk stimmten die Techniker milder und damit flaniertauglicher ab. Wer auf den Allradantrieb verzichten kann, bekommt das Cabrio zudem als reinen Hecktriebler und spart bei identischer Motorisierung rund 6.000 Euro.

Fast 20.000 Euro sind es sogar gegenüber dem Carrera S Coupé, das sich immerhin mit einem vergleichsweise großen Schiebedach ausstatten lässt. Echte Open-Air-Gefühle wollen damit zwar nicht aufkommen, weil die Öffnung für einen ungehinderten Blick gen Himmel zu weit hinten sitzt. Für gelegentliche Frischluftkuren reicht das Schiebedach jedoch aus. Zudem ist das Coupé nicht nur mehr als zwei Zentner leichter, sondern auch verwindungssteifer als sein Bügel-Bruder Porsche 911 Targa, der sich die Rohkarosserie mit dem Cabrio teilt. Die hinteren Notsitze werden übrigens bei allen dreien am besten als zusätzlicher Stauraum betrachtet und eignen sich nicht zur Schaffung weiterer rationaler Kaufgründe. Aber sollte man Liebe überhaupt rational begründen?

Porsche 911 Targa heißt nicht Cabrio light

Auch wenn er von außen eher nach modifiziertem Coupé aussieht: Durch seine ausgeklügelte Dachmimik und die vehemente Frischluftzufuhr steht der Porsche 911 Targa seinem Rohkarosserie-Spender Cabriolet viel näher als vermutet.

Vor- und Nachteile
Karosserie
Porsche 911 Targa 4S
gutes Raumangebot vorn
hervorragende Verarbeitung
ausgeklügelte Dachmimik
offen hohe Frischluftzufuhr
informative Instrumentierung
problemlose Bedienung
im Fond nur Notsitze
sehr kleiner Kofferraum
Dachbetätigung nicht an Parksensoren gekoppelt
unbequemer Einstieg
mäßige Übersichtlichkeit
Fahrkomfort
optimale Sitzposition
guter Federungskomfort
geschmeidiges Doppelkupplungsgetriebe
wirkungsvolle Klimatisierung
hohes Geräuschniveau
Antrieb
spontan ansprechender und sehr drehwilliger Boxer
kräftiger Durchzug
zackige Schaltvorgänge
Fahreigenschaften
präzise Lenkung
äußerst agiles Handling
neutrales Eigenlenkverhalten,
sehr gute Traktion ermöglicht hohe Kurvengeschwindigkeiten
Sicherheit
fest zupackende und sehr standfeste Bremsen
kaum Assistenzsysteme verfügbar
Umwelt
schnelles Start-/Stopp-System
für Sportwagen geringer Minimalverbrauch
Kosten
guter Wiederverkaufswert
sehr hoher Preis
mäßige Serienausstattung
teils happige Aufpreise
hohe Unterhaltskosten
nur 2 Jahre Garantie
Technische Daten
Porsche 911 Targa 4S
Grundpreis127.605 €
Außenmaße4491 x 1852 x 1291 mm
Kofferraumvolumen125 l
Hubraum / Motor3800 cm³ / 6-Zylinder
Leistung294 kW / 400 PS bei 7400 U/min
Höchstgeschwindigkeit294 km/h
0-100 km/h4,6 s
Verbrauch9,2 l/100 km
Testverbrauch12,5 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
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Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten