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Opel Rekord 2000 Caravan
Opels großer Kombi von 1976 im Test

Ach, so ein Caravan von Opel ist doch immer mehr als ein Kombi: der Platz-Patron seiner Klasse, ein Raumwandler zwischen Verpflichtung und Vergnügen, vor allem aber eine wahre Platzkiste, groß genug für all unsere Habseligkeiten und obendrauf noch unsere Träume und Sehnsüchte. Also packen wir alles ein, und dann packen wir’s an. Denn, verehrte Damen und Herren, liebe Freunde der Caravane: Begrüßen Sie heute als "Alten im Test" den Opel Rekord D Caravan!

Opel Rekord D Caravan
Foto: Hans-Dieter Seufert

Träume und Stolz lassen uns nicht zurück, sondern wir sie. Wir verscherbeln sie oder stopfen sie im Keller zu all den anderen aussortierten Träumen und Stölzen in Kisten, Regale, Schränke, eilen ohne einen Blick zurück davon. Und meinen, nun erleichtert und bereit für etwas Neues zu sein, das uns endlich wunschlos glücklich macht. Doch wird es uns nur etwas weniger wunschlos machen und kaum einmal so glücklich wie zuvor. Da wir uns viel zu schnell an das Beste, was wir kennen, gewöhnen, suchen wir bald weiter nach: dem Nächstbesten.

Unsere Highlights

Ach je, wohin die Gedanken streifen, als das erste fahlgraue Licht des Tages durchs Nebelklamm der Nacht glimmt. Auf der A 6 touren wir dem neuen Morgen entgegen, in den wir uns einige Stunden zuvor aufmachten, auf der Suche nach dem Glück von gestern. Was gar nicht schwer ist, weiß man genau, wo man es finden wird. Nur die Treppe in die Tiefgarage hinunter, durch zwei Brandschutztüren, da steht er in flackerndem Neonlicht: der Opel Rekord D 2000 L Caravan, erstzugelassen am 15. November 1976, einem Montag.

Die Bremsen des Rekord D verrichten zuverlässig ihren Dienst, vorausschauendes Fahren ist dennoch ratsam.

Heute, 2.483 Montage später, startet sein Zweilitermotor auf den ersten Schlüsseldreh, kurz nur braucht es, bis die vier Zylinder im festen Takt laufen, den ihnen die seitlich im Zylinderkopf rotierende Nockenwelle zurechtdreht. Der erste Gang rastet ein – wie auch die drei weiteren stets mit einer Präzision, so endgültig, als stoße man am Ende des langen Schaltweges gegen einen Prellbock. Womit wir bereits auf der Schiene wären für die Sache mit dem Zug. Aber jetzt müssen wir erst auf die Bahn. Kupplung greift, auf das erste Zucken der Kardanwelle reckt der Rekord sein Heck empor – wie alle Opel dieser Ära wegen der Geometrie der starren Hinterachse. Er stemmt sich die zwei Kehren hoch zum Rolltor, witscht hinaus in die ermüdend nimmerschlafende Stadt und weiter in die geborgene Dunkelheit der Autobahn.

Ein einsamer Rekord

Noch kaum sonst einer unterwegs. So kommen wir eilig voran und doch zur Ruhe. So weit, um ein paar Sachen über den Rekord zu erzählen. Als Erstes, warum er bei uns als "Alter im Test" auftritt: weil er da ist.

Im Schleuderbereich der Räder ist eine Schutzbeschichtung auf Bitumen-Kautschuk-Basis aufgetragen.

Das allein genügt schon als allerbester Grund, gemeint ist es nämlich so: So ein Opel Rekord D Caravan erscheint lange als eine solche Gewöhnlichkeit, dass sich nie einer nach ihm umdreht. Daher bemerkt es keiner, als von den 122.969 Caravan, die Opel von Dezember 1971 bis Juli 1977 baut, fast alle weg sind. Wann das war? Weiß auch keiner mehr so recht. Das Einzige, was bleibt, ist dieses "Was hatte Opel früher für dolle große Caravans"-Gezeter, das seither und bis heute beim Debüt jedes neuen Opel-Kombi hervorgekramt wird. Und dem wir uns entschieden anschließen.

Die Wechselhaftigkeit der Gezeiten der letzten 125 Jahre spült Opel in den 1960ern und 70ern auf die große Bühne. Da kommen sie die Showtreppe herunter: im Rampenlicht das Master-Trio Kapitän-Admiral-Diplomat. Nebendran für die Jugend der fesch auffrisierte, dabei bodenständige Manta. Drum herum als bestens aufgelegtes Hintergrundballett: Kadett, Ascona und eben der Rekord.

Bei diesem Opel schlägt unser Tester-Herz höher – ihres auch?

Als der D im Januar 1972 startet, sagen manche seiner Front dasselbe Statuspotenzial nach wie der des Mercedes SL R 107 – eine Einschätzung, auf die Opels damaliger Verkaufschef Bob Lutz gerne angesprochen wird, um sie bestenfalls achtelherzig zu dementieren. Lutz, davor Kampfpilot, später bei GM alles, was es im Rang eines Senior-Executive-Dingsbums zu bekleiden gibt, wird 1975 übrigens "Krawattenmann des Jahres"; eine Auszeichnung, die er mit Roy Black (1972), Wilhelm Wieben (1983) und Manuel Neuer (2016) teilt und die seit 2020 ausgesetzt ist. (Oh, wäre das Thema des Verlusts an Kleidungsstil nicht ein galanter Opener, um dieses Jahr am 27. Juli in Bayreuth in der Pause des "Parsifal" mit der Ex-Kanzlerin ins Plaudern zu kommen?)

Die Kugelumlauflenkung verfügt über einen Abrissschlitten.

Die Markanz des Designs verschafft dem Rekord Chuck Jordan, den sie bei GM erst nicht Autos, sondern einen Zug entwerfen lassen – den Aerotrain, dessen Waggons auf modifizierten Greyhound-Buskarossen aufbauen und dessen Loks Heckflossen im Stil der 1955er Chevrolet Station Wagon tragen. (Das Ganze endet – Kenner des Geschicks, mit dem GM neue Geschäftsbereiche meist angeht, werden es ahnen – in einem Desaster.) Mit dem Opel Rekord D 2000 L Caravan gelingt Jordan ein Auto, das die Kundschaft begeistert. Um sich den Traum vom Rekord leisten zu können, heißt es, erwögen viele Familienväter gar, das Rauchen aufzugeben, und rechnen vor: Der Aufschlag von 125 Mark für den starken Zweiliter-Topmotor mit 100 PS entspreche dem Preis von 1.000 Zigaretten – etwa der Menge, die man in einer halben Woche wegzupaffen hat, will man damals als engagierter Raucher ernst genommen werden.

Na also: klappt doch!

Die Sitze des Opel Rekord sind fläzig und bequem.

Hach, da haben wir uns aber verplaudert. Passiert leicht auf dem fläzigen Fahrersitz des Opel Rekord. Doch da: die Ausfahrt. Noch dreimal rechts, dann steht der Opel an der Stammtankstelle. Der sehr dunklen, sehr geschlossenen Stammtankstelle. Otto und Hans-Dieter sind natürlich da – ist ja auch schon eine Viertelstunde vor der vereinbarten Zeit. Nur hält sich die Tankstelle nicht an die Pünktlichkeitsregeln von auto motor und sport, beharrt stattdessen auf solche Unwägbarkeiten wie feste Öffnungszeiten – wer rechnet denn mit so was?

Punkt sechs Uhr: Licht an, Zapfsäule pumpt, danach in die Waschanlage und gleich rüber ins Motodrom und auf die Waage. Deren Anzeige bescheinigt dem Kombi 1.178 kg, geschickt austariert (49 : 51). Alsdann hinaus auf die Strecke für ein kleines Fotospektakel voll harmloser Waghalsigkeit. Trotz der starken Maschine vorn, des Antriebs hinten und des feuchten Asphalts untendrunter bedarf es Ottos testfahrerischer Finesse, um den Opel Rekord D 2000 L Caravan zum Übersteuern zu verführen. Viel lieber schubbert der Opel in ein Untersteuern raumgreifenden Ausmaßes.

Die geräumige Rückbank bietet Platz für mehrere unangeschnallte Mitfahrer – das wahre Raumwunder verbirgt sich im großzügigen Ladeabteil des Opel Rekord D.

Um die Ausmaße seiner Raummaße kümmern wir uns heute gleich jetzt, derweil die Strecke abtrocknet. Kommen Pilot und Co im bestbürgerlich holz- und chromdrapierten Cockpit ebenso ungedrängt unter wie zwei, drei oder gewiss auch mal mehr unvergurtete Mitfahrer auf der Rückbank, ist doch das Ladeabteil die wahre Platzkammer des Rekord. Klappt die Sitzbank hoch und arretiert sich die Lehne an Zapfen daran, erheben sie sich als Schutzwall am Horizont der flauschteppichbeflorten Ladeweite von 1,79 m ebener Länge.

Träume sind Räume

582 Kilo dürfte der Rekord einpacken, doch räumen Otto und ich nur die Messgeräte rein. Auf die Strecke. Dort ermitteln wir ein inbrünstiges Geräuschniveau und rechtschaffene Tachogenauigkeit. Was die Tatkraft der Bremsen angeht, wollen wir es bei der Feststellung belassen, dass sie den Wagen schließlich immer zum Stillstand bringen. Wobei wir die Empfehlung anschließen möchten, ihre stets bemühten Fertigkeiten im Bereich der Verzögerung mit vorausschauender oder besser gleich hellseherischer Fahrweise zu unterstützen. Doch nun auf zur Beschleunigung.

Der großvolumige Luftfilter, des Opel mindert die Ansauggeräusche.

Die zieht der 2.000 S zornig im Ton und diskret im Temperament durch. Dreizehn-neun, da war er schon mal schneller mit zwölf-null, 1975 und als Limousine. Doch was sind schon 1,9 Sekunden unter Freunden in 49 Jahren? Genau: 0,04 Sekunden pro Jahr, also ganz egal, vergnügt doch nicht die Eile, sondern die Gelassenheit, mit welcher der Rekord fährt. Auch in Spurwechsel und Slalom. Wobei er da doch noch in Schwung kommt mit seinem Fahrwerk mit der Einzelradaufhängung mit ungleich langen Querlenkern vorn und der Starrachse mit stehenden Stoßdämpfern und langem Panhardstab hinten. Im Slalom nimmt das Heck den Schwung eines Richtungswechsels gern auf den nächsten mit, was die Gewandtheit fördert, ohne die Stabilität zu mindern. Allzu schnell geht es ohnehin nicht dahin, weil das viele Gekurbel an der beeindruckend indirekten Lenkung zu lange dauert, um schneller fahren zu können. Die Lenkung hat den Dreh raus, das Tempo nie über die Gegend der Vernunft hinauszusteuern.

Von 0 auf 100 km/h beschleunigt der Opel in 13,9 Sekunden.

Wir steuern nun den Heimweg an, packen alles in den Caravan, von den Pylonen bis zur Vermaßungspuppe Twiggi. All die Messgerätschaften verlieren sich in den Weiten des Kofferraums. Dann fahren wir los, der Caravan wohl nicht weniger unternehmungslustig, bequem und zuverlässig als vor 2.483 Montagen. Damals fuhr ihn sein Erstbesitzer gewiss voll Stolz nach Hause, gab ihn später dennoch her. Ob er ihm je gefehlt hat? Nun, viel zu selten nehmen wir uns die Zeit, unsere bescheideneren Träume von einst auch nur zu vermissen. Weil wir glauben, unsere Träume seien nun aus anderem Stolz geschnitzt.

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Fazit

Die Caravane zog weiter. Ja, vielleicht war unter den vielen großen Zeiten bei Opel die der großen Kombis die allergrößte. Was der Caravan an Stil, Lässigkeit, Platz und Packtalent mitbringt, was er alles mitnimmt und draufhat, vor allem aber, wie er fährt – so brillant, wie es nur einem Siebziger-Jahre-Opel gelingt –, ist, Freunde, ihr ahnt’s: Rekord verdächtig.

Technische Daten
Opel Rekord Caravan 2.0 S
Außenmaße4594 x 1728 x 1440 mm
Kofferraumvolumen754 bis 1357 l
Hubraum / Motor1956 cm³ / 4-Zylinder
Leistung74 kW / 100 PS bei 5200 U/min
Höchstgeschwindigkeit167 km/h
0-100 km/h13,9 s
Verbrauch10,0 l/100 km
Testverbrauch10,9 l/100 km
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Erscheinungsdatum 10.09.2024

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