Mercedes E450 d T 4 Matic und BMW 540d Touring xDrive M im Test

Mercedes E450 d T und BMW 540d im Test
Traditions-Duell unter den Premium-Kombis

Veröffentlicht am 26.04.2025

Touring oder T-Modell? Ja, hier geht es um nicht weniger als eine Dauer-Rivalität zwischen besten Feinden. Wenn BMW auf Mercedes trifft, ist generell jede Menge Druck auf dem Test-Kessel, speziell bei Fünfer gegen E-Klasse . Erst recht, sobald sich die Kombi-Versionen gegenüberstehen. Und als hätte das nicht bereits genügend Brisanz, tragen beide einen Reihensechszylinder-Diesel unter der Haube – den stärksten aus dem jeweiligen Hause.

Es sollen ja Tränen der Freude gekullert sein, als Mercedes 2016 die Rückkehr zum Reihensechszylinder bekannt gab. Eine Paradigmen-Heimkehr, die glücklicherweise auch die Dieseltriebwerke umfasst. Nur zur Erinnerung: In Reihe schnurrten die Sechsender unter der besternten Haube schon vor der Jahrtausendwende, danach nur noch in V-Form.

Bei BMW hat man sich von der idealen Anordnung der sechs Zylinder nie verabschiedet. Aus guten Gründen: Laufruhiger und wohlklingender geht es diesseits des Dutzends nicht. Dafür gab es immer wieder Lobeshymnen – viele davon haben wir angestimmt. Auch heute wieder?

Nach Marken-Parfum duftende Innenräume

Zuerst wollen wir uns einsingen. Wir betrachten die herrlich nach Marken-Parfum duftenden Innenräume und lassen sie auf uns wirken. Im Mercedes spannt sich die Displayfläche optional übers gesamte Armaturenbrett; hier darf der Beifahrer auf seinem eigenen Bildschirm aktiv werden, Filme schauen oder Spiele spielen. Wobei ein geschickter Optik-Trick dafür sorgt, dass der Fahrer nur im Stand mitlinsen kann. Er hat davon abgesehen bereits genügend Möglichkeiten, die Gestaltung seines Cockpits zu variieren. Unsere Empfehlung: die nachgeahmten Rundinstrumente.

Und im BMW? Da gibt’s nur eigenwillige Tacho-Designs. Den Part des früheren Cockpits übernimmt das sogenannte Curved Display – es ist dem Piloten leicht zugewandt. Auch die rechte Hälfte sitzt weit oben und damit optimal im Sichtbereich. Nachteil: Sie ist zwar sehr breit, aber nicht hoch; die Navigationskarte profitiert von der Fläche kaum.

Mercedes E450d T 4Matic, Cockpit
Hans-Dieter Seufert

Und bei der Bedienung selbst? Dem praktisch nur noch touchbasiert aufgebauten Mercedes-System steht glücklicherweise eine servile Sprachassistentin zur Seite; sie versteht mittlerweile mehr frei formulierte Wünsche als ihre Kollegin im BMW. Dort lassen sich im Gegenzug viele Funktionen noch per Hand aufrufen – mittels iDrive-Controller.

Bei den praktischen Aspekten punktet der Fünfer weiterhin mit der Möglichkeit, das Kofferraumrollo unterm Ladeboden zu verstauen, hat aber das Alleinstellungsmerkmal der separat zu öffnenden Heckklappe aufgegeben und leistet sich den Lapsus, dass sich die hinteren Türen auf Zug an den Griffen nicht schlüssellos (keyless) öffnen. Und während BMW eine Gurt-Höhenverstellung für entbehrlich hält, montiert sie Mercedes sogar im Fond. Zudem bietet das T-Modell mehr Laderaum, die besser nutzbaren Ablagen sowie das größere Handschuhfach. Und es hält zudem an einer altehrwürdigen Institution fest: dem faltbaren Einkaufskorb.

Türen fallen satt ins Schloss

Wo Mercedes weiterhin Markenbrauchtum pflegt? Bei der besseren Übersichtlichkeit und der höheren Materialqualität. Mehr noch als die Konkurrenz hält man sich mit dem Einsatz von schlichten Kunststoffen zurück, verbannt sie weitgehend aus dem Sichtbereich. Und legt nach wie vor Wert darauf, dass Türen mit einem satten Ton ins Schloss fallen.

Mercedes E450d T 4Matic, Türknauff
Hans-Dieter Seufert

Schon das vermittelt ein Gefühl der Solidität – es setzt sich auf unserer Teststrecke fort. Das etwas lasche Pedalgefühl der Bremse leitet dabei auf eine falsche Fährte, denn die Verzögerungswerte liegen auf dem hohen Niveau des Konkurrenten. Beide Testwagen setzen übrigens auf verstärkte und damit aufpreispflichtige Bremsanlagen.

Und beim Fahren? Da überflügelt das T-Modell den Touring, wirkt abgeklärter, lässt sich zwischen den Pylonen nur mit Mutwillen aus der Spur bringen. Überflügelt? Der eine oder andere mag gerade gestolpert sein und den Satz auf seine Sinnhaftigkeit überprüft haben. Doch wer das Duell der Marken schon seit Generationen verfolgt, der weiß: Längst hat die E-Klasse fahrdynamisch nicht nur aufge-, sondern überholt.

Dramatisch dazugelernt

Eigentlich setzt sich lediglich ein Trend fort, den wir bereits häufig bemerkt und beschrieben haben: Die E-Klasse hat ihre Vormachtstellung beim Federungskomfort weiter ausgebaut und beim Handling dramatisch dazugelernt.

Beschwingt gleitet sie auf abgesperrter Strecke durch die aufgestellten Pylonen, absolviert das schnelle Ausweichen genauso behände wie der 5er und den Slalom sogar etwas fixer. Was noch viel wichtiger erscheint: Sie lässt sich dabei lockerer führen, findet den Weg mit der Intuition eines Könners, der seine Übungen bis zur Perfektion einstudiert hat. Das beeindruckt nicht nur, es macht sogar Laune, denn der Fullsize-Kombi liegt so satt in der Hand und sitzt so eng am Körper, dass man seine stattlichen Ausmaße erst dann wahrnimmt, wenn man draußen im Wald auf Gegenverkehr trifft.

Mercedes E450d T 4Matic
Hans-Dieter Seufert

Doch selbst beim Ausweichen Richtung Bankett bleibt der Mercedes wunderbar bei sich; auch hier gibt seine Lenkung traumwandlerisch sicher den passenden Winkel vor und alles Wesentliche weiter. Sie ist das nächste Highlight der Fahrwerksentwicklung, weil sie bis in einen sportlichen Tempobereich unerschütterliche Sicherheit vermittelt.

Sicherheit? Dazu trägt auch der Allradantrieb bei – in Kombination mit der trittfesten Luftfederung Airmatic. Sie ist das eigentliche Kompetenzzentrum, die wichtigste Fahrspaß-Option, wir legen sie jedem ans Herz. Weil sie stets den Bodenkontakt sicherstellt, mögen Wellen und Verwerfungen noch so unerbittlich auf die großen Räder eindreschen.

Logisch, dass sich aus diesen Anlagen ein phänomenaler Federungskomfort ergibt. Einer, der sich aus einer straffen Führung und einer saugenden Aufnahmebereitschaft zusammensetzt. Denn das Set-up wirkt alles andere als weich, es wirkt eher geschmeidig.

BMW 540d xDrive
Hans-Dieter Seufert

Dem steht der ebenfalls allradgetriebene, aber nur stahlgefederte 5er gegenüber, dem ja nach wie vor sein Ruf als Handlingtalent vorauseilt. Und tatsächlich kann man es mit ihm durchaus eilig haben und über schlechte Wege tollen, bis die mächtige Karosserie mit Hub- und Wankbewegungen Bedacht einfordert. Bis man sich selbst zur Ordnung ruft, dass man einen so großen Wagen nicht derart herannehmen sollte. Oder bis einen die Fahrdynamik-Wächter mäßigen.

Contenance fordert davon abgesehen ebenso die Lenkung ein, zumindest könnte man ihr unstetes Handmoment dahingehend interpretieren. Und überhaupt: Was ist das nur für eine schlechte Straße, die den adaptiven Stoßdämpfern so viel zumutet?

E-Klasse interveniert fahrspaßerhaltend

Interessanterweise fühlt sich die gleiche Strecke in der E-Klasse deutlich weniger beklagenswert an und das Tempo deutlich niedriger. Ja, der Mercedes steckt in jeglicher Hinsicht mehr weg, hält höhere Reserven für Eventualitäten bereit, muss nicht intervenieren. Falls doch, dann fahrspaßerhaltend. Jedenfalls macht es richtig Laune, den 450 d nach Belieben laufen zu lassen, weil er nie überfordert wirkt.

Ein ähnliches Bild ergibt sich auf den Fernstraßen, wo das Chassis bei sämtlichen Formen von Anregungen ruhiger bleibt und selbst Senken abkanzelt: kein Nachschwingen, kein Auspendeln, nichts als reine Stabilität. Was die Passagiere ebenso als höheren Reisekomfort empfinden wie den etwas stärker zielgerichteten Geradeauslauf. Und die vielfältigen Wellness-Funktionen der bequemen Multikontur-Vordersitze (optional), die wir positiv bepunkten.

Mercedes E450d T 4Matic
Hans-Dieter Seufert

BMW hat die Massagefunktion ersatzlos aus der Optionsliste gestrichen. Dass der 5er im Komfortkapitel dennoch mit dem Konkurrenten gleichzieht, verdankt er Vorteilen, die vor allem seinen Fond betreffen: einer separaten Steuerung der Klimaanlage hinten sowie eine bessere Beinauflage auf den Rücksitzen. Nicht zu vergessen der minimal niedrigere Schalldruckpegel im Inneren – wobei ein diesbezügliches Mehr im 450 d nicht unbedingt zum Störfaktor wird, im Gegenteil: Um die Autobahn-Richtgeschwindigkeit herum klingt der Dreiliter vor allem nach Sechszylinder und keinesfalls nach Diesel. Übrigens läuft er sogar beim morgendlichen Kaltstart im Winter erstaunlich ruhig an. Ähnlich wie beim Fahrverhalten hat Mercedes offensichtlich auch hier die Stärken des Konkurrenten eingehend studiert, ins Lastenheft implementiert und für sich weiterentwickelt.

Denn natürlich ist der Dreiliter im 540d ein wunderbares Triebwerk, das wir zu Recht schon häufig gelobt haben. Weil es angenehm gleichmäßig kurbelt und dank mildhybridem E-Boost beim Gasgeben zackig Vortrieb generiert. Ein kleiner Hoch- und ein großer VTG-Niederdrucklader lassen die Kraft gleichmäßig anschwellen und sich flächig ausbreiten. Am stärksten beeindruckt der lässig aus dem Ärmel geschüttelte Überholvorgang von 60 auf 100 km/h, bei ihm vergehen gerade mal drei Sekunden. Dem 450 d genügen sogar 2,5. Und 4,7 statt 5,3 beim Sprint aus dem Stand auf Tempo 100.

Nun sind diese Werte für sich betrachtet bereits zahlengewordener Ausweis für die aufreizende Lässigkeit, mit der die beiden schweren Kombis losstieben. Aber sie stehen ebenso für feststellbare Unterschiede. Nicht nur auf der Uhr – sie sind spürbar: Das T-Modell wuchtet aus jeder Lage noch druckvoller los. Klar, es hat auch 80 Nm mehr im Rücken, die man vor allem im mittleren Drehzahlbereich genießt. Doch die beiden Turbolader, ebenfalls nach dem Hoch- und Niederdruck-Prinzip angeordnet, entfachen noch mehr Leidenschaft. Mehr Druck in der Mitte. Und das führt zu mehr Leichtigkeit im Magen, wenn der 450 d sogar Autobahnberge hinaufstürmt, als ginge es bergab.

Mercedes E450d T 4Matic und BMW 540d xDrive
Hans-Dieter Seufert

Spätestens an diesem Punkt reflektiert man als Tester seine Euphorie und versucht sie mit dem Bild des Diesel abzugleichen, das die Anti-Meinung nach wie vor zeichnet. Und das so fragwürdig erscheint vor dem Hintergrund, dass die beiden Kombis so viel Transport- und Antriebsluxus bieten, sich aber beim Spritkonsum so zurückhaltend zeigen: Der 367 PS starke E 450 d ist auf unserer Eco-Runde mit 6,0, der 303 PS leistende 540d gar mit 5,6 l/100 km zufrieden.

Das gibt reichlich Punkte – etwas mehr noch für den sparsameren BMW. Seinen Vorsprung im Umweltkapitel baut er aus, weil er seltener zum Ölwechsel muss und dann nach weniger Schmierstoff verlangt; ähnlich ist es bei den Kosten.

Mercedes E450d T 4Matic
Hans-Dieter Seufert

In Basisausstattung konfiguriert wäre der stärkste Diesel im Allrad-Touring rund 15.000 Euro günstiger zu haben als im T-Modell. Und der BMW verursacht die niedrigeren Wartungskosten, weil er nur alle zwei Jahre zum Kundendienst anrücken muss. Andererseits ist der 5er recht ungünstig in der Kaskoversicherung eingestuft, was seinem Eigentümer sehr hohe Festkosten beschert.

Günstiger oder besser?

Die beiden abschließenden Kapitel gehen also an den BMW. Und die Eigenschaftswertung? Da zieht er nur beim Komfort mit dem Mercedes gleich – zu wenig für den Sieg.

Touring oder T-Modell? Die Frage lässt sich so kurz wie knapp beantworten: Billiger ist der erste, besser der zweite Kombi. Eklatant ist der Vorsprung des Mercedes beim Fahrverhalten; hier hat die E-Klasse den Konkurrenten in dessen ureigener Domäne geschlagen, hier demonstriert sie das derzeit Machbare. Und genau deshalb ist das T-Modell (wieder) der Maßstab unter den Luxus-Kombis.

Technische Daten
BMW 540d Touring xDrive M SportpaketMercedes E 450 d T 4Matic
Grundpreis77.300 €88.762 €
Außenmaße5060 x 1900 x 1515 mm4949 x 1880 x 1469 mm
Kofferraumvolumen570 bis 1700 l615 bis 1830 l
Hubraum / Motor2993 cm³ / 6-Zylinder2989 cm³ / 6-Zylinder
Leistung210 kW / 286 PS bei 4000 U/min270 kW / 367 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
0-100 km/h5,3 s4,7 s
Testverbrauch6,7 l/100 km7,0 l/100 km