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Mercedes E 350 Bluetec T-Modell im Test
Wieder so gut wie eh und je?

Bei der E-Klasse gab es in früheren Generationen ein paar Durchhänger bei Qualität und Zuverlässigkeit. Steht die aktuelle Baureihe unter einem besseren Stern?

Mercedes E 350 Bluetec T-Modell, Frontansicht
Foto: Archiv

Ja, ja, die Elektronik, der Rost, die Bremsen: So ganz ohne Probleme waren die frühen Jahre noch bei keiner E-Klasse . Gelitten haben darunter eher die Käufer als der Ruf der Marke, denn bei kaum einer anderen Firma wird Modellpflege so gründlich und kontinuierlich betrieben wie bei Mercedes. Und in ihren sonstigen Paradedisziplinen hat es die gehobene Mittelklasse aus Sindelfingen ja noch immer geschafft, selbst gegen schärfsten Wettbewerb aus dem In- und Ausland, den Stern hell strahlen zu lassen.

Diesel-V6 mit träger Kraftentfaltung

Ob die aktuelle Baureihe W 212 auch das Qualitätsimage der Schwaben wieder aufpoliert, soll ab 23. Februar 2011 ein Mercedes E 350 Bluetec T-Modell im auto motor und sport Dauertest zeigen. Dabei lässt sich gleich noch die aufwendige Abgastechnik des nach Euro 6 zertifierten Diesels überprüfen, der zur Minderung der Stickoxide ein kleines Chemielabor mit sich herumfährt. Allerdings kostet der 211 PS starke Bluetec derzeit 4.105 Euro mehr als der Mercedes E 300 CDI, in dem der gleiche, nach Euro 5 eingestufte Dreiliter-Sechszylinder 231 PS leistet und im Normwert einen Liter/100 km weniger verbraucht.

Sauber, aber für 211 PS träge 211 PS und 540 Newtonmeter klingen nicht einmal für einen über zwei Tonnen schweren Kombi schütter, doch für ein Auto dieser Leistungs- und Preisklasse enttäuschen Temperament und Manieren des Antriebs. Dabei stört das sachte Nageln des V6 viel weniger als seine träge Kraftentfaltung. Von Ampeln legt der Mercedes E 350 nur mit viel Gas zügig ab, immer aber verzögert. Zudem lebt er mit der Siebenstufenautomatik nur in ruhigen Zeiten in einer glücklichen Beziehung. Bei sachtem Tempo legt sie die Stufen weich und treffsicher nach, ruckt nur selten beim Runterschalten, schätzt es überdies nicht sehr, wenn ihr der Fahrer mittels Schaltpaddeln in die Arbeit pfuschen will – das ignoriert sie oft komplett.

100.000 Kilometer dürften erst der Anfang sein

Beim Wunsch nach Vehemenz im Tempo wird das Getriebe hektisch, lässt den Motor höher drehen, als es sein muss. Wobei: Auf den Höhen dieses Niveaus jammert es sich bequem. Denn zum einen verbesserten sich die Fahrleistungen im Laufe des Tests deutlich, und der etwas gemächliche Antrieb ändert nichts daran, dass die Mercedes E-Klasse ein hervorragendes Reiseauto ist.

Gehen wir auf eine letzte Fahrt zum Ende des Dauertests. Mailand–Stuttgart an einem Nachmittag. Dann steigst du in das Mercedes E-Klasse T-Modell und ahnst, dass 100.000 Kilometer erst der Anfang für ihn sein dürften. Das Lenkradleder ist leicht abgegriffen, das Seitenpolster des Fahrersitzes vom vielen Ein- und Aussteigen etwas abgeschubbert, und eine Taste der effizienten Dreizonen-Klimaautomatik hakt – damit hat es sich schon mit der Alterung.

Einen Wimpernschlag lang vorglühen, dann nagelt sich der Motor warm. Automatikwählhebel an der Lenksäule nach unten auf D drücken, kurz warten, bis die Fahrstufe einruckt. Dann geht es los, auf der Autostrada Richtung Gotthard – nur eine der ungezählten Weitstrecken. Die Mercedes E-Klasse bereiste mondäne Ziele wie St. Tropez, Gap oder Rom, aber er vermittelt eben gerade auch bei Blitzeis im Pendelstau nach Filderstadt-Bonlanden gelassene Souveränität.

Mercedes E 350 im Dauertest nicht immer zuverlässig

Auf der Alpennordseite fegt Schneetreiben über die A3. Wenn sich dann zwischen Göschenen und Wassen ein paar Schneeflocken am stolz auf der Haube thronenden Stern verfangen, die Heizung bollert und der V6 gemächlich prasselt, breitet sich die Behaglichkeit wie eine warme Wolldecke über die Passagiere aus, und die Zuverlässigkeit des Autos wirkt unerschütterlich.

Was sie gar nicht ist. Zwei Mal kommt der Mercedes E 350 nur mit Starthilfe in Gang, weil die Batterie entladen ist. Bei 15.508 wie nach 37.084 Kilometern liegt das am selben Fehler der elektrischen Anlage. Weil das Tanksteuergerät nicht richtig abschaltet, kann die gesamte Steuerelektronik nicht einschlafen und saugt ständig Strom aus der Batterie. Das bringt aber erst die sehr aufwendige Komplettüberprüfung der Elektrik nach dem zweiten Ausfall zutage, beim ersten Mal arbeitet die Werkstatt nur einige Steckverbindungen nach und ersetzt die Batterie. Das geht wie später der Ersatz des Tanksteuergeräts auf Garantie. Andernfalls hätte den Besitzer die Prozedur 643 Euro gekostet.

Den Mercedes E 350 Bluetec kosten die beiden Ausfälle den ersten Platz in der Dauertest-Klassenwertung, ansonsten muss er nur ein weiteres Mal außerhalb der Inspektionen in die Werkstatt. Nach 47.370 Kilometern werden die Bremsbeläge vorn und hinten ersetzt – eine Reparatur, die normalerweise bei einer Wartung durchgeführt würde. Doch die E-Klasse hat keine festen Intervalle, berechnet selbst, wann sie einen Stopp braucht.

Mercedes E 350 verbaucht fast 10 L/100 km

Weitere 2.657 Kilometer wären jedenfalls zu viel mit den alten Belägen gewesen. Bei 50.027 km rollt der Mercedes E 350 zum großen Service, bei dem wie bei jedem geplanten Stopp der Harnstofftank aufgefüllt wird, in dem der Bluetec das Adblue bunkert, das er für die Reduzierung der Stickstoffe braucht. Mit 800 Euro kostet die 50.000er-Inspektion am meisten, insgesamt liegen die Wartungskosten ohne Öl mit 1.449 Euro übrigens zwölf Prozent über denen des Mercedes E 220 CDI der Baureihe W 211, der den auto motor und sport Dauertest im Jahr 2004 absolvierte.

Deutlich größer ist die Differenz zum Vorgänger bei Verbrauch und Kraftstoffkosten, wie wir wieder merken, als wir auf unserer Reise kurz vor Zürich tanken. Im Schnitt zapft sich der Mercedes E 350 Bluetec 9,8 L/100 km aus dem 80-Liter-Tank. Das genügt für einen Aktionsradius von 800 km, ist aber wie der Minimalverbrauch von sieben L/100 km etwas übertrieben. Dass die Kraftstoffkosten mit 14.277 Euro fast doppelt so hoch sind wie noch beim E 220 CDI liegt aber nicht nur am höheren Verbrauch, sondern vor allem an den höheren Dieselpreisen.

Wobei sich im Fall des Mercedes E 350 Bluetec an einem anderen Punkt zeigt, wie vernachlässigbar ein paar Zehntel Mehrverbrauch sind – nämlich am Wertverlust. Der beträgt beim T ganze 41.710 Euro – 51 Prozent des Neuwertes. Was auch an den vielen Extras liegt, mit denen der Testwagen ausgestattet ist. Davon zählen das starke Adaptivlicht, der clever regelnde Abstandstempomat und die hervorragende Luftfederung sowie Parksensoren vorn und hinten neben den Multikontursitzen zu den empfehlenswerten Optionen. Weniger überzeugt das 3.475 Euro teure Comand-Infotainmentsystem. Auf unserer Fahrt navigiert es uns mit seiner veralteten, TMC-basierten Stauumfahrung direkt in den freitagnachmittäglichen Stillstand der Züricher Innenstadt.

Auch die Assistenzsysteme können nicht komplett überzeugen: Zum einen deaktivieren sie sich früh bei Schnee und stärkerem Regen, zum anderen irritiert der Spurhaltehelfer, der den Wagen statt mit einem Lenkeingriff durch einen starken, einseitigen Bremsimpuls zurück auf die Bahn zieht. Doch nun, auf den letzten 160 Kilometern Autobahn bei Nacht und Regen, brilliert der Mercedes E 350 T wieder mit hoher, gelassener Fahrsicherheit, beflissenem Komfort und enormem Raumangebot. Eineinhalb Stunden nur, dann sind wir daheim. Wobei – eigentlich waren wir das in der E-Klasse ja immer.

Vor- und Nachteile
üppiges Raumangebot
sehr großer Kofferraum
hervorragende Sitze vorn
brillanter Langstreckenkomfort
einfache Bedienung
hochwertige Verarbeitung
hoher Federungskomfort
große Reichweite
sehr gutes Adaptivlicht
niedrige Windgeräusche
gute Rundumsicht
minimaler Ölbedarf
umfassende Assistenzsysteme
kerniges Motorgeräusch
etwas müde Fahrleistungen
träge reagierende Automatik, teils mit Schaltrucken
erhöhter Verbrauch
mit 485 kg knappe Zuladung
mäßige Traktion auf Schnee
veraltetes TMC
etwas umständliche Infotainmentstruktur

Fazit

100.000 Kilometer sind für eine E-Klasse nicht das Ende, eher das Ende vom Anfang. Die harte Testdistanz konnte die Grundsolidität des Kombis nicht erschüttern, die der Elektronik dagegen schon: Zwei Ausfälle wegen Batterieschwäche passen nicht zu einem Auto dieser Preisklasse – und ebenso wenig zum Anspruch der Marke Mercedes. Dennoch bewies sich das T-Modell als hochtalentierter Reisewagen und eines der großen Universaltalente unter den Autos. Allerdings zu hohen Kosten.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 20 / 2024

Erscheinungsdatum 10.09.2024

148 Seiten