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Kindersitz-Test 2015 (Gruppe 0/0+)
Totalausfall beim Babyschalen-Crashtest

Licht und Schatten beim Kindersitz-Test von auto motor und sport und dem TÜV Süd: Bei den Babyschalen konnten nicht alle Produkte im Crashversuch überzeugen.

Kindersitz-Test 2015, Gruppe 0/0+, Babyschalen
Foto: Dino Eisele

Verwirrung und Erschrecken gleich beim zweiten Versuch. Der kleine Dummy schießt wie eine Rakete aus der Babyschale und fliegt gestreckt im Handstand durch die Karosserie. Bevor er jedoch auf das imaginäre Armaturenbrett knallt oder sogar aus dem Crashschlitten fällt, halten ihn die Messkabel jäh zurück. In der Realität hätte das Kind diesen Aufprall nicht überlebt. Fragende Gesichter beim gesamten Testteam. Im ersten von drei Kindersitztests, die auto motor und sport in diesem Jahr durchführt, mussten drei Babyschalen ihre Sicherheit unter Beweis stellen. Dabei wurden Sitze ausgewählt, die der Norm ECE R 44 oder der neuen Prüfrichtlinie UNECE R 129 entsprechen. In den Crashversuchen, die auto motor und sport zusammen mit dem TÜV Süd durchführt, sind die Anforderungen jedoch höher, um reale Unfallszenarien zu simulieren. Und daran scheitert die Babyschale Hauck Zero Plus Select.

Das integrierte Gurtschloss hält der Belastung nicht stand und öffnet sich beim Aufprall. Nachdem der Crashschlitten vollständig zum Stehen kommt und die Versuchsanlage wieder betreten werden darf, beginnt die Fehleranalyse. Beschädigungen wie gerissene oder abgebrochene Kunststoffteile, die auf eine fehlerhafte Produktion hinweisen, sind nicht zu sehen. Dennoch erkennen die TÜV-Experten das Problem bei dieser Babyschale schnell.

Babyschale von Hauck besteht auch Nachtest nicht

Beim Hauck-Produkt besteht das Gurtschloss aus Kunststoff – ohne verstärkende Metall- oder Fasereinlagen – und kann sich daher leichter verformen. Außerdem sind die Kanten des Kindersitzes flach, rundlich und glatt, sodass die Schlossteile bei starker Zugbelastung auseinanderrutschen. Um sicherzugehen, kein Montagsprodukt mit Montagefehlern getestet zu haben, durchläuft eine zweite Hauck-Babyschale das Crashprozedere. Dieses Mal hält zwar das Schloss. Allerdings überschreiten die Messwerte im Brustbereich die Grenzwerte – bei rückwärtsgerichteten Sitzen sehr untypisch. Bei einem realen Unfall hätte das Kind auch hier Verletzungen davongetragen. Ein weiteres Problem der Hauck-Babyschale ist die Bedienungsanleitung: Sie ist ungenau und lässt zu viele Fragen offen. Zum einen unterscheiden sich die Skizzen in der Anleitung und auf dem Sitzaufkleber, zum anderen klärt sie nicht, in welchem Winkel die Schale auf der Sitzbank angegurtet werden soll. Je steiler sie steht, desto mehr Gewicht drückt beim Crash in die Lehne der Babyschale. Liegt sie dagegen flacher im Auto, kann das Kind über die Lehne hinwegrutschen, und das Gurtschloss muss deutlich höhere Kräfte aushalten.

Das Fehlerpotenzial solch einer schlechten Anleitung kann verheerende Folgen haben – wie unser Test zeigt. Schon im Praxistest kann die Zero Plus Select nicht überzeugen. Die einfache Verarbeitung mit schwacher Polsterung, scharfkantigen Graten und dünner Neugeborenen-Einlage macht einen wenig hochwertigen Eindruck, obwohl das Hauck-Modell mit knapp 120 Euro zu Buche schlägt. Außerdem kostet der Einbau ins Auto jedes Mal aufs neue Nerven, denn für die recht große Babyschale ist in einigen Fahrzeugen der Gurt zu kurz. Nur mit Mühe, Fummelei und einigen eingeklemmten Fingern rutscht der Diagonalgurt über die Lehne der Babyschale. Auch das Einfädeln des Gurtes in die hintere Lasche bedarf der Übung, da das lose Sonnensegel meistens die Sicht verdeckt.

Maxi Cosi mit praktischer Einrastefunktion

Deutlich einfacher macht es einem der Maxi Cosi Pebble Plus mit der passenden Isofix-Basis. Die Konsole kostet zwar rund 210 Euro extra, kann einmal eingebaut aber im Wagen bleiben und bei einigen Modellen auch für den Folgesitz genutzt werden. Mit einem Handgriff steht die Babyschale darauf und rastet ein, der Fahrzeuggurt kann unangetastet bleiben. Ist alles sicher befestigt, leuchten am Stützfuß der Konsole alle Lämpchen grün – falls nicht, macht das Gerät piepsend auf den Fehler aufmerksam. Ebenfalls vorbildlich sind die Verarbeitung und die angenehme Haptik der Schale. Viele praktische Details wie das Maßband, die stufenlos höhenverstellbaren Gurte und das ordentlich verstaubare Sonnensegel erleichtern den Umgang mit dem Kindersitz.

Einzig das hohe Gewicht schmälert den Komfort für die Eltern. Beim Crashverhalten verdient die Pebble Plus dagegen Bestnoten, sowohl Rückhaltewirkung als auch die Sicherheit für das Kind überzeugen. Da die Babyschale bereits die neue i-Size-Norm (UNECE R 129) erfüllt, schützt sie außerdem besser beim Seitenaufprall. Das hat jedoch seinen Preis. Knapp 260 € nur für die Babyschale sind ein Wort – zumal sie schon recht früh gegen einen Folgesitz ausgetauscht werden muss, was an der neuen Norm liegt. Diese setzt nicht mehr auf das Gewicht, sondern auf die Größe der Kinder. Laut Norm ist ab 75 cm, also etwa 12 Monaten, der nächstgrößere Sitz fällig.

Babyschale von Safety 1st schon ab 80 €

Beim Crashtest liegt daher in der Maxi-Cosi- Schale ein Q1-Dummy, der einem einjährigen Kind entspricht. Für die übrigen beiden Babyschalen, die nach der Norm ECE R 44 zugelassen sind und sich somit auf das Gewicht beziehen, wurde der nächstgrößere Dummy Q1,5 gewählt. Hier dürfen Kinder bis 13 Kilogramm mitfahren. Anbieter Safety 1st, der wie Maxi Cosi zum Dorel-Konzern gehört, punktet mit der Babyschale OneSafe XT daher gleich mehrfach: Für weniger Geld schützt sie den kleinen Mitfahrer länger und ähnlich sicher wie das Maxi-Cosi-Produkt. Zwar bewegt sich die Kindersitz-Schale während des Crashs deutlich mehr und richtet sich zur Rücksitzlehne hin auf. Das liegt jedoch ausschließlich am Befestigungssystem ohne Isofix und hat keinerlei negative Auswirkungen auf die Sicherheit, wie die Messwerte zeigen.

Sicht- und fühlbar ist der niedrige Preis von rund 80 € allerdings schon. So liegt das Kleinkind nur auf dünnen Polstern. Die Neugeborenen-Einlage beschränkt sich auf ein Schaumstoffkissen am Kopf, gibt dem Körper in der Babyschale, aber keinen zusätzlichen Seitenhalt. Zudem darf das Polster – im Gegensatz zum Produkt von Maxi Cosi – nur mit der Hand gewaschen werden. Der gebogene Tragebügel scheint im ersten Moment clever, stört jedoch beim Angurten. Ebenfalls nicht optimal sind die weichen Kunststofflaschen zur Gurtführung, da der Gurt dort leicht herausrutscht. Muss das Festmachen im Auto fix gehen, können schnell folgenschwere Fehler passieren. Wer jedoch darauf achtet, bekommt mit der OneSafe XT in Sachen Preis und Leistung eine ordentliche Schale, die dazu mit ihrem niedrigen Gewicht von nur 2,8 kg überzeugt.

Überblick und Preisvergleich

Welcher Sitz passt zu meinem Kind?

Für Kinder bis zwölf Jahre und 1,50 Meter Körpergröße ist in Deutschland ein Kindersitz vorgeschrieben. Die Zulassungsnorm ECE R 44 unterteilt die Rückhaltesysteme nach dem Gewicht des Kindes in fünf Gruppen: Gruppe 0 für Babys bis zehn Kilogramm (Alter: rund neun Monate), Gruppe 0+ für Babys bis 13 kg (rund 18 Monate), Gruppe I für Kinder zwischen 9 und 18 kg (neun Monate bis vier Jahre), Gruppe II für Kinder zwischen 15 und 25 kg (drei bis sieben Jahre) und Gruppe III für Kinder zwischen 22 und 36 kg (sechs bis zwölf Jahre). Seit 2013 gilt parallel die UNECE R 129, auch i-Size genannt, bei der die Körpergröße entscheidend ist. Wichtig ist zudem, dass der Hersteller den gewünschten Sitz für das jeweilige Auto freigegeben hat. Vor allem bei Isofix-Systemen kann es Einschränkungen geben.

So haben wir getestet

Seit über 20 Jahren testet auto motor und sport zusammen mit dem TÜV Süd Kindersitze. Um einen Frontalaufprall zu simulieren, wird die Crashkarosserie eines Golf V aus über 50 km/h mit dem bis zu 31-Fachen der Erdbeschleunigung abgebremst. Zum Vergleich: Die Zulassungsnorm ECE R 44 verlangt nur Werte bis 28 g. Zum Praxistest standen Mazda 2, Opel Zafira Tourer und Renault Grand Kangoo für den Einbau bereit. Bewertet wurden dabei Handling, Komfort für das Kind und die Verständlichkeit der Anleitung.

Fazit

Hier stimmen beide Ansätze: Das teuerste Produkt ist empfehlenswert, doch Sicherheit muss nicht teuer sein. Zwar ist die Babyschale von Maxi Cosi vor allem dank zusätzlicher Isofix-Basis komfortabel und hochwertig, kostet aber fast sechs mal so viel wie die Safety 1st OneSafe XT. Die schützt das Kind ähnlich gut und ist daher die Preis-Leistungs-Empfehlung. Bei der Hauck-Babyschale öffnete beim ersten Versuch das Gurtschloss, und auch beim Nachtest war das Crashverhalten nicht optimal. Dazu eine mangelhafte Anleitung und schlechte Verarbeitung – Totalversagen.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten