Neuer Kia EV3 gegen Cupra Born und Fiat 600e im Test

Kia EV3 gegen Cupra Born und Fiat 600e im Test
Kia dreht auf – reicht das gegen Cupra und Fiat?

Veröffentlicht am 29.05.2025

Schon klar: Kia war schon immer ein überaus wandlungsfähiger und mutiger Hersteller – nun ist der Turnaround zu einer designorientierten Marke wahrlich vollbracht. Der gern gekaufte Niro ist raus. EV6 und insbesondere der EV9 pflegen einen ganz anderen Stil. Ebenso der kürzlich präsentierte EV4, ein Stromer im Golf-Format. Und hier nun der EV3 , die kleine Variante des EV9-Flaggschiffs. Positioniert als Nachfolger des Niro, soll er all jene befördern, die einen bezahlbaren Stromer suchen. Und ja: Mit 38.290 Euro hält sich der Testwagen-Grundpreis für einen Stromer mit 58,3-kWh-Akku in Grenzen.

Fiat ruft für den neuen 600e in der La-Prima-Ausführung sogar 42.990 Euro auf. Mutig, schließlich ist der knuffige Bruder eines Jeep Avenger 13 Zentimeter kürzer und begnügt sich mit 115 kW Leistung. Der Cupra Born liegt preislich mittendrin (41.450 Euro), trumpft dafür mit dem kräftigsten Antrieb (170 kW) und einer Ladeleistung von bis zu 165 kW auf. Kia setzt beim EV3 nicht auf 800 Volt, sondern auf ein 400-Volt-System und lädt nur mit bis zu 101 kW.

Wenn der Kia EV3 loslegt, kommt schnell Ruhe auf

Sein permanenterregter Synchronmotor über der Vorderachse bringt es auf 150 kW und ein maximales Drehmoment von 283 Nm. Auf 100 km/h beschleunigt der EV3 in 7,8 Sekunden. Ziemlich zügig für einen Basis-Stromer. Wobei er viel mehr Leistung gar nicht haben sollte. Flotter bewegt, nervt er insbesondere aus Kurven oder auf Straßen zweiter Ordnung gelegentlich mit kräftigen Antriebseinflüssen in der Lenkung. Ansonsten bemüht sich der Kia um klassengemäßen Federungskomfort. Leer erlaubt er sich auf ungepflegten Straßen einige – im wahren Wortsinn – Klopper, beladen mit Insassen und Gepäck bessert sich der Komfort jedoch spürbar.

Dass es noch besser geht, beweist der adaptivgedämpfte und weitaus agilere Born. Der wiederum fordert minimal mehr Energie als der Kia: 21,2 zu 20,4 kWh auf 100 Kilometer. Daraus ergibt sich für den EV3 eine realistische Reichweite von rund 320 Kilometern, die sich im Eco-Betrieb durchaus um 70 km steigern kann.

Kia EV3
Rossen Gargolov

Wie die größeren Kia-Stromer bietet der EV3 eine breite Varianz zwischen Segeln und One-Pedal-Betrieb, oder er rekuperiert via Adaptiv-Tempomat und Navi-Daten. Weder Born noch 600e können da mithalten. Clever in diesem Zusammenhang sind auch die je nach Fahrstil im Infotainment angezeigten Restreichweiten. Webbasierte Ladeplanung und Akkukonditionierung sind – wie beim Cupra – leicht zu arrangieren. Die Performance an der HPC-Säule überzeugt kaum weniger. Bei unseren Messungen lag die Ladeleistung im Schnitt bei 86 kW. Für 200 Kilometer Strecke steht der EV3-Tester 27 Minuten. Der Born ist nur drei Minuten schneller.

Viel Nutzwert und viel Stil

Mit einem Frontkofferraum (25 Liter) für das AC-Ladekabel kann ohnehin nur der Kia dienen. Somit lässt sich sein großes Unterbodenfach im Heck tatsächlich für Gepäck nutzen. Der 460 Liter große Kofferraum nimmt mit seiner kantigen Form nicht nur Taschen, sondern auch einen wuchtigen Koffer auf. Als einer der wenigen kompakten Stromer könnte er darüber hinaus Hänger ziehen – allerdings nur 500 kg schwer. Die Variante mit größerem Akku (81,4 kWh) für 41.390 Euro darf doppelt so viel an den Haken nehmen.

Kia EV3,  Kofferraum
Rossen Gargolov

Aber zurück nach vorn. Der EV3 hat noch mehr zu bieten. Etwa eine qualitativ überzeugende Cockpitlandschaft: ein teils mit nachhaltigen Stoffen überzogenes Armaturenbrett, vermischt mit großen Monitoren und einer aus der Mittelkonsole (etwas ruckelig) ausziehbaren Ablagefläche, so man in Pausen etwas essen oder am Laptop arbeiten möchte. Passend dazu die 230-Volt-Steckdose im luftigen Fondabteil. Hier verdient der Kia übrigens ein Lob für seine Lüftungsdüsen. In Cupra und Fiat? Müssen sich die Insassen mit den Ausströmern unter den Vordersitzen begnügen.

Trotz allem Drang, einen hippen Wagen zu gestalten, übertrieben es die Interieur-Designer nicht und gönnten dem Fahrer noch viele Tasten und Walzen. Entsprechend locker klappt die Bedienung. Tipp eines versierten Kollegen: Die Walze zwischen den Lüftungsdüsen für die Lautstärke lässt sich via Bordmenü zum Karten-Zoomer machen.

Der Born hat viel zu bieten

Der Cupra, häufig gescholten für die unbeleuchteten Slider der Klimaautomatik und für ein Lenkrad mit hypersensiblen Touchtasten, erfordert da mehr Verständnis. Auch der (ebenfalls unbeleuchtete) Automatik-Knauf rechts hinter dem Lenkrad und das kleine, aber sehr informative Instrumenten-Panel vor dem Fahrer zählen nicht zu den Highlights des Spaniers. Im Gegensatz zum Kia legt Cupra zudem weniger Wert auf ein rundum ansehnliches Interieur.

Kia EV3,  Cockpit
Rossen Gargolov

Vorn beeindruckt der Testwagen mit vorzüglichen Sportschalensitzen, bronzefarbenen Einlagen und passenden Nähten im griffigen Lenkrad. Doch im vergleichsweise knapp geschnittenen Fond herrscht Tristesse. Nur die kräftig konturierte Rückbank mit ihren weichen Mikrofaserbezügen sorgt für Flair.

Sobald es dann aber ums Fahren geht, liegt der Born ganz klar vorn. Sein permanenterregter, kräftiger Motor ist oberhalb der Hinterachse vor der Radmitte montiert. Ein Stromer mit Heckantrieb und ausgewogener Gewichtsbalance also. Mit viel Traktion flitzt er in sieben Sekunden auf 100 km/h und fährt seinen Konkurrenten locker davon. Zugleich ist die präzise Progressivlenkung frei von jeglichen Antriebseinflüssen. Flotte Kurven durcheilt der Born erfrischend unbeschwert.

Dennoch bleibt der agile Cupra auf der schnellen Geraden sauber auf Linie. Das grundsätzlich straff gehaltene DCC-Fahrwerk (980 Euro) mit seinen adaptiven Dämpfern ermöglicht mit der Wahl zwischen 15 Kennlinien alles zwischen ausgewogenem Federungskomfort und maximaler Härte. Angekommen in der City, freut man sich über den kleinen Wendekreis von zehn Metern. Stehen dann noch Einkäufe von sperrigen Gütern an, kann er mit einer Durchlade dienen.

Cupra Born
Rossen Gargolov

Charmant, aber hilfloser Fiat

Der 15 Zentimeter kürzere Fiat 600e muss da passen. Er ist angesichts seiner Kürze ideal für die Stadt. Doch sein Wendekreis ist größer und das Ladevolumen mit 360 Litern nicht üppig. Ähnlich kuschelig präsentiert sich der Fond. Das kostet Punkte, ist aber okay. Bei dem kurzen Radstand kann er nicht mehr bieten.

Enttäuscht sind wir hingegen von der dürftigen Materialqualität und einer kargen Ausstattung. Ablagen in den Fondtüren, Mittelarmlehne, Haltegriffe: niente. Vorn zitiert er immerhin mit kleinen Rundinstrumenten, Hutze, wohlgeformtem Dashboard in Wagenfarbe und Zweispeichen-Lenkrad inklusive 600-Schriftzug seine Vorgänger. Nett auch die faltbare Abdeckung im Leder-Look über dem großen Fach in der Mittelkonsole.

Der kleine Touchscreen wiederum kann mit den farbenfrohen Monitoren in Kia und Cupra nicht mithalten. Ganz zu schweigen von einem vielseitigen Online-Entertainment oder einer kompetenten Sprachbedienung. Nur zur Erinnerung: Der Fiat ist mit fast 43.000 Euro Grundpreis teurer als der Born und keineswegs so üppig ausgestattet wie dieser EV3 in voller Montur. Damit beim Kia die 19-Zoll-Räder bestellt werden können, ist das Ordern diverser Pakete Bedingung.

Viel Flair, weniger Funktionen

Aber genug der Kritik, so einfach lässt sich der Retro-Stromer nicht kleinkriegen. An der HPC-Säule lädt er beispielsweise mit 76 kW engagiert. Und: Sein schwacher Motor brilliert zwar nicht mit Zugkraft (0–100 km/h: 9,3 Sekunden), fordert mit einem Verbrauch von 18,9 kWh pro 100 km aber am wenigsten Energie. Entsprechend hoch die Reichweite: 285 Kilometer im Test.

Darüber hinaus überrascht er mit einem komfortbetonten, weichen Fahrwerk, das herbe Stöße locker wegsteckt, allerdings begleitet von allerlei Hubbewegungen. Über Land auf kurvenreicher Strecke kann der träge einlenkende Fiat den beiden anderen weder folgen noch wohldosiert verzögern. Das Pedal hat keinen klaren Druckpunkt, und die Bremswege fallen deutlich länger aus.

Am Ende dieses Vergleichs können wir berichten: Der Turnaround beschert dem extrovertierten Kia kaum Nachteile. Ähnlich dem Kona ist der EV3 ein ausgewogener und cleverer Stromer zum fairen Preis. Gegen den abwechslungsreichen und viel agileren Cupra Born kommt er nicht an. Der 600e wirkt blass, trotz Dolce-Vita-Charme und meeresgrünem Lack.

Technische Daten
Cupra Born 170 kW Fiat 600e La PrimaKia EV3 (58,3 kWh) Earth
Grundpreis41.450 €42.990 €38.290 €
Außenmaße4324 x 1809 x 1540 mm4171 x 1781 x 1523 mm4300 x 1850 x 1565 mm
Kofferraumvolumen385 bis 1267 l360 bis 1231 l460 bis 1251 l
Höchstgeschwindigkeit160 km/h150 km/h170 km/h
0-100 km/h7,0 s9,3 s7,8 s
Verbrauch15,5 kWh/100 km0,0 kWh/100 km0,0 kWh/100 km
Testverbrauch21,2 kWh/100 km18,9 kWh/100 km20,4 kWh/100 km