Der neue Kia EV3 Crossover im Test

Kia EV3 im Test
Was kann der Einstiegsstromer mit großem Akku?

Veröffentlicht am 08.02.2025

Bislang bestand die Elektroauto-Palette bei Kia aus den 800- Volt-Autos EV6 und EV9 sowie dem Niro EV mit 400-Volt-Technologie. Die größeren Modelle speichern bis zu 84 kWh und laden am Schnelllader in rund 20 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Und der Niro EV? 65 kWh und langwierige 42 Minuten – problematische Werte, da er im April 2024 fast so viel kostete wie ein EV6 mit 58 kWh.

Als Ablösung für den Elektro-Niro bringt Kia nun den etwas kürzeren, günstigeren EV3 , der schlüssiger bepreist ist. Mit einem 58,3-kWh-Akku kostet er 35.990 Euro und somit fast 9.000 Euro weniger als ein EV6 mit jetzt 63 kWh. Zwischen beiden Modellen mit den größeren Akkus bleibt die Preisdifferenz nahezu identisch.

Kia EV3
Achim Hartmann

Wir testen den EV3 mit netto 81,4 kWh, der bei 41.390 Euro startet – im Marktvergleich gibt’s viel Batterie fürs Geld. Eine 10-auf-80-Prozent-Ladung dauerte im Test 32 Minuten, was zwar einen langen Stopp bedeutet, aber in etwa dem entspricht, was viele andere 400-Volt-Systeme derzeit leisten. Im Vergleich zum Niro EV steht man trotz deutlich größerem Stromspeicher immerhin zehn Minuten kürzer am Rasthof.

Mit einer Testreichweite von 359 Kilometern können die Ladestopps bei einer Auf-80-Prozent-Ladestrategie circa 250 Kilometer auseinanderliegen. Der Verbrauch? Bei winter-lichen Temperaturen haben wir 23,9 kWh/100 km ermittelt, womit der 1.863 kg schwere Fronttriebler als recht effizient durchgeht.

Schnell genug und ruhig

Die 204 PS starke Synchronmaschine schickt bis zu 283 Nm an die Antriebsräder, an denen die Traktionskontrolle etwas Schlupf zulässt, durchdrehende Räder aber verhindert. So kommt der EV3 aus dem Stand zügig vorwärts, erreicht 100 km/h in 7,9 Sekunden und zieht bis etwa 130 km/h halbwegs ambitioniert weiter. Von dort bis 160 km/h vergehen schon 9,2 Sekunden, und bei 170 ist Schluss – typische Fahrleistungsdaten für einen E-Kompakten dieser Leistungsklasse.

Seine Klassenkameraden übertrifft er mit der Isolierung seiner Kabine, in der es über einen breiten Geschwindigkeitsbereich leiser bleibt als in manchem Mittelklassestromer. Die Fahrgeräusche anderer Autos dringen stark gedämmt in den EV3-Innenraum, das Windrauschen bleibt bis zur Richtgeschwindigkeit angenehm zurückhaltend.

Kia EV3, Vordersitze
Achim Hartmann

Den Innenraum selbst steckt Kia sorgfältig zusammen, auch gibt es keine unverkleideten Schmuddelstellen oder hörbaren Türtafelvibrationen beim Musikhören. Die Materialien sind so gemischt, dass der doch recht hohe Plastikanteil weniger auffällt. Und das übrigens fast gänzlich ohne schwarz glänzende Flächen, die man nur an den Lenkstockhebeln findet. Ansonsten müsste der Jeans-ähnliche Stoff auf der Armaturentafel schon aus Gründen des Pflegeaufwands nicht sein, aber etwa das faltenfreie Kunstleder auf den Sitzen macht einen anständigen Eindruck.

Deren Ausformung passt gut, die Beinauflagen sind für die meisten Fahrer lang genug und die höhen- sowie längsverstellbaren Kopfstützen mit einem Netz bespannt. Das Lenkrad lässt sich mit abgestützten Ellenbogen greifen, wenngleich eine etwas weiter ausziehbare Lenksäule und eine längere Armlehne dem noch zuträglicher wären.

Kia EV3
Achim Hartmann

Seltsames Ablagenkonzept

Direkt unter der Mittelarmlehne kann ein Brett mit silbernen Tasten ausgezogen werden. Möglicherweise um darauf das Mittagessen abzustellen. Jedenfalls gehört dieses Brett zur Serienausstattung der getesteten Topvariante GT-line und führt dazu, dass es auf Armlehnenhöhe keine Ablage gibt. Deshalb bietet nur das Handschuhfach blickdichten Kabinenstauraum. Die Fächer unterhalb der Armlehne sind nicht bequem erreichbar, außerdem fliegt Krimskrams darin herum. Kaffeebecher bekommt man aus den ebenso niedrig platzierten Getränkehaltern schon raus, doch es nervt, das Telefon fast auf Bodenhöhe abzulegen.

Die Nicht-so-gut-Liste geht noch weiter, nämlich mit klein geratenen Türtaschen und unpraktischen Griffen an den Vordertüren, die an einem Ende elektrisch herausploppen. Auch ist der Notfallschlüssel nicht in die Fernbedienung integriert, sondern baumelt daran. Zudem passt ein Ladekabel nicht in das Fach unter der Motorhaube, sondern nur unter den variablen Ladeboden im Heck.

Die restliche Funktionalität lässt sich aber sehen. Das Tachodisplay zeigt die aktuellen Reifendrücke, vorne sind die Sitze klimatisiert, hinten immerhin beheizt. Dazu gibt’s insgesamt vier USB-C-Anschlüsse, eine 12-Volt-Buchse und für den Ladeanschluss außen einen Adapter auf 230 Volt. Eine Haushaltssteckdose sitzt unter der starren Rückbank.

Dort im Fond reichen die Platzverhältnisse aus, um ordentlich zu sitzen, jedoch ist die Lehne der bequem gepolsterten Sitzgruppe ziemlich stark geneigt. Die Distanz zwischen der Sitzfläche und dem ebenen Boden passt halbwegs, die Handhabung der einteiligen Riesenfußmatte macht hingegen keinen Spaß. Andere Kritikpunkte? Es mangelt an Lesespots, und die Zentrallampe wird der Fahrer nicht lange dulden.

Dessen Sicht nach hinten schränken die äußeren Fondkopfstützen etwas ein, da sie ein Stück des Rückspiegelbilds einnehmen. Die ansonsten klassentypische So-lala-Rundumsicht verbessert beim Rangieren ein Parkkamerasystem, das sogar Perspektiven auf die Vorder- und Hinterräder darstellt.

Kia EV3
Achim Hartmann

Das Fahrwerk punktet

Die Felgen sind mit 19 Zoll nicht klein, schaden dem Federungskomfort aber offenbar nicht weiter. Zwar glättet das MacPherson-Mehrlenker-Fahrwerk unebene Straßenbeläge kaum, Gullydeckel und Co. spürst du aber stets nur leicht. Starke Aufbaubewegungen oder unkomfortable Federvorgänge verhindert der EV3 gänzlich. Für einen Kompakt-Crossover mit konventionellen Stoßdämpfern trifft Kia eine ausgewogene Abstimmung mit der Betonung auf Komfort.

Erst bei ziemlich zügiger Kurvenfahrt wankt die Karosserie verhalten, trotzdem bekommst du den Crossover sauber gesteuert. In der Lenkung spürst du das Überschreiten der Haftungsgrenze zwar schon, ansonsten aber nicht viel. Über Land wirkt das Rückstellverhalten hier und da etwas gummihaft, allerdings verhärtet die Lenkung im Hütchenkurs beim hochdynamischen Ausweichtest. Im Alltag arbeitet sie hingegen angenehm flüssig, nur nach dem Abbiegen muss der Fahrer etwas aktiver zurücklenken, als er das möglicherweise gewohnt ist – das fällt je nach Lenktechnik aber gar nicht auf.

Kia EV3
Achim Hartmann

iPedal mit Schwächen

Eine große Auffälligkeit steckt im Rekuperationskonzept, das zwischen Freilauf und Automatik viele weitere Modi umfasst. Der iPedal genannte Einpedalmodus enttäuscht, obwohl die Marken der Hyundai Motor Group diesen typischerweise besonders sorgfältig abstimmen. Zunächst setzt die Verzögerung bei schnellerer Pedalbewegung ein wenig zu zeitversetzt ein. Problematisch wird’s aber erst, wenn du an einer Ampel auf ein stehendes Auto zufährst: Sobald du das Pedal lupfst, verzögert der EV3 zunächst kräftig, rollt aber auf den letzten Metern oft so lange im Schneckentempo weiter, bis er dem Vordermann fast auf der Pelle hängt. Im Automatikmodus kommt das auch vor, teils bleibt er darin aber auch mit einer Wagenlänge Abstand stehen.

Ein wichtiges Thema war Kia der iPedal-Modus in der Entwicklung aber offenbar doch, denn anders als bisher üblich bleibt er nun nach einem Neustart aktiv. Nur im Rückwärtsgang schaltet er sich automatisch ab, bei 20 km/h im Vorwärtsgang dann wieder ein. Zudem existieren nun drei iPedal-Abstufungen, wobei der EV3 in den beiden lascheren oft nur an Steigungen überhaupt anhält. Grundsätzlich beherrscht er das Anhalten auch nicht so supergeschmeidig wie andere Elektroautos der Hyundai-Gruppe.

Bremsen und bedienen

Mit dem Bremspedal gelingt zumindest ruckarmes Anhalten zuverlässig. Die Dosierung klappt in den allermeisten Szenarien vernünftig, und das Bremspedalgefühl bleibt überwiegend konstant. Für das Bremssystem biegen wir abschließend ins Infotainment ab, wo zwei Bremspedal-Kennlinien zur Wahl stehen – die sich trotz viel Rumprobieren identisch anfühlen.

Im Infotainment selbst findest du dich in den Kachel- und Textmenüs gut zurecht. Das trifft auch für das restliche Bedienkonzept weitgehend zu, das einige praktische Tasten umfasst. Schade nur, dass die Klimaautomatik nicht vollständig über echte Tasten läuft, was auch für die Direktwahlfelder unter dem Touchscreen gilt. Auf der Habenseite bleibt Fahrern die fummelige Multifunktions-Touchleiste aus dem EV6 erspart.

Technische Daten
Kia EV3 (81,4 kWh) GT-Line
Grundpreis48.690 €
Außenmaße4310 x 1850 x 1570 mm
Kofferraumvolumen460 bis 1251 l
Höchstgeschwindigkeit170 km/h
0-100 km/h7,9 s
Verbrauch0,0 kWh/100 km
Testverbrauch23,9 kWh/100 km