Studieren Sie in der abgebildeten Profilansicht doch mal kurz die Karosserie des neuen Santa Fe : Finden Sie Formen, die nicht mit einem Lineal nachgezogen werden können? Okay, die Radhausausschnitte, der Tankdeckel und die Mulden hinter den Bügeltürgriffen – aber sonst entdecken Sie Rundungen vor allem in den Feinheiten. Auch die Fensterlinien sind frei von Hofmeisterknick und Co.: einfach zwei gerade Striche, wie es früher populär war. So ähnlich wie heute noch bei allen Range Rover, nur laufen die Linien beim Hyundai in Richtung Heck weniger spitz zusammen und enden an einer fast aufrechten Kofferraumklappe. Optisch verleiht das Kastenheck dem Überhang Wucht, praktisch resultiert dar- aus ein Plus an Gepäckraum.

Das Finden eines regulären Parkplatzes kann aber in städtischen Wohngebieten zur Geduldsprobe eskalieren, denn bei 4,83 Metern Länge wirds schwierig.
PHEV als Topmotorisierung
Hinter der ähnlich steilen Front finden im ebenfalls üppigen Maschinenabteil Benziner plus Hybridtechnik locker Platz. Der Plug-in-Antrieb entspricht weitgehend dem im Vorgänger, nur sind dem Vierzylinder im Zuge der Euro-6e-Homologation 20 PS abhandengekommen. Jetzt leistet der 1,6-Liter 160 PS, ein 98 PS starker E-Motor steckt zwischen Turbomotor und Sechsgangautomatik.
Die Systemleistung beträgt bis zu 253 PS und genügt, um die Werksangaben zu toppen: Nullhundert-Sprint in 8,1 statt 9,3 Sekunden und knapp über 200 statt 180 km/h. Ab einem Akkufüllstand von ungefähr 25 Prozent entfällt das Extratempo, die Beschleunigung wirkt hingegen nie groß unterschiedlich: nicht aufbrausend, nicht wie 253 PS, insgesamt aber noch halbwegs zügig – und aus dem Stand geht’s angenehm verzögerungs- arm los. Adäquat also? Prinzipiell schon, mit Blick auf den Grundpreis von 64.150 Euro (Signature) wäre aber ein bisschen mehr Schmackes sicherlich angebracht.
Sportliche Ambitionen verfolgt der fahrerlos 2153 kg schwere Allrad-SUV auch in Kurven nicht. In unseren Fahrdynamikprüfungen verhindern mittelstarke Wankbewegungen und strenge ESP-Eingriffe höhere Tempos. Handlingfreude bleibt auch auf Landstraßen aus, flotte Tempos in Kurven sind aber problemlos drin. In ausgeprägte Bewegungen gerät die Karosserie dort nicht, nur beim starken Bremsen nickt sie kräftig.
Die insgesamt ordentliche Lenkung vermittelt dabei Gefühl für den Fahrzustand, zum Beispiel geht die Lenkkraft spürbar zurück, wenn vorne die Reifenhaftung auszugehen droht. Im Sportmodus werden dieser und andere Effekte wegen geringer Servounterstützung überzeichnet dargestellt. Die Lösung: Lenkung und Antrieb via My-Mode einstellen.
Zurück zum Antrieb – und dort sind die Defizite des Elektromodus nicht auf Knopfdruck zu mildern. Innerorts schwimmt der Santa Fe noch flüssig mit. Auf 100 km/h vergehen allerdings 19,8 Sekunden, weshalb Autobahnetappen höchstens im Berufsverkehr ohne Benziner ablaufen. Am meisten stört im E-Betrieb jedoch, dass sich der Vierzylinder automatisch zuschaltet, sobald der Eco-Bereich der Power-Charge-Anzeige überschritten wird. Wer also das überschaubare Maximum der rein elektrischen Beschleunigung ausnutzen will, muss die Anzeige stets im Blick behalten – und das trotz des Kickdown-Knopfs unter dem Fahrpedal, mit dem eine eindeutige Abgrenzung möglich wäre.
Wenig E-Auto-Fahrgefühl
Diese Antriebseigenschaften führen zu weniger Elektroauto-Fahrgefühl, als es andere Steckerhybride bieten. Schade, denn etwa bei der Rekuperation legt sich der Hyundai ins Zeug; in der stärksten der drei Stufen verzögert er für einen PHEV recht kräftig, ohne jedoch in die Nähe eines Einpedalmodus zu gelangen. Durchgeschaltet werden die Stufen über Lenkradwippen, wobei man die linke auch gedrückt halten kann, um temporär die stärkste Energierückgewinnung zu aktivieren – die genügt, um hier und da einige km/h abzubauen.
Jedoch fehlt im Eco-Modus eine Möglichkeit für manuelle Gangwechsel. Wenn man hier überholen möchte, stört das manchmal, weil sich der Antrieb bei einem Kickdown gern etwas länger Zeit lässt, bis er kräftigen Vortrieb bereitstellt. Lediglich im Sportmodus sind die Lenkradwippen mit der Steuerung der Sechsgangautomatik belegt, wobei das Gängeflippern häufig nur verzögert umgesetzt wird. In den meisten alltäglichen Situationen legt das Getriebe eigenständig und hintergründig die passende Stufe ein.

Der Santa Fe hebt sich deutlich vom SUV-Einheitsbrei ab.
Wohlabgestimmter Hybrid
Auch das Zu- und Abschalten des Verbrenners erfolgt immer zügig, oft unmerklich und überwiegend sehr geschmeidig; nur ganz vereinzelt ruckt es mal ein wenig. Der Antrieb läuft recht kultiviert, wenngleich der Vierzylinder unter erhöhter Last etwas vorlaut tönt, was sich mit steigendem Tempo legt.
Der Benzindurst des kleinen Motors geht für das stattliche SUV-Format in Ordnung: 8,4 l/100 km bei so weit wie möglich aufgebrauchtem Stromvorrat – typischerweise lässt das Hybridsystem den State of Charge (SOC) nicht unter 15 Prozent fallen. Mit vollständig geladenem 13,8-kWh-Akku sprang der Ottomotor auf unserer Elektrorunde nach 63 Kilometern bei ebendiesem SOC an. Der Stromverbrauch: 22,1 kWh/100 km.
Da die Lade-Hardware lediglich mit 3,6 kW Strom zieht, dauert ein Hub von 15 auf 100 Prozent 3:50 h:min – selbst beim Wocheneinkauf lohnt sich das Anklemmen kaum. Als Trostpflaster entfallen hin und wieder Parkkosten, wenn der Hyundai zum Beispiel während eines Stadtbummels ganz legal über drei Stunden an einer öffentlichen AC-Säule laden darf. Das Finden eines regulären Parkplatzes kann aber in städtischen Wohngebieten zur Geduldsprobe eskalieren, denn bei 4,83 Metern Länge bringt’s wenig, wenn ein 55 cm kürzerer Golf eine Lücke freigibt – selbst GLC, X3 oder Q5 sind etwas kürzer als der Koreaner.
Mittelklasse-Ansprüche erfüllt die Top-Ausführung Santa Fe Blackline nicht nur am Zollstock, sondern überwiegend auch beim Qualitäts- sowie Fahreindruck. Die bequemen und obenrum genügend haltstarken Sitze tragen Nappaleder, die Türtafeln, das Armaturenbrett und die angenehm hoch positionierten Armlehnen eine ebenfalls weiche Lederart. Dazu gibt’s hochauflösende Monitore plus Head-up-Display und eine Ambientebeleuchtung.
Eher zur Kompaktklasse passt jedoch das Fahrwerk mit MacPherson-Federbeinen plus Multilenker-Hinterachse. Die Stoßdämpfer sind keine echten Adaptivdämpfer, doch immerhin können sie frequenzabhängig auf unterschiedliche Anregungen differenziert reagieren. Das Ergebnis ist ein überwiegend sehr anständiger Federungskomfort, nur hin und wieder geht’s etwas straffer zur Sache.
Ob’s auch was zu meckern gibt? Speziell auf der Autobahn wirkt der Innenraum lauter, als die ziemlich niedrigen Geräuschmesswerte suggerieren. Zudem wird der Kunststoff ab Handschuhfachhöhe schmuckloser, und die Tasten sind ein bisschen zu plastikhaft, um gehobene Erwartungen zu erfüllen.
Wertvolle Tasten
Doch wenigstens gibt’s zur Erleichterung der Bedienung noch einige von diesen Tasten. Sie müssen den SUV durch eine enge Stelle bugsieren? Per Kamerataste ploppen eine Vogelperspektive und Bilder beider Vorderräder auf den Schirm; erst zum Anwählen anderer Ansichten muss ge- toucht werden. Hinzu kommen Direktwahltasten, zwei für die Fahrmo- di und einer für die Auto-Hold-Funktion. Hilfreich ist zudem die Stern- taste auf dem Lenkrad, die sich mit dem Infotainment-Hauptmenü belegen lässt. Und ein echtes Highlight, das wir von Mercedes kennen: Wenn man die Mute-Taste gedrückt hält, wird das Tempolimitgebimmel deaktiviert (diese Funktion soll andere Hyundai per Internet-Update erreichen). Sonst noch top: Drehregler für Lautstärke, Kartenzoom und Klimatemperaturen – Letztere kann man drücken, um eine von drei Klimaautomatikstufen anzuwählen.
Etwas erschwert wird die Bedienung der rechten Touchscreen-Hälfte, da sie trotz der Biegung des Bildschirmkastens weit entfernt ist. Unter ihr sitzt das richtig schlecht bedienbare Touchfeld für weitere Klimafunktionen. Seine winzigen Buttons lenken viel zu lange ab, speziell jene, die man öfters drücken muss. Diese Bewertung teilt der manchmal grundlos auslösende Aufmerksamkeitsassistent, so piept er einen regelmäßig an, wenn man die mehrstufige Sitzklimatisierung, Lenkradheizung oder Lüfterstärke einstellt.
Auch die Umluftfunktion liegt auf dem Touchfeld, wobei es für Tunnel und sogar beim Sprühen des Wischwassers eine Automatik gibt. Auch an anderen Stellen bietet Hyundai untypische Optionen, etwa für die Anzahl der Blinksignale beim Antippen des Hebels oder die automatische Trocknung der Klimaanlage nach dem Abstellen des Motors, um Schimmel in den Bauteilen vorzubeugen.
Die Klima hat im Testzeitraum leichtes Spiel: zu kalt zum Kühlen, zu warm zum Heizen. So können wir nicht sagen, wie effektiv die Wohlfühltemperatur im Elektromodus erreicht wird. Wohl aber, dass die Ausströmer an den B-Säulen bei Bedarf genug Luft fördern. Und in der dritten Sitzreihe haben beide Seiten ihre eigene Lüftersteuerung.
Die Sitze dort sind per Ziehschlaufe leicht aufstellbar, erst das Einsteigen stellt eine Herausforderung dar. Die Passagiere sitzen ganz hinten sehr nah am Boden, haben in Kombination mit der kastenhaften Heckform dafür genug Kopfraum. Die Beinfreiheit? Wenn die zweite Reihe etwas vorrückt, passen (für kurze Fahrten) sechs Erwachsene in den Santa Fe.
Blackline hat fast alles
Die Sechssitzer-Konfiguration des Testwagens ist nur für den Blackline erhältlich und kostet 1.200 Euro Aufpreis. Zu bedenken gilt, dass mit den gemütlichen Einzelsitzen eine durchgehende Abtrennung zum Kofferraum und ein umgreifender Sichtschutz für das Gepäckabteil entfallen.
Ob die Alarmanlage einen Langfinger im Zweifel abschreckt? Fraglich.Sie gehört zur Serienausrüstung, der nur Matrixscheinwerfer fehlen (nicht verfügbar). Ansonsten ist mehr dabei, als man sich denkt: Video-Innenspiegel, Totwinkel-Videoanzeige, Gegensprechanlage für den Fond und Vordersitze mit Beinauflagen für Raststättennickerchen. Hinzu kommen ein UV-C-Fach zum Sterilisieren von Kleinkram, eine 230-Volt-Steckdose und ein Nothammer. Außerdem lässt sich der SUV per Schlüssel-Fernbedienung aus engen Parklücken holen.
Finale Wünsche? Top wäre, Hyundai würde nicht nur per Lineal, sondern auch im Maschinenraum Kante zeigen. Den 2,5-Liter mit 280 PS aus dem US-Modell also? Gerne, nur wäre für Europa eine Reaktivierung des Motors aus den N-Sportmodellen sinnvoller. Elektrifizierungsstrategie hin oder her: Das wär schon schön.
Hyundai Santa Fe 1.6 T-GDI Hybrid 4WD Blackline | |
Grundpreis | 68.150 € |
Außenmaße | 4830 x 1900 x 1770 mm |
Kofferraumvolumen | 621 bis 1942 l |
Hubraum / Motor | 1598 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 118 kW / 160 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
0-100 km/h | 8,1 s |
Verbrauch | 1,7 kWh/100 km |
Testverbrauch | 8,4 kWh/100 km |