Privilegien bei der Dienstwagensteuer hatten sie einst begehrt gemacht, auch wenn viele nach drei Jahren mit originalverpacktem Ladekabel wieder zurückgegeben wurden: die Plug-in-Hybride. Was eigentlich nur eine Zwischenlösung hin zur kompletten E-Mobilität sein sollte, hat sich zu einer praxisgerechten Technologie entwickelt – sofern man sie so nutzt, wie sie Sinn ergibt, und nicht das Ladekabel im Gepäckraum ruhen lässt.
Doch was hat sich geändert in den letzten Jahren? Ganz einfach: die Reichweite. Die dümpelte einst zwischen 30 und 50 Kilometern herum, liegt heute jedoch gern mal bei dreistelligen Werten. Erst jetzt also sind die PHEV in der Lage, als eine Art rollendes Schweizer Taschenmesser zu fungieren – solange sie sämtliche Disziplinen beherrschen.
Und nein, keine Angst – wir wollen fünf Meter lange und bis zu 2,7 Tonnen schwere SUV jetzt nicht zu grünen Helden hochstilisieren. Aber von unserer Warte betrachtet erfüllen die vier Kandidaten nahezu alle Ansprüche. Auf der Kurzstrecke geht es vollelektrisch vorwärts, für die Reise mit der kompletten Bande sind jede Menge Platz und Langstrecken-Reichweite vorhanden. Nur in Sachen Fahrspaß können BMW X5 , Mercedes-AMG GLE , Porsche Cayenne und Volvo XC90 die Gesetze der Physik nicht aushebeln – zumindest nicht vollständig. Das Leben, Kompromisse, Sie verstehen.

Wer Luxus will, bekommt Ihn auch
Unser heutiges Test-Quartett geizt nicht mit Luxus. Darf auch gern so sein, bei Basispreisen knapp unter 100.000 Euro auf der einen und rund 125.000 Euro auf der anderen Seite. Das Testfeld teilt sich nämlich in zwei Fraktionen auf: die Genussautos und die Sportler. Wobei Letztere rund 25 Prozent teurer zu stehen kommen als Erstere.
Die beiden noblen Kandidaten heißen BMW X5 und Volvo XC90. Der Bayer reist als xDrive50e mit 489 System-PS an, der Schwede nennt sich T8 AWD und kommt auf 455 PS. Ihre Verbrenner leisten etwa das Gleiche – 310 PS im Volvo und 313 PS im BMW, wobei die Münchner auf ihren bewährten Reihensechszylinder setzen. Im Hause Volvo gibt es ja längst keine emotionalen Triebwerke mehr (Fünfzylinder, Yamaha-V8 – alles Geschichte), daher setzt auch das XC90-Topmodell auf einen Zweiliter-Vierzylinder. E-Motoren unterstützen die Verbrenner – mit 107 kW im Volvo, der BMW hat mit 145 kW sogar den stärksten E-Motor in dieser Viererbande an Bord. Das hilft ihm leistungsseitig gegen Mercedes-AMG GLE 53 Hybrid 4Matic+ und Porsche Cayenne S E-Hybrid zwar nicht viel, der Fokus ist jedoch klar abgesteckt.
Aus Schwaben kommen die offensichtlichsten Sportskanonen in die Redaktion. Mercedes schickt den GLE als 53er, der unter der bulligen Haube ebenjenen Dreiliter-Reihensechser birgt, der mit seinen 449 PS schon im CLE 53 für Aufsehen gesorgt hat. Porsche besinnt sich auf die V-Bauweise und entlockt seinem Aggregat aus fast gleichem Hubraum 353 PS. Der große Unterschied zu den anderen beiden Autos ist jedoch weniger leistungsseitiger Natur als vielmehr konzeptioneller. Dass ein Porsche auch als SUV porschig fahren muss, ist grundsätzlich klar, aber auch der Mercedes-AMG tritt mit diesem Selbstverständnis auf. Mit Panamericana-Grill vorn und vier runden Endrohren macht er am offensivsten auf, Pardon, dicke Hose. Der gewiss nicht schüchterne Cayenne wirkt dagegen beinahe schon filigran.

Der Bayer reist als xDrive50e mit 489 System-PS an, der Verbrenner leistet 313 PS.
Bedienung war mal Trumpf
Schauen wir uns die Kontrahenten im Detail an: BMWs aktueller X5 ist seit gut sechs Jahren auf dem Markt, und auch das letzte Facelift ist schon wieder über ein Jahr her. Im Zuge dessen bekam er in Soft- und Hardware einen neuen Infotainment-Stand verpasst, der mit der Bedienbarkeit allerdings nichts Gutes gemacht hat.
Galt die Kombination aus iDrive und dazugehöriger Menüstruktur in jüngerer Vergangenheit stets als Muster an intuitiver Bedienbarkeit, so hat sich das mit dem letzten großen Update gewandelt. Der Dreh-Drück-Steller ist längst nicht mehr als primäres Eingabegerät gedacht, das neue Betriebssystem stärker auf Touch ausgelegt. Besonders im Funktions-Hauptmenü mit seinen Dutzenden winzigen Kacheln findet man sich kaum zurecht und muss ganz genau hin-, oder anders gesagt: von der Straße wegschauen.
Blendet man allerdings aus, was einst war, liegt das BMW-System im soliden Durchschnitt. Bildwechsel erfolgen flott, die Darstellung gefällt, und die Handy-Spiegelung funktioniert stabil. Die Tastenbelegung am Lenkrad und das sehr gute Head-up-Display zählen weiterhin zu den Pluspunkten. Aber dass man die Adaptivfunktion des Tempomaten nicht mehr an der Lenkradsteuerung deaktivieren kann, nervt BMW-Kenner.

Noch immer gut als Bedienelement: der klassische Dreh-Drück-Steller.
Dafür funktioniert die Sprachbedienung des X5 intuitiv – ein weiteres Standbein der künftigen BMW-Bedienarchitektur. Navi steuern, Temperatur regulieren, Fenster öffnen oder den Sender wechseln – alles soll künftig verbal erledigt werden. Eine gute Idee, um den Blick auf der Straße zu halten, doch für audiophile Autofahrer gibt es einen großen Nachteil: Jeder Sprachbefehl unterbricht den gerade laufenden Song. Wie pflegte Großmuttern doch zu sagen: "Kein Vorteil kommt ohne Nachteil." Bei allem Jugendwahn: Nicht selten haben alte Weisheiten doch etwas Wahres an sich.
Die Sitze sind stramm gepolstert und dennoch auch auf der Langstrecke bequem, können sogar rundum überzeugen. X5-Kunden sollten sich trotzdem vorher darüber klar werden, was sie von einem Autositz erwarten, denn optional bietet BMW sowohl einen flauschigen Komfort-Sitz (850 Euro) als auch den erfahrungsgemäß sehr gut seitenhaltenden M Multifunktionssitz (1.000 Euro) an. Letzterer ist jedoch an diverse Pakete gekoppelt, sodass dann 3.780 Euro mehr auf der Rechnung stehen.
Im Fond offeriert der X5 ebenfalls nur Hausmannskost – zumindest in diesem Umfeld. Er erreicht weder die Variabilität des Volvo noch das souveräne Platzangebot des Mercedes, sondern sortiert sich etwa auf Augenhöhe mit dem Cayenne ein – wobei dessen Talente naturgemäß anderswo liegen. Auch der Kofferraum fällt mit rund 500 Litern (in der fünfsitzigen Konfiguration) klein aus, dafür gefällt er mit seiner zweigeteilten Heckklappe, deren unterer Teil wie ein kleines Pickup-Tailgate herunterklappt und das Einladen erleichtert.
Fahrdynamisch holt der X5 das meiste aus seinen Möglichkeiten heraus. Trotz geringerer Systemleistung hält er bei den Sprintwerten gut mit AMG und Porsche mit, rein elektrisch fährt er dem Feld dank des stärksten E-Motors sogar deutlich davon. Auf der Bremse sortiert sich der BMW hinter dem Porsche ein, performt aber einen Tick besser als Mercedes und Volvo, obwohl er hier nicht mit der optionalen Sportbremsanlage (700 Euro) antritt.

Der Reihensechser klingt im Innenraum reichlich künstlich, obwohl er außen mit Abstand die kernigste Stimme des Quartetts hat.
Wechseln wir zum Mercedes, der schon in der Basis über 28.000 Euro teurer kommt als sein Münchner Rivale. Klar, der AMG ist deutlich konsequenter auf Sport getrimmt als der X5, aber rechtfertigt das diesen Aufpreis? Im Cockpit erkennt man die Affalterbacher Gene sofort. Das Lenkrad greift sich wie in den echten Sportlern der Marke an, und die Bedienlogik der Fahrmodi ist identisch.
Über das Drehrad rechts von der Sechs-Uhr-Speiche lässt sich der GLE bis "Sport+" hochschärfen; links kann der Pilot Auspuffklang, Fahrwerk und weitere Sperenzchen einstellen. Allerdings liegen die Modi der Feder-Dämpfer-Abstimmung zu nah beieinander, der Federungskomfort bleibt im Vergleich immer auf der ausgeprägt sportlich-straffen Seite. Und der Sound? Der Reihensechser klingt im Innenraum reichlich künstlich, obwohl er außen mit Abstand die kernigste Stimme des Quartetts hat.
Zurück zur Bedienung: Der Rest des Cockpits folgt der bekannten AMG-Bedienlogik. Die beiden Touch-Kreuze steuern je einen der 12,3 Zoll messenden Breitbildschirme; alternativ klappt’s auch via Touch, dem Sensorfeld in der Mittelkonsole oder Sprachbefehlen. Die Sitze fallen deutlich ziviler aus, als es die ganze Sport-Schminke vermuten lässt, die Performance-Möbel aus den 63er-Modellen stehen hier nicht zur Wahl. Wirklich wohlfühlen können sich die Fond-passagiere, denn der GLE bietet mit Abstand den meisten Platz auf der Rückbank. Und auch der Laderaum ist auf einem eigenen Level: 2.055 Liter bei geklappter Konfiguration bedeuten ein, zwei Welten Unterschied zum Rest.

„Wie gewonnen, so zerronnen“, heißt es für den GLE 53, dessen hohes Fahrzeuggewicht anscheinend zu viel für die Bremsanlage ist. Die längsten Wege im Test sowie ein unberechenbar diffuses Pedalgefühl sind die Folge.
Fällt ins Gewicht
Bei den Sprintwerten kann der AMG dagegen mit dem deutlich schwächeren BMW nur mithalten. Das liegt daran, dass er mit gemessenen 2.713 Kilogramm deren 230 schwerer als der Bayer ist. Und auch Porsche und Volvo wiegen deutlich weniger – der Schwede ist mit 2.370 kg sogar das Leichtgewicht in diesem Vergleich. Noch mal: Knapp 2,4 Tonnen wiegt der Leichteste dieser vier. Wir finden das irre. Und Sie, lieber Leser?
Ein weiteres Kapitel, in welchem dem Mercedes seine Pfunde auf die Füße fallen, sind die Bremsmessungen. 35,4 Meter warm und sogar 36,5 im kalten Zustand sind in Relation zu den Wettbewerbern kein Ruhmesblatt. Dazu stört das extrem unklare Bremsgefühl – derzeit ein Phänomen bei vielen Mercedes-Modellen –, bei dem man nie weiß, ob nun Druck ankommt oder nicht.
Aber der GLE hat andere Stärken. Eine davon ist der Fahrkomfort. Die Innenraumgeräusche fallen im Mittel um gemessene 1 bis 2 dB(A) niedriger aus als beim Rest. Als einziger Kandidat kann der Mercedes seinen Akku mit maximal 60 kW schnellladen. Und er schafft es trotz seiner erheblichen Masse, im 18-Meter-Slalom den zweitbesten Wert hinter dem Porsche auf den Asphalt zu zaubern. Wer die auffällige Optik nicht scheut, bekommt mit dem GLE 53 also einen extrem vielseitigen Luxus-SUV.

Nur 4,6 Sekunden vergehen im Porsche von null auf hundert. Bis Tempo 200 braucht der Cayenne glatte 17 Sekunden. Das ist Bestwert unter den hier getesteten Kontrahenten.
Auch der Porsche ist weit entfernt von einem sportwagentypischen Leistungsgewicht, fährt aber in diesem Umfeld mit Abstand am souveränsten. Schnellster im Slalom, Schnellster geradeaus, dazu noch bemerkenswert viel Vorderachsgrip und eine zielsichere und toll rückmeldende Lenkung. Und auch bei den zivilen Talenten gibt sich der Cayenne keine Blöße: Innenraum und Infotainment sind auf dem neuesten Stand, Sitze und Bremsen packen nachdrücklich zu. Im Fond ist er ebenfalls bei der Musik, bietet eine komfortable Bank und ein gutes Platzangebot. Das Laderaumvolumen hingegen fällt eher klein aus: Der Maximalwert bleibt fast 500 Liter hinter dem des GLE.
Und wie immer bei Porsche ist die Preisgestaltung äußerst selbstbewusst: 177.674 Euro rufen die Schwaben für den Cayenne S E-Hybrid in der von uns gefahrenen Konfiguration auf. Wer damit leben kann, bekommt mit dem eben erst aufgefrischten Cayenne in nahezu allen Kriterien das beste Auto in diesemVergleich. Und an ein paar Ecken lässt sich ja vielleicht noch der Rotstift ansetzen. Ob es die 8.937 Euro teure Keramikbremsanlage in einem SUV braucht? Zumal auch Porsches Stahlbremsen üblicherweise souverän ankern. So lässt sich vom horrenden Testwagenpreis vielleicht noch ein bisschen was abschaben.

Schöner wohnen: offenporiges Holz und feine Materialien schmeicheln Hand und Auge. Schicker Schalthebel.
Swede Dreams
Und der Volvo? Der ähnelt in Sachen Ausrichtung sehr dem BMW, aber ohne dessen vom Markenkern übrig gebliebene Sportlichkeit. Im Interieur begeistert er mit Design, Materialien und schicken Details wie dem Kristallknauf oder offenporigem Holz, um dann mit der Infotainment-Bedienung wieder zu verwirren. Dafür gefällt uns das Siebensitzer-Konzept mit komplett versenkbarer dritter Reihe sehr gut, auch wenn die Rückbank dadurch weniger komfortabel ausfällt als bei den anderen. In Sachen Variabilität macht dem Volvo keiner was vor. Sechs Passagiere kutschieren oder maximal 1.816 Liter Ladung transportieren – mit dem XC90 ist alles möglich.
Auf der Straße lässt es der Schwede gemütlich angehen, ist in allen längsdynamischen Messkategorien das Schlusslicht und verfällt in Kurven schnell in sicheres Untersteuern. Mit den Dynamik-Aufgaben wie Slalom und doppeltem Spurwechsel weiß er wenig anzufangen. Dafür zeigt sich, dass dem XC90 in seiner zehnjährigen Bauzeit spürbarer Feinschliff bei der Federung zuteilwurde: Er verarbeitet vor allem lange Wellen sehr souverän bei guter Aufbaukontrolle, bleibt nur auf herben Unebenheiten etwas zu straff. So positioniert er sich als charakterstarke Alternative zum BMW – auch wenn er punktemäßig in diesem Vergleich hinter ihm zurückbleibt.
Porsche Cayenne S E-Hybrid S | BMW X5 xDrive50e | Volvo XC90 Recharge T8 AWD Ultra Dark | Mercedes AMG GLE 53 Hybrid 4Matic Mercedes-AMG | |
Grundpreis | 126.500 € | 97.300 € | 94.890 € | 126.884 € |
Außenmaße | 4930 x 1983 x 1678 mm | 4935 x 2004 x 1755 mm | 4953 x 1923 x 1771 mm | 4937 x 2010 x 1782 mm |
Kofferraumvolumen | 627 bis 1563 l | 500 bis 1720 l | 262 bis 1816 l | 630 bis 2055 l |
Hubraum / Motor | 2995 cm³ / 6-Zylinder | 2998 cm³ / 6-Zylinder | 1969 cm³ / 4-Zylinder | 2999 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 260 kW / 353 PS bei 5000 U/min | 230 kW / 313 PS bei 5000 U/min | 228 kW / 310 PS bei 6000 U/min | 330 kW / 449 PS bei 5800 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 263 km/h | 250 km/h | 180 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 4,6 s | 4,7 s | 5,8 s | 4,7 s |
Verbrauch | 0,0 kWh/100 km | 0,0 kWh/100 km | 1,2 kWh/100 km | 10,3 kWh/100 km |
Testverbrauch | 10,5 kWh/100 km | 9,6 kWh/100 km | 9,6 kWh/100 km | 10,3 kWh/100 km |