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ESP - elektronisches Stabilitätsprogramm
Mit dem Elchtest kam der Erfolg

Dem Kippen der A-Klasse haben Autofahrer Einiges zu verdanken. Nach dem Elchtest-Desaster des kleinen Benz zog das Elektronische Stabilitätsprogramm ESP aus der Luxusklasse zügig die Kompakt- und Mittelklasse ein. Doch gerade bei Klein- und Kleinstwagen ist das elektronische Assistenzpaket noch immer keine serienmäßige Selbstverständlichkeit, beklagen Unfallforscher.

Bosch ESP
Foto: press-inform

Wer Ende der 90er Jahre zum autofahrenden Teil der Bevölkerung gehörte, hat die Bilder sicher noch vor Augen: Die Asphaltstrecke mit den orange-weißen Hütchen und das damals brandneue, kompakte und für seine Länge ungewohnt hohe Auto aus dem Hause Mercedes-Benz. Vor internationalen Pressevertretern sollte der Wagen eine Fahrstabilitätsprüfung absolvieren. Selbstverständlich mit Bravour. Doch dann kam alles anders. Beim abrupten Spurwechsel geriet die A-Klasse ins Schlingern und kippte. Das machte Schlagzeilen und sorgte für jede Menge Spott. Danach wussten selbst unbedarfte Laien über den "Elchtest" und das Baby-Benz-Debakel Bescheid.

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Das ESP schaffte es binnen zwei Jahren von der S- in die A-Klasse

Die Mercedes Zubehör-Abteilung reagierte indem sie das elchähnliche Plüschtier aus der Liste der weihnachtlichen Hersteller-Accessoires strich. Die Fahrzeugingenieure managten den fatalen Fehlstart des neuen Stuttgarter Modells auf ihre Weise und bestückten den kippligen Kompakten serienmäßig mit dem Elektronischen Stabilitätsprogramm ESP. Das hatte 1995, zwei Jahre vor dem legendären Elchtest-Desaster, gerade erst als Weltneuheit in der Mercedes-Benz S-Klasse Einzug gehalten. Mit dem Technologie-Transfer von der S- in die A-Klasse gelang ein schnelles und effektives  Krisenmanagement. Das automobile Sorgenkind wurde ein Musterschüler. Zudem setzte der serienmäßige Einsatz des neuen Fahrerassistenzsystems neue Sicherheitsstandards - und brachte damit auch die Mitbewerber auf Trab.

So funktioniert das ESP

Das Elektronische Stabilitätsprogramm - von Bosch entwickelt und erstmals für die Mercedes S-Klasse in Serie produziert - ist eine Erweiterung des Anti-Blockier-Systems ABS und der Antriebsschlupfregelung ASR. Während ABS das Auto bei starken Bremsvorgängen manövrierfähig hält und ASR beim Beschleunigen hilft, sorgt ESP in beinahe jeder kritischen Fahrsituation für mehr Sicherheit. Das System unterstützt den menschlichen Steuermann bei Bewegungen quer zur Fahrtrichtung. Mit dem Lenkwinkelsensor erkennt der Assistent, was der Fahrer will.

Drehzahlsensoren an allen Rädern messen die Radgeschwindigkeiten. Andere Sensoren erfassen parallel dazu die Drehbewegung des Fahrzeugs um die Hochachse sowie seitliche Beschleunigungen. Aus den gesammelten Daten errechnet das Steuergerät die tatsächliche Bewegung des Fahrzeugs und vergleicht 25-mal pro Sekunde "Fahrerwunsch" und Fahrzeugverhalten. Gibt es zwischen beidem Differenzen außerhalb eines gewissen Toleranzbereichs, greift ESP innerhalb von Sekundenbruchteilen ein. Ohne Zutun des Fahrers drosselt das Assistenzsystem die Motorkraft, um die Stabilität des Fahrzeugs wieder herzustellen. Reicht das noch nicht aus, bremst es zusätzlich einzelne Räder ab.

Das ESP ist nach dem Gurt das wichtigste Sicherheitssystem im Auto

Dem Übersteuern wird durch Abbremsen des kurvenäußeren Vorderrades entgegengewirkt, das Untersteuern verhindert ESP durch Abbremsen des kurveninneren Hinterrads. Die dadurch entstehende Drehbewegung des Fahrzeugs wirkt der Schleuderbewegung entgegen. Dadurch bleibt das Auto innerhalb der Grenzen der Physik sicher in der gewünschten Spur, erläutert ESP-Vorreiter Bosch. Die Fahrdynamikregelung könne bis zu 80 Prozent aller Schleuderunfälle verhindern, hat der Zulieferspezialist bei der Auswertung internationaler Studien festgestellt. Das Elektronische Stabilitätsprogramm sei daher nach dem Gurt das wichtigste Sicherheitssystem im Auto überhaupt.

Die elektronischen Helfer heißen bei allen Herstellern unterschiedlich

ESP nennt sich übrigens nur die Technologie, die Bosch und Daimler gemeinsam an den Start gebracht haben. Bei BMW , Mazda und Ford heißt das Assistenzpaket DSC (Dynamic Stability-Control), Volvo nutzt das Kürzel DSTC, Toyota und Daihatsu nennen ihre Fahrdynamikregelung VSC (Vehicle Stability Control), bei Mitsubishi rangiert sie unter MASC (Mitsubishi Active Stability Control), bei Porsche unter PSM (Porsche Stability Management). Nissan und Subaru haben ihre Version des elektronischen Helfers mit VDC (Vehicle Dynamic Control) betitelt.

Nur noch Autos mit ESP sollen eine Straßenzulassung bekommen
Ginge es nach den Experten von der Unfallforschung der Versicherer (UDV), würden nur noch Autos mit dem Stabilitätsprogramm eine Straßenzulassung bekommen. Nach ihren Erkenntnissen würden 25 Prozent aller Pkw-Unfälle mit Personenschäden und 35 bis 40 Prozent aller Pkw-Unfälle mit Todesfolge mit ESP glimpflicher verlaufen oder könnten sogar ganz vermieden werden. Immerhin habe der Anteil der Baureihen, die serienmäßig mit ESP ausgerüstet sind, in den vergangenen Jahren stetig zugenommen, so die UDV. Im Modelljahr 2009 habe die Quote bei 72 Prozent gelegen. Doch die Tatsache, dass ein Stabilitätsprogramm bei neun Prozent aller Modellreihen noch nicht einmal als Option angeboten wird, ist aus Sicht der Unfallforscher eine "ärgerliche Stagnation". Vor allem Klein- und Kleinstwagen müssen häufig auf den Assistenten verzichten. Nur zwei von 17 Modellreihen im "Mini-Segment"gehen serienmäßig mit ESP an den Start - Smart und der IQ von Toyota.

Auch in Kleinwagen sollte das ESP selbstverständlich werden

Die Taktik der Hersteller, ESP im unteren Segment nur gegen Aufpreis anzubieten, halten die Unfallforscher für grundverkehrt. Kleinwagenkäufer seien nur selten bereit, 300 Euro oder mehr für dieses Sicherheitsfeature auszugeben. Nach Informationen des UDV gönnten sich 2008 gerade einmal zwei von 100 Peugeot 206–Kunden die ESP-Option. Beim VW Fox orderten elf Prozent der Kunden den elektronischen Helfer. Hersteller sollten die Entscheidung pro oder contra ESP daher nicht den Autokäufern überlassen, sondern den "Schutzengel" serienmäßig einbauen, fordern die Unfallforscher.

Ab November 2014 ist das ESP Pflicht

Um auch die Nachzügler in der Herstellerriege zum Einbau des aktiven Assistenten zu verpflichten, hat die EU inzwischen eine verbindliche Regelung auf den Weg gebracht. Demnach müssen ab November 2011 alle neuen Pkw- und Nutzfahrzeugmodelle, die in der Europäischen Union zugelassen werden, mit dem elektronischen Stabilitätsprogramm ausgerüstet werden. Ab November 2014 gilt dies für alle Neufahrzeuge.


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