Liebe Miteltern, erinnern Sie sich an jede Diskussion mit Ihren Eltern, bei der Sie vor 20, 30 Jahren einen Sieg davontrugen? Gut, dann vermeiden Sie, dieselben heute mit Ihren Kindern zu führen. Sie wissen ja, dass Sie sie verlieren könnten. Selbst eine wie: Sind Cola und ein Pack Eis ein vollwertiges Mittagessen? Das ist eine von drei verbliebenen Gewissheiten nach eigenem vierfachem, aufsummiert 30 Jahre langem Vatersein. Gewissheiten zählen zu den Dingen, die mit wachsen der Erfahrung immer weniger werden. (Als erste zerbröselt jene, die werdende ErstEltern aus Ratgebern zitieren: "Jedes Kind kann durchschlafen." Na, wartet!) Die beiden anderen? Erstens: Keine Experimente bei Geschenken, schenken Sie, was gewünscht ist. Zweitens: Ein Kofferraum kann nie groß genug sein. Die Art des Gepäcks mag über die Jahre variieren, nicht das Gesamtvolumen.
Womit wir bei den 607 bis 1.819 und 570 bis 2.162 Liter großen Hallen zur Gepäckaufbewahrung bei Jogger und Courier sind. Ließen sich die – nur Kinderlose werden diesen Schwenk lebensfern finden – mit Flüssigkeit, sagen wir Wasser, beladen, bedürfte es der Saugkraft von 4.550 bis 5.400 Windeln, um es aufzunehmen.

An Platz und Stauraum haben beide viel zu bieten.
Für wie das Leben so spielt
Der Vergleich war nicht von schlechten Eltern, oder? Womit wir uns nun in gesteigerter Ernsthaftigkeit dem der Autos widmen. Und mit dem Ford beginnen, der ist schließlich neu. Es herrscht ja eine gewisse Unübersichtlichkeit in Fords NutzfahrzeugPortfolio, in dem alle Autos Doppelnamen tragen. Sie nennen sich als Gewerbefahrzeuge Transit, als Pkw-Versionen derselben Modelle aber Tourneo mit erstem Vornamen. Danach als Zweiter der Versionsname: Custom für den Bus, den Ford auch für VW als Transporter und Caravelle fertigt. Connect ist der von VW zugelieferte, größere Kastenwagen und Courier der kleinste, den Ford für sich in Rumänien baut. Er wende sich, so die Marke, an junge Familien, die ein günstiges, kompaktes, dennoch raumreiches, robustes Auto für einen Alltag suchen, den sie aktiv gestalten. (Als könnte man den mit Kindern passiv gestalten – so was kann auch nur schreiben, wer noch nie morgens um halb fünf oder die ganze Nacht wach war wegen der wichtigsten und aktivhaltendsten Sache der Welt: Kinderkram.)
Jedenfalls startet der Courier in zweckmäßiger Grundausstattung bei 25.450 Euro. Zum Test schickt Ford den Titanium, der für 2.140 Euro extra Nettigkeiten wie Parksensoren vorn, Klimaautomatik und Deko-Aufrüschungen mitbringt. Als Antrieb: der Dreizylinder-Turbobenziner und die Sechsgang-Schaltbox.
Für 24.490 Euro gibt es den Jogger bei Dacia schon als Teilelektriker – als Hybrid 140. Der gestaltet sein Antriebswesen viel komplexer. So kooperiert bei dem im Renault-Dacia-Imperium weitverbreiteten Basis Hybrid ein 1,6Liter-Vierzylinder-Sauger mit einem E-Motoren-Duo. Der stärkere leistet 35 kW, kann den Jogger auf kurzen Strecken mit maximal 70 km/h allein antreiben – so weit die 1,2 kWh der Pufferbatterie, die per Rekuperation immer wieder nachgefüllt wird, eben genügen. Bei innigerem Leistungsbedarf boostet die starke E-Maschine dem Verbrenner zu.

Für 24.490 Euro gibt es den Jogger bei Dacia schon als Teilelektriker – als Hybrid 140. Der Ford ist im Vergleich etwas teurer mit 25.450 Euro.
Hybrid vs. Turbo: Zwei Wege, ein Ziel
Ob die Kraft nun als Gemeinschaftswerk der Motoren oder in deren Einzelbeiträgen entsteht – stets kümmert sich das Multi-Mode-Getriebe um die Weiterverarbeitung. Es hat zwei Gänge für den E-Motor, vier für den Verbrenner und gestaltet 15, hm, Gänge? Varianten? Am besten vielleicht: Antriebsszenarien. Dabei schaltet ein zweiter E-Motor, 15 kW stark, im Nebenjob Startergenerator, hin und her, wie es der Steuerung gut dünkt. Darauf lässt sich nur durch den B-Modus für stärkere Rekuperation, die E-Save-Taste zur Aufrechterhaltung des aktuellen Akku-Ladestands oder den Eco-Modus für leistungs- und verbrauchsgedimmte Kennlinien Einfluss nehmen, nicht aber durch Eingriffe in die Gangwahl. Was auch nicht wirklich nötig erschien in fast allen der vielen Testwagen von Renault oder Dacia, die wir mit diesem Antrieb fuhren.

Unterschiedlicher Antrieb, aber selbes Ziel für den Familienalltag.
Bei diesem Jogger jedoch mag sich die sonst angenehme Harmonie im Antriebsgeschehen nicht einstellen. Stattdessen ruckt und zuckt es bei den Wechseln, dazu lässt die Steuerung den Verbrenner viel in plärrige Höhen drehen – selbst im sonst galanten Eco-Modus. Zumindest nutzt der Jogger das hohe Effizienzpotenzial des Hybrids: Im Testschnitt liegt er bei 5,6 l S/100 km, 4,7 Liter genügen ihm gar auf der Eco-Runde.
Schon auf Letzterer zapft sich der Ford mit 6,0 l S/100 km mehr aus dem Tank als der Dacia im Testschnitt. Der erlangt beim Courier die stattliche Höhe von 6,8 l S/100 km. Dabei ist er für sein Format nicht besonders schwer (1.397 kg), aber er stemmt sich kantig gegen den Wind. Und ein Liter Downsizing-Hubraum ist arg kärglich für so viel Nutzraum.
Ein Raumwunder mit Haken
Denn von dem schafft der Ford auf knapperen Abmessungen noch mehr als der 21 cm längere Jogger. Dabei bringt ihm die aufgereckte Höhe viele Punkte – dass sie allerdings noch 13 cm höher ragt als beim Dacia, werden nur Zylinder oder Kochmützen träger gänzlich zu nutzen und zu schätzen wissen. Immerhin hat der Courier große Schiebetüren, durch die man Kinder verrenkfrei in ihren Kindersitzen auf der platten, dürr gepolsterten Bank anschnallen kann. Vier Zentimeter mehr Beinraum als im Jogger bleiben zudem. Der gleicht weniger Höhe mit mehr Länge aus, weitet die Tiefe seines Kofferraums so sehr, dass der sich mit zwei zusätzlichen Klappsitzen möblieren lässt.

Der Ford Tourneo Courier überzeugt mit seiner Höhe.
Wofür 1.000 Euro extra an sich gut investiert wären, kämen auf denen doch gar unjammerige Erwachsene unter. Der Testwagen hatte sie nicht – besser so, denn wegen der klammen 450 kg Zuladung fehlte ihm die Tragkraft für sieben Personen. Fünf bringt er ebenfalls ungedrängt unter, wobei auch bei ihm die Gefahr des Verwöhntwerdens nie besteht.
Komfort? Kommt mal vor
Der Dacia federt etwas geschickter, seine Abstimmung spricht auf kurze Unebenheiten weniger hoppelig an, hat dennoch die Aufbaubewegungen fester im Griff. Ford dämmt den Courier intensiver, möbliert ihn mit bequemeren Sitzen. Doch trotz des strammen, auf Unebenheiten ruppigen Setups wankt sein Aufbau in Kurven stärker. So viel stärker, dass sich das ESP noch früher und rigider maßregelnd einbringt als das ebenfalls schon sehr auf frühes Abbremsen programmierte System des Dacia.

Beim Bremsentest überzeugt der Dacia. Während er bei einer Vollbremsung schon steht, hat der Ford noch 31 km/h drauf.
Hoffnungen auf überraschende Handling-Vergnügungen? Nun, die können Hoffnungen bleiben, obgleich sie im Ford mit der präziseren, rückmeldungsstimmigeren Lenkung weniger illusorisch erscheinen als im Jogger. Der ändert per Lenkung seine Richtung, stets sicher und verlässlich, aber eben ausschließlich, um dem Straßenverlauf zu folgen, und nie, um die Stimmung zu heben.
Die erlangt beim Ford einen Tiefpunkt, geht es um die Bremsverzögerung. Bei der zehnten Vollbremsung aus 100 km/h steht er erst nach 40,3 Metern – fast so viel wie bei der ersten. Das sind 3,9 m mehr als beim auch nicht gerade brillant verzögern den Dacia. Wobei die Distanz einen erheblichen Unterschied ergibt: nämlich 31 km/h. Das hat der Ford noch an Resttempo an der Stelle drauf, an welcher der Dacia bereits steht.
Wer macht nun das Rennen?
Womit wir uns das Punktesummieren eigentlich sparen könnten – was wir natürlich nicht machen. Solch ein langer Bremsweg ist inakzeptabel. Und dazu unverständlich, schließlich stand der bei den Technikkomponenten eng verwandte Ford Puma im letzten Test bei uns nach 33,5 Metern. Da liegt der Tempounterschied zum Montageband Kollegen Courier gar bei 41 km/h.
So bringt ihn auch die straff organisierte Bedienung per hoch positioniertem Touchscreen oder die etwas breiter aufgestellte Assistenz nicht mehr nach vorn. Bleiben nur das gewandtere Handling und die Schiebetüren als Vorzüge zum ausstattungsbereinigt rund 4.000 Euro günstigeren Jogger. Der richtet sich einfacher, aber solider ein. Seine Bedienung strukturiert er ohne Sprachhilfe, ansonsten aber eingängig mit Drehreglern für die Klimaautomatik und Direkttaste zur Aktivierung einer individuellen Assistenzauswahl. Dass der Dacia gewinnt und wir zum Ford nicht raten können, darüber gibt es mit Gewissheit keine Diskussion.
Dacia Jogger Hybrid 140 Extreme | Ford Tourneo Courier 1.0 Ecoboost Titanium | |
Grundpreis | 25.490 € | 27.590 € |
Außenmaße | 4547 x 1784 x 1631 mm | 4337 x 1800 x 1817 mm |
Kofferraumvolumen | 607 bis 1819 l | 570 bis 2162 l |
Hubraum / Motor | 1598 cm³ / 4-Zylinder | 998 cm³ / 3-Zylinder |
Leistung | 69 kW / 94 PS bei 5600 U/min | 92 kW / 125 PS bei 6000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 167 km/h | 175 km/h |
0-100 km/h | 10,1 s | 11,1 s |
Verbrauch | 4,5 l/100 km | 6,5 l/100 km |
Testverbrauch | 5,6 l/100 km | 6,8 l/100 km |