Wäre der Duster ein Mensch wie du und ich, er steckte nun mitten in der Pubertät. Ein schwieriges Alter, auch für alle im Umfeld des Betroffenen. Der ahnt vielleicht schon dunkel, wohin die Reise mal gehen soll, irrlichtert aber, von heftig blubbernden Hormonen durchgeschüttelt, in schlechteren Phasen gern mal orientierungslos durch den Tag.
"Wie kommt der jetzt auf die Pubertät?", werden Sie sich fragen. Die Antwort ist simpel. Wenn man so lenkt und denkt während einer Testfahrt und schon einiges an Fakten abgespeichert hat (schön, dieser Blick über die erhabene Motorhaube, ziemlich hohe Windgeräusche, klare Display-Grafik), darf das Hirn auch mal an der langen Leine laufen. Gerade jetzt zum Beispiel, nachdem wir die Autobahn verlassen haben und nach mehrfacher Abbiegerei eine mit netten Kurven abgeschmeckte Steigungsstrecke in Angriff nehmen.
Die verträgt – allermeistens zumindest – die erlaubten 100 Kilometer pro Stunde. Die sollten ja mit den 141 System-PS des Hybridantriebs locker zu schaffen sein. Dieser nicht unaufwendig gebaute Antrieb ist sozusagen die Endstufe in dieser Duster-Generation, deren Karosserie nun mit neuen Linien im klassischen Offroader-Stil die Ära des niedlichen SUV-Seins für beendet erklärt.
Die letzte Rechts also vor dem Anstieg ist im flotten 100er-Schwung genommen – und dann wird es bitter. Der Digitaltacho im nicht allzu großen Display hinterm Lenkrad klammert sich noch kurz an der Dreistelligkeit fest, doch dann steht vorn eine Neun. Vollgas! Nach einer weiteren Kurve (nur kurz gelupft!) degradieren Hangabtriebs- und Schwerkraft die Neun zur Acht. Derweil murmelt der Vierzylinder-Sauger da vorn mit mittleren Drehzahlen vor sich hin. Bei Vollgas.
Es schaltet, es waltet

An der Materialgüte hat Dacia gespart.
Zum Tempohalten reicht es so gerade, mehr ist aber nicht drin. Warum er nicht zurückschaltet, obwohl dem Verbrenner vier Gänge zur Verfügung stehen? Das weiß nur die Steuerelektronik. Manuell zurückschalten wäre jetzt angebracht, doch das ist bei diesem Hybrid nicht vorgesehen. Der kleine Wählhebel in der Mittelkonsole setzt nur die großen Richtungsentscheidungen des Lebens um, also Vorwärts oder Rückwärts. Oder eben "B" wie "Bremsen" – dann ist die Motorbremswirkung ein wenig höher, was im Stadtverkehr oder auf kurvigen Landstraßen so manchen Tritt auf die Bremse erspart.
Nach einer scharfen Serpentine geht es noch mal kurz geradeaus, hier legt der Duster aus etwa 30 km/h mit den vereinten Kräften des E-Motors und des Verbrenners schön stämmig los. Dabei klingt der Vierzylinder nicht unangenehm trotz des etwas heiseren Timbres. Geht doch, denkt der Tester – und widerruft dieses Urteil augenblicklich. Denn nach der nächsten Ecke orgelt der Dacia Duster Hybrid 140 mit gefühlt 5.000 Umdrehungen bei 50 km/h durch eine kleine Ortschaft, anstatt elektrisch durchzuschnurren.

Immerhin wurde an gefälligen Design-Lösungen nicht gespart, wie etwa dem nicht allzu großen aber gut ablesbaren Digitaltacho.
Das mit der passgenauen Steuerung des Hybridantriebs bekommt der Duster also nur so mittelprächtig hin; auch das Zuschalten des Verbrenners geht nicht immer ruckfrei und dazu oft mit unverständlich hohen Drehzahlen einher. An der Steigung war der nur 1,2 kWh kleine Akku noch halb voll, da hätte der 35 kW starke Elektromotor mit seinen 205 Nm ruhig mal mithelfen können – tat er aber nicht, wenn man der kleinen Kraftfluss-Animation im nur mäßig individualisierbaren Digital-Cockpit Glauben schenkt. Und oben, in der Ortschaft, war der Speicher noch immer halb voll.
Verwirrtheiten eines Pubertierenden? Muss wohl so sein, denn sowohl beim Messen als auch bei Testfahrten auf öffentlichen Straßen gönnte sich der Hybrid-Duster mehrfach Phasen unerklärlicher Schlappheit. Kam nur mit Mühe in die Gänge, brauchte eine Ewigkeit bis 100 km/h und ließ es trotz Vollgas bei 145 km/h bewenden.
Sparsam? Oder durstig?

35,7 Meter reichten aus Tempo 100 auf null. Damit ist der Bremsweg des Duster nicht schlechter als der einiger viel teurerer Konkurrenten.
Andererseits: Die offizielle Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h hat dem Testwagen wohl niemand mitgeteilt; er rannte laut Digitaltacho – auch im reinen Verbrennerbetrieb – Tempo 180. Und im Eco-Modus verblüffte er unter optimalen Bedingungen nach 21 Kilometern, davon rund 15 km Bundesstraße (die häufig rein elektrisch oder nur mit kurzem Verbrennereinsatz bewältigt wurden), mit einem Bordcomputer-Verbrauch von 3,5 Litern pro 100 km. Da haben wir auf gar keinen Fall was zu meckern. Insgesamt lag der Testverbrauch zwar bei 6,1 Litern, wobei aber unser auf definierten Strecken herausgefahrener Eco-Verbrauch mit 4,9 Litern gut gefallen konnte.
Das gilt übrigens für das gesamte Auto, das trotz der neuen, sehr ansehnlich geratenen Offroader-Garnierung nicht wie ein Blender daherkommt. Sondern wie ein Jugendlicher, der seine Outdoor-Schuhe mit Bedacht ausgewählt hat und jede peinliche Übertreibung vermeidet.

Sparsame Variabilität, dafür viele Ablagen und das smarte Befestigungssystem YouClip.
Das Exterieur ist schlicht stimmig geraten, und auch zwischen den vier Türen (deren hintere gern etwas länger hätten ausfallen dürfen) ist eine gepflegte Moderne eingezogen, mit einem leicht zum Fahrer geneigten Display und – danke, Dacia! – vielen, wenngleich unbeleuchteten Tasten. Die haben ja viele Hersteller längst in die Mottenkiste gestopft, weil es schlicht billiger ist, alles über den Monitor zu steuern.
Besonders angetan hat es uns die "Es kann so einfach sein"-Taste in der Leiste links unten im Armaturenbrett. Denn sie deaktiviert – bitte zweimal drücken! – ohne umständliches Stochern in einem Untermenü jene Assistenten, die man in seinen persönlichen Einstellungen vom Mitmachen ausgeschlossen hat. Dem Gesetz folgend sind sie natürlich beim Start wieder zur Stelle, doch wie gesagt: zweimal drücken, fertig.
Es gibt aber auch die Rubrik "Es muss so einfach sein". Und die hat natürlich was mit den Kosten zu tun. So braucht es einige Kraft, um das Lenkrad axial zu verstellen. Und eine optimale Sitzposition findet dahinter nicht jeder, weil sich die Neigung der obenherum ziemlich harten und untenherum eher weichen Lehne nur in groben Stufen verstellen lässt. Lordosenstütze und höheneinstellbarer Beifahrersitz kosten zudem Aufpreis.

Mit 430 Litern Volumen fällt der Stauraum des Hybrids etwas kleiner aus als der Verbrenner.
Und der Anteil an wirklich hartem Hartplastik im Innenraum liegt gefühlt bei über 100 Prozent – besonders schmerzlich ist das im Wortsinn bei den Türverkleidungen. Ein wenig geschäumtes Material dort, wo der Ellbogen aufliegt, wäre wirklich ein feiner Zug. Doch das gab das Budget wohl nicht her, wie auch bei der papierdünnen Kofferraumabdeckung. Die passt auch unter den Kofferraumboden (aber Vorsicht beim Zusammenfalten!), was längst nicht üblich ist auch in höheren Preisklassen. Mit 430 Litern Volumen fällt der Stauraum des Hybrids etwas kleiner aus als der der Verbrenner, 467 Kilogramm effektive Zuladung können zudem mit fünf Personen an Bord und etwas Gepäck zu wenig sein.
Grenzbereich? Who cares?
Beim Fahrwerk des Duster und dessen Abstimmung wurde nicht so eisern gespart wie im Innenraum. Die Federung gewann gegenüber dem Vorgänger an Qualität und liefert ein insgesamt anständiges Komfortniveau. Auf Kopfsteinpflaster mögen Konkurrenten samtiger abrollen, doch die kosten eben auch gleich mal einige Tausend Euro mehr. Auf Straßen normaler Güte wiegt der Duster dann aber friedlich vor sich hin, ohne sich groß aufzuschaukeln. Klar, in flotten Kurven neigt er sich gern mal etwas stärker auf die Seite. Und im Grenzbereich – der schon in Temporegionen liegt, in denen ein VW T-Roc oder Kia XCeed noch im Halbschlaf ohne Drama einfach der Lenkung folgen – regelt das ESP wenig gefühlvoll, aber eben effektiv.
Doch man darf vermuten, dass das alles dem Käufer eines Dacia Duster Hybrid 140 von Herzen wurscht ist. Zum einen, weil die ziemlich indirekt und beliebig agierende Lenkung nicht zum Ausflug in die Extreme animiert. Und zum anderen, weil ihm klar ist, dass der Duster auch deshalb im attraktiven Dacia-Preis-Kosmos verankert ist, weil hier und da auf die letzten, teuren paar Prozent an Performance und Qualität verzichtet wurde. Dafür gibt es Ablagen in Hülle und Fülle und einige smarte Details.
Nie war der Duster, der auch in dritter Generation der Kumpeltyp mit Ecken und Kanten ist, so gut wie heute, nie trat er überzeugender auf als im aktuellen Großer-Junge-Style. So teuer wie der Hybrid war er allerdings auch noch nie, Dacia hat die Preisschraube spürbar angezogen. Doch damit ist die Renault-Tochter ja in bester Gesellschaft.
Ein eigenwilliger Hybrid
Nach dem Jogger bekommt nun auch der Duster einen Vollhybridantrieb, der ursprünglich von Renault entwickelt wurde und dort schon länger in mehreren Modellen arbeitet. Dacia setzt auf einen 1,6 Liter großen Vierzylinder-Sauger mit 94 PS und 148 Nm; Renault verwendet bei Vollhybriden auch aufgeladene Benzinmotoren.

Sparsamer, aber eigenwilliger Hybridantrieb.
Davon abgesehen gleichen sich die Antriebe im prinzipiellen Aufbau: Der Verbrenner ist nicht mit einem Planetenradgetriebe oder einem stufenlosen CVT-Getriebe verbunden, sondern mit einem sogenannten Multi-Mode-Getriebe, das ohne Kupplung auskommt. Es hält für den Verbrenner vier Gänge bereit und zwei für den Haupt-Elektromotor, der ins Getriebe integriert ist. Daraus errechnet Renault inklusive Leerlauf insgesamt 15 Fahrstufen- und Antriebskombinationen. Ist volle Kraft gefragt, unterstützt der erste Elektromotor den Verbrenner mit 35 kW (48 PS) und maximal 205 Nm, die Systemleistung liegt dann bei 104 kW oder 141 PS.
Die zweite E-Maschine dient mit 15 kW (20 PS) als Anlasser für den Verbrenner sowie als Generator für das schnelle, jede Gelegenheit nutzende Laden des nur 1,2 kWh großen Akkus. Je nach Fahrzustand fährt der Duster als serieller oder paralleler Hybrid – oder bis etwa 80 km/h auch möglichst oft rein elektrisch.
Dacia Duster 1.6 Hybrid 140 Journey | |
Grundpreis | 27.390 € |
Außenmaße | 4343 x 1813 x 1656 mm |
Kofferraumvolumen | 430 bis 1545 l |
Hubraum / Motor | 1598 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 69 kW / 94 PS bei 5600 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h |
0-100 km/h | 10,8 s |
Verbrauch | 5,0 l/100 km |
Testverbrauch | 6,1 l/100 km |