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Cupra Formentor VZ5 im Test
So schnell wie die Kompaktsport-Elite!

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Cupra eist den Fünfzylinder von Audi los, stopft ihn in den Formentor und nimmt sich obendrein den Torque Splitter aus dem Konzernregal. Da muss ja ein Sportgerät herauskommen – eines, das den Hockenheimring unsicher macht.

Cupra Formentor VZ5, Exterieur
Foto: Rossen Gargolov

Der Heilige macht einen Seitensprung. Er legt die vier Ringe ab, lässt ein Ticket buchen und fliegt von Ingolstadt ins spanische Martorell, um dort mit einer anderen Flamenco zu tanzen. Das Schöne für ihn ist, dass er das Abenteuer nicht geheim halten muss. Egal wo er sich mit seiner Flamme herumtreibt. Egal wer ihn fotografiert. Egal in welchen sozialen Netzwerken er auch auftaucht. Ihm kann es wurscht sein, weil er den Segen von ganz oben hat.

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Lange hatte man es nicht für möglich gehalten. Doch der Heilige zündet seine fünf Zylinder jetzt nicht mehr nur unter einer Haube mit vier Audi-Ringen drauf, sondern in einer spanischen Karosse. Das Kronjuwel aus Ingolstadt beflügelt den Cupra Formentor VZ5. Das vergegenwärtigt den Stellenwert der Seat-Sportmarke im Weltkonzern VW, adelt sie geradezu. Erst im Vorjahr hatte sie ihren dritten Geburtstag gefeiert. Als schönstes Geschenk hüpfte der Fünfzylinder aus der Torte.

Der Antrieb verpflichtet

Cupra Formentor VZ5, Exterieur
Rossen Gargolov
Auf 7.000 Exemplare ist der Fünfzylinder-Formentor limitiert.

7.000 Motoren dürfen mit dem aufgebrezelten Formentor fremdgehen. Passend dazu dreht der Fünfzylinder bis 7.000 Touren. Der Verkauf der Kleinserie startete in der letzten Dezemberwoche. Der VZ5 ist noch zu haben. So ein Stückzahllimit weckt Begehrlichkeiten und ist für gewöhnlich gut für den Werterhalt. Das freut diejenigen, die den Grundpreis von 62.700 Euro dann tatsächlich auf den Tisch legen, dafür aber einen umfassend ausgestatteten Wagen fahren, der für den Alltag taugt und die Familie verstaut. Zum Vergleich: Ein Audi RS Q3 mit Fünfzylinder kostet ab 68.500 Euro.

Die Ehre ist gleichzeitig eine Bürde. Eine, die auf dem 944 Kilogramm schweren Vorderbau lastet: Der Formentor wird es sich nicht leisten können, durch Kurven zu torkeln, im Slalom die Stangen zu reißen und im Sprint die Stoppuhr zu strapazieren. Die fünf Zylinder verpflichten, eine gute Show abzuliefern. Schließlich legt eine Marke so ein Auto nicht (allein) zum Spaß auf. Es soll abfärben, das Image aufpolieren, Cupra einen reizvollen Stempel verpassen.

Der VZ5 lässt sich nicht zweimal bitten. Er stellt den VZ mit 310 PS starkem Vierzylinder-Turbo in allen Belangen in den Schatten. Erst mal klangtechnisch: Er ploppt derb durch die Abgasanlage und röhrt kraftvoll beim Hochdrehen, statt aufzuheulen – auch wenn die Stimmbänder durch den OPF etwas belegt wirken. Der VZ ist mit seinem aufgeweckten Fahrverhalten kein Kind von Traurigkeit. Sein großer Bruder fährt aber in einer anderen Liga. Er beschleunigt schneller, bremst besser und wickelt Kurven mit seinem ausgebufften Allradsystem um den Finger. Er hebelt sie mit seiner Hinterachse aus und entwickelt sich zum Heißblüter.

Cupra bespaßt den Fahrer

Cupra Formentor VZ5, Exterieur
Rossen Gargolov
Der Cupra fährt ausgelassen und weiß, wie man sich bewegen muss, um dem Fahrer zu gefallen.

Die volle Dröhnung gönnt ihm Audi nicht. Der 2,5-Liter-TSI darf keine 400 PS leisten, nur 390. Das Maximaldrehmoment ist auf 480 Newtonmeter (statt 500 wie im RS 3) festgesetzt. Respektabstand? Kein Thema! Hauptsache, der Fünfzylinder schiebt an.

Die Leistung reicht dicke, um den 1.634 Kilo schweren Spanier in 4,5 Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen. Damit knöpft er dem VZ (sport auto 10/2021) sechs Zehntelsekunden ab. Bis 200 km/h wächst die Messdifferenz auf 4,3 Sekunden. Die Elektronik drosselt den VZ5 bei einer Geschwindigkeit von 250 km/h. Ohne Fesseln wären 275 km/h möglich.

Der geschmeidig laufende Motor bezirzt. Man verzeiht ihm auch das Denksekündchen, das er bei niedriger Drehzahl und Gaseinsatz hat, ehe er das Turboloch zuspachtelt. Wenn er die Backen mal aufgeblasen hat, erklimmt er den Drehzahlgipfel mit Schmackes.

Der Fahrer wünscht sich in ihm nur einen etwas zuverlässigeren Partner, der sich in gewissen Fahr­situationen nicht so verzettelt. Im Stadtverkehr kann sich das Doppelkupplungsgetriebe oft nicht entscheiden, ob es lieber den dritten oder bereits den vierten Gang einlegen will. Im Kreisverkehr wäre vorausschauendes Handeln von Vorteil. Wer sportlich reinfährt, will ausgangs nicht in einer zu hohen Getriebestufe versauern. Da nimmt man es über die Schaltwippen zwangsläufig selbst in die Hand.

Cupra Formentor VZ5, Interieur
Rossen Gargolov
Im VZ5 treffen nicht immer hilfreiche Assistenten auf eine ehrliche Soundkulisse.

Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt taucht nach dem Start digital die Nachricht auf, dass der Fünfzylinder nur bis 4.800 Touren drehen darf. Er muss sich warm laufen. Auf den ersten Metern meldet der Front Assist, nur eingeschränkt zu funktionieren. Dann streikt der Travel Assist. Zum Schluss der proaktive Insassenschutz. In solchen Momenten würde man die Assistenten am liebsten feuern ...

Was zudem irritiert: Das digitale Cockpit zeigt bereits den zweiten Gang an, der TSI hängt allerdings hörbar noch in der ersten Übersetzung – irgendwo zwischen 4.000 und 5.000 Umdrehungen. Die Membran, die im VZ die Motorengeräusche verstärkt, hat Cupra im VZ5 ausgebaut. Kein Sound-Generator: Es dringen ehrliche Beats in den Innenraum.

Genug getadelt. Der VZ5 hat ein paar (Software-)Schwächen. Darüber kann man hinwegsehen, weil er fahrdynamisch einer ist, der Erwartungen aus den Angeln hebt. Er ist eine Frohnatur – mit Driftmodus. Dass er dieses Fahrprogramm hat, welches das kurvenäußere Hinterrad für den Quertrieb mit Drehmoment überschüttet, sagt viel aus. Der Cupra erheitert den Fahrer, verdreht ihm den Kopf – will von ihm aber auch gebändigt werden. Der Fahrer sollte mit dem Driftmodus umgehen können. Sonst haut einem das Heck auch mal voll auf die Zwölf. Nicht umsonst taucht der Verweis auf, den Modus nur auf abgesperrten Straßen zu aktivieren. Wie sich der "kompakte Performance-Crossover-SUV" – so beschreibt ihn Cupra – in Kurven bewegt? Mein lieber Herr Gesangverein! Beim Anbremsen wedelt der Formentor bereits leicht mit dem Heck. Es macht dem Fahrer klar, dass es sich nicht von der Vorderachse mitschleifen lässt, sondern aktiv an der Fahrdynamik mitwirkt.

Cupra Formentor VZ5, Exterieur
Rossen Gargolov
Die Räder mit haftungsstarken Reifen sind beim VZ5 mit höheren Sturzwerten auf einer breiteren Spur montiert.

Beim Einlenken sollte man nicht die Brechstange ansetzen. Besser etwas langsamer rein, dafür umso schneller raus: Klingt nach der üblichen Gebrauchsanweisung für Hochbeiner mit Allradantrieb. Allerdings liegt der Fall hier etwas anders. Denn übermäßig zurückhalten muss sich der Fahrer nicht. Er kann schon Tempo mitnehmen, um die Querdynamiklawine ins Rollen zu bringen, weil es die Vorderachse zulässt. Sie verträgt mehr als die des VZ. Allgemein ist die Kurvendynamik eine andere.

Torque Splitter als der Star

Das hat Gründe. Günstigere Gewichtsverteilung (57,8 zu 42,2 Prozent statt 59,5 zu 40,5 Prozent), trotz Fünfzylinder. Reduzierte Auftriebswerte – vorn um sechs, hinten um zwei Prozent. Um zwei Millimeter verbreiterte Spur. Um einen Zentimeter tiefergelegtes Fahrwerk. Erhöhter negativer Sturz. Breitere sowie sehr haftungsstarke Reifen. Viele kleine Maßnahmen, die zu einem gelungenen Paket führen.

Der Star in den Kurven, der Anpeitscher des Ensembles, ist der Torque Splitter, der auf der Hinterachse mit zwei Lamellenkupplungen arbeitet und die Motorkraft elektrohydraulisch zwischen den Rädern verteilt. Sobald die Fuhre über die Vorderräder zu schieben droht, hebt man einfach Drehmoment unter. Und schon wird das Fahrverhalten schön fluffig.

Cupra Formentor VZ5, Motor
Rossen Gargolov
Die fast 15.000 Euro mehr gegenüber dem VZ sind gut investiertes Geld. Nicht nur dank Audis Sahnestück unter der Haube.

Der Cupra trickst sich oftmals ums Untersteuern herum, indem er das Heck zur Verstärkung ruft. Das System zupft ihn zurecht. Es richtet ihn aus. Es dreht ihn ein – je nachdem, was die Kurve gerade verlangt. Vom leichten Quertrieb bis zum Leistungsübersteuern ist alles dabei. Flamenco in Hockenheim: Das Ergebnis ist eine Rundenzeit, die einem Statement gleichkommt.

Der Cupra fährt ausgelassen. Er baut einen direkten Draht zur Fahrbahnoberfläche auf, ohne im Alltag gleich Rumpelstilzchen zu sein. Er lässt den Fahrer zu jeder Zeit wissen, was da im Bewegungsapparat passiert. Nur die Lenkung könnte die Vorderräder noch etwas fester an­packen. Ansonsten aber weckt da einer nicht nur durch den Fünfzylinder echte Emotionen. Er sticht rein, surft durch die Kurve und macht sich traktionsstark aus dem Staub. Dieses Fahrwerk ist des Heiligen durchaus würdig – zusammen treiben sich die beiden zu Spitzenleistungen an.

Fazit

Der VZ5 tönt aus der vom RS 3 adaptierten Abgasanlage. Er zerpflückt Kurven mit Wucht und Leichtigkeit zugleich. Er weiß, wie man sich bewegen muss, um dem Fahrer zu gefallen. Kurzum: Die Ingenieure haben das Fahrwerk so getrimmt, es so verbessert, dass er sich den seligen Audi-Fünfzylinder verdient. Die fast 15.000 Euro mehr gegenüber dem VZ sind gut investiertes Geld.

Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten