Einfach Fahren. Mal schneller, mal langsamer, mal querdynamischer, mal entspannter. Hauptsache: Fahren. Höchste Zeit, nachdem sich die Marketing-Maschinerie rund um die Neue Klasse von BMW durch die Öffentlichkeit fräste, als sei sie der Tasmanische Teufel der Warner Bros.-Zeichentrickserie.
Mittelklasse mit Premium-Anspruch
Und zwar nicht mit dem abgedrehten Showcar VDX, sondern etwas vergleichsweise Irdischem: Dem Nachfolger des BMW iX3 , einem SUV der Mittelklasse mit Premium-Anspruch und Elektroantrieb. Unter dessen tarnfolierter Karosserie stecken eine Asynchronmaschine vorne sowie eine Synchronmaschine hinten, die eine Systemleistung von 300 kW sowie ein Drehmoment von 600 Nm entwickeln. Und weil dazwischen noch das Fahrdynamik-Steuergerät "Heart of Joy" sowie drei weitere Superrechner einzogen, soll der iX3 ähnlich temperamentvoll durch die Welt toben wie die Zeichentrickfigur.
Spätestens in der engen Wechselkurve mit der tiefen Pfütze, die in der Sonne Südfrankreichs noch nicht verdampfen konnte, auf die eine enge Linkskurve folgt, ahnst du, dass es dieser BMW mit der Freude am Fahren bierernst nimmt. Und bei Bier versteht der Bayer bekanntlich überhaupt keinen Spaß. Jedenfalls fasst du sehr schnell Vertrauen in die Reaktionen des mit Sicherheit nicht unter 2,3 Tonnen schweren SUV (auf exakten Daten gluckt der Hersteller noch bis zur Weltpremiere im September herum), wirfst ihn geradezu respektlos in jedwede Biegung.
Währenddessen bekommt das Führungsfahrzeug, immerhin ein M4 (okay, Generation F82), bereits Zuckungen im Heck. Dabei arbeitet der iX3 noch nicht einmal im Sport-Modus. Der bietet eine etwas explosivere Leistungsentfaltung sowie ein im Wesentlichen von mehr Handmoment geprägtes Lenkgefühl, erscheint daher entbehrlich. Denn bereits im Aufstartmodus "Personal" fährt der BMW erfrischend lebendig, bleibt dabei beherrschbar, balanciert eilig zwischen neutralem Eigenlenkverhalten und sicherem Untersteuern. Tatsächlich gestattet der Sport-Modus etwas mehr Heck-Agilität, gestattet schüchternes Leistungsübersteuern am Kurvenausgang, bevorzugt bei der Kraftverteilung eher mal die Hinterachse.

Draußen auf den Landstraßen Südfrankreich liegt der Fokus auf dem Federungskomfort.
Ach, ob ein SUV so etwas können muss? Vermutlich nicht. Zumindest nicht in diesen Dimensionen der Querbeschleunigung, selbst bei niedrigem Reibwert, also bei Nässe beispielsweise. Doch wenn er es zulässt – umso besser. Dabei soll an dieser Variante, dem xDrive 50, noch nicht einmal das Sportabzeichen M pappen. Einziger Hinweis auf die Dynamik-Ambition: Die Mischbereifung in 255/40-21 vorn und 275/40-21 hinten. Ja, das lässt nicht unbedingt hohen Federungskomfort erwarten, zumal sich das Fahrwerk Extravaganzen wie Zweiachs-Luftfeder oder adaptive Dämpfer spart. Einzig eine Zusatzfeder an der Hinterachse, die den Ausfederweg begrenzt, gesteht BMW dem iX3 zu. Zumindest dem Prototypen.
Freude am Fahren
Auf den Verbindungsstraßen des Prüfgeländes in Miramas, deren Pflegezustand teils arg zu wünschen übriglässt, zeigt sich dann recht schnell, dass die Abstimmung durchaus mit üblen Verwerfungen klarkommt. Zumindest dahingehend, dass sich die Aufbaubewegungen in Grenzen halten, generell die Abstimmung zuverlässig auf das Gros der Unebenheiten anspricht. Eine klare Grundstraffheit allerdings bleibt, passt aber auch zu einem BMW. Das geradezu sprunghafte Ansprechen der Lenkung hingegen mag den einen oder anderen unbedarften Fahrer überraschen. Grundsätzlich allerdings gibt dir der iX3 das Gefühl, nahe bei dir zu sein, mit dir zu kommunizieren, deine Lenk- und Leistungsbefehle präzise umzusetzen, dich dabei nicht zu überfordern.

Tatsächlich gestattet der Sport-Modus etwas mehr Heck-Agilität, gestattet schüchternes Leistungsübersteuern am Kurvenausgang, bevorzugt bei der Kraftverteilung eher mal die Hinterachse.
Dazu trägt natürlich auch die Ergonomie bei. Fahrer und Beifahrer sitzen ordentlich positioniert, der Verstellbereich der Sitze und des Lenkrades fällt ausreichend groß aus. Ach ja: Was kann eigentlich das neue Panoramic View-Cockpit? Vor allem eines: Nicht irritieren. Zumindest so lange du dich mit den Basisinformationen zufriedengibst, also Tempo, Navigationsangaben, Füllstand des Akkus beispielsweise. Die zum Fahrer hingewandte Form des zentralen Monitors ermöglicht es, die dort auf der linken Seite vorgegebenen und teils individuell ablegbaren Kurzbefehle leicht zu erreichen – wenn du nicht mit dem Sprachassistenten reden willst. Übrigens: So lassen sich der Tempowarner und die Spurverlassenswarnung deaktivieren, wie nett. Letztere allerdings darf vielleicht sogar länger aktiv bleiben, denn sie warnt mit zartem Lenkwiederstand ohne den Fahrer zu erschrecken und wehrt sich gar nicht, wenn beim Spurwechsel der Fahrer zwar nicht blinkt (na, na, na!), dafür wenigstens in den Außenspiegel schaut – die Innenraumkamera erkennt’s.
Draußen auf den Landstraßen Südfrankreich liegt der Fokus dagegen wieder auf dem Federungskomfort, den bei diesem Prototypen der Rollwiderstands-optimierte Reifen in der Dimension 255/45-21 rundum begünstigen soll. Die Kombination passt wirklich, das Fahrwerk kommt etwas souveräner mit Bodenwellen, vor allem den kurzen, klar. Ob die Agilität leidet? Nicht im legalen Geschwindigkeitsbereich. Viel wichtiger: Die Präzision bleibt, der BMW iX3 kann sehr exakt gefahren werden, was wiederum dem Sicherheitsgefühl zugutekommt.

Wie weit kann gefahren werden? Nicht weniger als 800 km nach WLTP kündigt BMW an.
Also: Weiter fahren. Aber wie weit? Nicht weniger als 800 km nach WLTP kündigt BMW an, was wiederum ahnen lässt, dass ein rund 100 kWh großer Akku zwischen den Achsen steckt. Der verträgt eine maximale Ladeleistung von 400 kW (11kW AC, 22 kW optional), was der Hersteller gerne an einem vorkonditionierten Fahrzeug mit SOC 7 Prozent demonstriert. Innerhalb von 10 Minuten kann so genügend Energie für 350 km Reichweite geladen werden. Die Ladeklappe öffnet sich beim Anfahren an die Ladesäule auf den letzten Zentimetern automatisch, schließt ebenso selbsttätig. Und das Navi korrigiert automatisch den tatsächlichen Standort der Ladesäule, wenn der nicht mit dem auf dem Kartenmaterial exakt übereinstimmt.
Lange Reisen im BMW iX3?
Wohl kaum ein größeres Problem. Also weit … Wie bitte? Anhalten? Bis zum Stillstand? Also gut. Die Entwickler platzen nämlich nicht nur vor Stolz ob der Agilität des SUV, sondern auch der sanften Anhaltens – ebenfalls ein Verdienst der neuen Software-Architektur. In Abhängigkeit von Tempo, Steigung und Pedaldruck hält der iX3 ohne diesen typischen, letzten Ruck an. Überhaupt nutzt BMW nun viel häufiger die Rekuperations- statt der Reibbremse, One-Pedal-Fahren bis zum Stillstand geht jedoch nicht. Vier Stufen der Rekuperation stehen zur Wahl, inklusive dem Adaptiv-Modus.
Und wenn es gerade schon eher gemütlich vorangeht, sei noch auf den Parkassistenten verwiesen. Der lässt sich mit einem Tastendruck am Lenkrad aktivieren, erkennt bemerkenswert schnell Längs- wie Querlücken (Die Sensorik des BMW iX3: Fünf Kameras, fünf Radare, 12 Ultraschallsensoren), manövriert zügig in die Lücke, ohne den Tasmanischen Teufel zu geben. Und wo der iX3 gerade so schön steht: Fertig mit Fahren. Zumindest für heute. Es wurde allerdings wirklich höchste Zeit.