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BMW 330i und Mercedes C 300 im Test
Ziemlich beste Feinde

Mit der Neuauflage des BMW 3er geht das ewige Duell mit dem Lieblingsrivalen Mercedes C-Klasse in die nächste Runde. BMW 330i und Mercedes C 300 im Vergleichstest.

BMW 330i, Mercedes C300, Vergleichstest, ams0619
Foto: Achim Hartmann

Lassen Sie uns kurz jede Grenzwertbelastung als grenzwertige Belastung unseres persönlichen Allgemeinwohls ausblenden und stattdessen einfach dieses Ereignis genießen: Wir fahren hinterradgetriebene Mittelklasse-Limousinen mit ordentlich Verbrenner-Dampf unter der Haube – den brandneuen BMW 330i und den Mitte 2018 modellgepflegten Mercedes C 300. Freunde, machen die Laune.

Das muss man an dieser Stelle einfach ganz nonchalant festhalten, bevor wir in die Beweisaufnahme des Vergleichstests einsteigen. Aller Auto-Agonie zum Trotz bringt der technische Fortschritt gerade wärmekraftbetriebene Fahrzeuge hervor, die so vital auf ihrer Spur stehen, dass ihr vorausgesagtes Verblühen wie ein missgünstiges Ansinnen erscheint.

Unsere Highlights

Im Laufe ihrer generationenübergreifenden Rivalität haben sich der 3er und die C-Klasse aneinander auf ein Niveau hochgerieben, dass es jedem Auto-Gourmet in den Handflächen kitzeln müsste – in jenem sensorisch empfindlichen Bereich, welcher die Rückmeldung der Lenkung aufnimmt. Denn ja, auch Mercedes hat die Freude am Fahren längst für sich entdeckt.

Klischeebegriffe wie „behäbig“ entlarven heute eine gestrige Weltsicht – diesem Attribut entspricht die aktuelle C-Klasse nicht. Allenfalls „besonnen“ wäre zutreffend für ihr Verhalten im Grenzbereich. Schon viel früher fällt allerdings auf, wie geschmeidig die Limousine Landstraßenetappen nimmt, wie gelenk sie Kurven durchfährt und wie zielsicher sie die schnelle Linie trifft. Dabei liegt der C 300 mit einer überlegenen Selbstverständlichkeit in der Hand.

Die unerschütterliche Ruhe im Fahrwerk resultiert auch aus der fachkundigen Luftfederung (1.666 Euro Aufpreis), die den Mercedes Fernstrecken betont lässig aus dem Ärmel schütteln lässt. Spätestens lange Autobahnpassagen wecken unterschwellig das Gefühl der marken-typischen Vertrautheit – das, was langjährige Kunden mit „Heimkommen“ beschreiben. Die C-Klasse fährt aufmerksam und beiläufig zugleich; man muss sie nicht beaufsichtigen, kommt ausgeruht an – so etwas ist sonst eigentlich der Luxusklasse vorbehalten.

Größer, aber linientreu

Vertrautheit triggert der 3er auch – schon optisch: BMW bleibt der Linie des Vorgängers treu, pustet die Karosserie aber deutlich auf. Größenwachstum hat ja geradezu schicksalhaft alle Fahrzeugklassen befallen und findet seine Rechtfertigung im Streben nach weitläufigen Platzverhältnissen, wo der 3er nun die C-Klasse speziell im Fond in jeder Hinsicht übertrifft. Umso erstaunlicher ist es, dass die Füße unter den Vordersitzen festklemmen und der Ausstieg aus dem größeren Auto mehr Mühe bereitet.

BMW 330i, Mercedes C300, Vergleichstest, ams0619
Achim Hartmann
Im 3er-Fond sitzt man nicht gerne. Der Ausstieg gestaltet sich schwierig.

BMW hatte angekündigt, dass der 3er länger und breiter, aber auch leichter werden würde. Ersteres stimmt, Letzteres nicht: Der 330i wiegt 39 Kilogramm mehr als der C 300 – eine Bürde für die Fahrdynamik? Wäre es wohl tatsächlich, wenn die Entwickler nicht an einigen Stellschrauben gedreht hätten. Der 3er ist so straff abgestimmt, dass sein Langstreckenkomfort um etwa eine Klasse hinter dem des Mercedes liegt.

Gefühlt entspricht der Modus Comfort der adaptiven M-Stoßdämpfer (600 Euro) in etwa dem Sport-Modus des C 300. Der BMW hat bereits auf der sachtesten seiner drei Stufen ein bemerkenswertes Mitteilungsbedürfnis, will Straßenschäden offenkundig nur abmildern, statt sie zu kaschieren.

So wie der Mercedes C 300 alle Systeme auf Komfort ausrichtet, fokussiert sich der 330i auf Agilität und kommt zum Test als M Sport (ab 49.850 Euro) samt variabler Sportlenkung und größerer Bremsanlage. Außerdem sind die Differenzialsperre (1.300 Euro), das bereits erwähnte adaptive Fahrwerk und die 19-Zoll-Reifen (1.680 Euro) an Bord. Letztere sehen es nicht als ihre Aufgabe an, Unebenheiten in der Karkasse verschwinden zu lassen. Möglicherweise fiel deshalb auch beim Testwagen auf furchigem Asphalt ein Klappergeräusch im Fond auf.

Der 3er giert in die Kurve

Der BMW 330i fährt energisch, auf guten wie auf schlechten Straßen. Das schweißt Mensch und Maschine zusammen – dann, wenn der Käufer zwar eine Limousine benötigt, aber das Fahrverhalten eines Coupés sucht: Im Hinblick auf seine respektable Länge von 4,71 Metern lenkt der 3er außergewöhnlich kompakt ein.

Schon ohne Lastwechsel giert er in die Kurve, fühlt sich im reinsten Sinne hinterradgetrieben an – die Hinterräder treiben die Karosserie sozusagen vor sich her. Das Gieren mündet dabei nicht zwangsläufig in Übersteuern; wer den 3er beständig auf Zug hält, hat lediglich den Eindruck, dass mehr Drehmoment im nächsten Augenblick dazu führen könnte. Man erlebt sozusagen einen Hauch von Nervenkitzel mit Netz und doppeltem Boden. Das vermittelt einen Tempo-Kick im unkritischen Bereich. Und genau das begeistert Sportfahrer.

Andererseits sorgt diese lockere Auslegung dafür, dass beim schnellen Ausweichen vor einem Hindernis durchaus bewusst feinfühlig gesteuert werden sollte – Gegenlenken inklusive. Der 3er fordert den Bezwinger im Fahrer, verlangt nach einem hellwachen Sparringspartner. Dieser darf sich nach einer gelungenen Landstraßenpassage durchaus selbstbelobigend auf die Schulter klopfen. Er sollte nur nicht in den Rückspiegel blicken, das könnte desillusionieren. Denn da folgt der Mercedes auf Schritt und Tritt.

Der Konkurrent lässt sich nicht abschütteln, strömt hinterher, dreht auf Wunsch auch mit dem Heck ein; allerdings nur, um den Radius im Sinne der Fahrsicherheit zu verkleinern. Und die Luftfederung bietet bei aller Dynamik stets bekömmlichen Federungskomfort.

Das mag nicht im Sinne des Spektakels sein, wirkt aber unglaublich erhaben. Der C 300 hält sogar mit, wenn der 330i aufdreht, wirkt dabei lediglich leicht angespannt: Sein Vierzylinder knurrt nicht so soundoptimiert wie der BMW-Zweiliter, sein Automatikgetriebe blättert die Stufen nicht ganz so sämig in den Antriebsstrang.

BMW 330i, Mercedes C300, Vergleichstest, ams0619
Achim Hartmann
Bei den Multimedia-Extras gerät der Mercedes C300 leicht ins Hintertreffen.

Der saubere Strich

Entsprechend sieht die Stoppuhr den 330i beim Sprint auf Tempo 100 leicht vorn; der C 300 gleicht bis auf 200 km/h allerdings mehr als aus. Auf der Autobahn schiebt er aus jeder Lage fulminant an, zieht dabei unerschütterlich seine Bahn. Und der BMW? Den holt hier seine bemerkenswert direkt zuschlagende Lenkung ein. Unaufmerksames Multitasken – etwa mit dem Infotainment – rächt sich in einer schludrigen Linie und zieht notgedrungen ein spitzfingriges Korrigieren nach sich.

Der saubere Strich erfordert ständiges Beisichsein und Konzentration. Deshalb empfiehlt es sich, jegliche Bedienwünsche als Sprachanweisung zu diktieren. Diese sollte mit „Hey BMW“ beginnen, dann steht der virtuelle Assistent servil zu Diensten. Sofern er gerade Verbindung zum allwissenden Internet hat, kann er (meist) helfen.

Technikaffine Kunden werden sich wohl auch über das neue Head-up-Display freuen. Die Projektionsfläche ist nun deutlich größer als bisher und nimmt sogar einen Teil der Navigationskarte auf. Die Frontscheibe wird damit zum dritten Bildschirm – er ist derjenige mit dem geringsten Ablenkungspotenzial.

Es gibt noch Knöpfe

Stichwort Ablenkung: Glücklicherweise haben die Entwickler nicht dem Impuls der Komplettdigitalisierung nachgegeben, Radiolautstärke und Klimaanlage lassen sich noch immer über Knöpfe bedienen – ähnlich wie in der C-Klasse, die generell noch deutlich analoger unterwegs ist. Erst der Nachfolger wird ähnlich tief in die virtuelle Welt einsteigen – so wie das die A-Klasse bereits jetzt kann.

Und er dürfte bei den Multimedia-Extras mit dem BMW gleichziehen – derzeit hat der 3er noch den Concierge-Service über ein Callcenter sowie ein DVD-Laufwerk voraus. Zudem warnt er den Fahrer, sein Smartphone beim Aussteigen nicht in der Ladeschale zu vergessen. Doch das Wichtigste: Das iDrive ist trotz seiner enormen Möglichkeiten leichter zu bedienen.

Sie merken es bereits: Die Punktewaage senkt sich gerade leicht in Richtung BMW. Den Ausschlag für seinen Vorsprung gibt vor allem der Spritverbrauch in Verbindung mit den Abgasen: Der BMW 330i ist auf 100 Kilometern im Testdurchschnitt um 0,3 Liter sparsamer und emittiert entsprechend weniger CO2.

Dass es im Kostenkapitel knapp wird, liegt zum einen an den höheren Wartungskosten des BMW – 255er-Hinterreifen auf 19-Zöllern gehen ins Geld. Zum anderen spielt hier mit, dass der 330i seinen fahrdynamischen Vorteil auf allerlei aufpreispflichtige Hilfsmittel baut. Diese werden ihm hier im Vergleichstest auf den Grundpreis geschlagen, was entsprechend Punkte kostet.

So bleibt am Ende ein knapper Sieg und die Frage: Wie agil fährt der neue 3er wohl ohne die teuren Fahrdynamik-Extras?

Fazit

1. BMW 330i
464 von 1000 Punkte

Der 330i will schon vordergründig dynamisch wirken; der Testwagen setzt deshalb auf teure Extras. Es leidet der Langstreckenkomfort. Folglich fällt der Sieg knapp aus.

2. Mercedes C 300
458 von 1000 Punkte

Dank optionaler Air Body Control luftfedert der C 300 oberklassig, fährt dennoch agil – auf eine distinguierte Weise. Leicht ins Hintertreffen gerät er bei den Multimedia- Extras.

Technische Daten
BMW 330i M SportMercedes C 300 Avantgarde
Grundpreis54.000 €43.982 €
Außenmaße4709 x 1827 x 1435 mm4686 x 1810 x 1442 mm
Kofferraumvolumen480 l480 l
Hubraum / Motor1998 cm³ / 4-Zylinder1991 cm³ / 4-Zylinder
Leistung190 kW / 258 PS bei 5000 U/min190 kW / 258 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
0-100 km/h5,7 s5,9 s
Verbrauch5,6 l/100 km6,5 l/100 km
Testverbrauch8,3 l/100 km8,6 l/100 km
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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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