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BMW 320d und Mercedes C 220 d im Test
Erstes Duell der Diesel-Rivalen

Es ist doch schön, sich noch auf Dinge verlassen zu können. Etwa auf eine Rivalität, die Generationen und Jahrzehnte überlebt. So wie bei der Mercedes C-Klasse und dem gerade neuen BMW Dreier. Der tritt zum ersten Mal als 320d gegen den C 220 d an. Auf geht’s.

BMW 320 d, Mercedes C 220 d, Exterieur
Foto: Hans-Dieter Seufert

Als Fachmagazin für Automobile, Motoren und bedeutsame Ereignisse aus dem Bereich des Motorsports haben wir es in den vergangenen 73 Jahren vermieden, auf Feld-Wald-und-Wiesen-Statistiken zurückzugreifen. Nun aber wollen wir eine Ausnahme machen. Schon weil es uns Respekt abnötigte, hätte das wirklich einer gezählt: Im deutschen Wald steht ein Bestand von 90 Milliarden Bäumen herum. Wobei ein guter Teil davon unsere Vergleichsfahrstrecke heute mit ungewohnt fulminantem Tempo flankiert. Oder ist die Straße schneller als sonst? Die kurze Gerade scheint es eiliger als gewöhnlich zu haben, sich in die nun noch schnellere Links zu krümmen, die Kuppe danach stürzt sich mutwilliger als sonst in die Tiefe einer Senke, aus der die Strecke druckvoller als letztes Mal emporhügelt. Das Phänomen haben wir schon mal erlebt. Aber doch nicht in einer Mittelklasse-Limousine mit Vierzylinder-Diesel.

Unsere Highlights

Doch hier fegt der 320d durch den Forst und zeigt, dass bei BMW auf große Ankündigungen große Taten folgen. Letztes Jahr, als wir gerade bejubelten, wie grandios der Dreier F30 Kurven bezirze, informierte BMW: Beim nächsten Modell solle es vorbei sein mit dem Herumeiern beim Handling. In Generation G20 werde der Dreier wieder zu der Sportlichkeit finden, von der wir gar nicht wahrgenommen hatten, dass er sie verbummelt haben sollte. Was aber der erste Test gegen die C-Klasse bewies. Da traten beide als Benziner mit 258 PS an, hier nun in den wichtigsten Antriebsversionen als Diesel mit Automatik.

Twin heißt nun zwei Turbos

Der Dreier BMW bekommt den Zweiliter-Diesel mit den melodischen Bezeichnungen B47TÜ1 („TÜ1“ steht für „technische Überarbeitung 1“) und Twin Turbo. Bisher umschrieb das beim B47 im 320d einen Twin-Scroll-Lader, für den die Abgasläufe von je zwei Zylindern in einen Strang kanalisiert werden. Der neue hat nun wirklich zwei Turbos – einen kleinen Hochdrucklader für quirliges Ansprechen und einen großen Niederdrucklader mit variabler Geometrie für anhaltende Durchzugskraft.

BMW 320 d, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Der Dreier bekommt den Zweiliter-Diesel mit den melodischen Bezeichnungen B47TÜ1 („TÜ1“ steht für „technische Überarbeitung 1“) und Twin Turbo.

Weil die Aufladetechnik höhere Einspritzdrücke über das Common-Rail-System ermöglicht, reduzieren sich die Rohemissionen, was die Abgasnachbehandlung erleichtert. Wie bisher übernimmt das beim BMW 320d eine Kombination aus Harnstoffeinspritzung und NOx-Speicherkat. Im Testwagen ist der Motor mit der Achtstufenautomatik verkuppelt. Die größere Gesamtspreizung und die clevere Steuerung steigern Effizienz, Tempo und Komfort. So legt der BMW spontaner und homogener los, dreht motivierter Richtung 4.000. Die Automatik wechselt die Gänge perfekt: punktgenau, schnell und fugenlos – egal ob bei sachtem oder forciertem Tempo.

Biturbo? Hatte der Mercedes C 220 d schon in der letzten Motorengeneration OM 651. Der neue 654 kommt mit einem wassergekühlten VTG-Lader aus, dem Honeywell GTD 1449. Zwei Lancaster-Ausgleichswellen beruhigen den Lauf des Motors, für das Gewissen übernimmt das die Harnstoffeinspritzung – wie BMWs B47 zählt der OM 654 zu den besonders abgasreinen Dieseln.

BMW 320d und Mercedes C 220 d wiegen fast gleich viel, haben beinahe identische Leistungs- und Drehmomentwerte. Der minimale Vorteil des BMW beim Nullhundertsprint mag an den nun enger getakteten unteren Gangstufen gelegen haben. Oder auch nicht. Beide erreichen jedenfalls ein Tempo-Potenzial, für das man vor 30 Jahren die Topmodelle des Stammbaums, BMW M3 und Mercedes 190 E 2.5-16, hätte auffahren müssen. Bedeutsamer als die minimalen Unterschiede bei den Fahrleistungen ist ihre Darbietung.

Mercedes C 220 d, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Der Mercedes verlässt sich darauf, dass nach einer kleinen Turboflaute die Wucht des frühen Drehmoments immer genügt.

Der Mercedes C 220 d verlässt sich darauf, dass nach einer kleinen Turboflaute die Wucht des frühen Drehmoments immer genügt. Schon bei 3.000/min hat der Motor seine Maximalleistung zusammen, was seinem Unwillen, höhere Drehzahlsphären zu erklimmen, eine gewisse Folgerichtigkeit verleiht. Dann tendiert sein Lauf ins leicht Unmanierliche. Bald jedoch greift die Neunstufenautomatik ein, die mit drehmomentstarken Dieseln noch besser harmoniert als mit den Benzinern. Zu ihrem Verständnis von Souveränität zählt, perfekt durch die Stufen zu wandlern, aber auch, unangemessenes Hereingepfusche des Fahrers per Schaltpaddel mitunter einfach zu ignorieren.

Wobei das die Erhabenheit des Fahrgefühls in der C-Klasse gar noch erhöht. Im Mercedes muss man sich nie um den Mercedes kümmern. Er kümmert sich, gern auch gegen Aufpreis: um perfektes Licht mit LED-Scheinwerfern (Serie sind Halogenfunzeln) oder auf der Autobahn um Spurführung, Tempolimit- und Abstandseinhaltung sowie die Spurwechsel. Vor allem überragt der 220 d mit Komfort. Mit der Luftfederung (1.666 Euro) überflauscht er verkrumpelte Straßen, federt selbst im angestrafften Sport-Modus sorgsamer als der Dreier in der Comfort-Kennlinie.

Bisschen tüddelig also, die gute Tante C? Nee, nichts Tante C, sondern auf der Landstraße gleich Holla, die Waldfee! Die C-Klasse trägt ihre Dynamik nicht zur Schau, sondern in sich. Das liegt vor allem an dieser brillanten Lenkung, die präzise, direkt, geschmeidig anspricht. Dazu haben die Entwickler das Fahrwerk auf besonnene Agilität getrimmt, mit einem breiten Grenzbereich, in dem das ESP dem Fahrer gern etwas entgegenkommt, ohne dass der es recht merkt. Das ermöglicht eine gelassene Art der Eile. Im Mercedes C 220 d kannst du nebenher mit der verständnisvollen Sprachbedienung neue Ziele bereden. Oder mal rausschauen und nachzählen, ob es stimmt, dass zehn Prozent aller Bäume im Wald Eichen sind.

Leipzig statt Hannover

Im BMW 320 d etwas anderes machen als Fahren? Na, Freunde, da seid ihr auf dem Holzweg. Nachher auf der Landstraße magst du dich nicht mal durch das klarer strukturierte, funktionsreiche Infotainment drehdrücken oder die kompliziertere Verständigung mit der Sprachbedienung suchen. Also klären wir das gleich hier: Im Platzangebot überbietet der Dreier den C leicht, kommt ihm in der Materialqualität näher. Dazu bringt er ein fast ebenso gut aufgestelltes Assistenzarsenal mit, vor allem aber ein Ausnahmetalent beim Handling. Der Dreier ist kein Auto für ein Nebenher. Er ist eins fürs Mittenrein.

BMW 320 d, Interieur
Hans-Dieter Seufert
Unser BMW-Testwagen kommt mit vehement verzögernder Sportbremse und bester Bedienung.

Dafür haben ihn die Entwickler ganz auf Dynamik getrimmt, erst recht als M-Sport mit Tieferlegung, Sportbremse, Adaptivdämpfern und variabler Sportlenkung. Die spricht aus der Mittellage rasant an, selbst bei höherem Tempo genügen kleine Lenkbewegungen – am Autobahn-dreieck Drammetal beim Wiedereinscheren nach dem Überholen einmal zu stark am Lenkrad gezupft, und du biegst statt auf die rechte Spur gleich ganz ab von der A 7 auf die A 38 Richtung Leipzig. Doch während die Lenkung auf der Autobahn mehr Konzentration fordert, konzentriert sie das Fahrerlebnis auf der Landstraße.

Mit Zugstreben-Vorderachse (eine gegen Verdrehen versteifte MacPherson-Variante) und Fünflenker-Hinterachse nutzt der Dreier die BMW-typischen Komponenten, die etwa auch der Z4 hat. Fast so sportlich fährt er auch. Das Fahrwerk ist selbst im Comfort-Modus der Adaptivdämpfer auf kurzen Unebenheiten grenzwertig rumpelig, nur lange Unebenheiten federt er ordentlich weg. Aber insgesamt passt die Härte – zur besonders direkten, rückmeldungsaktiven Lenkung und dem Set-up mit dem sacht schlenkerigen Heck, das spät, dann umso entschlossener vom ESP wieder auf Linie gebracht wird. Bei all dem mitreißenden Remmidemmi, das der Dreier veranstaltet, fühlt er sich schneller an als die C-Klasse, ohne es je wirklich zu sein. In der Gelassenheit, die er vermittelt, fährt der Mercedes oft schneller, als er sich anfühlt.

Wenn der Mercedes C 220 d am Ende acht Punkte weniger sammelt wegen des nicht gar so funktionsreichen Infotainments, der kargen Serienausstattung und des minimal höheren Verbrauchs (6,7 statt 6,5 Liter auf 100 Kilometer im Test), deutet das auf zweierlei hin. Zum einen darauf, dass sein Infotainment nicht gar so funktionsreich, seine Ausstattung karg und sein Verbrauch minimal höher ist. Zum anderen, auf welch hohem Niveau die zwei sich beharken. Damit können sie es in ihrer Klasse mit allem aufnehmen, was – war jetzt klar, oder? – bei drei nicht auf den Bäumen ist.

Fazit

1. BMW 320d
475 von 1000 Punkte

Ein ziemlich perfekter Dreier, der 320d. Mit mitreißender, fast überbordender Agilität und brillantem Antrieb. Besser als der Mercedes? Ist er bei Multimedia und Ausstattung.

2. Mercedes C 220 d
467 von 1000 Punkte

Eine ziemlich perfekte C-Klasse, der 220 d. Mit geschmeidigem Komfort und Handling, klasse Assistenz und noch höherwertiger Verarbeitung – aber karger Ausstattung.

Technische Daten
Mercedes C 220 d AvantgardeBMW 320d M Sport
Grundpreis43.976 €48.700 €
Außenmaße4686 x 1810 x 1442 mm4709 x 1827 x 1435 mm
Kofferraumvolumen455 l480 l
Hubraum / Motor1950 cm³ / 4-Zylinder1995 cm³ / 4-Zylinder
Leistung143 kW / 194 PS bei 3000 U/min140 kW / 190 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit240 km/h240 km/h
0-100 km/h7,2 s7,1 s
Verbrauch4,6 l/100 km4,2 l/100 km
Testverbrauch6,7 l/100 km6,5 l/100 km
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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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