Wenn die E-Motoren zupacken, die dick gefütterte Stoffhaube in ihre Behausung falten und die trockene Hitze der Sierra Montserrat mit einem Schwall in den Innenraum schwappt, ist nicht nur der Vanquish als solcher eröffnet, sondern auch die perfekte Bühne für seine Charakterzüge: Flair und Dynamik – sie bilden das Rückgrat des stürmischen Super-GT und über ihre exzessive Dosierung die Rechtfertigung für 417.000 Euro Basispreis.
Göttlicher Klang
Dominant? Die Genusskomponente, ganz klar! Sie schießt im Cabrio durch die Decke – ganz grundsätzlich und umso heftiger, wenn sich der Fahrtwind mit den Schallwellen eines Zwölfzylinders verwebt: Gurgeln als Ouvertüre, Grollen in der Mitte, zorniges Posaunen zum Finale. Göttlich!
Die Kehrseite: Eine flexible Überdachung erfordert konstruktive Gegenmittel, um die Steifigkeit der Karosseriestruktur bestmöglich aufrecht- und so das Aktions-Reaktions-Geflecht zusammenzuhalten. Aston rühmt sich damit, die notwendigen Verstrebungen so geschickt in die Schweller- und Dombereiche der Alustruktur eingezogen zu haben, dass das Mehrgewicht des Volante insgesamt nur 95 kg betrage – zum einen, und zum anderen kein Einweichen des Handlings nach sich ziehen. Tatsächlich sollen sich die Konturen im Fahrverhalten, die den Vanquish noch deutlicher vom ehemaligen DBS Superleggera differenzieren als das eklatante Leistungsplus, sogar mit derselben Schärfe ausbilden wie im Coupé.

Fast fünf Meter Länge und über zwei Meter Breite – der Vanquish Volante nimmt sich Raum. Auf der Straße genauso wie in jeder Aufmerksamkeitsskala.
Lenkung als Leitmotiv
Nun gehören die Ladies und Gentlemen von Aston Martin zwar per se eher nicht zu jenen, die mit großen Tönen geizen. Die ersten Meter an Bord dieser 4,89 Meter langen Frontmittelmotor-Skulptur gereichen den Ankündigungen aber zur Ehre. Abgesehen von der akustischen Präsenz des V12-Herzstückes ist von Offenheit kaum etwas zu spüren. Vor allem die Lenkung weigert sich wegen des Stoffs im Dach von ihrer klaren Linie abzuweichen, reagiert zackig aus der Mittellage, hält mit erstaunlich hohem Handmoment dagegen, zieht einen hinein in die Action statt nur an ihr entlang, um zusammen mit den Eindrehimpulsen des elektronisch geregelten Hinterachsdiffs eine wunderbare Balance aus Ehrgeiz und Eleganz zu erzeugen.

Direkt, ehrlich, präzise: Die elektromechanische Lenkung übersetzt Fahrerbefehle ohne Filter – so wird jede Kurve zur Einladung.
Auch das Fahrwerk weiß, was zu spielen ist, spreizt die Modi nicht übermäßig weit, läuft damit aber auch nie Gefahr, das Thema zu verfehlen. Im Klartext: Auf Performance festnageln lässt sich der Vanquish nicht, selbst in der Endstufe der Bilstein-DTX-Dämpfer rollt er mit dem Aufbau immer noch leicht um die Längsachse, wirkt dadurch einen Tick behäbiger als er sich – auch dank der grippigen Pirellis – de facto bewegt.
Den Flow hemmen wenn, dann lediglich die Dimensionen, deren wahre Ausmaße das eng geschnittene Cockpit nur so lange kaschieren kann, bis man das über zwei Meter breite Kunststück auf einer spanischen Bergstraße zwischen Gegenverkehr und Mäuerchen hindurchpeilen muss. Mit anderen Worten: Zur vollen Entfaltung des Aromas braucht‘s Auslauf, was auch mit der Leistung ihrer Entfaltung zusammenhängt.

Eng geschnitten, edel verarbeitet: Das Cockpit bringt Fahrer und Maschine in Einklang – Fokus, Form, Finesse.
Mehr Schubgewalt als Souveränität
835 PS und 1.000 Nm schaufeln die zwei Lader aus dem Kurzhuber, an deren Vollzähligkeit sich keinerlei Zweifel mehr halten können, sobald die Ausläufer von 2,25 bar Ladedruck wie ein Taifun von der Hinterachse aus über einen hinwegfegen. Die Krux ist nur die: Der Berg an Leistung hinterlässt eine Mulde in den Niederungen, sodass man bisweilen wie in einer Schiffschaukel zwischen den Extremen hin- und herschwingt: Hier Flaute, dort Ekstase!

Eng geschnitten, edel verarbeitet: Das Cockpit bringt Fahrer und Maschine in Einklang – Fokus, Form, Finesse.
Sicher, gemessen an ihren Ausmaßen kommen die Turbos ausgesprochen zügig in Fahrt und natürlich versteht es der transaxial verbaute Achtstufenautomat, immer rechtzeitigt die kurzen Übersetzungen zu zücken, damit die Vortriebsflut nie abebbt. Dennoch fehlt dadurch am Ende so ein bisschen die Mitte, diese majestätische
Linearität über das gesamte Drehzahlband hinweg, die einem V12-Cabrio dieser Liga vielleicht noch besser stünde als exponentiell eskalierender Schub.
Aston Martin V12 Vanquish Volante | |
Grundpreis | 272.950 € |
Außenmaße | 4728 x 1912 x 1294 mm |
Kofferraumvolumen | 187 l |
Hubraum / Motor | 5935 cm³ / 12-Zylinder |
Leistung | 424 kW / 576 PS bei 6650 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 317 km/h |
Verbrauch | 12,8 l/100 km |