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Alfa Giulia, Audi A4, BMW 3er, Mercedes C, Volvo S60
Romantik gegen Perfektion

Es mangelt ja nicht an leistungs- und tatkräftigen Anwärtern in der gehobenen Mittelklasse. Aber gelingt es Audi A4, BMW 3er, Mercedes C und Volvo S60, mit Zweiliter-Turbobenzinern, Allrad und Automatik den Testsieg zu erlangen und dazu so große Begeisterung zu entfachen wie Alfas Giulia in ihrer gereiften Bestform?

Alfa Romeo Giulia 2.0 T Q4, Audi A4 45 TSFI Quattro, BMW 330ixdrive, Mercedes C 300 4Matic, Volvo S60 B5 AWD
Foto: Achim Hartmann

Dem Fortschritt geht jeder Sinn für Romantik ab. So bringt er uns dazu, im Laufe seines Fortschreitens lieb gewonnene Dinge auf dem Weg zurückzulassen. Nicht, da sie wirklich veraltet wären, meist erscheinen sie höchstens unzeitgemäß.

Der Romantik dagegen geht keineswegs der Sinn für den Fortschritt ab, wie wir herausfinden und bereits feststellen dürfen. Als ein – wenn Sie mögen: das – Ergebnis des Vergleichstests. Dazu treten an: Audi A4, BMW 3er, Mercedes C, Volvo S60 – alle vier stattliche, ernste zweiliter-turbobenzin- und allradgetriebene Limousinen. Gegen: Alfa Romeos Giulia. Die motorisiert ebenfalls ein Zweiliter-Turbobenziner, auch sie hat Allrad und Automatik. Nimmt man es genau, bietet sie keine neue Sensation. Wozu auch, hält die Sensation ihres Zaubers doch seit 62 Jahren an. Ab dafür, mit kurzem Umweg über 1962.

Unsere Highlights

Audi A4, BMW 3er, Mercedes C, Volvo S60 oder doch Alfa Romeo Giulia – wer ist ihr Favorit?

Giulia Nazionale

Da wir Platz und Zeit dafür haben, schwenken wir rüber ins Autodromo Nazionale di Monza und den 27. Juni, gewiss einen der sonnigsten Mittwoche des Jahres 1962. Da präsentiert Alfa die Giulia, eine kleine, hochtourige Limousine aus Arese, die fortan über verschlungene Landsträßchen wirbelwindet, dass Sportwagen das Talent vergeht. Sie bringt all diese elegante, lässige Verschlagenheit mit, die sich nicht nachkonstruieren lässt. Nein, kein anderes Land als Italien und dort keine andere Firma als Alfa Romeo hätten eine und sogar eine zweite Giulia hervorbringen können. Denn kaum sind nach dem Ende der ersten Generation 36 Jahre vergangen, präsentiert Alfa schon eine neue. Sie basiert auf der Giorgio-Plattform. Deren Name, heißt es, sei eine Reminiszenz an Alfas Vorkriegs-Grand-Prix-Piloten Tazio Giorgio Nuvolari. Was schon mal unerreichbar mehr Grandezza hat als die bürokratischen Plattform-Akronyme der vier anderen: MLB evo (A4), CLAR (BMW), MRA II (Mercedes) und SPA (Volvo).

Mit 5,7 Sekunden von null auf Tempo 100 ist die Giulia nur 0,1 Sekunden langsamer als der Spitzenreiter Audi.

Ursprünglich auf Hinterradantrieb ausgelegt (Kardanwelle aus Kohlefaser! Solch Kennerwissen lässt sich gewiss mal nutzstiftend anbringen), gibt es die Plattform für die Zweiliter-Modelle nur noch mit Allrad. Wobei das Verteilergetriebe erst bei Schlupf an der Hinterachse Momente nach vorne leitet, da beschränkt sich diese auf 50 Prozent.

Die Beschränkung der Variantenvielfalt wiederum zählt zu den erheblichsten Änderungen seit dem Start 2016. Abgesehen von der Erweiterung der Licht- und Assistenzsystematik, der Digitalisierung des Instrumentariums und Entchaotisierung des Infotainment-Systems im Zuge der Modellpflegen 2020 und 2023 blieb der Wagen tiefgreifend unverändert. Wodurch er ungestört von ständigen Herumfrickeleien jene solide Reife entwickeln konnte, mit der er nun brilliert – also brilliert in einem Rahmen, den die Faszination ausfüllt, den aber der Versuch sprengte, auch noch Perfektion reinzuquetschen.

Innen richtet sich der Alfa mit Sitzen ein, ebenso bequem wie rot. Dazu gibt es diese schönen, sacht klickenden und im Weg stehenden Schaltsicheln.

Mag die Bedienung mit klug arrangierten Tasten und Drehdrückern einer- sowie schachteligen Infotainment-Menüs und verständnisloser Sprachbedienung andererseits im Streben nach Vollendung schon ein Stück hinter sich haben, gelingt der weitere Umgang nun ohne Umständlichkeit. Vier Passagiere kommen behaglich unter, dazu reicht der Platz fürs Gepäck – erst recht, da man sich auf 433 kg Zuladung zu beschränken hat. Die geringe Anhängelast verstehen wir als Beitrag zur Wahrung ihrer Stilwürdigkeit – eine Alfa Romeo Giulia ist kein Wagen für bloße Anhänger, sondern für wahre Liebhaber.

Auf die richtet sie sich in einer Eleganz ein, die nun keinen Mangel an Solidität mehr überdecken muss. Auch sonst meistert sie die Alltagsbelange: die Layouts der Instrumente von konzentrierter Information, die Rückbank dreiteilig klappbar, an Ablagen genügend. Nur der Einstieg in den mittelbequem möblierten Fond verlangt körperliche Gewandtheit.

Die größte Gewandtheit beweist die Giulia selbst – beim Fahren. Das inszenierte sie immer in mitreißender Leichtfertigkeit, inzwischen aber auf der stabilen Bühne eines souveräneren Set-ups. Das Fahrwerk geht die Tempi locker mit – das des intensiv dreh- und schubkräftigen Direkteinspritzers ebenso wie das der mit 11,8 : 1 direkt übersetzten Lenkung. Daher biegt der Alfa ansatzlos, nicht überstürzt in Kurven, derweil die Doppelquerlenker-Vorderachse die Präzision der Lenkung umsetzt, samt gut ausgefilterter Rückmeldung. Mag sein, dass das die Alfa Romeo Giulia 2.0 T Q4 am obersten Zipfel des Grenzbereichs ins Untersteuern schubbert. Bis dahin fährt sie aber mit so heiterer Vergnüglichkeit, dass das egaler nicht sein könnte.

Allein schon, wenn du dich mit den Alu-Sicheln hinter dem dünnkranzigen Lenkrad durch die acht Stufen des ZF-Automaten flipperst – was eine in zweifacher Weise erhebende Angelegenheit ist: Zum einen kann das Getriebe nun nicht mehr so wuschig herumschalten, zum anderen: dieses Schaltklacken!

Das Alfa-Fahrwerk geht die Tempi locker mit – das des intensiv dreh- und schubkräftigen Direkteinspritzers ebenso wie das der mit 11,8:1 direkt übersetzten Lenkung.

Dazu passt es mit dem Komfort. So federt und dämpft der Alfa Romeo die Grobheiten von langen wie kurzen Wellen sorgsam weg, bewahrt aber stets die straffe Verbundenheit zur Straße – da kann ihn nur der adaptivgedämpfte Mercedes übertrumpfen. Ob es so für einen Podestplatz, den Sieg womöglich reicht? Aber nicht doch! Dazu tritt die schmal besetzte Assistenz zu amateurhaft auf, liegt der Testverbrauch (9,6 l S/100 km) zu hoch. Wenn Sie meinen, das seien kleine Schwächen, gar Charakterfeinheiten, die Sie für das große italienische Vergnügen gern hinnähmen, so hören Sie uns nicht widersprechen.

DIN A4

Trotz der hier eher kleinen 18-Zoll-Räder rollt der Audi A4 45 TSFI Quattro harsch ab, federt steif an und neigt auf welliger Fahrbahn zum Hoppeln.

Unser italienischster Moment mit dem Audi A4? Im Herbst 2015 bei der Präsentation des aktuellen Modells, für die Audi nach Venedig lud – eine Stadt, von der man womöglich nicht zu Unrecht vermutet, ihre Eignung für Fahrzeugerprobungen beschränke sich auf den maritimen Bereich. Daher fuhren und fotografierten wir am Festland, bis die Carabinieri uns stoppten, um zu fragen, was wir da trieben. Als wir antworteten, wir fotografierten ein neues Auto, fragten Sie, welches das denn bitte sein solle. Schon da prägte Unscheinbarkeit den Audi A4 45 TSFI Quattro, der sich vom Vorgänger stilistisch kaum unterschied. In rechten Schwung kam seine Karriere auch nach dem Facelift 2019 nicht, das der Karosserie mehr Prägnanz verlieh und den Drehdrücker als Infotainment-Hauptorganisator aussortierte.

Dass Audi den Wagen über all die Jahre in traditioneller Moderne gehalten hat, erweist sich etwa am Nebeneinander des modischen Touchscreen-Infotainments rechts vom Lenkrad und des ACC-Hebels links davon. Bei den anderen Autos lässt sich der Tempomat leichter über Tasten auf dem Lenkrad bedienen.

Doch vielleicht zeigt dieses kleine Detail, dass der A4 noch aus einer anderen Audi-Ära stammt. So erreicht er eine Solidität, die vom feinrastigen Klicken der Klimadrehregler bis in die Tiefen der Kofferraumverkleidung reicht. Und klar hat er alle Alltagssachen drauf mit dreifach klappbarer, abschließbarer Rücksitzlehne, bequemem Einstieg und vielen Ablagen. Seinen engräumigen Fond richtet der Audi A4 mit einer bequemen Bank ein. Pilot und Co. reisen im S-Line auf haltintensiven und langstreckenstützenden Sportsitzen. Es könnte also behaglich werden, auch weil der Zweiliter-Direkteinspritzer seine druckvolle Tatkraft so kultiviert arrangiert, dass selbst gelegentliches Anfahrzaudern und Schaltrupfen der alerten Siebengang-Doppelkupplungs-box kaum kümmert. Doch dann verhaspelt sich das Fahrwerk auf der ersten Unebenheit. Und auf der nächsten gleich wieder.

Trotz der hier eher kleinen 18-Zoll-Räder rollt der Audi A4 45 TSFI Quattro harsch ab, federt steif an, neigt auf welliger Fahrbahn zum Hoppeln und auf schweren Wellen zum Katapulten an der Hinterachse. Dabei ist es nicht so, dass das hoppelig-herbe Set-up zur Verschönerung des Handlings beitrüge. Bei dem hängt die Balance schief, mit der frontlastigsten Gewichtsverteilung (56,5 : 43,5 Prozent) wirkt es immer etwas bugschwersperrig. Stimmt, der A4 fährt mit makelloser Traktion, lange neutral und souverän. Er fegt fix durch die Fahrdynamikprüfungen. Doch die präzise Lenkung hält den Fahrer stets auf Distanz, weil sie so wenig an Rückmeldung rausrückt.

So bleibt der Audi A4 ein Auto für alle, die statt munterer Kurzweil hochwertige Beständigkeit von einem Auto erwarten. Einem, das trotz intensiver Fahrleistungen effizient fährt (Testverbrauch: 8,6 l S/100 km), routiniert assistiert und am wenigsten unerschwinglich teuer ist. Als Gegenpol zur Giulia ist es ein Wagen, von dem man vernünftigerweise niemandem jemals abraten könnte. Darin liegt die Stärke des Audi A4. Oder – auch so kann man es sehen – sein Drama.

330i: Es bebe der Sport

Die austarierte Gewichtsbalance (51,5 : 48,5) hält das Fahrverhalten des BMW im Neutralen.

Für das Dramatische? Ist der 3er gern zu haben, seit er 2019 in Generation G20 die Dynamik für sich wiederentdeckt hat. Unbedingte Dynamik gar, wenn es um die Testwagen geht, die BMW uns schickt. Die haben fast immer das M Sportpaket, das sie mit Sportfahrwerk, -lenkung (variabel), -bremsen, -sitzen und Aeropaket zur Steigerung der Agilität auftakelt. Was ihnen beim Slalom auf der Teststrecke auch gelingt. Sonst eher nicht.

Weil es auch dieser Testwagen übertreibt. Selbst in der Comfort-Stufe seiner Adaptivdämpfer rempelt der BMW 330i barsch über Unebenheiten. Besonders bolzt er über Querfugen, an denen auf Autobahnen ja kein Mangel herrscht. Dazu verzappelt die nervöse Lenkung den Geradeauslauf. Das Set-up ist einfach ein Stück drüber raus, um jenes Mindestmaß an Langstreckenkomfort zu bewahren, das man in dieser Klasse inzwischen immer erwartet.

BMW-Cockpit mit professioneller Assistenzabteilung.

Wobei dessen Mangel die Landpartie auch sehr vergnüglich macht. Denn die Kurverei, die hat der 3er drauf: Die handfeste, hochpräzise Lenkung lässt ihn in Kurven reinschnappen, das straffe Fahrwerk stemmt sich den ohnehin geringen Wankbewegungen entgegen, die austarierte Gewichtsbalance (51,5 : 48,5) hält das Fahrverhalten im Neutralen, bis der Allradantrieb beim Rausbeschleunigen ein paar Momentchen extra an die Hinterachse schubst, auf dass sich der BMW 330ixdrive ohne allzu große Strenge des ESP mit sachtem Heckdrang auf die Gerade hinausstemmt. Nur: Wenn die Gerade nicht eben oder die Kurve gar wellig ist, durchschüttelt das den Fahrfluss.

480 Liter Gepäckraum sorgen für genau das bisschen mehr an Platz, um hier von ausreichend zu sprechen.

Das kostet den 3er viele Punkte, aber deswegen nicht unbedingt Interessenten. Denn wer sich damit arrangiert, bekommt eine hyperagile, sehr fahrsichere Sportlimousine. Eine, die beim 330i ein klang- und drangintensiver, sparsamer Motor (Testschnitt 8,7 l S/100 km) voranbringt. Dessen Stärke verhilft die Achtstufenautomatik mal beflissen, mal schlagfertig zum großen Auftritt. Dazu bringt der 3er eine nicht allzu breit, aber professionell aufgestellte Assistenzabteilung und ein funktionsfülliges, über verständige Sprach- und eingängige Touchbedienung beherrschbares Infotainment mit, aber auch belanglose Digitalinstrumente. Er bietet genau dieses bisschen mehr am Platz für Passagiere und Gepäck, das man gerade nicht mehr als beengt, sondern schon als ausreichend empfindet, und integriert Pilot plus Co. am innigsten auf den hervorragenden Sportsitzen.

All das hat einen Preis – hier meinen wir das in Euro, und davon gleich 68.200 beim Testwagen, mit den Extras, die wir wegen des punkterelevanten Einflusses auf Komfort und Fahrdynamik einrechnen. Ob der BMW so noch mit dem Sieg rechnen kann?

Ganz großer C

10,9 Meter weit sollten zwei Mauern entfernt sein, damit die allradgelenkte C-Klasse in einem Zug dazwischen wenden kann.

Und damit zur Flutenverbindung. Nie gehört? Ach, das wäre schön, könnte uns nicht nur ein neuer E-Antrieb, sondern mal wieder ein handelsüblicher Zweiliter-Turbo-Benzindirekteinspritzer mit einem neuen Begriff versorgen, um unsere Sachverständigkeit zu demonstrieren. Jedenfalls nennt Mercedes so die Wirkungsweise des Twin-Scroll-Turboladers beim Benzinmotor M254, bei dem zwei Luftströme in je einen Kanal münden. Bei dieser Weiterentwicklung des Segmentturboladers griff Mercedes auf die Kompetenz des eigenen Formel-1-Teams zurück. So soll der 20-kW-Overboost-fähige Lader auch ohne variable Schaufelgeometrie früh und eilig ansprechen. Zudem unterstützt ein 48-Volt-Mildhybridsystem den Antrieb in seiner Effizienz- und Leistungsbereitschaft. In Rollphasen knipst es den Verbrenner aus und übernimmt die Energieversorgung. Ansonsten boostet sein interner Startergenerator mit 17 kW und 200 Nm beim Anfahren und Beschleunigen.

Was prächtig klingt, aber nicht arg viel bringt. So richtig locker bekommt der Antrieb den schweren Allradler nicht in Schwung. Um Giulia, A4 und 3er hinterherzueilen, muss der Motor drehen. Dann neigt er dazu, Manieren und Effizienzbemühungen zu vernachlässigen (Testverbrauch: 9,0 l S/100 km).

Was einerseits wieder zeigt, dass so ein Turbodiesel eine hervorragendere Antriebsart war, aber andererseits die Brillanz der Mercedes C-Klasse wenig mindert. Obgleich schon drei Jahre alt, ist der Mercedes hier das jüngste Auto. Das zeigt sich nicht nur in der modernsten Infotainment-Darbietung, sondern auch in der Qualität des Head-up-Displays und der Lichttechnik. Mit 1,3 Millionen Mikrospiegeln pro Scheinwerfer projiziert das Digitallicht sogar Warnsymbole oder Lenkleitspuren auf die Fahrbahn.

Ebenso sehr überstrahlt die C-Klasse die Rivalen beim Komfort. Mit den Adaptivdämpfern im Comfort-Modus überflauscht sie selbst grobe Stöße, schwingt auf langen Wellen dennoch nicht nach und schafft einen Federungskomfort, mit dem sie auch eine Klasse höher auftreten könnte. Die Dämpfer packt Mercedes übrigens ins Technik-Paket – zusammen mit der Hinterachslenkung. Es kostet erhebliche 2.088 Euro Aufpreis. Die ist es aber tatsächlich wert.

Der C 300 steht nach 33,1 Metern von 100 km/h auf 0. An der Stelle hat der Volvo noch 34 km/h Resttempo drauf.

Dass sich die Hinterräder mit bis zu 2,5 Grad an der Richtungsänderung beteiligen (bis 60 km/h gegen-, darüber gleichsinnig), verschafft der Mercedes C 300 4Matic gleichermaßen erstaunliche Gewandtheit in Belangen der Handlichkeit wie geschmeidige Souveränität in jenen des Handlings. Anders als beim BMW drängt sich die Dynamik nie in den Vordergrund. Aber das enorm sichere Fahrwerk und die brillante Lenkung haben alles parat, sobald du es brauchst. Der Sport-Modus zieht die Kennlinien von Lenkung und Dämpfer um ein Maß an, optimal für schwungvolle Landstraßenrunden, weit entfernt von jener Ruppigkeit, die der BMW veranstaltet.

Bei der Bedienung tastet man sich durch niederschichtige Menüs oder plaudert mit der Sprachassistenz.

Dann rückt die C-Klasse näher an ihren Fahrer heran, den sie andererseits eben auch auf langen Strecken ganz in stressloser Ruhe lassen kann. Um die kümmert sie sich mit sorgsamer Geräuschdämmung, bequemen Sitzen, diskreter, aber kompetenter Assistenz sowie der – bei gelassenem Fahren – weich und fachkundig schaltenden Neunstufenautomatik. Aus dieser Behaglichkeit reißt einen aber beim Bremsen das matschige Pedalgefühl – es fühlt sich erst an, als reagiere die Anlage nicht, dabei verzögert sie im Test mit Bestwerten. Das bleibt die einzige echte Schwäche des ausreichend geräumigen, hochwertig-solide eingerichteten, teuren, aber wertstabilen Mercedes. Ob er also die Favoritenrolle übernehmen kann? Na, Flut und gerne.

S60: Elch ein Volvo

Ach, für uns Skandinavien-Romantiker ist Schweden doch glatt das Italien des Nordens. Statt Österreich und dem Brenner liegen eben Dänemark und der Öresund zwischen uns. Aber nein, auf die Idee, den Volvo S60 als die schwedische Giulia zu bezeichnen, kommen wir nicht – und nicht nur, weil er dafür womöglich besser Agneta heißen müsste. Doch tatsächlich ist auch der S60 eine Art besonderes Auto, eines, das nur Volvo gelingt. Eines, das eine geradezu vollumfängliche Geborgenheit schafft.

Die grandiosen Vordersessel schaffen eine vollumfängliche Geborgenheit und laden zum Reinschmiegen ein.

Die entsteht schon gleich nach dem Einsteigen mit dem Reinschmiegen in diese grandiosen Vordersessel oder auf der zu tief montierten, doch kuscheligen Rückbank im muckelig niedrigen Fond. Sie wirkt durch den unaufgeregten, gleichwohl sehr hochwertigen Reduktionsstil von Instrumentierung, dem etwas vertrackten Touchscreen-Infotainment (brillant dabei aber: Google-Navi-Präzision) und der Einrichtung. Doch gründet sie nicht auf Empfindungen allein, sondern auf dem schwedenstählernen Fundament der Karosserie und einer Assistenzsystematik, die auf einer gemeinsamen Plattform zusammenwirkt – mitunter übervorsichtig. Doch Risikobereitschaft in Sicherheitsbelangen dürfte das Letzte sein, was man von einem Volvo erwartet.

Was uns aber direkt zu den Bremsen bringt, die den Volvo S60 B5 AWD standfest verzögern. 37,6 Meter aus 100 km/h sind ein guter Wert – also, wenn man etwa im Jahr 2004 hängen geblieben ist. Heute darf man unter 35 Meter erwarten, erst recht bei einem Volvo.

12,4 m benötigt der Volvo S60, um in einem Zug wenden zu können.

So, da wir damit das Ärgste angesprochen hätten, könnten wir gleich mit dem Zweitärgsten am etwas innenraum- und ladeabteilknappen S60 weitermachen: dem Komfort. Oder besser, dem Mangel davon, besonders ohne Zuladung. Dann spricht die Federung nur unwirsch an, nimmt bei langsamem Tempo viele Unebenheiten mit. Mit Beladung bessert sich das. Wobei: Die Querblattfeder, gefertigt aus einem Verbundstoff auf Basis von Matrixharz und Polyurethan, spricht dann zwar umgänglicher an, wippt bei langen Wellen aber nach. Diskreter tritt das Handling auf, da die Lenkung zwar über Leichtgängig- und Verlässlichkeit verfügt, aber kaum über relevante Präzision und Rückmeldung. So geht der allradgetriebene Volvo S60 (maximal 50 Prozent der Kraft leitet die Lamellenkupplung an die Hinterachse) eine Kurve nicht als Vergnügung, sondern als nüchternen Auftrag zu einem sicheren Richtungsmanöver an. Dabei sind die Karosseriebewegungen deutlich stärker als die Dynamikambitionen.

So richtig dynamisch geht es auch sonst nicht voran – und nein, damit bejammern wir nicht das von Volvo auferlegte Maximaltempo von 180 km/h. Denn obwohl die 250 PS und 350 Nm des kernigen Benziners noch mit 10 kW/50 Nm vom Mildhybridsystem unterstützt werden, schnellt der B5 nicht gerade voran. Er steigert eben seine Geschwindigkeit, schon mit Druck, aber ohne großen Drang – und ohne hohe Effizienz (Testschnitt: 9,0 l S/100 km).

Von 0 auf 100 km/h beschleunigt der Volvo in 7,5 Sekunden.

Wobei es auf die etwas höheren Kraftstoffkosten nicht ankommt – die gleicht der S60 als Ultimate Dark mit seiner festlichen Serienausstattung locker wieder aus. Wobei auch die nichts daran ändert, dass sich der Volvo S60 B5 AWD aus dem Gerangel um die vorderen Plätze heraushält. Wer ihn – oder den Alfa – dennoch kauft, aber mitunter fürchtet, ob das richtig war, den erinnern wir gerne an die weisen Worte des großen Oscar Wilde: "Unsicherheit ist das wahre Wesen der Romantik." Und so sind S60 und Giulia doch nicht weniger als Autos für fortgeschrittene Romantiker.

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Fazit

1. Mercedes C 300 4Matic
595 von 1000 Punkte
2. Audi A4 45 TFSI Quattro S line
590 von 1000 Punkte
3. BMW 330i xDrive M Sportpaket
575 von 1000 Punkte
4. Alfa Romeo Giulia 2.0 Turbo Q4 Veloce
527 von 1000 Punkte
5. Volvo S60 B5 AWD Ultimate Dark
516 von 1000 Punkte
Technische Daten
Mercedes C 300 4Matic Audi A4 45 TFSI Quattro S lineBMW 330i xDrive M SportpaketAlfa Romeo Giulia 2.0 Turbo Q4 VeloceVolvo S60 B5 AWD Ultimate Dark
Grundpreis61.368 €54.400 €62.500 €61.300 €61.700 €
Außenmaße4793 x 1820 x 1446 mm4762 x 1847 x 1428 mm4713 x 1827 x 1440 mm4650 x 1860 x 1438 mm4778 x 1850 x 1431 mm
Kofferraumvolumen455 l460 l480 l480 l427 l
Hubraum / Motor1999 cm³ / 4-Zylinder1984 cm³ / 4-Zylinder1998 cm³ / 4-Zylinder1995 cm³ / 4-Zylinder1969 cm³ / 4-Zylinder
Leistung190 kW / 258 PS bei 5800 U/min195 kW / 265 PS bei 5250 U/min180 kW / 245 PS bei 4500 U/min206 kW / 280 PS bei 5250 U/min184 kW / 250 PS bei 5400 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h250 km/h240 km/h180 km/h
0-100 km/h6,3 s5,6 s5,9 s5,7 s7,5 s
Verbrauch6,7 l/100 km
Testverbrauch9,0 l/100 km8,6 l/100 km8,7 l/100 km9,6 l/100 km9,0 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 14 / 2024

Erscheinungsdatum 20.06.2024

148 Seiten