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Vernetzung - C-V2X Europapremiere
Wie Autos sprechen und mit wem

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Raus aus dem Labor, rauf auf die Straße! BMW, PSA und Ford setzen in Sachen vernetztes Auto voll auf eine Technologie, die Autos und Infrastruktur übers Mobilfunknetz miteinander verbindet. In Frankreich durfte C-V2X zeigen, was in ihm steckt. auto motor und sport war mit dabei.

Treffen sich ein BMW i3, ein Peugeot 2008, ein Citroën DS5 und ein Ford Mondeo zu einem netten Gespräch. Was beginnt wie ein sehr lahmer gespielter Witz, ist in der Realität eine ganz entscheidende Hürde auf dem Weg hin zu vernetzten Fahrzeugen: Wie können Fahrzeuge verschiedener Hersteller miteinander kommunizieren. Spricht ein Ford auch BMW? Ein BMW auch PSA? Kann der Citroën vielleicht sogar Ampel? Und spricht ein PSA-Modell eigentlich auch BMW Motorrad? Die gute Nachricht: Ja, das tun sie. Die Schlechte: Das ist alles gar nicht so einfach.

Unsere Highlights

Autos können miteinander „sprechen“

5GAA
Sechs Fahrzeuge von drei Herstellern und dennoch klappt die Kommunikation. Eine gemeinsame Funk-Sprache macht es möglich.

Frankreich im Sommer 2018, eine Stunde südwestlich von Paris. Es gibt bedeutend glamourösere Veranstaltungsorte als das Autodrome in Linas-Montlhéry. Eine in die Jahre gekommene Rennstrecke, die auf maximal 12,5 Kilometern Länge Dramen gesehen, Rekorde ermöglicht und Helden geboren hat. Heute: Viel zu groß, für den internationalen Rennzirkus, abgehängt von den Vermarktungsmaschinen der großen Rennserien und Motorsport-Taktgeber. Und doch hat Montlhéry eine Zukunft. Zumindest ein bisschen. Denn die Zukunft der Mobilität braucht aktuell vor allem Platz. Einen Ort, an dem man gefahrlos ausprobieren kann, was uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten dabei helfen soll, schneller, effektiver, umweltschonender und vor allem sicherer mobil zu sein. Platz haben sie in Montlhéry ohne Ende. Und genau deshalb hat die 5GAA hierher eingeladen. Eine Präsentation ohne Pomp und Drumherum-Schnickschnack. Fünf Autos von drei verschiedenen Herstellern, die zeigen sollen, dass sie miteinander sprechen können. Und mit der Infrastruktur drumherum.

Welcher technische Standard setzt sich durch?

Aber der Reihe nach: 5GAA steht für „5G Automotive Association“, eine Interessensvertretung von Automobilindustrie, Technologiekonzernen und Zulieferern, die sich seit 2016 für die Entwicklung und Einführung der C-V2X-Technolgie inklusive des 5G-Mobilfunkstandards einsetzt. C-V2X steht für Cellular Vehicle to X (Communication), zu deutsch: Mobilfunkbasierte Kommunikation von Fahrzeug zu Allem (X), sprich zu andere Fahrzeugen oder Infrastrukturelementen.

Inzwischen zählt die 5GAA beinahe 90 Mitglieder. Es ist alles dabei, was global Autos entwickelt, baut oder Technologie zuliefert. Heute in Montlhéry sind es BMW, PSA und Ford, die stellvertretend für den Rest der 5GAA zeigen, wie weit die Technik ist. Ein Szenario heißt „Emergency Electronic Brake Light“. Zwischen zwei 5GAA-Autos versperrt mindestens ein Blocker-Fahrzeug die Sicht auf die Straße. Dennoch empfiehlt das Multifunktionsdisplay des ganz hinten fahrenden Ford Mondeo plötzlich, scharf zu bremsen. Warum? Weil der Peugeot 3008 zwei Fahrzeuge weiter vorne gerade voll in die Eisen gegangen ist und Bescheid gesagt hat. Dem Ford und allen anderen Fahrzeugen mit 5GAA-Technologie in Reichweite.

Funk ist schneller als Telefon

5GAA
Damit das Auto mit der Infrastruktur sprechen kann, müssen zum Beispiel Übergänge für Fußgänger mit kleinen Sendern ausgestattet werden.

5G, bzw. der Mobilfunkstandard der nächsten Generation, hat damit technisch genau genommen nichts zu tun. In diesem Fall wird nämlich nicht per Mobilfunk kommuniziert. Das wäre viel zu langsam. Botschaften, die übers Mobilfunknetz übertragen werden, haben eine zu große Latenz, bzw. eine zu lange Verzögerung. Nur Bruchteile von Sekunden zwar, aber für sicherheitsrelevante Echtzeit-Informationen nicht schnell genug. Deshalb funken die 5GAA-Autos zusätzlich auch auf einer Funkfrequenz mit 5,9 Gigahertz. Die wurde mehr oder weniger weltweit für genau diesen Anwendungsfall reserviert: Car-to-Car-Kommunikation.

Hinter der nächsten Kurve steht eine provisorische Ampel, von der wir bereits lange vor unserer Ankunft wissen, dass sie noch 7 Sekunden grün sein wird, gefolgt von einer fünfsekündigen Rotphase. Ampeln die Verkehrsteilnehmer (und Navis) informieren, wie lange welche Phase dauern wird. Man muss kein Visionär sein um sich vorstellen zu können, wie heilsam so etwas für verstopfte Innenstädte sein könnte.

Ein Chip für Funk und Mobiltelefon

Ergänzt man diese Szenarien rund um die direkte Kommunikation von Fahrzeugen und Infrastruktur noch um die Mobilfunk-Komponente, die der kommende 5G-Standard leisten kann, wird’s interessant. Zu den Echtzeit-Informationen aus der unmittelbaren Umgebung kommen dann nämlich noch Daten aus dem weiteren Umfeld hinzu. Ein Unfall, fünf Kilometer voraus? Glatteis unter der nächsten Autobahnbrücke? Kein Problem, die Hinweise dazu kommen aus dem 5G-Mobilfunknetz.

Der Chip, der die Funkerei übernimmt, kommt in diesem Fall von Qualcomm und ist in allen Fahrzeugen verbaut, die in Montlhéry unterwegs sind. Damit ist es aber noch nicht getan. Entscheidend ist das Protokoll, über das die Fahrzeuge im 5,9 Gigahertz-Band miteinander sprechen. Im Fall der C-V2X-Fahrzeuge basiert dieses Protokoll auf dem 3GPP-Standard (3rd Generation Partnership Project), der global unter anderem die Kommunikation im LTE-Mobilfunknetz regelt. Heißt: der BMW i3, der Ford Mondeo, der Citroën DS5, der Peugeot 3008, die Ampel und der Fußgängerübergang sprechen alle eine Sprache: 3GPP. Und damit klappt es auch mit der herstellerunabhängigen Unterhaltung.

Eine „Sprache“ für Übertragungstechniken

5GAA
Bei BMW sind auch die Motorräder Teil des Vernetzungsprojekts.

Oder noch detaillierter: Autos und Infrastruktur aus dem 5GAA bzw. C-V2X-Umfeld sprechen in einer Sprache miteinander, die auf Mobilfunkstandards basiert. Und genau da wird es dann kompliziert. Neben der von 5GAA propagierten Technik C-V2X gibt es nämlich noch eine weitere Option, für die das Car Communication Consortium (CCC) steht: IEEE 802.11p. Heimvernetzungsbastler kennen die kryptische Zahlenfolge: IEEE 802.11p ist ein WLAN-Standard, allerdings ein speziell auf die Nutzung in vernetzten Fahrzeugen ausgerichteter. Daran arbeitet man in den USA und Europa bereits seit rund 15 Jahren, allerdings unter zwei verschiedenen Namen. Gefunkt wird, wie bei der direkten C-V2X-Kommunikation übers 5,9 Gigahertz-Band, die Sprache folgt aber eben nicht dem LTE-, bzw. 3GPP-, sondern dem WLAN-Protokoll. Deshalb sind die Systeme von CCC und 5GAA auch nicht kompatibel.

IEEE 802.11p ist technisch sehr weit entwickelt, arbeitet mit minimalsten Latenzen und hat seine Leistungsfähigkeit längst unter Beweis gestellt. Im CCC-Konsortium sind teilweise die gleichen Firmen aktiv, die auch bei 5GAA mitmischen. Warum also droht dennoch 5GAA das Rennen zu machen? Weil die IEEE 802.11p-Lösung ohne die Mobilfunk-Komponente auskommen muss und im Zweifel höhere Infrastrukturinvestitionen verlangt. Die Rechnung der 5GAA-Befürworter ist einfach: Wenn 5G ab 2020 global massiv eingeführt wird, muss der schnelle Mobilfunkstandard eh ins Auto, alleine schon um die riesigen Datenmengen, die beim autonomen Fahren anfallen, zu übertragen. Und weil C-V2X ebenfalls eine Mobilfunksprache spricht, liegt die Entscheidung für 5GAA nahe. Außerdem müssen in einem dichten 5G-Netz deutlich weniger der für die direkte Kommunikation nötigen 5,9 GHz-Einheiten in die Infrastruktur integriert werden, als bei der 802.11p-Lösung. Einen Teil der Aufgaben dieser Einheiten übernimmt dann ja das 5G-Netz.

Am Ende entscheidet die Industrie bzw. – das Geld

Egal welchen technischen Ansatz man aber gerade präferiert, alles steht und fällt mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Und da hat aktuell 5GAA deutlich die Nase vorne. China hat bis 2020 eine sehr ambitionierte Roadmap für die C-V2X-Einführung festgelegt und damit Fakten geschaffen. In den USA ist die NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) inzwischen immerhin so weit, nicht mehr eines der Systeme zu empfehlen, sondern hat sich technisch neutral aufgestellt. Heißt: die Industrie entscheidet. Und Europa? Ist noch nicht soweit. Geht es nach den 5GAA-Treibern, wird es aber auch in der EU auf eine Technologie-Neutralität rauslaufen. Dann würde auch hier die Industrie entscheiden. Und die präferierte aktuell ziemlich eindeutig C-V2X.

Fazit

Beim Thema direkte Kommunikation zwischen Fahrzeug und Infrastruktur gibt es im Duell zwischen C-V2X und 802.11p keinen Sieger, da beide mehr oder weniger die identische Technologie nutzen. Aber: Es geht in der Frage nach dem richtigen System für die Zukunft um Kosten. Und Geschwindigkeit. Beides scheint aktuell für 5GAA zu sprechen. Autofahrern wird es am Ende egal sein. Was zählt ist lediglich, in Europa nicht abgehängt zu werden.

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MOOVE 01 / 2024

Erscheinungsdatum 07.12.2023

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