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Potential Verbrennungsmotor
95 Gramm dank Downsizing und Hybridtechnik

Angesichts der aktuellen Euphorie um die Elektromobilität scheint Diesel- und Ottomotor der Platz auf dem Abstellgleis sicher. Dabei ist deren Potenzial wohl noch lange nicht ausgeschöpft.

Diesel-Einspritzung
Foto: Archiv

Spätestens seit Bundeskanzlerin Merkel Deutschland zum künftigen Leitmarkt der Elektromobilität ausrief, werden dem Elektroantrieb glänzende Perspektiven prognostiziert. Doch klar ist inzwischen: Die Zukunft muss noch ein wenig warten. Gerade mal 4.500 Elektroautos verlieren sich derzeit in der Masse der rund 43 Millionen Pkw in Deutschland. Und Experten erwarten bis zum Jahr 2020 weltweit einen Marktanteil von maximal drei Prozent. Die automobile Welt wird sich also noch nicht grundlegend verändern, und es führt kein Weg daran vorbei, dass die weltweiten Zielwerte zur Minderung der CO2-Emissionen zum weit überwiegenden Teil von Verbrennungsmotoren erbracht werden müssen.

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Natürlich haben Autohersteller die Verbrauchs- und CO2-Minderung längst als Werbeargument erkannt und senden Erfolgsbotschaften – oft gehüllt in prozentuale Verbesserungsmargen – in die Welt. Ohne definierte Ausgangsbasis sind die allerdings kaum aussagefähig. Was bedeutet dies nun für den europäischen Markt?

CO2-Ausstoß soll bis 2020 auf 95 g/km gesenkt werden

Die EU-Kommission hat ihre Mitgliedsländer bis 2015 zu einem CO2-Emissionsziel von durchschnittlich 130 Gramm pro Kilometer verpflichtet, was gegenüber dem Beschlussjahr 2009 – da lag der CO2-Ausstoß neuer Pkw bei 146 g/km – eine Minderung um elf Prozent bedeutet. Bis 2020 ist die Marge von nur noch 95 Gramm pro Kilometer angestrebt, was dann rund 35 Prozent entspräche. Und bis 2025 hat die EU-Kommission bereits eine Minderung um rund 50 Prozent auf 70 Gramm CO2-Emissionen pro Kilometer für ein durchschnittliches Neufahrzeug ins Auge gefasst. Das entspräche bei Benzinern einem Verbrauch von rund drei, bei Dieseln gar nur 2,6 Liter auf 100 Kilometer. Das sind ambitionierte Ziele, die vor wenigen Jahren noch als reichlich utopisch galten.

Doch Ingenieure wie Jürgen Gerhardt, Entwicklungsleiter bei Bosch, senden eine klare Botschaft aus: Mit einem Technikmaßnahmen-Paket bis hin zur teilweisen Hybridisierung ist das 95-Gramm-Ziel erreichbar. Erst jenseits davon dürfte die Luft für Otto- und Dieselmotor dünn werden. An einer schrittweisen Elektrifizierung und vor allem an zusätzlichen verbrauchsmindernden Maßnahmen am Fahrzeugkonzept wird dann kein Weg mehr vorbeiführen. Doch ist die Beschlusslage hier noch nicht wirklich klar.

Direkteinspritzung als Voraussetzung für effektives Downsizing

Marktszenarien in Europa gehen für das Jahr 2020 von einem 50:50-Anteil für Benzin- und Dieselmotoren aus. Für das Flottenverbrauchsziel müssen also beide Verbrennungskonzepte ihren Beitrag leisten. Wirkungsvollstes und damit zentrales Rezept ist das Motorendownsizing. Dahinter steht die Erkenntnis, dass Verbrennungsmotoren dann ihren besten Wirkungsgrad erzielen, wenn man ihren Hauptbetriebsbereich hin zu höherer spezifischer Leistung verschiebt. Konsequenz sind hubraumkleinere Motoren, die in höherem Lastbereich laufen müssen. Betreibt man die Hubraumverringerung zudem mit weniger Zylindern als zuvor, werden auch Reibungsverluste und thermische Verluste kleiner, ebenso die bewegten Massen – ein weiteres Plus in Sachen Effizienz. Die Leistungseinbuße bei reduziertem Hubraum wird mittels Turbolader kompensiert, der die Luftzufuhr künstlich steigert. Aufladung und Hubraumverkleinerung werden beim Downsizing somit zum unzertrennlichen Geschwisterpaar, das allein für eine Verbrauchsverbesserung von zehn bis zwölf Prozent gut ist.

Wie beim Diesel sehen Motorenentwickler auch beim Benzinmotor Direkteinspritzung als Voraussetzung für effektives Downsizing, denn mit dem eingespritzten Kraftstoff lässt sich eine gute Kühlung der verkleinerten Brennräume erzielen und zudem eine effektive Zylinderspülung ohne Kraftstoffverluste beim Ladungswechsel. So lassen sich gute Drehmomentwerte schon bei niedrigen Drehzahlen erzielen, wie man sie vom Diesel kennt. Zusätzlich kann dieser Effekt (Downspeeding) mit weiter gespreizten Getriebeübersetzungen spritsparend genutzt werden.

Aus sechs werden vier Zylinder

Ein Gutteil des Sparpotenzials der Selbstzünder, die heute fast durchweg Turbodiesel sind, ist letztlich als Downsizing-Konzept zu interpretieren. Doch auch seine Möglichkeiten sind noch nicht ausgereizt: Höherer Ladedruck in Kombination mit Einspritzdrücken bis 2.500 bar verspricht weitere Verbesserungen bei Leistungsausbeute und Verbrennungsqualität.

Klar ist beim Downsizing auch der Trend vom Sechs- zum Vierzylinder – Beispiel BMW – und immer häufiger, wie bei Ford, Peugeot, Renault oder VW, vom Vier- zum Dreizylinder als Basismotorisierung. Konsequenter ist nur Fiat mit seinem aufgeladenen Zweizylinder, der im Fiat 500 schon heute das 95-Gramm-CO2-Ziel erreicht.

Ein sozusagen zeitweiliges Downsizing praktiziert die Zylinderabschaltung. Der jüngste, wenn auch nicht wirklich neue Trend wird jetzt von Audi, VW und sogar von AMG-Mercedes verfolgt. Weniger erstaunt diese Kur bei V8-Motoren, die zu Teilzeit-Vierzylindern mutieren, sondern vielmehr beim 1.4 TSI von VW, wo im Teillastbereich zwei Zylinder deaktiviert werden. Das soll rund 0,4 Liter Sprit auf 100 Kilometer einsparen, bei Konstantfahrt in moderatem Tempo sogar mehr.

Das Geheimnis liegt im Detail

Weiteres Einsparpotenzial verbirgt sich dort, wo die Beatmung des Motors behindert und damit seine Effizienz geschmälert wird. Die Entwickler sind daher bestrebt, den Kompromiss fester Ventilsteuerzeiten aufzulösen und sie an unterschiedliche Last- und Drehzahlpunkte anzupassen. Beim Ottomotor lässt sich dies durch variable Ventilsteuerzeiten an Ein- und Auslassventilen erreichen. Das beeinflusst nicht nur den Verbrauch, sondern auch das Drehmomentverhalten positiv. Die unabhängige Phasenverstellung der Ventile, wie sie etwa BMW mit Doppel-Vanos umsetzt, erfordert zwei getrennt stufenlos verstellbare Nockenwellen. Konzepte wie die BMW-Valvetronic oder Univalve von KS variieren zudem den Ventilhub. Das entdrosselt den Ladungswechsel weiter, kann so mittelfristig die Drosselklappe überflüssig machen und damit in der Praxis zu Verbrauchseinsparungen im einstelligen Prozentbereich beitragen.

Weitere Optimierung könnte eine zylinderselektive, vollelektrische Ventilsteuerung bringen, ein komplexer und daher teurer Technik-Schritt. Doch der muss sich, wie die anderen Bausteine auch, jeweils einer Kosten-Nutzen-Abwägung unterziehen. Klar ist: Die letzten Schritte zum Gipfel sind immer die teuersten.

Präzision der Abläufe müssen weiter verbessert werden

Das gilt auch für eine variable Ventilsteuerung beim Diesel, die dort primär für die Auslassventile eingesetzt werden soll, um so eine höhere Abgastemperatur für schnelleres Aktivieren der Abgasnachbehandlung zu erzielen. Überhaupt ist es bei der noch möglichen Optimierung im Verbrennungsprozess oberstes Gebot, die Präzision der Abläufe weiter zu verbessern und Toleranzen einzuengen. Beim Dieselmotor werden wir daher zunehmend Glühkerzen erleben, die zugleich als Drucksensoren während der Verbrennung agieren. Nur so wird zusammen mit schnellen Prozessoren die vorgelagerte präzise Steuerung künftig gelingen.

Neben den genannten Kernthemen flankieren allerdings weitere Technik-Bausteine die Optimierung des Verbrennungsmotors. Dazu gehört ein ausgeklügeltes Thermomanagement, ein Generator, der zum Laden der Batterie primär den Schubbetrieb nutzt, sowie bedarfsabhängig elektrisch angesteuerte Nebenaggregate wie Öl- und Kühlmittelpumpe, Klimakompressor oder Servolenkung – Elemente, die Stück für Stück bereits in neuen Modellen auftauchen. Und selbst reibungsoptimierte Kolbenringe oder Nadellager liefern ihren kleinen, aber nicht unwichtigen Beitrag zur CO2-Minderung.

Ausgehend vom Stand 2009 ist die CO2-Zielvorgabe 2020 und damit ein Einsparpotenzial um 30 Prozent für Verbrennungsmotoren ein sehr realistisches Ziel. Zusätzliches Einsparungspotenzial durch hybride Antriebskonzepte kann weitere zehn Prozentpunkte einbringen. Noch ehrgeizigere Ziele jedoch, die eine Verbrauchshalbierung anstreben, sind ohne konzeptionelle Eingriffe am Auto selbst derzeit nicht vorstellbar.

Der Kampf gegen die Fahrwiderstände

Knapp drei Viertel des Kraftstoffeinsparpotenzials entfallen auf Motor- und Antriebstechnik. Klar ist aber auch, dass die Fahrwiderstände den Verbrauch deutlich beeinflussen. Sie zu verringern ist daher Teil der Strategie zur CO2-Minderung. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der Rollwiderstand, der vor allem durch die Walkarbeit der Reifen beim Fahren verursacht wird. Indirekt geht darin jedoch auch das Gewicht des Autos ein. Im Rollwiderstand verbesserte Leichtlaufreifen sind deshalb ebenso wichtig wie das Fahrzeuggewicht. 100 Kilogramm weniger, so besagt eine Faustformel, vermindern den Verbrauch um 0,2 bis 0,3 Liter auf 100 Kilometer.

Mit der Geschwindigkeit steigt der Rollwiderstand leicht an, wird ab etwa 75 km/h allerdings vom stets wachsenden Luftwiderstand übertroffen, der dann den Löwenanteil des Fahrwiderstands ausmacht. Verbesserte Aerodynamik ist deshalb für das verbrauchsoptimierte Auto der Zukunft mit entscheidend.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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