Über Motoren, in denen nass laufende Zahnriemen arbeiten, haben wir in jüngster Zeit einige Artikel veröffentlicht, die über das technische Prinzip aufklären, die Risiken erläutern, sowie die entsprechenden Modelle auflisten, in denen sich solche "Problemriemen" finden. Damit möchten wir nicht einfach abschrecken, sondern vor allem informieren. Denn nur wer sich gut auskennt, weiß, welche Bedingungen beim Kauf eines solchen Motors zählen, und wann man lieber auf einen anderen Wagen zurückgreifen sollte. Dass mittlerweile die meisten Hersteller von Motoren mit Ölbad-Zahnriemen in irgendeiner Form reagiert haben – etwa mit der Umstellung auf Steuerketten, bestätigt die Wichtigkeit dieser Thematik. Genau so lief es nämlich im Großkonzern Stellantis ab, wo der Massenmotor 1.2 PureTech schon ab etwa 2022 sukzessive auf einen Kettenantrieb für die Nockenwellen umgestellt wird. Heute möchten wir eine wichtige Informationslücke schließen: Was, wenn Sie einen solchen Problemmotor bereits besitzen? Gibt es wichtige Pflegemaßnahmen? Wäre es sinnvoll, den Wagen lieber zu verkaufen? Wie kann ich den Riemen selbst prüfen? Das alles beantworten wir hier.
Diese Motoren sind betroffen
Bevor wir ins Detail gehen, zunächst nochmal die Aufstellung der betroffenen Motoren. Es handelt sich um folgende Motor-Kennbuchstaben, die seit 2014 als "1.2 PureTech" in Stellantis-Konzernfahrzeugen verbaut werden:
- EB2FA
- EB2DT
- EB2ADTD
- EB2DTS
- EB2ADTS
Zu finden ist der Motorcode in Zeile 21 des CoC-Zulassungsdokumentes, beziehungsweise in einigen Fällen in Zeile B2 der Zulassungsbescheinigung Teil 1 (Fahrzeugschein).
Die betroffenen Modelle sind: Citroën Berlingo , C1 , C3 , C4 , C4 Picasso/ Spacetourer , C5 Aircross C5-X, DS3 , DS3 Crossback, DS4 , DS7, Fiat Doblò , Jeep Avenger, Opel Corsa , Crossland (X), Mokka , Grandland (X), Peugeot 108, 208, 308, 2008, 3008, 5008, Partner , Rifter , Toyota Aygo , ProAce City. Aufgrund der auftretenden Probleme hat Stellantis in neueren Versionen des 1.2 PureTech-Motors auf einen Steuerkettenantrieb umgestellt. Diese Modifikationen sind seit etwa 2022 in Produktion und sollen die bekannten Probleme des nasslaufenden Zahnriemens beheben. Aufgrund der enorm weiten Verbreitung des Motors gibt es keinen einheitlichen Zeitpunkt, ab dem standardmäßig die Version mit Kette verbaut ist. Es handelt sich um Modelle, die ab Mitte 2023 vorgestellt beziehungsweise erneuert worden sind. Wer jedoch sichergehen will, kann sich darauf verlassen, dass hinter den Motorcodes EB2LTED/EB2LTEDH2 zwangsläufig immer Kettenmotoren stecken. Diese Motoren arbeiten zum Beispiel in Stellantis-Neuerscheinungen wie dem Peugeot 408, dem Opel Frontera, oder auch dem Fiat 600.
Das Problem erklärt
Ein Ölbad-Zahnriemen, soviel sei in aller Kürze erklärt, soll im Vergleich zu einem herkömmlichen, trocken laufenden Riemen in erster Linie Vorteile in Sachen Effizienz und Laufruhe bringen. Die Benetzung mit dem Motoröl soll Reibung vermindern und dem Gummi eine höhere Elastizität bei gleichzeitig verbesserter Haltbarkeit erlauben. Klingt vertrauenerweckend. Rekordverdächtige 240.000 Kilometer gab Stellantis zu Anfang als Wechselintervall für den Zahnriemen im Dreizylinder-Benziner 1.2 PureTech an. Das große Problem an der Sache entpuppte sich erst einige Zeit später. Obwohl für den permanenten Kontakt zum Motoröl ausgelegt, erwies sich das Gummimaterial des Zahnriemens doch als empfindlich gegenüber der chemischen Einwirkung. Sprich: Das Motoröl lässt den Gummi trotzdem aufquellen. Um dem entgegenzuwirken, hatte Stellantis schon zu Anfang eine ganz bestimmte Ölspezifikation festgelegt, die genau dies verhindern soll. Achtung: Das bedeutet nicht einfach dass die Viskosität passen muss (also zum Beispiel die recht weitverbreitete Ölsorte 5W30), sondern ganz ausdrücklich die Spezifikation PSA B71 2312, die keineswegs von allen Ölherstellern und an jeder Tankstelle zu finden ist. Außerdem hat Stellantis die Riemen mit einem Isolationslack lackiert.

Beim Kauf und Verkauf von betroffenen Gebrauchtwagen sind Nachweise über die penibel geführten Wartungen des Motors bares Geld wert.
Was über Jahrzehnte bei den mit Abstand allermeisten Motoren völlig unbedenklich ist, das Nachfüllen von einigen Millilitern rasch gekauften Öles der richtigen Viskosität zur Korrektur des Ölstands, kann im PureTech bereits für eine erste Degradation des Zahnriemens sorgen. Mehr noch: Bei dem Motor handelt es sich um einen modernen Direkteinspritzer mit Abgasrückführung und (meistens) Turboaufladung. Die laufen zwar sehr effizient, jedoch vor der entsprechenden Abgasreinigung keineswegs sauber. Konstruktionsbedingt sammeln sich recht viele Rußpartikel im Motoröl. Im häufigen Kurzstreckenbetrieb setzt sich außerdem häufig Treibstoff im Motoröl ab und nicht zuletzt auch gewisse Mengen an Kondenswasser. All dies lässt sich kaum vermeiden und greift das Material umso schneller und stärker an.
Was genau passiert im Motor?
Die oben erwähnte Riemenlackschicht ist wegen der hohen Umdrehungszahl des Riemens einer hohen Belastung ausgesetzt – an den Riemenkanten geht sie als erstes kaputt. Ist die schützende Lackschicht, die die chemische Anlösung des Gummis eigentlich verhindern soll, erst angegriffen, entsteht bei bei aufquellenden Gummi rasch feinkörniger Abrieb, der schon nach kurzer Zeit wie zäher klumpiger Schlamm die feinen Ölkanäle des Motors sowie das Ansaugsieb der Ölpumpe zusetzt. Wer das über längere Zeit missachtet, riskiert eine Unterschmierung, die den Motor wie im Zeitraffer unweigerlich zerstört, weil Lager einlaufen oder sogar festfressen können. Auch bevor der Exitus eintritt, ist es schwer, die entsprechenden Gummirückstände aus dem Motor auszuspülen. Gleichzeitig führt diese Degradation dazu, dass der Riemen selbst allmählich immer weicher wird und durch die Einwirkung des Öls immer mehr anschwillt. So kommt es in sich häufenden Extremfällen dazu, dass zum Beispeil beim Kaltstart ein Zahn oder mehrere Zähne übersprungen oder gar abgerissen werden, mit dem Resultat, dass die Steuerzeiten des Motors verstellt werden. Ein bedeutend schlechterer Motorlauf ist die Folge, beziehungsweise der sofortige Totalausfall, wenn ein geöffnetes Ventil vom hochschnellenden Kolben gerammt wird.

Durch den Öldeckel lässt sich bei jedem 1.2 PureTech schräg der Zahnriemen anpeilen, wie er über das Zahnrad der Einlassnockenwelle geführt wird.
Das klingt katastrophal, und wird es auch, sofern Sie nicht handeln. Glücklicherweise erlaubt dieser Anlösungsprozess eine ganz simple Methode, mit der Sie die Gesundheit Ihres Zahnriemens ganz leicht selbst überprüfen können. Mit einem Messwerkzeug, wie es für ein paar Euro im Netz zu haben ist, können Sie prüfen, ob sich der Riemen bereits geweitet hat, oder nicht. Diese simple Fühlerlehre wird einfach durch den offenen Öldeckel (geht auch bei denen mit Gittereinsatz, nur etwas fummeliger) über den dort sichtbaren Zahnriemen gefädelt. Passt er zwischen die Zacken am Werkzeug, ist zunächst alles okay. Wenn nicht, liegt bereits eine chemische Beschädigung vor.
Vorbeugung ist lebenswichtig
In jedem Fall sollten Sie den 1.2 PureTech etwas mehr umsorgen als andere Motoren. Gelegentliches Fahren auf längeren Strecken, gern mit etwas Tempo und entsprechender Temperatur, hilft gegen Kraftstoff- und Kondensateintrag im Öl. Trotzdem sollten Sie das großzügig gewählte Wartungsintervall von meist 25.000 Kilometern, zumindest was das Öl angeht, um locker die Hälfte verkürzen (für jeden Motor eine gesunde Maßnahme). Solche Ölwechsel, die übrigens nicht jedes Mal beim teuren Markenhändler erfolgen müssen, sind das einzige Mittel, um kontaminiertes Öl und damit auch möglichst viel Gummiabrieb auszuspülen. Wer das kleine Werkzeug einmal angeschafft hat, kann es einfach im Handschuhfach mitführen und alle paar Monate prüfen, ob mit dem Riemen alles in Ordnung ist. So können Sie zumindest den Ist-Zustand absichern und sofort mit einem Zahnriemenwechsel handeln, falls sich doch etwas ändern sollte. Apropos: Die einst sehr lange Nutzungsdauer des Riemens hat Stellantis selbst vor einer ganzen Weile von 240.000 Kilometern beziehungsweise sechs Jahren auf schmale 70.000 Kilometer und drei Jahre reduziert. In den allermeisten Fällen steht somit ein Riemenwechsel ohnehin bald an, der im Schnitt mit gut 800 Euro zu Buche schlägt, idealerweise abermals mit einer frischen Motorölfüllung, die dann noch hinzukommt.

Mit einem Messwerkzeug wie diesem lässt sich für um die 10 Euro prüfen, ob der Riemen bereits angegriffen ist. Dann würde er nicht mehr zwischen die Zähnchen rechts unten am Werkzeug passen. Es lässt sich binnen Sekunden durch den Öldeckel (Bild oben) einfädeln.
Zwischenfazit: Ist das der Weg zum langen Motorleben?
So – und nur so – lässt sich ein sorgenfreies Autoleben mit dem 1.2 PureTech realisieren. Wer davon frustriert ist, darf sich darüber freuen, dass zwischenzeitlich in der Ersatzteilindustrie einige Neuerungen dafür gesorgt haben, dass die meisten Austauschriemen deutlich widerstandsfähiger sind als die Originalteile. Belastbare Zahlen und Erfahrungswerte gibt es dazu jedoch noch nicht. Wer seinen gut gepflegten Wagen möglichst lukrativ weiterverkaufen möchte, sollte diese Wartungsmühen im Serviceheft beziehungsweise mit Rechnungen unbedingt dokumentieren. An diesen Nachweisen trennt sich beim Gebrauchtkauf die Spreu vom Weizen. Und ganz am Rande: Wer sich trotz allem einen gebrauchten 1.2 PureTech anschaffen möchte, der hat das Prüfwerkzeug selbstverständlich bereits bei der Besichtigung in der Jackentasche.
Was, wenn mein Riemen bereits angegriffen ist?
Wer als Besitzer von diesen Erkenntnissen überrascht wurde, oder wer gerade erst ein betroffenes Auto gekauft hat, muss möglicherweise der Tatsache ins Auge blicken, dass der Problemfall bereits eingetreten ist. Gewerbliche Käufer haben den Vorteil der Gewährleistungspflicht. Weil die chemische Anlösung nicht von heute auf morgen stattfindet, darf man noch nach einiger Zeit davon ausgehen, dass die Degradation bereits zum Kaufzeitpunkt vorlag, weshalb der Händler in der Pflicht ist, nachzubessern. In jedem Fall besteht das Problem jedoch darin, dass unklar ist, wie lang ein Riemen bereits angelöst im Betrieb ist, und folgerichtig, wieviel Abrieb bereits im Motor steckt. Wer das Fahrzeug in Windeseile abstoßen möchte, muss (auch als Privatverkäufer) auf das Problem hinweisen – Gift für den Wiederverkaufswert. So ist das geringste Übel ein Werkstattbesuch, bei dem zunächst der Umfang des Problems sondiert wird, indem Ölwanne und Schwallblech demontiert werden, sodass die Ölpumpe mit ihrem Ansaugnetz freigelegt wird. Zumindest teilweise kann dabei eine gewisse Menge des Gummischlamms entfernt werden. Nach einer Motorspülung und dem Einbau eines neuen Zahnriemens sollte dann alles wieder ordentlich funktionieren. Spätere Probleme durch weiterhin verstopfte Ölkanäle sind dennoch nicht ganz auszuschließen. Bei dem ganzen Vorgang dürfte die Summe der Reparaturkosten recht flott ins Vierstellige gehen. Angesichts der häufig eher günstigen Stadtflitzer, in denen der 1.2 PureTech verbaut ist, ist das ein empfindlicher finanzieller Schaden.