In der Diskussion um die zukünftige Elektromobilität tauchen immer wieder Argumente und Vorurteile auf, die gegen das Elektroauto sprechen. Doch stimmen all diese Mythen überhaupt? Und wenn ja – sind sie noch aktuell? Fakt ist – die Entwicklung der Elektroautos hat sich in den vergangenen Jahren rasant beschleunigt. Da kann man schon mal den Anschluss verlieren. Mit den folgenden neun Themen bringen Sie Ihr Wissen auf den aktuellen Stand der Technik.
1. Batterien halten nicht! E-Autos nach ein paar Jahren wertlos!
Die Batterie ist nicht nur das schwerste, sondern auch immer noch das teuerste Teil an einem Elektroauto. Dafür geben alle Hersteller von E-Fahrzeugen aber mindestens acht Jahre Garantie darauf, dass der Akku nach dieser Zeit noch über 80 Prozent seiner Kapazität verfügt. Mittlerweile gibt es erste Langzeitanalysen über die sogenannte Degradation von Traktionsbatterien. Und die geben reichlich Grund für Erleichterung.
Tatsächlich bauen Batterien über Fahrzeugalter und Laufleistung nämlich kaum ab. Selbst nach 300.000 Kilometern und etlichen Schnellladungen besitzen sie meist noch mehr als 87 Prozent ihrer ursprünglichen Leistungsfähigkeit – was die Auswertung von über 7.000 Datensätzen von echten Alltagsautos des Batterie-Analyseunternehmens Aviloo aus Wien beweist. Danach halten Elektroautos sogar deutlich länger als Fahrzeuge mit Diesel- oder Benzinmotor – bei deutlich geringeren Unterhaltskosten.
2. Auf die Reichweite kann man sich nicht verlassen!
Wie bei Autos mit Verbrennungsmotoren auch, müssen Elektroautos vor der Zulassung für den Straßenverkehr nach strengen WLTP-Vorgaben homologiert werden. Zum "Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure" (WLTP) gehört auch ein Verbrauchstest, der für jede verbrauchsrelevante Ausstattung auf dem Rollenprüfstand gefahren wird. Er soll potenziellen Kunden einen vergleichbaren Richtwert für Verbrauch und Reichweite geben. Wie bei konventionellen Autos auch, kann dieser Wert im Alltag je nach Fahrverhalten und äußeren Bedingungen unter- oder deutlich überschritten werden.
Dass die angegebene WLTP-Reichweite im Alltag also nicht immer erzielt wird, liegt zunächst einmal nicht am Antriebssystem. Während Verbrenner die WLTP-Angaben beispielsweise bei konstanter Autobahnfahrt mit mäßigen Geschwindigkeiten unterbieten können, schaffen das Elektroautos dagegen vor allem im Stadt- und Stop-and-Go-Verkehr. Hier spielen sie häufiger den Vorteil der Bremsenergie-Rückgewinnung (Rekuperation) aus. Bei Autos mit Verbrennungsmotor leiden im zähen Alltagsverkehr die Bremsen und der Verbrauch.
Wer dennoch Angst hat, mit einem Elektroauto und leerem Akku liegenzubleiben, der sollte sich einmal das immer dichter werdende Netz von Ladepunkten ansehen. Die Bundesnetzagentur bietet dafür eine übersichtliche Landkarte mit allen öffentlich zugänglichen Ladesäulen an. Derzeit gibt es in Deutschland rund 115.000 "Normalladepunkte" (Wechselsstrom mit 11 bis 22 kW) und mehr als 31.000 Schnelllader. Tendenz: schnell wachsend! Im Vergleich dazu liegt die Zahl der Tankstellen bei rund 14.000. Die Wahrscheinlichkeit, abseits einer Tankstelle liegenzubleiben, ist also deutlich höher.
3. Elektroautos sind viel teurer als Verbrenner!
Was lange richtig war, kehrt sich mittlerweile aus mehreren Gründen um. Zunächst einmal müssen Hersteller ihre konventionellen Autos immer teurer anbieten, weil die CO₂-Flottengrenzwerte von Jahr zu Jahr strenger werden. Einfach gesagt: Mittlerweile sind gewaltige Strafzahlungen fällig, wenn Autobauer zu viele Verbrenner und zu wenig Elektroautos verkaufen. Beispiel VW. Ein Golf kostet mindestens knapp 29.000 Euro. Der vollelektrische ID.3 ist ab 29.790 Euro zu haben – mit einer deutlich umfangreicheren Ausstattung und viel mehr Leistung (170 PS statt 115 PS). Dazu sind die Rabattchancen bei einem Elektroauto derzeit gewaltig. Firmen wie Tesla oder Polestar bieten längst variable Internetpreise an, die jederzeit verändert werden können.
Nicht unterschätzen sollte man dazu den Unterschied bei den Unterhaltskosten. Für Elektroautos gilt noch mindestens bis 2030: keine Kfz-Steuer! In den kommenden fünf Jahren liegt der Preisvorteil je nach Modell schnell im vierstelligen Bereich. Auch die Wartungskosten sind viel geringer. Ölwechsel oder anfällige Abgasnachbehandlung gibt es beim Stromer nicht. Und auch die Bremsen werden durch die Rekuperationsmöglichkeit weniger belastet. Erste Statistiken zeigen bereits, dass die Werkstattkosten im Schnitt um 35 Prozent niedriger sind als bei konventionellen Autos. Die höchsten Kosten beim Autofahren entstehen aber während der Fahrt. Im Schnitt kosten 100 Kilometer in einem Benziner 13,00 Euro. Bei einem Elektroauto hängt das stark davon ab, wo geladen wird. Im Durchschnitt zahlt man für 100 Kilometer zwischen 5,00 Euro und 12,00 Euro Stromkosten. Bei 10.000 Kilometern Fahrleistung pro Jahr, kann sich der Kostenvorteil also auf bis zu 800 Euro jährlich summieren.
4. Die Brandgefahr ist viel höher als bei Verbrennern!
Immer wieder kursieren Fotos von brennenden Elektroautos im Netz. Mittlerweile gibt es aber reichlich Analysen internationaler Versicherer, Verkehrswacht-Behörden und Institutionen, die sich statistisch mit dem Thema auseinandersetzen. Und siehe da – die riesigen Datensätze sprechen eine eindeutige Sprache. Es ist 25- bis 30-mal wahrscheinlicher, dass ein konventionelles Auto aus technischen Gründen Feuer fängt, als ein Elektroauto. Elektroautos sind also – entgegen der landläufigen Meinung – viel sicherer als Verbrennerautos.
Das liegt hauptsächlich an den unterschiedlichen Möglichkeiten für einen Brand. Als Brand-Ursache bei Autos mit Verbrennungsmotor kommen etwa Leckagen in Benzinleitungen, defekte Schellen oder zu heiße Motoren in Frage. Auch zu heiße Abgasanlagen können etwa auf einer trockenen Wiese oder einer Böschung zum Feuer führen. Dagegen ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Lithium-Ionen-Akku eines Elektroautos zu einem sogenannten "Thermal Runaway" führt, äußerst gering. Er tritt höchstens bei einem Defekt einer Zelle oder des Steuergeräts auf.
5. Im Winter bricht die Reichweite ein, E-Auto kaum nutzbar
Die Wohlfühltemperatur von Lithium-Ionen-Akkus liegt zwischen 20 und 40 Grad Celsius. In diesem Fenster arbeitet die Elektrochemie in den kleinen Batteriezellen am effizientesten und die Batterie kann ihre volle Kapazität ausspielen. Um einen vollständig ausgekühlten Akku – beispielsweise bei winterlichen Draußenparkern – aufzuwärmen, wird also viel Energie benötigt. Zwar funktioniert das Elektroauto auch mit kaltem Akku, das Batterie-Management-System wird aber die abzugebende Leistung zum Schutz der Zellen streng überwachen. Die meisten Elektroautos werden im Winterbetrieb also versuchen, ihren Akku aufzuwärmen. Das kostet Energie. Auch für das Aufheizen des Innenraums muss extra Strom verbraucht werden, weil alle Komponenten – anders als bei Verbrennern – sehr effizient und ohne viel Abwärme arbeiten.
Wie viel Energie nun für die Aufheiz-Prozesse aufgewendet wird, hängt stark vom Fahrzeug und Fahrprofil ab. Der ADAC hat für umfangreiche Tests verschiedene Elektroautos bei +23 Grad und -7 Grad verglichen. Dazu stellten sie die Innenraumtemperatur auf mollige 23 Grad ein. Im Schnitt lag der Mehrverbrauch der Winter-Simulation dann bei 20 bis 30 Prozent. Ein E-Auto mit 500 Kilometer Reichweite bei 23 Grad Celsius käme bei minus sieben Grad also auf 400 Kilometer Reichweite.
Die Ingenieure betonten aber, dass auch Verbrennungsmotoren im Winter deutlich mehr verbrauchen. Benziner im Mittel um plus 15 Prozent, Diesel plus 24 Prozent. Der große Unterschied zwischen Elektroauto und konventionellem liegt also hauptsächlich in der mitgeführten Energiemenge. Die ist in einem Kraftstofftank natürlich deutlich größer als in einer Batterie.
6. Elektroauto-Rohstoffe sind selten und kritisch
Mit der neuen Mobilitätstechnik ziehen auch neue Rohstoffe in moderne Autos ein. Und mit ihnen startete eine öffentliche Ressourcen-Diskussion. In den gängigen Lithium-Ionen-Akkus aktueller Elektroautos findet man etwa Lithium, Nickel, Mangan und Cobalt. Hinzu kommen sogenannte Seltenerd-Metalle bei vielen permanenterregten Elektromotoren zum Einsatz. In deren Magneten sitzen etwa Neodym, Dysprosium oder Terbium. Auch wenn der Name etwas anderes suggeriert – selten sind diese Rohstoffe nicht unbedingt. Sie sind nur ganz unterschiedlich in der Erdkruste verteilt und lassen sich nur mit großem Aufwand aus ihr gewinnen.
Mittlerweile gibt es allerdings sowohl in der Batterietechnik als auch bei den Elektromotoren genügend Alternativen, um ohne die genannten Rohstoffe auszukommen. Fremderregte oder Asynchronmotoren benötigen etwa gar keine Seltenerd-Metalle. Zudem wird der Cobalt- oder Nickel-Anteil in NMC-Zellen (steht für Nickel-Mangan-Cobalt) mit jeder neuen Generation massiv reduziert. Doch viel wichtiger ist der Ressourcen-Vergleich zum klassischen Verbrennungsmotor. Der benötigt als Brennstoff nämlich ebenfalls eine begrenzte Ressource: Erdöl. Und während das in Form von Diesel oder Benzin unwiederbringlich verbrennt – und dabei sogar noch CO₂ und andere schädliche Bestandteile in die Atmosphäre bringt – lassen sich die Bestandteile von E-Motor und Batterie sehr einfach recyceln und wiederverwenden.
7. Der CO₂-Rucksack von E-Autos ist zu groß!
Der CO₂-Rucksack bei Elektroautos bezeichnet die Menge an Kohlendioxid (CO₂), die während der Herstellung eines Elektroautos ausgestoßen wird, insbesondere durch die Produktion der Batterie. Diese Emissionen sind in der Regel höher als bei der Herstellung eines vergleichbaren Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor. Das liegt vor allem daran, dass die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien energieintensiv ist und oft in Ländern mit einem hohen Anteil fossiler Energien stattfindet. Bei Verbrennungsmotoren fallen während der Produktion weniger Emissionen an. Allerdings verursachen sie während des Betriebs kontinuierlich CO₂-Ausstoß durch fossile Brennstoffe.
Elektroautos haben dagegen den Vorteil, dass sie im Betrieb (lokal) keine direkten Emissionen verursachen. Über den Lebenszyklus hinweg können sie den CO₂-Rucksack also "abfahren". Das geht besonders schnell, wenn sie mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Ab wann ein Elektroauto klimafreundlicher ist als ein Verbrenner, hängt von der genutzten Stromquelle und der Laufleistung ab. Studien gehen davon aus, dass dies je nach Szenario nach etwa 20.000 bis 60.000 Kilometern der Fall ist. Auch hier verbessert sich die Bilanz mit jeder neuen E-Auto- und Akku-Generation. Wird die Batterie beispielsweise mit grünem Strom hergestellt, reduziert sich der CO₂-Rucksack deutlich. Dazu kann der CO₂-Rucksack in Zukunft durch Recycling der Batterien weiter verringert werden.
8. Aufladen bei Regen – Lebensgefahr!
Natürlich kann man sein Elektroauto jederzeit auch bei Regen aufladen. Die Ladeanschlüsse und Kabel sind wasserdicht und entsprechen hohen Sicherheitsstandards. Sie sind so konstruiert, dass sie weder Wasser noch Feuchtigkeit eindringen lassen. Dazu verfügen moderne Ladestationen und Elektroautos über viele Sicherheitsmechanismen, die den Ladevorgang sofort stoppen würden, falls ein Problem erkannt wird – wie etwa Feuchtigkeit an den Kontakten.
9. E-Autos erzeugen ihre Abgase in den Kohle-Kraftwerken!
Solange Strom aus der Verbrennung von Kohle, Erdgas oder Flüssiggas gewonnen wird, dürften selbst Elektroautos noch lange nicht als "Null-Emissions-Fahrzeuge" bezeichnet werden. Doch selbst mit Strom aus der Steckdose fährt jedes Elektroauto aufgrund seiner hohen Effizienz viel sauberer als ein Diesel oder Benziner. Dazu hat sich der CO₂-Emissionsfaktor des deutschen Strommixes seit den 1990er Jahren erheblich verbessert. Im Jahr 1990 lag er bei 764 Gramm CO₂ pro Kilowattstunde, während er 2023 auf 380 Gramm pro Kilowattstunde geschätzt wurde. Diese Verringerung ist hauptsächlich auf den gestiegenen Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung zurückzuführen.
Im Gegensatz zu konventionellen Autos können Elektroautos aber durchaus auch CO₂-neutral fahren. Denn an etlichen Tagen im Jahr gibt es selbst in Deutschland genügend Wind- und Sonnenenergie, um den Strombedarf zu decken. An solchen Tagen ist der Strommix nahezu grün und ermöglicht allen E-Autos an Ladesäulen und Wallboxen eine saubere Weiterfahrt. Wer eine eigene Solaranlage auf dem Dach betreibt, wird ohnehin kostengünstig und umweltfreundlich laden, wenn die Sonne scheint.