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Tesla-Autopilot-Video ist Fake
Manager gibt vor Gericht Manipulation zu

Vor einem US-Gericht hat ein Tesla-Manager zugegeben, dass ein Autopilot-Video von 2016 eine Täuschung war.

Tesla-Fake-Video Autopilot
Foto: Tesla

Teslas können eigentlich schon seit Jahren vollautonom fahren, nur die Gesetze erlauben dies noch nicht – diese These versucht Tesla-Chef Elon Musk seit Jahren zu vermitteln. Zur Untermauerung seiner Behauptung hat er im Oktober 2016 ein Video drehen lassen, in dem ein Tesla Model X vollautonom fährt. Gleich zum Anfang des Films ist ein Hinweis mit weißer Schrift auf schwarzem Untergrund eingeblendet: "The person in the driver's seat is only there for legal reasons. He is not doing anything, the car is driving itself." ("Der Mensch auf dem Fahrersitz sitzt dort nur aus rechtlichen Gründen. Er macht nichts, das Auto fährt selbst").

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Dann startet als Hintergrundmusik Paint it Black von den Rolling Stones (beim in diesem Artikel eingebundenen Video läuft aus rechtlichen Gründen eine andere Musik) und das Model X meistert souverän Spurwechsel, Überholvorgänge und Autobahnabfahrten. Zum Schluss des Films steigt der "Fahrer" aus und geht zu einem Tesla-Gebäude, während sich das Model X selbstständig einen Parkplatz sucht. Ein Tesla-Manager hat jetzt vor einem kalifornischen Gericht ausgesagt, dass dieses Video eine massive Täuschung ist – das Model X hatte die Fahrt nicht mal ansatzweise vollautonom absolviert.

Ignorieren von Ampeln und Unfall beim Einparken

Ashok Elluswamy ist Leiter der Software-Entwicklung für Teslas Fahrassistenzsystem-Paket Autopilot. Im Sommer 2022 musste Elluswamy vor dem Bezirksgericht im kalifornischen Santa Clara aussagen. Dabei ging es um eine Klage gegen Tesla wegen eines Autopilot-Unfalls, bei dem 2018 der ehemalige Apple-Ingenieur Walter Huang ums Leben kam. Bezogen auf Musks Autopilot-Werbevideo gab Elluswamy zu Protokoll, dass das Model X während der Filmaufnahmen bei einem Einpark-Manöver in einen Zaun fuhr. Zudem war das Auto nicht in der Lage, an einer auf Rot stehenden Ampel anzuhalten und dann wieder anzufahren. Mehrfach hätte der Fahrer eingreifen und die Kontrolle über das Auto übernehmen müssen, während das Video den Eindruck vermittelt, dass für die Fahrt tatsächlich kein menschlicher Fahrer nötig gewesen wäre.

Video auf Wunsch von Elon Musk produziert

Das Video über die Fahrt von Menlo Park, wo Tesla seinen ersten Showroom im Gebäude eines ehemaligen Chevrolet-Händlers eingerichtet hatte, und dem damaligen Tesla-Hauptquartier in Palo Alto war auf Wunsch von Tesla-Chef Elon Musk entstanden. Auf die Frage des Gerichts, ob das Video die technischen Fähigkeiten des damaligen Autopilot-Systems zeige, antwortet der Manager, dass es das nicht mache. Er ergänzt, dass das auch nicht der Zweck des Videos gewesen sei. Die "New York Times" hatte bereits 2021 über Tesla-Insider von dem Unfall beim Videodreh erfahren. Außerdem hatten die nicht genannten Quellen den Redakteuren gesteckt, dass das Model X mit einer speziell auf diese Strecke zugeschnittenen 3D-Karte ausgerüstet war, die die präzise Fahrt erst möglich gemacht hat. Diese Angabe hat Ashok Elluswamy vor Gericht ebenfalls bestätigt.

Anwalt der Opferfamilie sieht Täuschung

Andrew McDevitt, Anwalt von Walter Huangs Witwe, entrüstete sich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass das Video ohne Hinweis mit Sternchen oder Haftungsausschluss offensichtlich irreführend sei. Die US-Verkehrsbehörde NTSB (National Transportation Safety Board) ermittelte 2020, dass der Unfall wahrscheinlich eine Kombination aus einer Ablenkung Huangs und eines Versagens der Autopilot-Technik war – diese Kombination scheint meistens die Ursache solcher Unfälle zu sein. Deshalb fordert die Behörde von Tesla eine effektivere Überwachung der Aufmerksamkeit des Fahrers. Elon Musk scheint eher gegenteilige Pläne zu haben, wie er Anfang Januar 2023 mit einem Tweet über die baldige Abschaltung von Lenkrad-Warnungen unterstrich.

Tesla Autopilot-Unfall in Arizona
Arizona Department of Public Safety
Laut "New York Times" passiert jeden Tag ein Unfall mit Tesla-Autopilot-Bezug.

Teslas Doppelzüngigkeit

Auf dem deutschen Markt heißt das Autopilot-Paket inzwischen "Volles Potenzial für autonomes Fahren" und kostet einen Aufpreis in Höhe von 7.500 Euro. In den USA heißt das System irreführend FSD (Full Self Driving) – sein Preis ist von 5.000 Dollar im April 2019 auf 15.000 Dollar im September 2022 gestiegen (aktuell umgerechnet von 4.621 auf 13.863 Euro). Zur eigenen Absicherung vermarktet Tesla die Technik als Betaversion, die zahlenden Kunden sind im rechtlichen Sinne also freiwillige Tester. Den hohen Preis zahlen die Kunden für ein System, dass aktuell nur das eher rudimentäre Autonomie-Level 2 beherrscht, wie Elon Musk im Oktober 2022 in einem Interview bestätigt hat. Gleichzeitig betont Musk immer wieder das Märchen von vollautonomen Teslas, die rein technischen keinen Fahrer bräuchten. Bei jedem schweren Autopilot-Unfall ziehen die Tesla-Verantwortlichen wiederum reflexartig die in den Handbüchern vermerkten Warnungen hervor, dass der Autopilot auf gar keinen Fall zum vollautonomen Fahren geeignet sei und dass der Fahrer stets die volle Kontrolle über sein Auto haben müsse.

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Die im Gerichtsprotokoll festgehaltenen Äußerungen von Tesla-Manager Ashok Elluswamy sorgen derweil bei Experten für Entsetzen. Mahmood Hikmet, Entwickler bei der neuseeländischen Roboterauto-Firma Ohmio, twittert perplex, dass Elluswamy in Bezug auf Grundbegriffe zum autonomen Fahren und zur Software-Entwicklung zu Protokoll gegeben habe, dass er nicht wisse, was diese Begriffe bedeuten.

Fahrer verlassen sich auf Assistenzsysteme

Wegen des regelmäßigen Versagens seines Autopilot-Systems laufen gegen Tesla in den USA mehrere Klagen. Außerdem untersuchen Verkehrsbehörden wie die NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) seit Jahren Un- und Zwischenfälle, die mit aktiviertem Autopiloten passiert sind. Zu den Zwischenfällen gehört auch das unwillkürliche Beschleunigen von Teslas, das bis heute (Anfang 2023) nicht geklärt ist. Während Tesla selbst den Standpunkt vertritt, dass der Autopilot das Fahren sicherer mache, meldet die "New York Times", dass jeden Tag von einem Unfall mit Autopilot-Bezug berichtet werde. Im Jahr 2019 hat der US-Statistiker Randy Whitfield von Tesla an die NHTSA gelieferte Spurhalte-Assistent-Unfalldaten ausgewertet. Er kam zu dem Ergebnis, dass es mit eingeschaltetem Assistenten wahrscheinlich sogar mehr Unfälle gab als ohne. Der New Yorker Psychiater Vatsal G. Thakkar geht davon aus, dass sich Menschen unterbewusst schnell auf vorhandene Technik verlassen und so weniger aufmerksam fahren. Selbst wer in seinem Auto eine Automatik habe, fahre unaufmerksamer als Fahrer, die eine manuelle Schaltung bedienen.

Eine Überwachung der Fahrer-Aufmerksamkeit findet bei Tesla nur über Lenkrad-Sensoren statt: Führt der Fahrer ab und zu minimale Lenkbewegungen aus, bleibt der Autopilot aktiviert. Ashok Elluswamy spricht davon, dass sich der Autopilot durch die Lenkradberührungen täuschen lässt. Andererseits betont er, dass ein aufmerksamer Fahrer mit aktiviertem Autopilot kein Sicherheitsproblem befürchten müsse.

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Nein, dafür hat das System inzwischen zu oft versagt.Ja, ich kann ja schließlich immer noch selbst eingreifen.

Fazit

Es ist keine große Überraschung: Ein Tesla-Manager hat vor einem kalifornischen Gericht zugegeben, dass ein Tesla-Video über vollautonomes Fahren von 2016 gefälscht war. In Wirklichkeit musste der Fahrer eingreifen und es kam sogar zu einem Einpark-Unfall.

Seit Jahren kommt es unter Einsatz des Tesla-Autopilot-Systems zu schwersten Unfällen. Seit Jahren ermitteln die Behörden. Und seit Jahren verweisen Tesla-Verantwortliche auf die Eigenverantwortung des Fahrers, während Tesla-Chef Elon Musk gleichzeitig behauptet, in seinen Autos säße der Fahrer nur noch aus rechtlichen Gründen hinter dem Lenkrad. Gleichzeitig kommt es jeden Tag zu einem Autopilot-Unfall, wie die "New York Times" berichtet. Anscheinend verlassen sich einige Fahrer auf die Technik, anstatt mit voller Aufmerksamkeit und damit so zu fahren, als wären keine Assistenzsysteme an Bord.

Tesla ist ganz offensichtlich nicht in der Lage, sich aus dem Widerspruch aus seinen "Unsere Autos können vollautom"-Werbephantasien und seinen gleichzeitigen "Unsere Autos können auf gar keinen Fall vollautonom"-Handbuch-Warnungen zu befreien. Die Verkehrsbehörden haben bisher kein Mittel gefunden, die Tesla-Verantwortlichen in dieser Hinsicht zu disziplinieren. Jetzt sind die Gerichte am Zug – die Zeugen-Aussagen des Tesla-Leiters für die Autopilot-Software-Entwicklung ähneln einem Offenbarungseid und dürften für den Elektroauto-Pionier Folgen haben.

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