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Teilautonomes Fahren getestet
Teslas Autopilot unterliegt Cadillacs Super Cruise

Consumer Reports hat 17 Assistenzsysteme für teilautonomes Fahren verglichen – dabei schneidet Teslas Autopilot nicht am besten ab.

BMW Motorrad Active Cruise Control (ACC).
Foto: BMW Motorrad.

Consumer Reports ist ein angesehenes unabhängiges US-Verbrauchermagazin, deren Verantwortliche sich auch oft mit Pkw und deren Technik beschäftigen. Jetzt haben die Amerikaner 17 Assistenzsystem-Pakete für teilautonomes Fahren getestet. Teslas umstrittenes System "Autopilot" konnte dabei nicht die meisten Punkte einheimsen.

Kein autonomes Fahren möglich

Die Tester betonen, dass die inzwischen in vielen Autos eingesetzten Systeme keinesfalls für autonomes Fahren gedacht und geeignet sind. Gerade beim Einsatz von Teslas Autopilot kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Unfällen mit Toten und Verletzten – möglicherweise auch, weil die Fahrer das System genutzt haben, als würde es vollautonomes Fahren nach Level 5 ermöglichen. Deshalb werfen Sicherheitsexperten und Verbraucherschützer Tesla vor, dass der Autopilot nicht gut genug überwacht, ob der Fahrer noch aufmerksam ist. Consumer Reports hält das Fahrer-Überwachungssystem für extrem wichtig und gewichtet es dementsprechend hoch. Hier hat Cadillac mit seiner Super Cruise genannten Technik die Nase vorn. Dort überwacht eine Kamera die Augen des Fahrers – deutet sein Blick auf Unaufmerksamkeit hin oder schließt er die Augen, löst dies eine Kaskade von Warnmechanismen aus. Führen diese nicht zum Erfolg, verlangsamt das Fahrzeug seine Fahrt bis zum Stillstand und ruft per Mobilfunknetz Hilfe.

Unsere Highlights
Tesla Autopilot-Unfall in Arizona
Arizona Department of Public Safety
Ist der Fahrer unaufmerksam und das Assistenzsystem versagt, kann es zu einem Unfall kommen - hier hat ein unter Autopilot fahrender Tesla Model S ein Polizeifahrzeug in einen Krankenwagen gerammt. Es gab zum Glück keine Verletzten.

Vorschläge von Behörde berücksichtigt

Consumer Report hat in seine Assistenzsystem-Bewertung Auswertungen der US-Fahrsicherheitsbehörde NTSB (National Transportation Safety Board) einfließen lassen. Die NTSB hat nachgewiesen, dass Fahrer bei einer Fahrt mit umfangreich aktivierten Assistenzsystemen grundsätzlich dazu neigen, die Kontrolle der Technik zu überlassen. Deshalb hat die Behörde Vorschläge für Sicherheitsstandards bei diesen Systemen gemacht, zu deren zentralen Punkten die Überwachung der Fahrer gehört. Die für die Umsetzung zuständige Behörde NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) hat allerdings noch nicht auf die NTSB-Empfehlungen reagiert.

In fünf Kategorien getestet

Um die Assistenzsysteme in den fünf Kategorien "Leistungsfähigkeit", "Überwachung des Fahrers", "Benutzerfreundlichkeit", "Klar und sicher verwendbar" sowie "Aktionen bei einem nicht mehr reagierenden Fahrer" zu bewerten, unterzogen sie die Verbraucherschützer 36 verschiedenen Prüfungen. Im Allgemeinen kamen Fahrzeuge zum Einsatz, deren Assistenzsysteme auch in anderen Modellen des jeweiligen Herstellers arbeiten.

Tesla Model Y, Exterieur
Hans-Dieter Seufert
Den Tesla Autopilot testete Consumer Reports in einem Model Y.

Leistungsfähigkeit

Für die Leistungsfähigkeit prüfte Consumer Reports unter anderem den jeweiligen Spurhalte-Assistenten. Hier war Tesla am besten, Audi und Cadillac zeigten fast die gleiche Leistung. Nach einer Nutzerumfrage von Consumer Reports ist es hier wichtig, dass die Systeme das Auto in der Mitte der Spur halten – ansonsten fassen die Fahrer kein Vertrauen zu dem Assistenten und schalten ihn ab. Mazda und Buick schafften das mittige Spurhalten nicht.

Bei den adaptiven Abstands-Tempomaten waren die Systeme von Audi, Mercedes und Porsche am besten. Consumer Reports lobt hier vor allen Dingen die Möglichkeit, die Stärke des automatischen Beschleunigung einstellen zu können – dies würde ein besonders natürliches Fahrerlebnis ermöglichen.

Insgesamt gewann trotzdem Tesla den Leistungsfähigkeitstest, knapp vor Audi und Cadillac. Buick/Chevrolet belegt vor Mazda den vorletzten Platz.

Aktiver Spurhalteassistent
Mercedes
Einen Spurhalteassistenten akzeptiert der Fahrer am ehesten, wenn die Technik das Fahrzeug zuverlässig in der Mitte der Fahrbahn hält.

Fahrer-Aufmerksamkeit

Wenn das Auto selbständig beschleunigt, lenkt und bremst, besteht die Gefahr, dass der Fahrer nicht mehr seine komplette Aufmerksamkeit dem Verkehrsgeschehen widmet. Also ist die Überwachung des Fahrers eine extrem sicherheitsrelevante Funktion jedes Assistenzpaketes für teilautonomes Fahren. Cadillacs Super Cruise überwacht mit einer Kamera die Augen des Fahrers, was die Tester von Consumer Reports am meisten überzeugte. Außerdem warnt Super Cruise den Fahrer deutlich, bevor es sich abschaltet, oder vor bevorstehenden potenziell schwierigen Situationen, wie beispielsweise einer Zusammenführung von Fahrspuren. Auch Teslas Autopilot lässt vor der Abschaltung einen lauten Warnton ertönen. Die meisten anderen Systeme zeigen nur ein kaum wahrnehmbares Symbol und sind dann aus.

Ein gutes System erlaubt laut Consumer Reports Eingriffe des Fahrers und führt dann das Auto sanft in die Mitte der Fahrspur zurück. Bei Tesla ist dies nicht möglich: Das System-Lenkmoment ist so stark, dass der Fahrer erhebliche Kraft zum Gegenlenken aufwenden muss. Als Konsequenz schaltet sich der Autopilot sofort ab. Cadillacs Super Cruise geht nach einem Fahrereingriff in den Standby-Modus und hat bei Reaktivierung Schwierigkeiten, die Mitte der Fahrspur zu finden.

Cadillac gewinnt die Wertung Fahrer-Aufmerksamkeit vor Honda und Hyundai/Kia. Volvo landet auf dem vorletzten und Mazda auf dem letzten Platz.

Tesla Model S Autopilot-Crash
North Carolina State Highway Patrol
Die Überwachung der Aufmerksamkeit des Fahrers zählt bei der Assistenzsystem-Bewertung zu den wichtigsten Punkten. Hier hatte ein Tesla-Fahrer den Autopiloten aktiviert, um während der Fahrt am Handy einen Film zu schauen. Dabei rammte er ein Polizeiauto in den Wald.

Benutzerfreundlichkeit

Bei der Benutzerfreundlichkeit ging es den Testern vor allen Dingen darum, wie einfach es ist, die Systeme zu aktivieren und einzustellen. Zu komplexe Systeme haben es bei den Testern schwer: So kritisieren sie, wenn beispielsweise mehrere Systeme einen ähnlichen Zweck verfolgen. Dies wäre bei einem Spurhalte-Assistenten und einem aktiven Spurverlassenswarner der Fall. Consumer Reports erwähnt explizit die Systeme von BMW und Hyundai, von denen sich eins über das Spurverlassens-Warnmenü, ein anderes über eine Lenkradtaste und ein drittes im Stau aktivieren lässt. Die Tester betonen, dass hier der bereits oben erwähnte Spurhalte-Assistent, der das Auto in der Mitte der Fahrspur hält, vollkommen ausreicht.

Auch der adaptive Abstandstempomat spielt hier wieder eine Rolle: Dessen Aktivierung führt bei einigen Systemen zu einer gleichzeitigen Aktivierung des Lenkassistenten. Consumer Reports bevorzugt hier eine getrennte Regelbarkeit.

Bei der Benutzerfreundlichkeit siegt wieder Tesla knapp vor Porsche und Land Rover. Vorletzter und Letzter sind Honda und Toyota.

Hyundai selbstlernender Tempomat SCC-ML
Hyundai
Beim adaptiven Abstandstempomaten sollten sich Geschwindigkeitsanpassung und Lenkung getrennt voneinander regeln lassen.

Klar sicher verwendbar

Aktuell haben es Assistenzsysteme auf langen unkomplizierten Strecken – wie beispielsweise Autobahnen – am leichtesten, auf sehr kurvigen Strecken und in Städten sind sie oft nur eingeschränkt zu gebrauchen oder komplett überfordert. Consumer Reports hat getestet, wie klar die Systeme dem Fahrer signalisieren, dass die Bedingungen für ihre Einsetzbarkeit gegeben sind. Die Tester weisen drauf hin, dass Assistenzsysteme grundsätzlich nicht in Gebieten mit kompliziertem Verkehr oder ungeschützten Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern zum Einsatz kommen sollten. Die Systeme von Audi, BMW, Tesla und Volvo ließen sich auch in Wohngebieten nutzen. Cadillac lässt sein System hingegen nur auf vorher kartierten mehrspurigen Autobahnen arbeiten – was Consumer Reports ausdrücklich lobt.

In dieser Kategorie gewinnt wieder Cadillac – Honda und Hyundai/Kia belegen den zweiten und den dritten Platz. VW und Volvo landen auf dem vorletzten und dem letzten Platz.

BMW i3S Langstreckenfahrt Aachen
Jochen Knecht
Bei einfachen Bedingungen, wie beispielsweise auf Autobahnen, funktionieren die Assistenzsysteme am besten - von einem Einsatz in Wohngebieten rät Consumer Reports ab.

Nicht reagierender Fahrer

Auch wenn der Fahrer nicht mehr reagiert, weil beispielsweise ein medizinischer Notfall vorliegt, oder weil der Fahrer hinter dem Steuer eingeschlafen ist, sollten die Assistenzsysteme helfen, diese lebensgefährliche Situation zu entschärfen. Die Tester bewerten hier den Eskalationsprozess, der aus Warnungen und der Übernahme der Geschwindigkeits- und Lenkradsteuerung besteht. Die meisten Fahrzeuge erkennen einen unaufmerksamen Fahrer und versuchen durch Warnungen, seine Aufmerksamkeit zurückzuerlangen. Erfolgt keine Reaktion, bremsen sie bis zum Stillstand ab; einige können sogar einen Notruf über ihr eigenes System oder ein gekoppeltes Handy absetzen. Consumer Reports fordert, dass das Auto in so einem Fall selbständig an den Straßenrand fährt, und dass diese Funktion auch zur Verfügung steht, wenn das Assistenzpaket nicht aktiviert ist.

Umfrage
Ist die Bezeichnung "Autopilot" für die Tesla-Assistenzsysteme okay?
2469 Mal abgestimmt
Ja, der Fahrer muss schließlich trotzdem immer die volle Kontrolle über das Auto haben.Nein, das klingt danach, als könnte das Auto vollautonom fahren.

Dahingehend ist es aus Sicht der Verbraucherschützer ein Problem, dass viele Systeme unbemerkt in einen Standby-Modus verfallen und somit die Rettungsfunktionen bei einem nicht reagierenden Fahrer nicht mehr zur Verfügung stehen. Consumer Reports nennt hier als negative Beispiele Volvo, Buick, Mazda und Land Rover.

Die Wertung zu nicht reagierenden Fahrern gewinnt Cadillac vor Nissan und Audi. Land Rover ist Vorletzter und Mazda Letzter.

In der Gesamtwertung weisen die Verbraucherschützer ausdrücklich darauf hin, dass keines der getesteten Systeme in der Lage ist, eine autonome Fahrt zu ermöglichen – wie es das Marketing mancher Hersteller vielleicht Glauben macht. Insgesamt gewinnt Cadillac vor Tesla und Lincoln, ganz hinten landen Land Rover und Mazda.

Gesamtergebnis Test Assistenzsysteme für teilautonomes Fahren

Rang

Hersteller und System

getestetes Modell

Punktzahl

1

Cadillac Super Cruise

Cadillac CT6

69

2

Tesla Autopilot

Model Y

57

3

Lincoln/Ford Co-Pilot 360

Lincoln Corsair

52

4

Audi Pre sense

Audi e-Tron

48

5

Hyundai Smart Sense, Kia Drive Wise

Hyundai Palisade

46

5

Mercedes Driver Assistance

Mercedes-Benz GLS450

46

5

Subaru Eyesight

Subaru Outback

46

6

BMW Active Driving Assistance Pro

BMW 330i

44

7

Porsche Active Safe

Porsche Taycan

41

7

Volvo Pilot Assist

Volvo S60

41

8

Honda/Acura Sensing

Honda CR-V Hybrid

40

8

Nissan/Infiniti ProPILOT Assist

Nissan Leaf

40

8

Toyota/Lexus Safety Sense 2.0

Toyota Corolla

40

9

Volkswagen

Volkswagen Passat

39

10

Buick/Chevy Driver Confidence

Buick Encore GX

36

11

Land Rover Incontrol

Range Rover Evoque

38

12

Mazda i-Activesense

Mazda CX-30

27

Fazit

Die Fahrzeughersteller entwickeln ihre Assistenzsysteme permanent weiter – inzwischen stellen Tester deutliche Unterschiede zwischen den Systemen in den einzelnen Kategorien fest.

Die schlechte Überwachung der Aufmerksamkeit des Fahrers ist ein Killer-Kriterium. Schließlich ist keines der getesteten Systeme auch nur ansatzweise zu einer vollautonomen Fahrt in der Lage – auch wenn wegen der Werbung mancher Hersteller ein anderer Eindruck entstehen könnte. Den Testern von Consumer Reports gefällt weiterhin, wenn ein System nicht überkomplex ist und wenn es sich nicht aktivieren lässt, wenn es leicht überfordert sein könnte – wie beispielsweise in Wohngebieten mit dichtem Verkehr und Fußgängern.

Den Gesamtsieg trägt Cadillac davon und verweist damit Tesla mit seinem Autopiloten auf den zweiten Rang.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten