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Pflicht-Sound für E-Autos
Ab 1. Juli wird es laut

Mit der lautlosen E-Auto-Fahrt ist bald Schluss. Zum Schutz der Fußgänger müssen Elektro- und Hybridautos bis zu einem Tempo von 20 km/h ein Warngeräusch von sich geben. Wir präsentieren ein paar Beispiele – inklusive dem neuesten Sound von Mercedes.

Akustische Innovation: Der e-Sound von Audi
Foto: AUDI AG

Grund ist die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 540/2014 vom 16. April 2014 über den Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen und von Austauschschalldämpferanlagen. Dort ist unter Artikel 8 folgendes zu lesen: "Bis spätestens 1. Juli 2019 bauen die Hersteller in neuen Typen von Hybridelektro- und reinen Elektrofahrzeugen ein AVAS ein, das die Anforderungen des Anhangs VIII erfüllt. Bis spätestens 1. Juli 2021 bauen die Hersteller in allen neuen Hybridelektro- und reinen Elektrofahrzeugen ein AVAS ein." Und mit AVAS ist ein akustisches Warnsignal (Acoustic Vehicle Alerting Systems) zum Schutz von Fußgängern gemeint.

Unsere Highlights
VERORDNUNG (EU) Nr. 540/2014 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. April 2014
1,3 MByte

Die Verordnung regelt in Anhang VIII aber nicht nur ab welchem Zeitpunkt Fahrzeuge mit dem AVAS ausgerüstet sein müssen. Auch Systemanforderungen werden aufgelistet. So muss das AVAS im Geschwindigkeitsbereich zwischen dem Anfahren und einer Geschwindigkeit von etwa 20 Kilometer pro Stunde sowie beim Rückwärtsfahren automatisch ein Dauer-Schallzeichen erzeugen. Warum nur bis Tempo 20? Weil ab höheren Geschwindigkeiten die Abrollgeräusche der Reifen selbst bei modernen Verbrennerfahrzeugen den eigentlichen Motorenklang übertönen.

Interessant ist: Ursprünglich war ein leicht erreichbarer Schalter vorgeschrieben, der die Aktivierung beziehungsweise Deaktivierung ermöglicht. Diese "Pausenfunktion" wurde nun von der UNECE allerdings wieder kassiert und für unzulässig erklärt. Wichtig: Das AVAS muss beim Neustart des Fahrzeugs automatisch aktiviert sein. Gleichzeitig kann es in der Lautstärke auf die Geschwindigkeit reagieren.

Hersteller geben erste Beispiele für ihre Geräusche

Der AVAS-Sound muss dem Geräusch eines mit einem Verbrennungsmotor ausgestatteten Fahrzeugs der gleichen Klasse vergleichbar sein. Denjenigen, die jetzt bereits Ohrschützer bestellen wollen, sei noch ein weiterer Absatz des Anhangs zitiert: "Der vom AVAS erzeugte Geräuschpegel darf den ungefähren Geräuschpegel eines ähnlichen Fahrzeugs der Klasse M1, das mit einem Verbrennungsmotor ausgestattet ist und unter den gleichen Bedingungen betrieben wird, nicht überschreiten." Genauso klingen wie ein Benziner oder Diesel soll es demnach auch nicht. Womit auch der Traum eines jeden Fiat 500-Fahrers von einem Cityflitzer mit sattem V8-Sound zerplatzt. Musikstücke dürfen es daher folgerichtig auch nicht sein.

Wie schon die Designs der Karosserien sollen sich auch die Designs der AVAS-Klänge von Hersteller zu Hersteller unterscheiden. "Schließlich klingt im Moment ein BMW auch anders als ein Mercedes oder ein Porsche – das soll bei den E-Autos ebenfalls so sein", erklärt Hugo Fastl, Professor am Lehrstuhl für Mensch-Maschine-Kommunikation an der Technischen Universität München (TUM). In Zukunft wird es demnach wieder einfacher, ein Fahrzeug an seinem Klang zu erkennen.

Darauf kommt es beim Sound-Design an

Die große Frage ist nun: "Wie wird solch ein Ton überhaupt entwickelt?" Grundsätzlich gilt, dass es sich im mittleren Frequenzbereich abspielen wird. Denn zum einen können zu hohe Frequenzen von älteren Menschen nicht mehr wahrgenommen werden. Und zum anderen: "Sehr tiefe Frequenzen sind schwierig abzustrahlen", sagt Fastl. "Dafür müssen die Lautsprecher am Auto sehr groß sein." Neben der Frequenz spielt die Klangfarbe eine gewichtige Rolle. "Das ist wie in der Musik: Sie können auch auf dem Smartphone die ersten Takte einer Mozart-Symfonie abspielen, sodass jeder die Melodie erkennt", verrät Fastl. "Das klingt allerdings nicht so toll. Wenn es von einem Kammerorchester mit zehn Musiker gespielt wird, ist das schon besser. Und ein volles Orchester mit 50 Personen kann es dann so spielen, wie es sich der Komponist vorgestellt hat." Bei der TUM übernimmt diese Aufgabe verständlicherweise kein Orchester, sondern ein Computer.

Das Bild zeigt Prof. Dr.-Ing. Hugo Fastl; Lehrstuhl für Mensch-Maschine-Kommunikation, Technische Universität München in seinem Sound-Labor. (Bild Uli Benz  TUM)
Uli Benz/TUM
Das Bild zeigt Prof. Dr.-Ing. Hugo Fastl; Lehrstuhl für Mensch-Maschine-Kommunikation, Technische Universität München in seinem Sound-Labor.

Vor allem Sportwagenbesitzer werden sich über einen weiteren Punkt stundenlang unterhalten können: die Rauigkeit eines Sounds. Sie wird dadurch bestimmt, wie schnell sich die Lautstärke des Tons ändert. "Wenn Rauigkeit in einem Geräusch ist, wird es als sportlich empfunden", erklärt Fastl. "Einen Ferrari ohne Rauigkeit können Sie schlecht verkaufen."

Gerichteter Schall wäre eine ruhige Lösung

Audi A6, 3.0 TFSI quattro, Nachtsichtgerät, Fußgängererkennung
Hans-Dieter Seufert
Mithilfer der Fußgängererkennung könnten Geräusche gerichtet auf gefährdete Personen gesendet werden.

Eine Idee, die nicht nur in der Automobilindustrie, sondern aktuell auch auf Bahnhöfen, Flughäfen beziehungsweise überall dort getestet wird, wo viele Menschen in großen Räumen informiert werden müssen, ist die des gerichteten Schalls. Die Tatsache, dass immer mehr Autos mit automatischer Fußgängererkennung auf den Markt kommen, könnte dieser Technologie den benötigten "gerichteten" Schub verpassen. So würden Fahrzeuge in Gefahrensituationen gezielt die betroffene Person beschallen, während niemand sonst etwas hören würde. Dieses Vorgehen würde zudem eine Dauerbeschallung unnötig werden lassen.

Das AVAS-Thema betrifft natürlich nicht nur Europa, sondern sorgt zum Beispiel auch in den USA für Aufsehen. "Wenn künftig mehr leise Elektro- und Hybridautos auf den Straßen unterwegs sind, wird es wichtig sein, dass Fußgänger diese Fahrzeuge nicht nur sehen, sondern auch zuverlässig hören können", sagt US-Verkehrsminister Anthony Foxx. Laut der National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) ließen sich pro Jahr 2.400 Fußgängerunfälle mithilfe der AVAS-Technologie verhindern. Schätzungen der NHTSA nach entstehen den Autoherstellern pro Jahr rund 39 Millionen Dollar Mehrkosten. Werden der Sicherheitseffekt und die eingesparten Unfallkosten dagegen gerechnet, soll AVAS wiederum bis zu 300 Millionen Dollar pro Jahr Nutzen bringen. In den USA soll, anders als in Europa, das AVAS anstatt bis 20 bis 30 km/h aktiviert sein.

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Fazit

Der Traum von ruhigen Innenstädten muss weitergeträumt werden. Denn so ganz lautlos sind die Elektroautos in Zukunft nicht mehr. Erst recht dann nicht, wenn mehrere E-Autos nebeneinander fahren oder stehen.

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