Sie riechen streng, sehen ähnlich aus und fließen beide in denselben Tank, und doch könnten Diesel und Benzin kaum unterschiedlicher sein. Wer sie verwechselt, bringt hochkomplexe Technik aus dem Takt. Vor allem moderne Motoren mit fein justierter Einspritzung verzeihen keine Fehler. Doch warum vertragen Dieselmotoren kein Benzin und umgekehrt?
Der grundlegendste Unterschied zwischen Diesel- und Benzinmotor liegt im Zündprinzip. Während ein Benziner auf Fremdzündung setzt, also auf einen klassischen Zündfunken, zündet ein Diesel durch massive Kompression. Dabei entstehen Temperaturen über 800 Grad Celsius – genug, um den eingespritzten Kraftstoff selbstständig zur Explosion zu bringen. Beim Benziner dagegen muss das Kraftstoff-Luft-Gemisch exakt dosiert und zündbereit sein, nur dann liefert die Zündkerze den entscheidenden Impuls.
Warum sich Diesel und Benzin nicht vertragen
Die Unterschiede sind nicht nur mechanisch, sondern chemisch tiefgreifend. Diesel besitzt eine höhere Viskosität und wirkt im Einspritzsystem wie ein feiner Schmierfilm. Benzin hingegen ist dünnflüssig, leicht flüchtig und deutlich zündfreudiger – mit einer Oktanzahl von 95 bis 100, gegenüber einer Cetanzahl von 50 bis 60 beim Diesel.
Was heißt das in der Praxis? Diesel verdampft langsam und gleichmäßig – ideal für die verzögerte Selbstzündung im Hochdruckbereich. Benzin hingegen ist dafür gemacht, möglichst fein zu zerstäuben und schnell zu explodieren. Mischen sich die beiden, entsteht ein chemisches Durcheinander, das das Motorsteuergerät nicht mehr regulieren kann.
Was passiert, wenn man den Treibstoff verwechselt?
Was passiert, wenn man einen Diesel mit Benzin füttert? Die Antwort ist dramatisch. Besonders moderne Common-Rail-Diesel, die mit Einspritzdrücken von bis zu 2.500 bar arbeiten, sind auf exakte Schmierung angewiesen. Fehlt dieser Ölfilm – wie beim Einsatz von Benzin – entstehen metallische Reibflächen. Die Folge: mikroskopisch kleine Schäden an Hochdruckpumpe, Injektoren und Leitungen. Hinzu kommt Kavitation – kleine Dampfblasen, die unter Druck implodieren und Material abtragen wie ein Sandstrahler. Bereits ein paar Liter Benzin in einem halb vollen Dieseltank können so den Weg zum kapitalen Motorschaden ebnen.
Umgekehrt läuft es kaum besser: Kommt Diesel in den Benziner, fehlt es dem Kraftstoff an Zündbereitschaft. Der Motor klopft, ruckelt oder startet gar nicht. Denn Diesel verdampft zu langsam, um ein zündfähiges Gemisch zu erzeugen. Zusätzlich verkoken die Einspritzdüsen, der unverbrannte Diesel gelangt in den Abgastrakt – und dort richtet er Schäden am Katalysator und den Lambda-Sonden an. Diesel kann außerdem an den Kolbenringen vorbei ins Motoröl gelangen und so die Schmierwirkung des gesamten Systems zerstören. Ein klassischer Kolbenfresser ist dann nur eine Frage der Zeit.
Wie erkennt man einen Diesel ohne Handbuch?
Gerade bei Mietwagen oder Werkstattfahrzeugen fehlt oft der schnelle Überblick. Doch es gibt klare Anzeichen:
- Tankdeckel-Aufdruck: "Diesel" oder "Super" (bzw. E5/E10) geben direkt Auskunft.
- Zapfpistolen-Prüfung: Diesel-Pistolen sind dicker (25 mm) und passen oft nicht in Benziner-Tankstutzen.
- Drehzahlmesser und Klang: Ein Dieselmotor dreht meist bis 4.500–5.000 U/min, Benziner drehen höher. Zudem klingen Diesel beim Starten oft rauer als Benziner.
- Motorkennzeichnungen: Kürzel wie "TDI", "CDI" oder "dCi" deuten auf Diesel hin – "TSI", "MPI", "FSI" auf Benzin.
- Auspuff-Endrohr: Diesel zeigt größtenteils Rußspuren in den Endrohren – Benziner nicht.
- Blick in den Motorraum: Aufkleber, Abgasrückführung oder Dieselpartikelfilter (DPF) helfen bei der Zuordnung.