Doppelkupplungsgetriebe im Gebrauchtwagen: Wirklich ein Problem?

Doppelkupplungsgetriebe im Gebrauchtwagen
Sind DSG und Co. im Alter wirklich ein Problem?

Zuletzt aktualisiert am 22.06.2025

Einer der Checkpunkte, die Sie in unseren Gebrauchtkaufberatungen (neben dem guten Pflegezustand) wohl am häufigsten lesen, ist das Thema Doppelkupplungsgetriebe. Dazu gehören suboptimale Software-Abstimmungen, unsauberes Schaltverhalten, Verschleiß oder sogar kostspielige Totalausfälle. Bei manch einem Automodell zählen wir Ihnen bereitwillig die Antriebsversionen auf, die statt mit dem berüchtigten DKG eine solide Wandlerautomatik oder zumindest ein simples Schaltgetriebe besitzen. Und selbst, wenn sich ein Doppelkuppler mal als haltbar entpuppt, lesen Sie häufig noch Halbsätze wie: "... ist mittlerweile unproblematisch." Zweifellos scheint es etwas zu geben, was Autokennern am DKG nicht passt. Und trotzdem sind entsprechende Getriebe immer weiter verbreitet und gehören bei manch einem Automodell längst zum Serienumfang. Dieser scheinbaren Unstimmigkeit gehen wir heute auf den Grund und erklären, was dran ist am zweifelhaften Ruf der Doppelkupplungsgetriebe, ob Sie eines kaufen sollten, und was zu beachten ist, wenn Sie bereits eines besitzen.

Wie funktioniert ein Doppelkupplungsgetriebe?

Dass eine solche Schaltbox mit zwei Kupplungen arbeitet, steckt im Namen. Aber warum? Und wie geht das? Stellen wir uns erstmal ein herkömmliches manuelles Schaltgetriebe vor. An der Kurbelwelle des Motors sitzt eine Schwungscheibe und daran gleich die Kupplung, die mittels Pedaldruck den Kraftschluss zwischen Motor und Getriebe trennt bzw. herstellt. Damit verbunden ist die Eingangswelle des Getriebes, die über verschiedene Zahnradkombinationen die Ausgangwelle antreibt, die wiederum die Motorkraft in der richtigen Übersetzung an die Achsen weiterleitet – ganz simpel erklärt. Das Doppelkupplungsgetriebe macht all dies doppelt. Es gibt zwei parallel liegende Ausgangswellen, jeweils für die geraden und ungeraden Gänge, die von zwei hintereinanderliegenden Eingangswellen (die eine wird durch die hohl ausgeführte andere gesteckt) angetrieben werden. Und wie kommt die Motorkraft auf die zwei Eingangswellen? Mit Kupplungen natürlich! Auch die sitzen hintereinander und geben die Kraft immer nur auf jeweils eine Eingangswelle weiter. Das bedeutet zwangsläufig: Wenn die eine Kupplung öffnet, schließt die andere. So kommen die nahezu verzögerungsfreien Gangwechsel zustande. Und wie wird das Ganze gesteuert? Eine Mechatronikeinheit, die meistens auf dem Getriebe verbaut ist, fungiert als Aktorik und sortiert die Zahnräder auf den Wellen mithilfe von Öldruck und elektronischen Signalen. Die Mischung aus beidem (daher auch der Name) funktioniert mit kleinen Magnetventilen, die wiederum feinste Ölkanäle verschließen bzw. freigeben. Nicht zu vergessen: Der Rückwärtsgang hat seine eigene Zahnradwelle, wird aber auch durch eine der beiden Kupplungen kraftschlüssig geschaltet.

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Audi, Magna, ZF, Hyundai

Zum Mitschreiben: Zwei Kupplungen leiten die Motorkraft jeweils auf die Gangwelle für 1, 3 und 5 bzw. für 2, 4 und 6. Gesteuert wird das Ganze durch viele feine Ölkanäle, die elektronisch freigegeben werden.

Wo liegen die Vorteile?

Die relativ simple Konstruktion bietet eine vollwertige Schaltautomatik (anders z.B. als bei automatisierten Schaltgetrieben, die zum Schalten eine Gaswegnahme erfordern) auf kleinem Bauraum (aufgrund der ineinanderlaufenden Eingangswellen) und spart dabei obendrein Kosten und Gewicht im Vergleich zu einer Wandlerautomatik, die deutlich komplexer gebaut ist. Weil das DKG nicht mit Planetenradsätzen, sondern herkömmlichen Zahnrädern arbeitet, erlaubt es außerdem eine relativ einfache Integration von E-Motoren für Hybridsysteme. Hinzu kommt die bis zur Serieneinführung im Jahr 2003 bei Automatikgetrieben ungekannte Geschwindigkeit der Schaltvorgänge, die das Getriebe sowohl für sportliche Fahrzeuge reizvoll macht, als auch für hohen Fahrkomfort im Alltagsbetrieb sorgt, weil praktisch keine spürbaren Zugkraftunterbrechungen stattfinden. Übrigens: das Doppelkupplungsgetriebe wurde keineswegs erst 2003 erfunden. Schon im Stummfilmzeitalter wurde damit experimentiert. Auch das Kürzel PDK bei Porsche (Porsche Doppelkupplungsgetriebe) besteht seit den 1960er Jahren, wo es schon früh für den Motorsport genutzt wurde.

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Porsche / Patrick Lang

Wo liegen die Nachteile?

Die möglichen Probleme lassen sich schon aus dem vorigen Absatz herauslesen. Wenn etwas kleiner, leichter und simpler ist als herkömmliche Technik, sich aber über viele Jahrzehnte im Experimentalstadium oder höchstens im Motorsport wiederfindet, ist das ein gutes Indiz dafür, dass es alles andere als leicht war, eine zuverlässige Serienreife zu entwickeln. Und das gelingt erst seit rund 20 Jahren – halbwegs zumindest. Beim Doppelkupplungs-Vorreiter VW hatte die erste Generation des sogenannten DSG (Direktschaltgetriebe) einen Sensationscharakter. Zunächst, weil Preziosen wie Audi TT und Golf IV R32 in nie dagewesener Flinkheit beschleunigten und zum anderen, weil bereits kurz darauf die legendär haltbaren 1.9 TDI-Motoren als Spritspar-Wunder sinnvoll ergänzt wurden. Der Haken kam ein paar Jahre und Kilometer später, als diese erste DSG-Generation immer häufiger mit Lagerschäden auffiel, die zunächst durch helle Jaulgeräusche in den Gängen 1, 3 und 5, hörbar waren. Die Lagerung der Eingangswellen war auf Dauer zu schwach für die hohen Motordrehmomente in Verbindung mit den recht starken Vibrationen der Dieselmotoren. Ein ganz ähnliches Schicksal ereilte übrigens einige Zeit später die erste Generation der Ford Powershift-Doppelkuppler. Diese Problematik ließ sich mit den Jahren jedoch meistern.

Ein anderer konstruktiver Nachteil eines jeden Doppelkupplungsgetriebes besteht in den Kupplungen selbst. Wie beim Schaltgetriebe sind sie ja neben dem reinen Gangwechseln auch für das Anfahren zuständig. Also muss der Antrieb bei stehendem Fahrzeug in den Kraftschluss des laufenden Motors eingeschleift werden. Das erledigt nicht der gefühlvolle Kupplungsfuß, sondern ein elektronisches Signal. Im Normalfall klappt das völlig problemlos. Doch wer z.B. mit Wohnwagen am Haken im Stau auf einer starken Steigung steht und mit Kriechtempo dahinrollt, schleift fortwährend den Kupplungsbelag ab. Das birgt ein enormes Verschleißrisiko. Deutlich größer ist jedoch das Folgeproblem: wohin mit dem Abrieb des ständig schleifenden Kupplungsbelags? In den meisten Fällen laufen die Kupplungen im Getriebeöl. Das verringert zwar den Verschleiß, sorgt aber auch dafür, dass die bereits erklärte Mechatronikeinheit mit der Zeit immer mehr mit verunreinigtem Öl zu kämpfen hat. Die Abriebpartikel können dann die feinen Ölkanäle verstopfen und so die Schaltvorgänge stören. Folgerichtig erfordert ein Getriebeölwechsel nicht nur regelmäßige Intervalle, sondern auch eine aufwendige Spülung. Das gilt zwar auch für Wandlerautomaten, doch ist hier das Schadenrisiko deutlich geringer, die Langlebigkeit höher.

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Andrea Marino, Volkswagen

Das dritte Dilemma liegt schlicht in der elektronischen Steuerung des Getriebes. Während beim Schaltwagen das Fahrerhirn kongenial mit Kupplungsfuß und Schalthand vernetzt ist, muss die DKG-Elektronik interpretieren, was wohl als Nächstes zu tun ist und was der Fahrer von ihm möchte. Dazu stehen ihm nur elektronische Signale von Motordrehzahl, sowie Gas- und Bremspedal zur Verfügung. Das Resultat sind dann Schalt- und Einkuppelvorgänge, die oft zu träge sind oder zu forsch, zu hart oder zu weich. Gerade das Anfahren nach einer Start-Stopp-Phase bestand noch vor Kurzem aus einem elektronischen Ratespiel. Wer sich als Fahrer nicht darauf einstellte, erntete einen rüden Ruck beim Anfahren. Ständige Software-Weiterentwicklungen haben dieses Problem mit der Zeit immer weiter reduziert, sodass manche DKG heute auf den ersten Blick praktisch nicht von einem gut abgestimmten Wandlergetriebe zu unterscheiden sind. Übrigens: Eine Wandlerautomatik ist deshalb gefühlvoller beim Anfahren und Schalten, weil der vom Motor produzierte Unterdruck für das Bremssystem mit der Wandlersteuerung verknüpft ist. So besteht z.B. keine Verzögerung im Anrollen, wenn der Fuß langsam von der Bremse genommen wird. Alles geschieht nahtlos.

Zum Mitschreiben: Doppelkupplungsgetriebe waren anfänglich noch nicht den Belastungen der alltäglichen Belastung gewachsen. Wer als Fahrer nicht nachdenkt und die Anfahrkupplung ständig schleifen lässt (durch Kriechen) erzeugt enormen Verschleiß. Kupplungsabrieb sammelt sich zwangsläufig im Getriebeöl und sorgt dort für Probleme. Ölwechsel und Spülen sind aufwendig und teuer. Weil Kupplung und Gangwahl nur elektronisch gesteuert werden können, arbeiten viele DKG etwas gefühllos.

Was bedeutet das für die Praxis?

Mit dem Wissen im Hintergrund haben Sie nun hoffentlich etwas mehr Verständnis für DKG-bezogene Hinweise in unseren Kaufberatungen. Die Fortschritte in der Entwicklung zeigen, dass mit den Jahren von fast allen Großserienherstellern krisensichere Doppelkuppler angeboten werden, auch wenn es bei einzelnen Modellen zunächst an der mechanischen Haltbarkeit gehapert hat. Wie gefühlsecht die Software schaltet und waltet, zeigt der Praxistest. Wenn nach fünf bis zehn Jahren oder 60 bis 80.000 Kilometern die Gangwechsel allmählich unsauber werden, ist es höchste Zeit für einen Getriebeölwechsel mit Spülung, der im Idealfall wieder eine Art Neuzustand wiederherstellt. Zusätzlich lässt sich die stets lernende Software auch in der Regel einfach resetten, sprich auf Werkseinstellungen zurücksetzen. Was bleibt ist die zwangsläufige mechanische Belastung der Kupplung(en). Aus demselben Grund greifen routinierte Hängerfahrer auch meist ungern zum Schaltgetriebe. Hier heißt die einzig dauerhaltbare Lösung: Wandlerautomatik. Auch hier altert zwar das Getriebeöl (und erfordert schließlich einen Wechsel), doch findet im Öl getriebenen Wandler beim Anfahren und Rangieren keine mechanische Reibung statt. Der Fairness halber sollte aber erwähnt werden, dass auch Doppelkupplungsgetriebe, die mit etwas Köpfchen gefahren werden, auch einen haushaltsüblichen Hängerbetrieb (z. B. zweimal im Jahr Wohnwagenziehen) klaglos ein Autoleben lang aushalten.