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Technik Reihensechszylinder-Motoren
Das Comeback des Reihensechsers

Für viele Motorenfans ist der Reihen-Sechszylinder das Ideal eines Verbrennungsmotors. Warum das so ist und weshalb einige Hersteller zu diesem Konzept zurückkehren, haben wir uns etwas näher angesehen.

BMW B57 Reihensechszylinder-Dieselmotor
Foto: BMW

Jaguar, Land Rover, BMW, Mercedes und selbst Mazda: Die Liste der Hersteller, die den Reihen-Sechszylindermotor wieder einführen wollen oder bereits wiedereingeführt haben, wird länger. Wiedereinführung deshalb, weil der lange "Inline-Six" in der Vergangenheit eigentlich bereits für tot erklärt wurde.

Reihensechszylinder: Am liebsten längs

Der Grund für die bisherige Abkehr von diesem stets sehr herrschaftlich agierenden Motorenkonzept war durch den Bauraum dieses Motorenkonzepts bedingt. Für den Quereinbau, der in modernen Pkw immer weitere Verbreitung fand, ist ein R6 zu lang. Und für cw-günstig flache Motorhauben eigentlich zu hoch.

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Der Schwenk zu V6-Motoren sollte diese Mankos beseitigen: Kurz wie ein Dreizylinder und dazu auch noch niedriger, aber dennoch mit dem Prestige der sechs Töpfe. Erkauft wird dies beim V6 allerdings auch mit einigen konzeptionellen Nachteilen, die nun wiederum zur Renaissance des großen Reihenmotors führ(t)en.

Schnittmodell Mercedes M256 Reihen-Sechszylindermotor
Mercedes
Moderne Sechszylinder sind technische Meisterwerke mit elektronischer Unterstützung

Ein genauer Blick auf die R6-Motorenechnik macht deutlich, was diese Bauart für Vorteile bringt. Dazu muss zunächst klar sein, dass ein Reihensechszylinder selbstverständlich nur in den gehobenen Segmenten zum Einsatz kommt, als Motorisierung eines günstigen Kompaktklassefahrzeugs wäre ein solches Aggregat nicht wirtschaftlich darstellbar.

Aus diesem Grund sollte der R6 nicht nur als Ersatz für bisherige V6-Varianten betrachtet werden, sondern auch und vor allem als Alternative zu bisherigen V8-Motoren. Bestes Beispiel hierfür ist der Mercedes M256-Sechszylinder. Als erster Reihen-Sechszylinder-Ottomotor seit dem Auslauf des M 104 im Jahr 1997 löste er 2017 nicht nur den M276-V6 ab, sondern sollte mit seinem ersten Einsatz in der S-Klasse auch als Alternative zum M 278-V8 punkten.

Im Video: Der Mercedes M256-Sechszylinder

Leistungsmäßig kann der neue M 256 – dank 48-Volt-Technik mit elektrischem Zusatzverdichter und Startergenerator ­– das problemlos wahrmachen, in der Anfahrperformance nach Strecke ist er dem V8 überlegen, beim Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 ebenbürtig. Dazu unterbietet er den V8 beim Verbrauch um rund 25 Prozent.

Um bei anspruchsvollen Kunden als standesgemäßer Achtzylinder-Ersatz akzeptiert zu werden, genügt die Performance jedoch nicht, der Laufkomfort muss ebenfalls stimmen. Und hier kann der Reihen-Sechszylinder gegenüber V6- und R4-Motoren besonders punkten. Durch die um jeweils 120 Grad versetzten Kröpfungen der Kurbelwelle bewegen sich bei einem Reihensechszylinder jeweils zwei Kolben immer gleich: Der erste und der letzte Kolben, der zweite und der fünfte sowie der dritte und der vierte Kolben vollziehen eine gleichlaufende Auf-/Ab-Bewegung und wechseln sich dabei in den Arbeitstakten ab. Diese Arbeitsweise führt dazu, dass wegen der ausgeglichenen Massenkräfte ein ruhiger, gleichförmiger und vibrationsarmer Motorlauf möglich ist, für den bei R4- und V6-Motoren zusätzliche Ausgleichswellen nötig sind.

Seat Leon Cupra V6
Seat
Praktischer: V6-Motoren lassen sich problemlos quer einbauen

Das führt zu Stichpunkt zwei: Zusätzlich. Denn V6-Motoren benötigen auch mehr Bauteile, zum Beispiel zwei Ventiltriebe mit der doppelten Anzahl an Nockenwellen, was bei einer aktiven Nockenwellensteuerung noch weiteren konstruktiven Aufwand bedeutet.

Spezielle Bedeutung hat aber gerade in der jüngeren Vergangenheit die Abgasnachbehandlung. Für besonders effektive Reinigung der Abgase müssen die Katalysatoren so nah wie möglich an der Auslassseite montiert werden, um binnen kürzester Zeit nach dem Kaltstart auf Betriebstemperatur zu kommen. Bei einem Reihenmotor mit nur einer "heißen Seite" technisch kein großes Problem, während ein V-Motor mit zwei Auslassseiten entsprechend höheren konstruktiven Aufwand und Materialeinsatz benötigt.

Im Video: Hier wird der BMW M-Sechszylinder gebaut

Dem Problem mit der Baulänge, das die vielzylindrigen Reihenmotoren für eine Weile aufs Abstellgleis beförderte, kann inzwischen übrigens entgegengewirkt werden. Unter anderem durch geringeren Zylinderabstand bauen die Sechszylinder heute kompakter als frühere Generationen.

Dass es sich übrigens bei den neuen Reihensechszylindern in aller Regel um Dreilitermotoren handelt, ist auch eine Folge der Gleichteilestrategie der Marken. Im Motorenbau hat sich bei etlichen Herstellern ein Zylindervolumen von 0,5 Liter als Standard durchgesetzt, auf dem entsprechend kostensparend mit Gleichteilen (z.B. Pleuel, Kolben, Zylinderlaufbuchsen) skaliert wird: Dreizylinder mit 1,5 Liter, Vierzylinder mit 2,0 Liter und entsprechend Sechszylinder mit 3,0 Liter Hubraum sind die Folge.

Der Grund für den halben Liter heißt "thermodynamisches Optimum": Das Verhältnis zwischen Zylindervolumen und Zylinderoberfläche ist mitbestimmend für den Wirkungsgrad. Auch das Schwingungsverhalten und die Reibungsverluste spielen eine Rolle, weshalb beispielsweise BMW bereits vor mehreren Jahren das Zylindervolumen von 0,5 Liter als Idealmaß erklärte. Kleinere Einzelhubräume erlaubten zwar ein agileres Ansprechen, verursachen aber einen höheren spezifischen Verbrauch, während größere Zylindereinheiten zu Lasten des Ansprechverhaltens gehen würden.

Fazit

Für gehobene Fahrzeugsegmente erlebt der Reihensechszylinder als Benziner und Diesel eine Renaissance. Moderne Konstruktionstechniken machen ihn kompakter, die überragende Laufruhe zu einer Alternative für durstigere V8-Maschinen. Dazu gibt es konzeptionelle Vorteile wie die einfachere Abgasnachbehandlung.

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