Parkassistenzsysteme im Test: Mercedes kann’s am besten, China steht gern schief

Park-Assistenten im Test
Mercedes kann’s am besten, China steht gern schief

Veröffentlicht am 22.06.2025

Einparken ist dank moderner Technik nicht mehr die ganz große Kunst. Mit Ultraschallsensoren und aufwendigen Kamerasystemen gelingt es viel leichter als ohne, da reichlich Schätzarbeit entfällt und die Rundumsicht per Display verbessert wird; oft kann man sogar eine Perspektive auf die Räder aufrufen. Aber wie gut arbeiten Systeme, die das Parken übernehmen, ohne dass der Fahrer lenkt, bremst und beschleunigt?

In Zusammenarbeit mit der MdynamiX AG prüfen wir die Parkassistenzsysteme von Mercedes E-Klasse , Nio ET5 Touring, Tesla Model Y und Volvo EX30 beim Zirkeln in zwei Parklücken – eine Längs- und eine Querlücke. Der Messtechnik in den Testwagen liegen exakte GPS-Positionsdaten der Parkstreifen und der jeweiligen Nachbarautos vor, so enthalten die Datensätze neben den Bewegungspfaden auch die zentimetergenauen Abstände zu den Parkplatzbegrenzungen und den anderen Fahrzeugen. Zudem zeichnet eine Videokamera die Bewegungen des Lenkrads auf, um dessen Umdrehungen ermitteln zu können.

Schon vor dem Parkvorgang hapert es

Bevor all das Relevanz hat, müssen die Parksysteme zunächst die Lücken erkennen, was beim Längsplatz in keinem der Autos zuverlässig funktioniert. Teilweise liegt das allerdings am Messaufbau, denn als Ersatz für einen echten Bordstein oder weiße Fahrbahnmarkierungen begrenzt eine Metallstange den Parkstreifen. Die Quertasche entspricht aber einer ganz regulären – und auch die erkennen die Systeme nicht immer.

Teststrecke
Arturo Rivas

In den Testläufen funktioniert im Mercedes das Scannen möglicher Parkplätze nur dann, wenn das Parkassistenzmenü geöffnet ist. Damit die E-Klasse die Lücke zwischen den beiden am Straßenrand stehenden Fünfer-BMW erkennt, müssen wir in den meisten Fällen nah und ziemlich schnell an ihnen vorbeifahren – das würde man in der Praxis so niemals tun. Vielleicht unterschätzt sich das System auch selbst, denn mit 4,95 Metern Länge bleibt dem Benz in der 5,80-Meter-Lücke am wenigsten Platz.

Doch wenn die Sensorik den Parkplatz erkennt, fährt die E-Klasse trotz des Größennachteils mit riesigem Abstand am präzisesten auf den Stellplatz. Ihr großer Vorteil: eine Hinterachslenkung. So adrett geparkt wie oben im Foto steht der Mercedes meist nach sechs bis sieben Zügen, der gesamte Vorgang dauert eine knappe Minute. Beim Anfahren der Lücke spart der Schwabe Zeit, im Rückwärtsgang erreicht er über 4 km/h. Dieses Tempo empfinden wir Tester als unangenehm hoch – die anderen Testautos belassen es bei entspannteren 2 km/h.

Mercedes E-Klasse
Arturo Rivas

Von denen erzielt beim Parken in die Längslücke nur der 4,23 Meter kurze Volvo noch halbwegs brauchbare Ergebnisse, und diese jedes Mal in drei Zügen und in rund 30 Sekunden. Zwar steht der EX30 immer weit von der Metallstange entfernt, aber weil er schmaler baut, ragt er gerade so nicht über den gepflasterten Parkbereich hinaus. Das gelingt weder dem Tesla noch dem Nio, die beide wenig im Stand, tendenziell aber sehr schnell lenken. Sie stehen abschließend entweder weit auf der Straße oder erklären den Parkvorgang bei völlig schiefer Positionierung für beendet. Damit meinen wir keine abgebrochenen Parkvorgänge, die sich alle Probanden mal erlauben. ET5 und E-Klasse brechen sogar während eines Vorgangs ab, obwohl sie mit nur einem weiteren Zug anständig gestanden hätten.

Parkvorgänge und -Ergebnisse

Beim Quer- und Längsparken wurden je drei Parkvorgänge gemessen. In der Tabelle stehen die Datensätze, die unsere zahlreichen Versuche mit und ohne Messausrüstung am besten widerspiegeln.

Querparken, ams Sonstige Tests, ams1225
auto motor sport

Das Höchsttempo erreichen die Autos beim Anfahren der Parklücke, nicht bei der Feinarbeit. Auffällig ist auch der Negativwert bei "Abstand zum Bordstein" – der Tesla ist nicht über den Bordstein gefahren, sondern positioniert lediglich seinen Heckstoßfänger über der Wiese dahinter. In den letzten beiden Zeilen lässt sich ablesen, wie gerade die Autos in den Parklücken stehen: Am Fahrzeug rechts neben ihm positioniert der Nio sein Heck 13,6 cm näher als seine Schnauze.

Längsparken, ams Sonstige Tests, ams1225
auto motor sport

Der Mercedes ist mit 4,95 Metern der längste Wagen im Test, er hat in der für alle Autos gleichen 5,80-Meter-Lücke also am wenigsten Platz. Am stärksten bevorteilt wird der 4,23 Meter kurze Volvo. Der Tesla misst 4,75 m, der Nio 4,79 m. Wie gerade und wie weit vom Bordstein entfernt die Autos parken, zeigen die Zeilen "Abstand Bordstein Vorderachse/Hinterachse". In den obigen Testläufen parkt der Tesla völlig schief und der Mercedes vorbildlich. ET5 und EX30 stehen weit vom Bordstein entfernt.

Quer klappt zuverlässiger als Längs

Ein anständiges oder wenigstens akzeptables Parkresultat gelingt den Assistenten überwiegend in Quertaschen. Dort stehen sie auf Höhe der Vordertüren meist mittig genug, dass man auf beiden Seiten aussteigen kann. Pauschal gilt das positive Fazit aber auch nicht, so gab es beim Volvo und Mercedes in den Testläufen Ausreißer bei der Parkdauer. Der EX30 brauchte für die drei gemessenen Vorgänge 40, 60 und 72 Sekunden, die E-Klasse 32, 33 und 71 Sekunden (ab der ersten Rückwärtsbewegung gemessen). Bei diesen langen Prozeduren stieg die Anzahl der Züge beider Autos von drei auf sechs. Dabei litt der Volvo wohl unter Lampenfieber, denn ohne Messtechnik konnte er die kürzere Einparkdauer (siehe Tabelle) mehrfach bestätigen und sauberer rangieren.

Auch heute noch nicht richtig zuverlässig

Wie schon bei unseren vorangegangenen Tests von Abstandstempomaten und Spurführungssystemen zeigen auch die Parkassistenten, dass sie mal besser, mal schlechter funktionieren. Positiv jedoch: Unsere Autos gerieten nie in die Nähe von Blechschäden.

Tesla Model Y
Arturo Rivas

Damit bestätigen die vier Testwagen die Praxiserfahrungen, die wir mit den Einparksystemen vieler unterschiedlicher Hersteller gesammelt haben. Vor allem das Erkennen der Lücken klappt oft nicht sonderlich gut – speziell dann nicht, wenn typische Markierungen fehlen, was eben auch abseits von Messaufbauten vorkommt.

Nio ET5
Arturo Rivas

Klar, wenn alles gut klappt, sind die Parkassistenten hilfreich und beeindruckend. Die nützlicheren Errungenschaften sind aber nicht die Assistenten, sondern deren verlässliche Grundlage: Ultraschallsensoren und Kamerasysteme mit unterschiedlichen Ansichten.

So haben wir getestet

Diesen und weitere Assistenzsystem-Tests haben wir mit der MdynamiX AG durchgeführt, einem Unternehmen, das mit den Hochschulen München und Kempten kooperiert. Es ist auf die Evaluierung solcher Systeme für Kunden der Fahrzeugindustrie spezialisiert.

Parkassistenzsystem
Arturo Rivas

Die Messfahrten zur Analyse der Parkassistenzsysteme finden auf dem Gelände der MdynamiX AG statt. Dort haben die Ingenieure zwei Parklücken und die jeweiligen Nachbarfahrzeuge exakt vermessen, um alle relevanten Abstände während der gesamten Parkvorgänge aufzeichnen zu können. Die Testfahrzeuge tragen auf ihren Dächern je zwei Antennen (WLAN, GPS/Glonass/Galileo/Beidou) und sind im Innenraum mit einer speziellen Messtechnik ausgerüstet, die sämtliche Fahrzeugbewegungen aufzeichnet. Zusätzlich erfasst eine kleine Videokamera die Lenkradumdrehungen. Die anschließende Datenanalyse erfolgt über die von der MdynamiX AG entwickelte und vertriebene Software MXeval.