Die Spuren von Werner von Siemens´ Pioniergeist finden sich an vielen Stellen im Unternehmen. In unserer Zug-Sparte Mobility zum Beispiel. 1879 stellte Werner von Siemens die erste elektrische Bahn mit Stromzuführung über die Schienen vor. Heute bauen wir modernste Hochgeschwindigkeitszüge und digitalisieren komplette Streckennetze. Oder denken Sie an die ersten elektrischen Feuermelder im 19. Jahrhundert. Brandschutz ist auch heute ein Teil unseres Portfolios bei Smart Infrastructure. Auch in der Elektromobilität sind wir schon immer engagiert. So wurde die elektrische Viktoria, ein viersitziger Tourenwagen, ab 1905 in Berlin von den Siemens-Schuckertwerken gebaut. Autos bauen wir zwar keine mehr, dafür engagieren wir uns bei der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge.
Da gibt es fast keinen Bereich, wo das nicht der Fall ist. Fangen wir beim Auto selbst an. Fast alle Autohersteller verwenden Siemens-Software, um ihre Fahrzeuge zu designen. In den Autofabriken kommen sehr viele Automatisierungslösungen von Siemens zum Einsatz. Und einmal auf der Straße werden viele Fahrzeuge an Siemens-Ladesäulen geladen. Ladesäulen von Wettbewerbern werden oft aus Siemens Trafos gespeist. Verkehrsmittel wie der ICE sind vielen bekannt, aber wir bauen auch S-Bahnen und batterie- sowie wasserstoffbetriebene Züge. Außerdem kommt vieles in der Bahninfrastruktur – wie zum Beispiel Schranken, Signale oder Weichenantriebe – von uns. Die Software, um die jeweiligen Tickets zu buchen, kommt auch von uns. Mit unserer Technik helfen wir, in Gebäuden Energie zu sparen oder die Stromversorgung für wichtige Einrichtungen wie Krankenhäuser sicherzustellen. Mit Software und Hardware. Wir bringen also die reale und die digitale Welt zusammen.
Das kann viele Gründe haben. Ich denke, dass wegfallende Förderungen gerade für Privatfahrer eine Rolle spielen. Weltweit allerdings steigt die Adaptionsrate von Elektroautos weiter an. Unabhängig davon bleiben die weltweiten Klimaziele bestehen und Elektromobilität ist für die Erreichung dieser Ziele ein wichtiger Hebel. In der Logistik- und Bus-Welt sehen wir die Adaption – zusammen mit dem Bedarf an der Elektrifizierung der Depots – nach oben schnellen.
Ich sehe das nicht als entweder oder. Beides bedingt sich ja. Wirklich spannend sehe ich den Bereich Schwerlastverkehr und kommunale Flotten. Hier haben wir die Möglichkeit, schnell viel zu erreichen, was die Dekarbonisierung angeht. Aber dafür braucht es tatsächlich Unterstützung vom Staat. Zum Beispiel schnellere Genehmigungsverfahren beim Netzausbau.
Das empfinde ich nicht. Es mag sein, dass das Thema in der öffentlichen Debatte etwas nachgelassen hat, weil andere, aktuelle Themen die Aufmerksamkeit einnehmen. Die globalen Klimaziele bleiben jedoch bestehen, und die Elektromobilität ist ein entscheidender Hebel, um diese ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Unser Portfolio unterstützt wichtige Marktsegmente, insbesondere Depot-, Flotten- und Unterwegs-Ladelösungen.
Schauen wir auf den Sektor, der nach wie vor am meisten Treibhausgase ausstößt, so ist das der Energie-Sektor. Gleichzeitig ist hier in den vergangenen 30 Jahren schon sehr viel passiert. Der Verkehrssektor, als zweitgrößter Emittent, war der "Geisterfahrer" und hat seine Hausaufgaben noch nicht gemacht. Ich zerbreche mir aber nicht den Kopf, sondern sorge mit meinem Team dafür, dass wir hier attraktive und leistungsstarke Angebote haben, um unseren Beitrag dazu leisten zu können.
Es ist aus meiner Sicht für jedes Unternehmen, egal was es macht, von zentraler Bedeutung, das fossile Zeitalter hinter sich zu lassen und nachhaltig zu wirtschaften. Für uns als Unternehmen, das es bereits seit mehr als 175 Jahren gibt, war es schon immer das Ziel, Technologie zu entwickeln, die dem Menschen dient. Letztendlich hat aber der Erfolg von Siemens deutlich mehr mit Physik als mit Glück zu tun: Mit Elektrizität kann man heizen und kühlen, Daten verarbeiten und speichern, sich fortbewegen und Dinge transportieren, und vieles mehr. Es ist die flexibelste Form, Energie zu nutzen. Und in einem "Internet der Elektrizität" können wir alle Sektoren miteinander verbinden sowie die Erzeugung und den Verbrauch mit Speichern ausgleichen.
Ganz und gar nicht. Mit der richtigen Technologie erreichen wir eine Ladeeffizienz von 90- 92% beim kabellosen Laden, das ist auf einem vergleichbaren Niveau wie kabelgebundenes Laden. Mit unseren Prototypen erreichen wir diese Effizienz.
Wir haben noch kein fertiges Produkt, das wir verkaufen können, arbeiten aber gemeinsam mit Partnern daran, es möglichst attraktiv zu gestalten. Das Ziel ist jedoch, die Kosten vergleichbar zu einem kabelgebundenen Ladepunkt zu halten. Der große Treiber für kabelloses Laden ist unbestritten der "Convenience-Faktor": Einfach das Auto parken und automatisch laden lassen. Kein Handtieren mehr mit Kabeln und Steckern. Das ist einfach unschlagbar bequem.
Ja, als allererstes dort. Das "Innovations-Playbook" ist hier nicht neu: zuerst sehen wir das kabellose Laden im Premium Segment und somit in den heimischen Garagen dieser Kunden. Die weitere Adaption sehen wir dann auf den Parkplätzen von Firmen für deren Flotten und Mitarbeiter. Später dann im öffentlichen Raum und Parkgaragen.
Durch seine vielen Einsatzmöglichkeiten wird Strom für unsere Gesellschaft immer wichtiger. Daher darf der Ausbau der Erzeugung und der Netze ohnehin nicht stillstehen. Der Umstieg im Verkehrssektor auf Elektromobilität geschieht nicht über Nacht. Die Strommengen für die Einbindung der Ladepunkte lassen sich berechnen. In einigen Fällen muss das Stromnetz ertüchtigt werden. Oft hilft aber auch schon die Digitalisierung. So bieten wir zum Beispiel eine Software an, die die Ladevorgänge dann startet, wenn gerade viel Strom zur Verfügung steht. Das spart auch noch Geld.
Die Antwort ergibt sich schnell aus einer "Total Cost of Ownership"-Rechnung der Logistiker. Die Batterietechnologie wird besser und günstiger und es gibt gut geeignete Fahrzeuge. Viele Touren sind planbar und sind günstiger zurückzulegen als mit Diesel-Fahrzeugen. Wir haben schon viele Depots mit Ladelösungen ausgestattet und sehen hier noch viel weitere Möglichkeiten. Dazu arbeiten wir gerade – so wie viele andere Anbieter auch – am sogenannten Megawatt-Laden (MCS). Zwar gibt es dafür bislang weder Fahrzeuge noch entsprechende Charger auf dem Markt, dennoch konnten wir im April dieses Jahres mit einem Prototypen 1 MW beim Laden erreichen. Geladen wurde übrigens ein Prototypen-LKW eines namhaften OEM. Der Vorteil beim MCS ist, dass auch Schwerlast-LKWs in kurzer Zeit geladen werden können. Im besten Fall während der gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten. Das reduziert Stillstandzeiten und erhöht die Wirtschaftlichkeit.
Hier sind zwei Themen wichtig. Wie schon angesprochen muss Schnellladeinfrastruktur zur Verfügung stehen, die Standzeiten für das Laden minimiert. Gleichzeitig muss bei der Planung platzsparende Infrastruktur berücksichtigt werden. So gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, Charger an einem Rigg zu befestigen, die Kabel kommen dann von oben. Eine einfache Integrierung in heutige Rastplätze dürfte bei den bestehenden Verhältnissen im größeren Stil kaum möglich sein. Die Schaffung von Lade-Hubs für E-LKW könnte hier eine Lösung sein. Logistikunternehmen müssen sich darauf verlassen können, dass eine Ladesäule zum Zeitpunkt X verfügbar ist. Der ideale Einsatzbereich für digitale Reservierungssysteme.
Vita
Markus Mildner ist seit Januar 2022 CEO eMobility bei Siemens Smart Infrastructure. Zuvor leitete er die globale Vertriebsorganisation bei Siemens Smart Infrastructure. Von 2016 bis 2019 war Mildner General Manager der Siemens Energy Management Division in China. In der Vergangenheit hatte er mehrere Führungspositionen bei Siemens und BenQ in Deutschland, Kolumbien und Mexiko inne. Bevor Markus Mildner im Jahr 2000 zu Siemens kam, begann er seine berufliche Laufbahn als Unternehmensberater bei der Deutschen Bank. Er hat einen Abschluss in Wirtschaftsingenieurwesen von der Technischen Universität Berlin.
Oben in der Galerie finden Sie Bilder zum neuen Elektro-LKW E-Actros von Mercedes-Benz Trucks.