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Laufroboter im Fahrroboter
Ford bestückt autonome Fahrzeuge mit Robotern

Ford testet seit 2017 autonom fahrende Pizzalieferfahrzeuge. Erste Erkenntnis: Die Kunden sind teilweise zu faul, ihre Pizza vom Auto abzuholen. Jetzt sollen Roboter helfen.

Ford Digit Laufroboter
Foto: Ford

2021 möchte Ford autonom fahrende Lieferfahrzeuge auf die Straße bringen. Dafür forscht der Konzern seit 2017 mit dem Pizzalieferanten Domino‘s an autonomen Autos, bei denen ein Sicherheitsfahrer hinterm Steuer sitzt. Zu Erkenntnissen speziell das autonome Fahren betreffend hat sich Ford bisher nicht geäußert – allerdings gibt es schon jetzt ein unerwartetes Testergebnis: Einige Kunden sind einfach zu faul, aus dem Haus zu gehen, und ihre bestellte Pizza vom am Bordstein parkenden Lieferauto abzuholen. Dies sorgte für Verzögerungen bei den nachfolgenden Lieferungen.

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Um die Pizza trotzdem in den Verantwortungsbereich des Kunden zu bringen, muss also eine Lösung her: Roboter. Ford testet jetzt einen zweibeinigen Lieferroboter im Feldversuch. Der Roboter stammt aus dem Hause Agility Robotics. Die auf Laufroboter spezialisierte Firma existiert seit Ende 2015 – als Ausgründung aus der Oregon State University. Der Wahlspruch der Roboterbauer lautet zwar „Go Where Humans Go“ (Gehe dort, wo Menschen gehen), aber in Sachen Bewegungsapparat und Fußgestaltung orientieren sich die Entwickler an großen Laufvögeln wie beispielsweise Emus. Das seit 2017 verkaufte Robotermodell Cassie v3 soll jetzt als Basis für den Ford-Lieferroboter dienen.

Ford Mondeo Domino's Self-Driving Delivery Vehicle
Ford
Die Pizza selbst vom Lieferauto abholen? Dazu sind nach ersten Tests einige Kunden zu faul.

Digit mit Gummiball-Händen

Die Cassie-Basis bekommt für seinen Auslieferjob Metallarme mit genoppten Gummibällen anstelle von Händen – damit kann der Roboter Pakete verschiedener Größen anpacken. Das laufende Liefergerät nennt sich jetzt Digit. In einem Video zeigt Ford, wie ein schwarzer Teleskoparm den zusammengefalteten Roboter aus einem Van schiebt. Noch an dem Arm hängend entfaltet sich der Roboter – in dem Moment, wo seine Füße den Boden berühren, marschiert er los.

Anstelle eines Kopfes trägt Digit einen Lidar-Puck. Dank Lidar (light detection and ranging: Abstands- und Geschwindigkeitsmessung per Laser) kann der Roboter die Umgebung scannen und sich mithilfe der gesammelten Daten orientieren. Zusätzliche Stereokameras helfen dem Gerät bei der Fein-Orientierung. Seine Kraft reicht für Pakete mit einem Gewicht von bis zu 20 Kilogramm. Er soll Treppen steigen und unebenes Gelände bewältigen können, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Die bei Märschen zu den Haustüren der Kunden gesammelten Daten speichert Digit und teilt sie unter anderem mit dem Lieferfahrzeug.

Ford Fusion als autonomes Auto

Ford steuert für die Tests nach wie vor den autonom fahrenden Fusion Hybrid bei, von Roush Enterprises kommt die Warmhaltebox und Domino’s stellt die Pizza her: Alles zusammen ergibt den ersten komplett autonomen Pizza-Lieferservice. Diesen testen Ford und die 1960 im US-Bundesstaat Michigan gegründete Pizzakette Domino’s jetzt auf Praktikabilität und Kundenzufriedenheit.

Dabei steht besonders im Vordergrund, wie die Kunden darauf reagieren, dass ihre Pizza von einem autonom fahrenden Fahrzeug ausgeliefert wird. Domino’s-Chef Patrick Doyle betont dann auch, dass die ständige Weiterentwicklung von autonomen Fahrzeugen das Transportgeschäft fundamental ändern wird. Bei dieser Entwicklung will Domino’s nicht abseits stehen. Als Start der Serienproduktion von autonomen Fahrzeugen stellt Ford das Jahr 2021 in Aussicht.

Pizza vom Auto holen – statt bringen lassen

Die autonomen Test-Auslieferungen werden im Stadtgebiet von Ann Arbor ausprobiert – dort befindet sich auch das Hauptquartier von Domino’s. Christopher Taylor, Bürgermeister von Ann Arbor, befürwortet die Tests ausdrücklich als zukunftsweisend für seine Stadt. Wer an den Tests als Pizza-Empfänger teilnehmen möchte, muss sich bei Domino’s für das Programm registrieren. Dann kann der Kunde auf Wunsch per App eine Pizza bestellen, die in der liefernden Domino’s-Filiale in die Warmhaltebox des autonomen Ford Fusion Hybrid getan wird.

Der Fusion Hybrid fährt sodann zum Kunden – und zwar nicht unbemannt, sondern mit einem Sicherheits-Fachmann auf dem Fahrersitz und oft auch mit Entwicklern und Forschern an Bord. Die Fahrt kann der Kunde mit einer neuen Version des schon vorhandenen „Domino’s Tracker“-GPS-Tracker verfolgen. Am Ziel angekommen müsste der Kunde einen Zahlencode auf einem am Lieferfahrzeug befestigten Touchpad eingeben, um die Pizza aus der Warmhaltebox entnehmen zu können – bei den ersten Tests waren anscheinend einige Kunden nicht dazu bereit. Jetzt stolziert Digit mit dem Pizzakarton bis zur Tür des Kunden.

Für weitergehende Tests schicken Ford und Domino’s den autonomen Fusion Hybrid auf das Testgelände von Mcity, einem teilweise aus bemalten Wänden bestehenden nachgebauten Stadtgebiet der ebenfalls in Ann Arbor beheimateten University of Michigan.

Fazit

Erst der Lieferwagen, jetzt auch noch der Paketausträger selbst: Der Wunsch nach vollautonomen Transportmaschinen ist bei der Industrie aktuell extrem ausgeprägt. Eine überraschende Erkenntnis der ersten Ford-Tests mit dem Pizzadienst Domino's ist, dass es anscheinend eine beträchtliche Zahl an Kunden gibt, die nicht bereit sind, den kurzen Weg zum Lieferauto zu gehen. Insofern ist Fords Idee mit dem vollautonomen Laufroboter Digit nur konsequent. Andererseits ist damit auch eine Maschine unterwegs, die auch noch die letzten Umgebungsdaten bis direkt vor der Haustür des Kunden speichert und mit anderen Systemen teilt und die überall dort unterwegs sein kann, wo es auch der Mensch ist – das kann eigentlich nicht ausschließlich gut sein.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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