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Technologie für Robotaxis oder Privatwagen
Alle wollen autonom fahren – aber wozu eigentlich?

Das autonome Fahren ist aktuell wieder in aller Munde – Experten sprechen vom Milliardenmarkt der Zukunft. Nach Gesprächen auf der KI-Fachtagung und dem ams-Kongress in der Allianz-Arena fragt Digital-Chefredakteur Gerd Stegmaier gar nicht mehr so sehr, wie die Technologie die Versprechungen einlösen soll, sondern wozu.

Alle wollen autonom fahren – aber wozu eigentlich?
Foto: Dirk Eisermann/FAKTOR3

Nicht erst seit Elon Musks Ankündigung, am 10. Oktober 2024 Teslas selbstfahrende Robotertaxis präsentieren zu wollen, hat die Branche das autonome Fahren wieder viel stärker, tja, auf dem Radar – oder sollte man in diesem Fall sagen: Lidar?

LiDAR steht für Light Detection and Ranging. Die Sensoren ermöglichen die Entfernungsmessung zwischen Objekt und Fahrzeug. Das Prinzip beruht auf Lasersignalen, die in die Umgebung gesendet werden und deren Reflexion analysiert wird. Bis auf Elon Musk waren sich die "Autonomen" bislang einig, dass es ohne Lidar nicht geht. Manches deutet darauf hin, dass der Tesla-Boss seine Einschätzung geändert hat. Vielleicht überrascht er am 10. Oktober mit dem Einsatz der Sensoren in seinem "Cybercab". Oder er riskiert erneut seine Glaubwürdigkeit und den Aktienkurs mit einer substanzlosen Show und leeren Versprechungen. Die Geschichte von Tesla ist gerade beim autonomen Fahren voll davon, während Waymos fahrerlose Taxis schon seit geraumer Zeit durch San Francisco und andere Städte stromern.

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Ist VW bei Robotaxis besser als Tesla?

Und vielleicht ist, anders als beim E-Auto, ausgerechnet Volkswagen näher dran an der Realisierung der neuen Technik als Tesla. Auf dem auto motor und sport Kongress 2024 durften mein Kollege Luca Leicht und ich beispielsweise Christian Senger von Volkswagen Nutzfahrzeuge in einer Folge unseres Podcast-Formats "Moove" zum Thema Software und sowas wie deren Königsdisziplin im Automobilbereich, dem autonomen Fahren eben, löchern. Aus dem bemerkenswerten und erkenntnisreichen Gespräch lässt sich viel zur Technik selbstfahrender Autos lernen, mehr noch aber zu den Einsatzmöglichkeiten und dazu wiederum nötigen Schlüsselkompetenzen.

Einmal mehr wird deutlich, dass die wenigsten technischen Errungenschaften sich ohne einen Anwendungszweck durchsetzen. Der Zweck ist in unserer Gesellschaft meist ein Geschäftsmodell. Je mehr Geld es zu verdienen verspricht, desto größer der Antrieb, die Technik zur Marktreife zu entwickeln.

Wo kommt autonomes Fahren zuerst?

Aber was ist das Geschäftsmodell autonom fahrender Fahrzeuge? Als Fähigkeit eines Privatwagens hat ein Auto, das keinen Fahrer braucht, vergleichsweise wenig Einsatzmöglichkeiten, für die man viel Geld bei der Anschaffung ausgeben würde. Vor allem dann, wenn die teure Technik trotz seltenen Gebrauchs zu 100 Prozent zuverlässig funktionieren muss, um ihren Zweck überhaupt zu erfüllen. Christian Senger gibt ein schönes Beispiel: Wer mit seinem Bentley abends zur Weinprobe fährt, dürfte wenig begeistert sein, wenn der fahrende Untersatz die chauffierte Heimfahrt mit dem Hinweis auf ein bevorstehendes Starkregenereignis ablehnen muss.

Vor allem, wenn das für die persönlich erlebte Einsatzbilanz heißt: In wenigen der benötigten Fälle bietet das System ausreichend Einsatzsicherheit. Zumal der autonom fahrende Privatwagen idealerweise überall oder zumindest in ganz Europa allein fahren können müsste, um für seinen Käufer zuverlässig nutzbar zu sein und um psychologische Hürden beim Kauf zu überwinden. Er müsste also Level 5, die höchste Stufe des automatisierten Fahrens beherrschen.

Vielversprechender erscheinen da Einsätze als mehrsitzigen Robotaxis (Ride-Hailing, wie bei VWs Dienst Moia, siehe Bildergalerie) in bestimmten Städten zu sein, also Level 4: Da kommt auf Tausende Personenkilometer vielleicht nur einer mit Starkregen, der die Technik streiken lässt – weil viel mehr Menschen die Technik rund um die Uhr nutzen. Und die haben im Zweifel Transport-Alternativen und würden unter Umständen schon bei versuchter Buchung einen Hinweis auf Nicht-Verfügbarkeit bekommen.

Für Autokäufer rentiert das selbstfahrende Auto noch lange nicht

Hinzu kommt: Die teure Technik skaliert besser, wie es im Industrie-Sprech heißt. Die Investition verteilt sich also auf mehr Anwendungsfälle und rentiert sich somit schneller. Schließlich wird Ride-Hailing bzw. ein Taxi bei jeder Nutzung bezahlt und macht Umsatz, was die Anschaffungskosten wieder "reinholt". Wenn die Technik dann noch die Betriebskosten senkt, weil etwa nachts keine Zuschläge für Fahrer fällig werden, klingelt Kaufmanns Kasse.

"Pakete haben keine Füße!"

Christian Senger glaubt daher, dass autonomes Fahren (nach Level 4) zuerst bei Robo-Shuttles kommt. Die Früchte seiner Arbeit bei der Entwicklung des vollautonomen Fahrens und Mobility & Transport as a Service bei Volkswagen sieht er ab 2027 im Straßeneinsatz. Autonom fahrende Paketzustellung dürfte übrigens seiner Einschätzung nach in fernerer Zukunft liegen. Einleuchtende Begründung: Pakete haben keine Füße und können die letzten Meter nicht selbst zurücklegen. Das erledigen aktuell die Fahrer der Zustelldienste.

An denen mangelt es, auch beim Personentransport. In der Wirtschaftslogik hat Knappes die Tendenz zur Verteuerung, und es lohnt sich die Substitution durch investitionsbedürftige Technik. Bei aller Begeisterung für High Tech: Der volkswirtschaftliche Sinn für ihre Entwicklung drängt sich nicht sofort auf. Schließlich ist der Mangel an Fahrern kein Naturgesetz, ihre Ausbildung dauert keine Ewigkeiten und Jobs helfen dem Bruttosozialprodukt. Nur ein Exportschlager in Form genialer Technologie bliebe aus – wenn der nicht eh aus China oder den USA kommt. Aber vielleicht ließe sich das Know-how, wie free floating Ride-Hailing (zu Deutsch: Mitfahrdienste ohne feste Route) funktioniert und die Mobilität in den Städten nachhaltig unterstützen kann, international vermarkten?

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Fazit

Beim autonomen Fahren ist es ähnlich wie bei der KI: Am Anfang war der Hype, dann folgte der (KI-)Winter. Der Autonom-Winter entwickelt sich seit ein paar Jahren mit zunehmender Geschwindigkeit zumindest zu einem Frühling – der Hype könnte schon bald zurückkehren.

Enttäuschte Erwartungen gab es vor allem bei selbstfahrenden Privatwagen: Ein individuell genutztes Auto müsste überall und idealerweise immer ohne Fahrer zurechtkommen, sprich Level 5 beherrschen. Denn es ist das Wesen der individuellen Mobilität, dass die Einsatzgebiete nicht vorher feststehen. Die Technologie für autonomes Fahren nach Level 5 aber ist so teuer, dass sie sich nur bei kommerzieller Anwendung möglichst rund um die Uhr rentiert, also in Taxis. Und selbst die können bislang nur in bestimmten Städten fahrerlos unterwegs sein.

Der nächste Entwicklungsschub kommt also von Robo-Shuttle-Flotten. Und die brauchen neben der Selbstfahr-Fähigkeit in beschränkten Gebieten noch andere Technologien (Buchung, Abrechnung, Routenplanung und Koordination mit den Fahrgastwünschen etc.). Diese wiederum taugen dann dazu, den ÖPNV in Städten zu ergänzen. Das könnten wir doch alle gut brauchen, oder?

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten