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Mercedes C 111 im Video-Fahrbericht
Traum-Flügeltürer der 1970er mit V8 und Handschaltung

Der Mercedes C 111 sieht aus wie ein gar nicht mal so alter Serien-Sportwagen – aber er ist nur ein Prototyp. Wir haben ihn ausprobiert.

Mercedes-Benz C 111-II mit V8-Motor, 1970
Foto: Daimler

Der Mercedes C 111 gehört in allen seinen Bauphasen zu den legendärsten Fahrzeugen, die Daimler bisher geschaffen hat. Einer der wichtigsten Gründe dafür ist sicher, dass er zwar von vornherein ausschließlich als Experimentalfahrzeug gedacht war, aber trotzdem 1969 auf der IAA stand. Der spätere Mercedes-Chefdesigner Bruno Sacco hatte als Design-Projektleiter den C 111 zu einem so schnittigen Flügeltürer gemacht, dass der Messestand tagelang dicht umlagert war. Viele wollten den Renner sofort kaufen – auch viele Leute mit viel Geld. Aber Mercedes gab nie einen heraus. Von den 15 je gebauten Exemplaren ist eins bei Fahrversuchen so stark verunfallt, dass es reif für den Schrott war, ein weiteres nutzen die Ingenieure so häufig und stark für Modifikationen, dass am Ende kein echter C 111 mehr übrig war. Die verbliebenen 13 Exemplare gehören alle Mercedes-Classic – und nur der C 111-II ist mit einer Straßenzulassung fahrbar. Dieses eine Exemplar sind wir auf der Mercedes-Teststrecke im baden-württembergischen Immendingen gefahren.

Unsere Highlights

Optik eines Fluggeräts

Der leuchtend orangefarbene Lack des Autos nennt sich Weißherbst Metallic, die Oberfläche des Heckdeckels ist mattschwarz lackiert, was Spiegelungen reduziert. Markant sind die Klappscheinwerfer, aber die Flügeltüren sind noch markanter – im geöffneten Zustand sieht der C 111-II aus, als wäre er ein Fluggerät.

Mercedes-Benz C 111-II mit V8-Motor, 1970
Daimler
Da der C 111-II ein Erprobungs-Fahrzeug war, steckten die Ingenieure in ihn Ausstattungen aus verschiedenen Modellreihen.

In die Sport-Stoffsitze gleiten die Insassen über breite Schweller. Die Sitze selbst geben mit ihren kräftigen Kunstleder-Seitenwangen ordentlich Halt – Sechspunkt-Gurte halten die Insassen dann unverrückbar in Position. Der Blick auf Lenkrad, Schalter und Anzeigen verrät dann: Dieses Sammelsurium aus verschiedenen Modellen kann nur in einem Versuchsfahrzeug zusammenkommen – insbesondere das Lenkrad passt eher zu einer komfortablen Limousine als zu einem Sportwagen. Richtig schick ist der Ganzmetall-Schalthebel für die ZF-Fünfgang-Schaltung: Der Schaltknauf ist eine Kugel, deren oberer Teil ein Druckknopf ist. Nur mit gedrücktem Knopf lässt sich der unten links positionierte erste Gang einlegen. Und selbst auf Unterhaltung mussten die Testfahrer nicht verzichten: In der Mittelkonsole sitzt ein Becker-Grand-Prix-Radio, das aus Platzgründen hochkant eingebaut ist.

Mercedes-Benz C 111-II mit V8-Motor, 1970
Daimler
Die Flügeltüren machen den C 111 zusätzlich markant.

Modernes Ansprechverhalten

So bekannt wurde der C 111 auch, weil er einen Wankelmotor trug – aber funktionierende Maschinen mit Rotationskolben hat Mercedes aktuell nicht. Unser Experimentalfahrzeug C 111-II von 1970 ist deshalb mit einem 200-PS-V8 ausgerüstet, wie er einst beispielsweise im 350 SLC Dienst tat. Beim Motorstart grollt es von hinten – schließlich ist das Aggregat mittig positioniert und sitzt deshalb im Rücken der Insassen. Allerdings ist das ein sehr moderates Grollen, fast schon ein sachlicher Klang – V8-Blubbersound-Versuche standen anscheinend nicht auf dem Testprogramm dieses C 111-II. Und einen Mittelmotor kennt man von Mercedes fast gar nicht – so schlägt der Prototyp von 1970 die Brücke zum heutigen Hypercar AMG One nicht nur bei den Flügeltüren, sondern eben auch mit der Positionierung des Motors. Das hinter dem Motor sitzende ZF-Getriebe ist gleich in drei Punkten etwas Besonderes: Zum einen hat Mercedes damit eine Handschaltung an einen V8-Motor gekoppelt, zum anderen haben die Stuttgarter hier ein eigens für den Prototyp entwickeltes ZF-Getriebe verwendet – Daimler war und ist immer stolz darauf ausschließlich selbstentwickelte Getriebe einzusetzen. Und drittens schaltet der Handschalter richtig gut – schließlich waren die Mercedes-Handschaltungen bis in die späten 1990er-Jahre hinein hinsichtlich ihrer Bedienbarkeit ein wenig umstritten.

Mercedes-Benz 320 n Kombinations-Coupé, 1937
Daimler
Mercedes-Flügeltür-Tradition (von Links): C 111-II, SLS und 300 SL.

Entrücktes Fahrgefühl

Klappscheinwerfer hoch und los geht es: Die Gasannahme ist genauso direkt wie bei einem modernen Auto, Beschleunigungswünsche erfüllt der 3,5-Liter-V8 auf dem Testoval spontan und kraftvoll, obwohl sein maximales Drehmoment von knapp 290 Newtonmeter erst ab 5.800/min anliegt. Natürlich hat der Fahrer immer im Hinterkopf, dass dieses Auto von 1970 ist – ein aktuelles sportliches Fahrzeug fährt dem C111 natürlich spielend davon. Aber das zählt nicht, wenn man im zukunftsverliebten Teil der 1970er-Jahre unterwegs ist. Der C 111-II liegt ruhig auf der Straße und lässt sich über die direkte Lenkung präzise in die Steilhangkurve lenken. An das Schalten mit der für Straßenfahrzeuge ungewöhnlichen Gangpositionierung, wie gesagt, der erste Gang sitzt unten links, gewöhnt sich der Fahrer schnell – er ist beim Blick über die Klappscheinwerfer auf die seitlich steil abfallende Straße viel zu begeistert, als dass er sich hier drinnen an irgendwas nicht schnell gewöhnt.

Umfrage
Sollte Mercedes einen C 111 im klassischen Look aber mit moderner Technik auflegen?
1380 Mal abgestimmt
Ja, der würde sich sicher heute noch gut verkaufen.Nein, das wäre zuviel retro.

Fazit

Der Mercedes C 111-II ist von 1970 – das muss man sich immer wieder in Erinnerung rufen, wenn man ihn fährt. Jeder kommt mit ihm zurecht, so einfach lässt er sich bewegen. Und das dynamische Erlebnis ist frei von Makeln: Die Lenkung ist präzise und direkt, das Fahrwerk gibt auch in der schnell gefahrenen Steilkurve Sicherheit und die Gasannahme erfolgt unmittelbar, wobei der V8 immer genau die richtige Leistung liefert.

Dieses Versuchsfahrzeug war seiner Zeit voraus – gut, dass Mercedes es genau in dem heute noch erhaltenen Entwicklungstand eingefroren und sogar mit einer Straßenzulassung versehen hat.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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