Check: Lohnt sich ein gebrauchter Diesel überhaupt noch?

Check für Gebrauchtwagen-Käufer
Ist der Dieselmotor noch immer Sparkönig?

Zuletzt aktualisiert am 24.06.2025

Früher war zwar nicht alles besser, aber manches einfacher. Wer viel unterwegs war, wusste, dass sich ab einer gewissen Jahresfahrleistung ein Dieselmotor rentiert. Der Pi-mal-Daumen-Wert lag meist so um die 15.000 Kilometer. Dann amortisiert sich im Vergleich zum Benziner der einst deutlich höhere Anschaffungspreis und die teurere Kfz-Steuer, weil der ölige Selbstzünder-Treibstoff nun mal so schön günstig war und entsprechende Motoren außerdem wenig davon verbrauchten. Und ganz früher durften unsere Dieselrösser sogar gänzlich ungehindert ihr Abgas ins Freie entlassen. Ohne Turboaufladung und mit vergleichsweise niedrigen Einspritzdrücken kamen dabei übrigens sogar halbwegs saubere Abgase zustande, wenn niemand zuvor an der Einspritzpumpe gedreht hat. Falls doch, sah man es bald am rußgeschwärzten Rücklicht.

Und heute? Die Diesel-Debatte hat bewirkt, dass es praktisch keine Preisunterschiede zum Benziner mehr gibt. Die Kfz-Steuer eines modernen Diesels liegt im leicht verschmerzbaren Rahmen, und die Verbräuche sind noch immer niedrig. Klingt gut, oder? Erlebt der Diesel nun eine Renaissance auf dem Gebrauchtmarkt?

Wenn das mal alles so einfach wär... Die Frage, ob ein Diesel der richtige Motor für Sie ist, können Sie natürlich zunächst mal ganz klassisch berechnen.

(Jahresfahrleistung/100 x Verbrauchsangabe x Kraftstoffpreis pro Liter) + Kfz-Steuer

Nehmen wir als Beispiel den noch immer meistverkauften Gebrauchtwagen Deutschlands, einen VW Golf, zwischen zwei und vier Jahre alt, mit 150 PS jeweils als Benziner und Diesel mit Schaltgetriebe, und gehen von einer durchschnittlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern im Jahr aus. (Spritpreise als Durchschnittswert für E10 bzw. Diesel von 2024)

Benziner: 150 x 5,0 x 1,74 – macht 1.305 Euro plus 60 Euro Steuer, ergibt: 1.365 Euro.

Diesel: 150 x 3,7 x 1,65 – macht 915,75 Euro plus 194 Euro Steuer, ergibt: 1.109,75 Euro.

Schon hier (natürlich mit den sehr niedrigen Hersteller-Verbrauchsangaben gerechnet) wäre der Diesel bereits gut 250 Euro im Jahr günstiger. Bei 20.000 Kilometern Jahresfahrleistung ist der Diesel sogar schon rund 400 Euro billiger als der Benziner. Das ist bereits eine spürbare Ersparnis, die sich über die Jahre rechnet. Aber: Die Entscheidung sollte sich nicht nur nach der Fahrleistung richten, sondern auch nach dem Fahrprofil. Dann kann man auch den persönlichen Verbrauchswert zur Präzisierung der Rechnung nutzen. Wichtiger ist jedoch: Wer zum Beispiel als Großstadtbewohner zwar viel unterwegs ist, aber meist nur auf kurzen Strecken, riskiert, dass ein Dieselmotor nie so richtig warm wird. Der Temperaturhaushalt ist jedoch für die problemlose Funktion eines modernen Diesels lebenswichtig.

Hier macht der Dieselmotor Probleme

Im Vergleich zu den alten Saugdieseln der 70er- und 80er-Jahre sind moderne Selbstzünder geradezu hochgezüchtete Kraftpakete. Nur wenn alle Systeme tadellos arbeiten, ist das Ergebnis zuverlässig und haltbar. Das Erreichen der Betriebstemperatur nach dem Kaltstart ist sehr wichtig, damit die Abgasreinigungssysteme zuverlässig arbeiten können. Geschieht das nicht, sammeln sich immer mehr Verbrennungsrückstände, ohne dass diese zersetzt werden können.

Ein Rußpartikelfilter beispielsweise sammelt die öligen, rußigen Stäube aus dem Abgas und verbrennt sie im richtigen Moment, indem per Software-Befehl der Motor auf eine besonders heiße Verbrennung umgestellt wird (das nennt man Rekuperation). Kann er das nicht, weil die Temperaturen erst gar nicht erreicht werden, oder die Rekuperation ständig abgebrochen wird, verstopft er irgendwann und muss für viel Geld demontiert und gereinigt beziehungsweise im Extremfall sogar ersetzt werden. Die Einspritzdüse für AdBlue, die am SCR-Kat (Selective Catalyst Reduction) sitzt, verkrustet, wenn sie nicht durch heißes, vorbeiströmendes Abgas freigehalten wird. Wer nicht ab und zu auf der Autobahn für eine Weile zügig unterwegs ist, riskiert, dass das Abgasrückführungssystem, welches schmutzige Dieselabgase zur erneuten Verbrennung durch den Motor leitet, immer mehr verkrustet. Geschieht dies, muss wieder geschraubt und gereinigt werden.

Die alte Binsenweisheit, dass ein guter Dieselmotor ewig hält, ist trotzdem nicht ganz vom Tisch. Wer zum Beispiel einen längeren Arbeitsweg im Pkw zurücklegt, gern auch mit einem gewissen Autobahn- oder Landstraßenteil, bewegt sich in der Wohlfühlzone des Dieselmotors. Wer aber zumeist innerorts unterwegs ist und viele Zwischenstopps macht, sollte eher zum Benziner greifen.

Auch Benziner werden immer komplexer

Weil ja – wie gesagt – alles nicht so einfach ist, ist die Geschichte hier aber noch nicht ganz zu Ende. Denn: Die meisten Hersteller verbauen seit der Umstellung der Abgasnorm Euro-6d-Temp zu Euro-6d (meist war das gegen Ende 2020) auch im Benziner einen Rußpartikelfilter, auch Otto-Partikelfilter (OPF) genannt. Der funktioniert genau wie im Diesel und nimmt es krumm, wenn er nicht ab und zu ordentlich angeheizt wird. Also besteht auch hier eine mögliche Komplikation. Immerhin gilt nach wie vor, dass Benziner auch als moderne Direkteinspritzer noch immer weniger Rußpartikel erzeugen, und vor allem, dass die Betriebstemperatur schneller erreicht wird. Somit sind sie im Kurzstreckenbetrieb meist deutlich unempfindlicher, wenn man sie nicht über Gebühr quält (z. B. durch zu hohe Drehzahlen und zu viel Last während der Warmlaufphase).

Und was ist mit Umweltzonen?

Mit diesem Wissen im Hinterkopf kommt es letztlich nur noch darauf an, ob Sie sich vor Umweltzonen fürchten müssen. Die vielerorts geforderte grüne Plakette gibt es für die allermeisten Diesel der vergangenen 20 Jahre, selbst wenn im ärgsten Fall noch ein simpler, ungeregelter DPF nachgerüstet werden muss – soweit also kein ernstes Problem. Städte, die es genauer nehmen, etwa Stuttgart, fordern zusätzlich jedoch auch die Abgasnorm Euro 6. Auch diese wird seit gut zehn Jahren von den allermeisten Diesel-Pkw serienmäßig erfüllt.

Ob solche Regelungen künftig noch verschärft werden, bleibt offen. Ende 2027 soll die Abgasnorm Euro 7 für sämtliche Neufahrzeuge verpflichtend werden. Erst dann darf überhaupt mit einer Reaktion der Umweltzonen-Städte gerechnet werden. Fraglich ist, ob die Verschärfung der Umweltzonen überhaupt noch für eine nennenswerte Verbesserung der Luftreinhaltung sorgen kann, da große Teile des Feinstaubs aus dem Straßenverkehr bereits aus Reifenabrieb und Bremsstaub bestehen. Und zu guter Letzt gilt auch die ganz persönliche Frage, wie oft Sie überhaupt mit Ihrem Auto in eine solche Umweltzone fahren müssen. Wer zu 99 Prozent über Land fährt (was ohnehin der richtige Ort für den Dieselmotor ist), wird durch Umweltzonen so wenig tangiert, dass ein wenig ÖPNV alle Jubeljahre zu verschmerzen ist.