Kai Grünitz ist diplomierter Maschinenbauer und Wirtschaftsingenieur – seit 26 Jahren arbeitet er bei VW. In der Entwicklung von Skoda war er in der Vorstandsassistenz tätig, 2012 kam er zu Volkswagen, wo er das Thema Unternehmensplanung betreut hat. 2014 übernahm er die Leitung Mechatronische Fahrwerksysteme, im Januar 2017 kamen die Fahrwerksentwicklung und im August 2018 die Elektrik-Electronic-Entwicklung hinzu. Anfang 2020 übernahm Grünitz die Funktion als CTO "Autonomous Vehicle & T7", im November 2020 kam die Funktion als Technischer Leiter von Volkswagen Nutzfahrzeuge hinzu. Seit dem 1. Oktober 2022 verantwortet Kai Grünitz den Bereich Technische Entwicklung von Volkswagen Pkw.
Ja, ich bin Maschinenbauer – aber eingestiegen bin ich über Betriebsfestigkeit-Tests unserer ersten elektromechanischen Lenkung, damals im Touran. Bei so einer Lenkung gibt es ja nicht nur Mechanik, sondern auch ein Steuergerät und Software. Die Themen Mechatronik und Software ziehen sich seitdem durch meinen gesamten Lebenslauf. Und diese Kombination und Transformation beschäftigt uns momentan auch am meisten.
Wir haben unseren Kunden in der letzten Zeit sehr genau zugehört. Und haben daraus unsere Schlüsse gezogen und mit einer steilen Lernkurve wirklich viele Verbesserungen in die neue Software unserer in diesem Jahr bereits vorgestellten und kommenden Autos gebracht, die zum Teil auch besser als die unserer Wettbewerber ist. Das zeigen ja auch Tests von Auto, Motor und Sport. Klar ist: Erst wenn die gewünschte Qualität erreicht ist, dann geben wir ein Auto für die Produktion frei.
Eine "Software-Schmiede", die sich um Elektrik, Elektronik und das Betriebssystem kümmert, ist erst einmal grundsätzlich richtig. Es braucht aber auch in den Marken ein Basis-Knowhow und eine eigene Basis-Entwicklung.
Nein – wir hatten da sehr viel Geld und Herzblut in das Thema gesteckt. Und wir haben wahnsinnig viel gelernt. Fragliche Themen waren die Stabilität der Systeme und ob sich die Systeme industrialisieren lassen. Am Ende muss es ein System geben, dass mit den richtigen Funktionen und der richtigen Sicherheit zu den richtigen Kosten einen Mehrwert bietet.
Ja, das ist nach wie vor angesagt und ich glaube an das autonome Fahren. Die ersten Lösungen werden den Gütertransport oder den Personentransport mit Taxis betreffen. Da das finanziell ein signifikanter Gamechanger für die diese Leistungen anbietenden Firmen sein wird, glaube ich auch, dass das kommen wird. Für Kunden in ihrem Privatfahrzeug wird das Thema allerdings erst später kommen.

Die Wahrscheinlichkeit, mit der bestimmte Ereignisse eintreten können, ist anders. Der Verkehr ist beherrschbarer. Einen Showcase herzustellen, bei dem wir eine Stunde ohne Fahrereingriff durch die Stadt fahren, ist einfach. Aber das auch nachhaltig unter Berücksichtigung aller Corner Cases (Situation, die nur außerhalb der normalen Betriebsparameter auftritt. Anm. d. Red.) hinzubekommen und das auch sicher nachgewiesen zu haben, das ist die Kunst.
Wir reden inzwischen viel mehr über Funktionen. Wir haben ja vernetzte Systeme und beispielsweise auch eine Klimaanlage funktioniert nur, wenn Hardware und Software zusammenspielen.
Die Beherrschung der Software wird am Ende ein Geschwindigkeitsthema sein – je besser man die Software versteht, desto besser kann man auf Themen reagieren. In Sachen Online-Updates haben wir beispielsweise viel gelernt, wie das geht, indem wir es auch einfach mal gemacht haben.
Das Ziel ist natürlich, dass man das komplette Auto drahtlos updaten kann. Das wird aber schrittweise erfolgen. Wir haben kürzlich die magische Grenze für eine Millionen Over-the-Air Updates für Infotainment-Systeme überschritten.
Solange es nicht irgendwelche regulatorischen Dinge gibt, bei denen der Gesetzgeber sagt, wenn das Auto dieses oder jenes Feature nicht mehr hat, darf es nicht mehr fahren, glaube ich nicht, dass das Nicht-mehr-Bereitstellen eines Updates dazu führt, dass das Auto nicht mehr fahren kann.
Wir hören unsere Kunden immer gut zu und handeln dann. So haben wir uns beim T7 ganz bewusst dafür entschieden, die gleichen Aggregate wie in den Pkw zu nehmen. Wir wollten millionenfach bewährte Pkw-Teile haben, um dem Kunden bei den Kosten entgegenzukommen.
Grundsätzlich werden die Gewichte runtergehen. Wir sehen das gerade, während wir bei unseren Entwicklungen Richtung Einheitszelle gehen. Bei der weiteren Entwicklung von Zellchemie und den Kapazitäten werden wir nochmal einen Sprung haben – da werden bei gleicher Kapazität kleinere Batterien möglich sein.
Als wir uns überlegt haben, wie es mit der Batterie weitergehen soll, haben wir viele Untersuchungen gemacht, was denn das richtige Format für eine Batteriezelle wäre. Wir haben die Abmaße, die Innenwiderstände, das Thermomanagement, die Kosten und die Skalierbarkeit untersucht und sind dann zu der Einheitszelle gekommen. Die stellt unserer Meinung nach bei den eben genannten Punkten das Optimum dar. Und sie reduziert Kosten, weil ich sie in den weltweit genormten Fabriken günstig einbauen kann.
Ich glaube schon, dass es perspektivisch gewisse Grundstandards geben wird. Die Anfragen hinsichtlich unserer Einheitszelle sind sehr positiv. Im Wettbewerbsvergleich haben wir mit dem Konzept einen Nerv getroffen.
Einstiegsmobilität gehört zu Volkswagen dazu – ich finde, dass Volkswagen Einstiegsmobilität anbieten muss. Deshalb wollen wir die Serienversion des ID.2all für unter 25.000 Euro anbieten. Die chinesischen Wettbewerber bieten ihre Autos noch preisgünstiger an – challenge accepted. Wettbewerb belebt den Markt. Volkswagen war immer am besten, wenn wir herausgefordert wurden – deshalb finde ich das mit dem Wettbewerb nicht schlecht. Wir arbeiten auch an einem Auto für unter 20.000 Euro – da haben wir schon ganz konkrete Pläne, wie das aussehen kann.

Wir werden von unseren batterieherstellenden Wettbewerbern sehr genau beobachtet und sehr ernst genommen. Wir sind bei den Herstellungsthemen sehr wettbewerbsfähig. Dass das ein signifikanter Wettbewerbsvorteil ist, zeigt auch das Interesse von dem ein oder anderen Hersteller. Wir sind noch nicht abgeschlagen – weder als Volkswagen noch in Deutschland noch in Europa.
Mit dem Tiguan und dem Passat bringen wir komplett neue Fahrzeuge mit hocheffizienten Verbrennungsmotoren. Auch Plug-in-Hybride sind für uns nach wie vor ein Thema.
Für mich persönlich ist ein Verbrennungsmotor nicht faszinierender als ein Elektromotor oder umgekehrt. Ich kann beiden Themen etwas abgewinnen. Bis 2030 wollen wir in Europa 80 Prozent rein batterieelektrische Fahrzeuge im Angebot haben. Wenn man sich das Thema Nachhaltigkeit anschaut, ist das für mich der richtige Weg – der ist für mich alternativlos.
Nein. Ich bin Baujahr 1977 und suche gerade einen 1977er Golf GTI. Das wäre für mich ein Auto, an dem ich echt Spaß hätte. Allerdings in einem guten Zustand schwierig zu bekommen, unverbastelt und nicht durchgerockt. GTIs waren zum Fahren da.
Ich glaube, dass E-Fuels eine Ergänzung sein können – gerade in den Ländern, die die Möglichkeit haben, dass auch aus nachhaltigen Energien herzustellen. Das ist aber wirklich nur eine Ergänzung – für mich geht der Weg im Volumen ganz klar Richtung Elektroauto.