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E-Autos mit Vorderradantrieb
Warum setzen so viele Hersteller auf Frontantrieb?

Der Frontantrieb erlebt bei E-Autos eine Renaissance, obwohl er für deren hohe Drehmomente nicht gut geeignet ist. Warum Autohersteller wie Volkswagen, Stellantis und Renault auch bei E-Fahrzeugen wieder vermehrt auf diese Antriebsform setzen.

VW ID. GTI Studie
Foto: Volkswagen

Lange war der Hinterradantrieb bei Elektroautos gesetzt. Nicht nur BMWs E-Auto-Erstling i3 setzte markentypisch auf den Antrieb hinten, auch VW packte nach Jahrzehnten mit vorwiegend Frontantriebs-Plattformen schon bei der elektrischen Kompaktklasse Antrieb und demzufolge den E-Motor nach hinten. Wegen der hohen, früh anliegenden Drehmomente, die sich dank dynamischer Achslastverteilung hinten besser umsetzen lassen, und der praktikablen Integration treiben die E-Modelle auch von, Tesla, Mercedes und Co. in erster Linie ihre Hinterräder an. Das entlastet die lenkenden Vorderräder von der Antriebsübertragung und erlaubt in der Regel größere Lenkwinkel und damit kleinere Wendekreise. Man denke nur an den Smart und eben den i3. Mit dem Einzug immer kompakterer und kleinerer Modelle scheint der Frontantrieb aber wieder Mode zu werden. Warum eigentlich?

Der große E-Ratgeber

Autos mit Frontantrieb (FWD) bieten eine Reihe von Vorteilen, die sowohl technischer als auch wirtschaftlicher Natur sind. Traditionell treiben bei Verbrennern vor allem kleine und kompakte Autos ihre Vorderräder an. Aber auch große Wagen wie ein VW Passat oder ein Skoda Superb sind Fronttriebler.

Platzierung der Komponenten

Bei jüngst angekündigten Elektrofahrzeugen wie dem ID.2 von Volkswagen, dem Renault R5 E-Tech oder den Kompaktmodellen der Neuen Klasse von BMW wird der Elektromotor unter die vordere Haube wandern. Dies ähnelt der traditionellen Anordnung von Verbrennungsmotoren und ermöglicht eine effiziente Raumnutzung im restlichen Fahrzeug.

Denn die Batterie findet meist im Unterboden zwischen den Achsen Platz. Das hält den Schwerpunkt niedrig und sorgt für eine gleichmäßige Gewichtsverteilung. Ohne angetriebene Hinterachse bleibt im Heck dann viel Bauraum für Gepäck oder eine flexible Verstau-Lösung mit tiefem Laderaum. Denn bei einer nicht angetriebene Achse lässt nicht nur der fehlende E-Motor Platz, auch ihre Fahrwerkskonstruktion ist in der Regel weniger raumgreifend. Und schließlich lassen sich Batteriemanagement und Ladetechnik gut im Vorderwagen unterbringen. Sitzt der Motor aber hinten, sind dann lange Hochspannungskabel nötig, die über die Fahrzeuglänge versteckt werden müssten.

Kosten und Produktionsvorteile

Wie bei Verbrennungsmotoren sind daher auch bei Elektrofahrzeugen die Produktionskosten für Frontantriebssysteme oft niedriger. Dies liegt an der geringeren Komplexität und der vereinfachten Montage elektrischer Antriebseinheiten. Weil E-Antriebe ohne Schaltgetriebe auskommen, benötigen sie gerade im Vergleich zu quer eingebauten Verbrennern deutlich weniger Bauraum, was die Montage im Vorderwagen zusätzlich vereinfacht. Selbst für einen optionalen Allradantrieb bietet das Vorteile: Ein zweiter E-Motor hinten erübrigt ein separates Differenzial und eine Kardanwelle – auch diese kostenintensiven Teile entfallen im Vergleich zum klassischen Antrieb.

Viele Hersteller, die jahrzehntelange Erfahrung mit Frontantrieb haben, werden zudem die bestehende Produktionsinfrastruktur oder Teile davon weiter nutzen können. Schließlich verwenden einige Autofirmen bereits jetzt ihre vorhandenen Produktionslinien und Plattformen, um Elektrofahrzeuge günstiger bauen zu können. Hyundai und Kia setzten bei ihren günstigeren Modellen beispielsweise von Anfang an auf die Integration in bestehende Produktionslinien. Lediglich die teureren 800-Volt-Fahrzeuge wie der Hyundai Ioniq 5 oder der EV6 von Kia bekamen eine eigene Architektur samt Produktionslinie.

Fahrdynamik und Sicherheit

Frontantrieb steht immer schon für ein stabiles und beherrschbares Fahrverhalten. So neigen Fahrzeuge mit angetriebenen Vorderrädern weniger zum Über-, sondern mehr zum Untersteuern, was für viele Fahrer angenehmer und einfacher beherrschbar wirkt. Dies ist besonders wichtig für Elektrofahrzeuge, die oft ein sehr hohes Drehmoment aus dem Stand und niedrigen Geschwindigkeiten bieten. Seit überall elektronische Regelsysteme wie Antischlupfregelung und ESP zum Einsatz kommen, hat das "natürliche" Fahrverhalten nicht mehr ganz die Bedeutung, aber die schnell anliegenden Drehmomente von E-Autos können selbst bei der hohen Regelgeschwindigkeit von E-Antrieben nervöse Zuckungen verursachen.

Durch die dynamische Achslastverteilung verlagert sich beim Beschleunigen das Gewicht allerdings nach hinten. Sicherheitsbedenklich sind durchdrehende Vorderräder allerdings weniger als hintere, denn ein gegebenenfalls ausbrechendes Heck ist deutlich schwerer zu kontrollieren und sorgt für mehr Unsicherheit.

Raumnutzung und Innenraumgestaltung

Der Frontantrieb erlaubt eine kompakte Anordnung der Antriebskomponenten im Frontbereich des Fahrzeugs, was mehr Platz für den Innenraum und die Batterie lässt. Diese effiziente Raumausnutzung ist besonders für kleinere und kompakte Fahrzeuge und Stadtautos vorteilhaft.

Denn eine tiefer liegende Frontpartie hat nahezu jedes Auto außer manche Vans oder Kleinbusse. Wenn sie bei Kleinwagen sehr kurz ist, reicht sie dennoch für den E-Antrieb, Batteriemanagement, Ladetechnik und ein Fach fürs Ladekabel, ist aber als Kofferraum weniger gut nutzbar. Wirklich gut nutzbare und geräumige Frunks (Front-Trunks, engl. für vorderer Kofferraum) gibt es jedenfalls kaum. Ihre Öffnung ist meist umständlicher, weil vordere Hauben eine Sicherung brauchen, damit sie nicht vom Fahrtwind aufgeschlagen werden, falls sie versehentlich unterwegs öffnen. Beim BMW iX etwa lässt sich die Haube vorn deshalb gar nicht öffnen und der Raum darunter ist daher gar nicht zugänglich bzw. nutzbar. Hinzu kommen teils aufwendige Fußgängerschutz-Lösungen wie pyrotechnisch hochspringende Klappen.

Marktnachfrage und Strategie

Nicht vergessen sollte man in dieser Aufzählung die Kundenpräferenzen: Viele E-Interessenten sind an Frontantriebs-Fahrzeuge gewöhnt. Elektroautohersteller dürften diese Präferenzen durchaus berücksichtigen, um die Akzeptanz ihrer neuen Fahrzeuge zu erhöhen.

Auch müssen die neuen Modelle konkurrenzfähig bleiben. Um im wettbewerbsintensiven Markt für Elektrofahrzeuge bestehen zu können, setzen viele Hersteller auf bewährte und kosteneffiziente Antriebssysteme wie den Frontantrieb. Obendrein lässt er sich beispielsweise mit einem zusätzlichen Motor an der Hinterachse auch ohne aufwendigen Kardantrieb zum Allradantrieb umrüsten.

In der Fotoshow haben wir die günstigsten Elektroautos unterhalb von 30.000 Euro für sie zusammengefasst.

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Fazit

Für kleine und kompakte Alltagsautos hat sich bei konventionellen Verbrennern der Frontantrieb etabliert. Bei Elektroautos scheint sich die Lage mittlerweile ähnlich zu entwickeln, obwohl der Hinterradantrieb an sich besser zu E-Autos passt. Der Vorderradantrieb kontert mit Packaging- und vor allem mit Kosten-Vorteilen. Da der Kostendruck für E-Autos mit ihren teuren Batterien gerade bei Einstiegsmodellen extrem hoch ist, fallen wirtschaftliche Vorteile besonders ins Gewicht.

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Erscheinungsdatum 15.08.2024

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