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Fahrwerks-Prüfstand von KW
Nordschleifen-Test in der Indoor-Simulation

Testfahrt, schrauben, Testfahrt, schrauben… Nach diesem Muster wurden früher häufig Fahrwerke zeitaufwendig und teuer entwickelt sowie abgestimmt. Fahrwerksspezialist KW kürzt das alles dank moderner Technik ab.

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Foto: KW automotive

Das Fahrwerk ist eines der wichtigsten Bestandteile eines jeden Fahrzeugs und umfasst alle Komponenten, die das Fahrzeug mit der Straße verbinden. Hierzu gehören die Räder, Reifen, Federung, Dämpfung, Stabilisatoren, Achsausführung und auch Lenkung. Oftmals wird suggeriert, dass es Fahrwerke gebe, die wirklich alles könnten. In der Praxis ist dies leider nicht der Fall. Ein Fahrwerk ist im Grunde ein Kompromiss. Eine Entwicklung für verschiedene Märkte, Einsatzfelder und Segmente. Damit dieser Kompromiss so klein wie möglich ist, betreiben Erstausrüster, Zubehörhersteller und Automobilhersteller einen immensen Aufwand.

Unsere Highlights

So wie sich Rennwagen und Straßenautos unterscheiden, sind auch deren Stoßdämpfer grundsätzlich verschieden. Zwar erfüllen sie die gleichen Aufgaben wie Dämpfung von Stößen und die daraus entstehenden Schwingungen, sie stützen den Karosserieaufbau ab und sind letztlich als radführendes Element für die Fahrzeugstabilität sowie die Kontrolle der Räder verantwortlich. Wie sie dies tun und wie sie dafür aufgebaut sind, unterscheidet sich allerdings grundlegend.

7-Post-Vertikaldynamik-Prüfstand

Um diese Charakteristika weiter zu schärfen und präzise zugeschnittene Fahrwerkslösungen für die unterschiedlichsten Ansprüche liefern zu können, hat sich der Fahrwerkhersteller KW automotive ausschließlich auf die Entwicklung und Fertigung von Stoßdämpfern für Motorsport, Kleinserien-Ausrüstung und Zubehör-Gewindefahrwerke spezialisiert. Das im schwäbischen Fichtenberg beheimatete Unternehmen nutzt zur Fahrwerkentwicklung einen sogenannten 7-Post-Vertikaldynamik-Prüfstand.

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KW automotive

Der sogenannte Seven-Post-Prüfstand von unten: Bis zu sieben gewaltige, blitzschnell bewegliche Hydraulikzylinder rütteln und verwinden das Auto wie im Rennbetrieb.

Einfach ausgedrückt wird auf dieser auch unter dem Begriff "Fahrdynamik-" bzw. "Sieben-Stempel-Prüfstand" bekannten Anlage direkt am Fahrzeug das komplexe Zusammenspiel der Elastokinematik, Dämpferkräfte, Federraten, der Elastizität von Reifenkarkassen und das Eigenschwingverhalten des Fahrzeugaufbaus analysiert.

Wozu der Prüfstands-Aufwand?

Um mit möglichst wenig Zeitaufwand hochpräzise und bei jedem Wetter die ideale Feder-Dämpfer-Auslegung für das jeweilige Einsatzfeld, Fahrzeug und den jeweiligen Fahrer zu ermitteln. Natürlich kann ein solcher Prüfstand nicht abschließende Testfahrten auf der Straße oder der Rennstrecke ersetzen. Allerdings kommen die indoor herausgefahrenen Ergebnisse bereits sehr nahe an das reale Optimum heran – die Aufgabe, die Entwicklungszeit drastisch zu verkürzen, wird so mehr als erfüllt.

Optimieren im Zeitraffertempo

Das Ziel einer Fahrwerksoptimierung – in sportlicher Richtung – ist es, die Radlastschwankungen zu minimieren, um so den Kraftschluss zwischen Fahrbahn und Reifen zu verbessern. So können neben besserer Traktion beim Beschleunigen und Bremsen auch höhere Seitenkräfte in Kurven aufgebaut werden. Und je mehr Seitenkräfte von Fahrwerk und Reifen aufgebaut werden, umso schnellere Kurvengeschwindigkeiten können gefahren werden – die Rundenzeiten werden besser, das Auto wird im Rennen schneller.

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KW automotive

Zur Datengewinnung wird hier ein BMW CSL mit verschiedenen Sensoren wie etwa Beschleunigungssensoren und Federweglinear-Potenziometer ausgestattet.

Einfach ausgedrückt ist es Aufgabe von Dämpfern und Federn, alle Parameter in der perfekten Balance zu halten. Dazu suchen die KW-Fahrdynamik-Ingenieure den bestmöglichen Kompromiss, um Schwingungen zu dämpfen, ohne dabei einen Gripverlust der Reifen oder einen Verlust der Aufbaukontrolle durch zu starkes Nicken und Wanken der Karosserie zu riskieren.

BMW M4 CSL auf dem Prüfstand

Im vorangegangenen Bild ist als Abstimm- und Testaspirant ein aktueller BMW M4 CSL (G82) auf dem Prüfstand geparkt. Schon im Serienzustand ist der Wagen ein veritables Sportgerät; aber für Automobilenthusiasten mit Rennstreckenambitionen steckt in der Straßen-Werksabstimmung häufig noch zu viel Kompromiss. Hier kann man bei KW automotive helfen. Je nach Fahrerwunsch und den zu bewältigenden Rennstrecken kann bei KW eine individuelle Fahrwerkslösung eingebaut und präzise angepasst werden. Da der CSL über keine aerodynamischen Hilfsmittel wie ein GT3-Rennwagen verfügt, genügt auf dem Prüfstand zur Stoßdämpfer- und Fahrwerkentwicklung der vertikale "4-Post-Modus" ohne Simulation von aerodynamischen Einflüssen.

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KW automotive

Über drei zusätzliche Hydraulikstempel – neben den vier unter den Rädern dieses Formel-Renners – können aerodynamische Kräfte Wanken und Nicken simulieren.

Zur Datengewinnung wird der BMW mit verschiedenen Sensoren wie etwa Beschleunigungssensoren und Federweglinear-Potenziometer verkabelt und auf dem Prüfstand fixiert. Der Prüfstand selbst besteht aus einem hochfesten Sockel, auf dem – jeweils unter den vier Radpositionen – gewaltige, hochdynamisch ansteuerbare Hydraulikzylinder stehend montiert sind. Neben integrierten Wegsensoren verfügen diese vier großen Stempel, auf denen die Räder stehen, auch über die Funktion einer Radlastwaage. Drei zusätzliche Zylinder, die direkt an der Karosserie fixiert werden, können weitere auf das Fahrzeug wirkende Kräfte simulieren.

Im Testbetrieb wird jeder einzelne Stempel hydraulisch bewegt, dabei entsteht in den Leitungen und Schläuchen ein Druck von bis zu 230 bar. Durch die vertikale Bewegung der Stempel wird die gesamte Karosserie in Schwingung versetzt. Dabei analysieren die Ingenieure unter anderem Resonanzfrequenzen, bei denen die Amplitude des erzwungen angeregten Körpers maximal wird.

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KW automotive


Schwingungen im Vergleich: Die Hydraulikzylinder leiten Schwingungen in das Fahrzeug ein. Wie das Fahrzeug auf die verschiedenen Anregungsfrequenzen reagiert, wird an unterschiedlichen Punkten gemessen und zur Auswertung aufgezeichnet.

Bei dieser sogenannten Hub-Sinusschwingung durchläuft der BMW ein Frequenzband von 0 Hertz bis 20 Hertz mit konstanter Geschwindigkeit im Phasennulldurchgang. Wird die Eigenschwingung nicht gedämpft, ist das gesamte System nur noch schwer zu kontrollieren.

Bodenwellen und hohe Geschwindigkeiten

Das klingt ein wenig abstrakt – ist es auch. Versuchen wir es ein wenig einfacher. Die Fahrwerksingenieure sehen in diesen Anregungen und Datenfrequenzbändern, wie sich selbst kleine Querfugen oder durch Witterungseinflüsse entstandene wellige Asphaltoberflächen auf das Fahrzeug auswirken. So lässt sich beispielsweise erkennen, was passiert, wenn der BMW M4 über eine Bodenwelle fährt. Die Ingenieure sehen auch, wie schnell sich ein Kraftimpuls über die Federn und Dämpfer ausgleichen und abbauen lässt. Nur bei optimaler Bedämpfung kann das Fahrzeug auch bei hohen Kurvengeschwindigkeiten spurtreu und sicher die Ideallinie halten.

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KW automotive


In Zug- und Druckstufe einstellbare Fahrwerke wie dieses Rennfahrwerk von KW automotive lassen sich präzise und schnell an unterschiedliche Strecken und Bedingungen anpassen.

Die einzelne Messung der Frequenzbänder und Resonanzen dauert dabei nur 64 Sekunden. Das genügt den erfahrenen KW-Fahrdynamik-Ingenieuren bereits, um aus den ermittelten Daten auch kleinste Fahrwerksschwächen aufzudecken.

Neben den Messungen mit konstanten Geschwindigkeiten von 75 mm/s, 150 mm/s, 200 mm/s oder 250 mm/s (Anregungsgeschwindigkeit der Stempel im Phasennulldurchgang) können auf dem Prüfstand mittels eines "Track Replay" sogar verschiedene Rennstrecken oder Sektoren abgebildet werden. So können auf dem Fahrdynamikprüfstand sogar Beanspruchungen, wie sie etwa bei einer Grenzbereichsfahrt durch die berühmte Fuchsröhre des Nürburgrings entstehen, simuliert werden. Hierzu muss die Anlage jedoch im sogenannten "7-Post-Modus" betrieben werden. Dabei wird die Karosserie an zwei weiteren Aufnahmepunkten im hinteren Fahrzeugdrittel sowie an der Front mit dem Vertikaldynamik-Prüfstand verbunden. Mit diesen zusätzlichen Krafteinleitungspunkten kann dann die gesamte Aerodynamik mit Auftrieb oder Anpressdrücken wie Wankmomenten um die Längsachse und Nicken um die Querachse simuliert werden.

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Nein, das Standardfahrwerk muss reichen. Ansonsten kaufe ich ein anderes Auto.

Fazit

Als eines der wichtigsten Bestandteile eines Auto muss das Fahrwerk mit seinen Komponenten Räder, Reifen, Federung, Dämpfung, Stabilisatoren, Achsausführung und Lenkung lange Entwicklungs- und Abstimmungszyklen durchlaufen. Fahrwerksspezialist KW hat dafür einen komplexen Fahrdynamik-Prüfstand im Einsatz, der die Arbeit vereinfacht und abkürzt.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

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